Deshalb muss ich Sie, Herr Kollege Marwein, leider korrigie ren. Sie haben gesagt: Ob arm oder reich, alle sind gleich be troffen. Nein, das stimmt nicht. Es sind die Schwächsten in unserer Gesellschaft, die besonders von Lärmbelästigung be
troffen sind und die häufig einer extrem schädlichen Kombi nation aus verschiedenen Lärmquellen ausgesetzt sind.
Damit ist klar: Wer die soziale Ungleichheit in unserem Land bekämpfen möchte, der muss auch auf das Thema Lärm schau en. Neben Bau-, Industrie- und Freizeitlärm sticht in den Mes sungen eine Lärmquelle stets hervor: Das ist der Verkehrslärm. Über 200 000 Menschen sind nach Angaben des Verkehrsmi nisteriums ganztägig einer erhöhten Lärmbelastung durch Straßenlärm ausgesetzt, die zu dauerhaften und schwerwie genden Gesundheitsschäden führen kann.
Die Landesregierung muss deshalb dringend Maßnahmen er greifen, um den Verkehrslärm effektiv zu senken. Erstens müs sen die Kommunen bei der Umsetzung des Lärmaktionsplans unterstützt werden. Dort, wo Ermessensspielräume bestehen, sollen die Kommunen zu konsequenten Geschwindigkeitsre duktionen ermuntert werden. Darüber hinaus muss die Lan desregierung die Kommunen bei der Umsetzung technischer Maßnahmen wie Lärmschutzwände oder Flüsterasphalt finan ziell unterstützen.
Zweitens ist die Lärmbelästigung und die Lärmbelastung – der Kollege hat es angesprochen – in großen Städten aufgrund der engen Bebauung immens. Hier braucht es auch innerstäd tische Rückzugsorte, die es den Menschen ermöglichen, sich von dem konstant hohen Lärmpegel zu erholen. Quartiere mit einkommensschwachen Bewohnern sollten dabei zuerst be rücksichtigt werden, weil – wie ich vorhin schon ausgeführt habe – hier die Lärmbelästigung am stärksten ist.
Drittens benötigen wir eine Kampagne zur Sensibilisierung motorisierter Verkehrsteilnehmer. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, solange der blau-weiße Verkehrsminister Scheuer bei gesetzlichen Regelungen zur Reduktion von Verkehrslärm auf der Bremse steht, so lange sind wir auf gegenseitige Rück sichtnahme der Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer an gewiesen.
Die Kampagne sollte vermitteln, dass eine gute und solidari sche Gemeinschaft nur funktionieren kann, wenn wir aufein ander Rücksicht nehmen und versuchen, Schaden von unse ren Mitmenschen abzuwenden. Deshalb sollte auf das über mäßige Beschleunigen an Ortsausgängen, auf Gaspedalspie lereien an Ampeln oder das Tuning von Auspuffanlagen auch innerhalb des gesetzlichen Rahmens verzichtet werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Reduktion von Lärm belästigung ist aus gesundheitlichen und sozialen Gründen von großer Bedeutung. Nicht umsonst hat die SPD als Teil der grün-roten Landesregierung im Jahr 2011 erstmals und deutsch landweit damals einmalig eine Lärmschutzbeauftragte beru fen.
Ich möchte an dieser Stelle den aktuellen Lärmschutzbeauf tragten Thomas Marwein nennen. Ich finde es gut, Kollege Marwein, dass Sie sich mit Ihrer Initiative gegen Motorrad lärm deutschlandweit Gehör verschafft haben, auch wenn die
Debatte – die erhitzte Debatte, wie Herr Dörflinger zu Recht gerade sagte – natürlich medial sehr stark auf die Überlegun gen in Richtung Fahrverbote reduziert wurde. Nach meinem Kenntnisstand stand ein generelles Fahrverbot eigentlich nie zur Debatte.
Die breite Unterstützung im Bundesrat zeigt, dass der Kampf gegen Lärm von fast allen Parteien ernst genommen wird. Die SPD steht klar auf der Seite derer, die für gegenseitige Rück sichtnahme stehen. Hoffen wir, dass sich diese Ansicht eines Tages auch im Bundesverkehrsministerium durchsetzt.
Herr Lucha, sehr geehrte Frau Prä sidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Lei ser ist gesünder – dem ist erst einmal nicht zu widersprechen. Warum also diese Debatte heute? Ich habe da eine Vermutung: Der Wahlkampf steht bevor, und die Grünen wollen der Be völkerung sagen: Wir tun etwas; wir schützen euch.
Doch tun Sie das wirklich? Und ist jeder Lärm für Sie gleich schlecht? Nein. Sie, die Grünen, agieren nach der Devise: Au tolärm ist schlimm, Fluglärm ist noch schlimmer; aber der Gü terzug, der ohne wirksamen Lärmschutz in der Nachbarschaft zu Wohngebieten verkehrt, ist schon in Ordnung – Hauptsa che weniger Güterverkehr auf der Straße.
Und wenn sich Bürger am Lärmpegel und am unhörbaren, aber schädlichen Infraschall durch Windräder stören, dann sind das in Ihren Augen natürlich Gegner Ihrer Klimahyste rie – deren Leugnung Sie wohl am liebsten unter Strafe stel len würden.
Sie, die Grünen, Ministerium wie Fraktion, handeln beim The ma Lärm wie bei fast allen Themen grundsätzlich ideologisch und nicht vernunftbasiert. Mit Ihrem Lärmschutzbericht, mit diesem Gefälligkeitsantrag – um den es sich dabei, ehrlich ge sagt, handelt – wollen Sie außerdem von nicht so rühmlichen verkehrspolitischen Taten wie dem Nahverkehrsfiasko ablen ken.
Der gesamte Verkehr bildet dennoch eine nicht unerhebliche Geräuschquelle, und ein stetiger Dauerpegel ist zweifellos ge sundheitsschädlich. Wo immer möglich, ist daher auf techni schem Weg der Lärmpegel zu senken – wohlgemerkt: auf technischem Weg und ohne Gängelung oder Teilabschaffung des Verkehrs.
Wir sind hier auf einem sehr guten Weg. Mittlerweile be kommt man Fluglärm durch moderne Triebwerke immer bes ser in den Griff. Beim Pkw ist das Abrollen der Reifen bei ho hen Geschwindigkeiten problematischer als der Motor. Herr Marwein, hören Sie gut zu: Es ist nicht der Motor, sondern es sind die Abrollgeräusche. Beim Elektroauto ist das genauso. Hierbei hilft ja auch der sogenannte Flüsterasphalt.
Doch nicht immer ist Lärm schlecht. Nehmen wir den Ver brennungsmotor im Innenstadtbereich. Bei niedrigen Geschwin digkeiten sind diese Fahrzeuge besser hörbar und damit siche rer als E-Autos. Selbst die EU ist mittlerweile dahintergekom men und hat eine Richtlinie erlassen, die vorgibt, dass E-Autos künstliche Geräusche von sich geben müssen. Auch diese po sitiven Seiten gehören zur Lärmthematik.
Wie gewohnt nutzen Sie das Thema Lärmschutz jedenfalls, um Ihre abstrusen Ideen von der Abschaffung der freien Ver kehrsmittelwahl voranzutreiben.
„Individualverkehr verhindern, um Lärm zu mindern“, lautet Ihr Credo. Ohnehin haben Sie ja mit der Freiheit ein Problem. Die Überlegungen zu einem Sonntagsfahrverbot für Motor radfahrer zeigen es ganz deutlich. Der Kampf gegen das Mo torrad – ein Symbol der Freiheit – wird zum Kampf gegen die bürgerliche Freiheit und Selbstbestimmung.
Unbestritten gibt es unter Motorradfahrern – das wurde ja auch erwähnt – einige Unbelehrbare. Die allermeisten sind je doch vernünftig und halten sich an die Geschwindigkeitsvor gaben und die technischen Vorgaben.
Gegen Lärmvorgaben für die Neuzulassung von Maschinen haben wir nichts einzuwenden. Es gibt da schon verschiedens te Lösungen wie Klappensysteme, auch beim Auto. Damit lässt sich auf jeden Fall die Geräuschkulisse deutlich reduzie ren.
Sehr wohl aber haben wir etwas gegen Verbotspolitik. Nicht jeder kann sich ein neues Motorrad leisten. In den nächsten Jahrzehnten aber werden sich die neuen Modelle sicherlich durchsetzen, und dann bekommt man auch dieses Problem ausschließlich mit Innovation und ganz ohne Verbotspolitik in den Griff, so, wie es sich für ein Hochtechnologieland ge hört.
Im Automobilverkehr ist Lärm in erster Linie durch bauliche Maßnahmen in den Griff zu bekommen. Als Beispiel nenne ich den Ausbau der A 6 zwischen Weinsberg und der bayeri schen Grenze: jahrelange Verzögerungen, Versagen bei der Planung. Das bedeutet eben auch ein Warten auf Flüsteras phalt und ordentliche Lärmschutzwände für die Landkreise Hohenlohe und Schwäbisch Hall.
Deswegen: Bringen Sie endlich zeitnah unsere Verkehrswege auf den Stand des 21. Jahrhunderts! Das Lärmproblem erle digt sich damit zum Großteil von selbst.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lärm wirkt als Stressfaktor. Wir wissen, dass das Risiko für Herz-KreislaufErkrankungen ab einer bestimmten Lärmintensität zunimmt. Es ist erwiesen, dass Dauerbelastungen durch Verkehrslärm von mehr als 65 dB(A) Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen haben. Insofern ist eine sinnvolle Lärmschutzpoli tik zu begrüßen.
Ich darf an dieser Stelle durchaus erwähnen, dass der Lärm schutzbeauftragte, Kollege Marwein, und seine Vorgängerin in der letzten Legislaturperiode, Frau Dr. Splett, immer bereit waren, vor Ort zu kommen, um sich die Sorgen und Nöte der betroffenen Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Sorgen und Nöte der Verkehrsteilnehmer anzuhören. In diesem Sinn ist es sicherlich gut, eine Person zu haben, die hier als An sprechpartner zur Verfügung steht. Herzlichen Dank dafür stellvertretend für die Betroffenen in meinem Wahlkreis.
Die meisten Diskussionen bei diesem Thema entzünden sich ja am Motorradlärm; wir haben es im Frühjahr und im Som mer dieses Jahres wieder erlebt. Ziel muss es sein, den berech tigten Lärmschutzinteressen der Anwohner gerade in den länd lichen Regionen Baden-Württembergs Rechnung zu tragen, ohne aber die Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer allge mein zu verunglimpfen.
Maßnahmen, die auf eine undifferenzierte Einschränkung al ler Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer zielen, sind da her aus der Sicht der FDP/DVP-Landtagsfraktion völlig un angemessen.
Wir sollten den Lärmschutz auch nicht als Vorwand für par teipolitische Wunschvorstellungen heranziehen. Es ist über haupt keine Frage, dass wir in bestimmten sensiblen Berei chen wie Kindergärten und Schulen auch über Temporeduzie rungen nachdenken. Aber hinsichtlich von Durchgangsstra ßen, an denen die Grenzwerte nicht überschritten werden, sa gen wir ganz klar: Es kann nicht sein, dass wir hier politische Vorstellungen instrumentalisieren. Wir müssen uns vielmehr an den Lärmwerten orientieren, wir müssen uns auch an Un fallschutz und Umweltbelastung orientieren und nicht an Wunsch vorstellungen. Deswegen treten wir dafür ein, dass wir das dann auch wirklich nach dieser Lärmstruktur aufbauen.
Insofern haben wir schon auch immer mal wieder das Gefühl – – In diesem Sommer war dieses Thema ja auch im Bundes rat, wo Minister Hermann für eine erhebliche Verschärfung der Beschlussvorlage gesorgt und insbesondere Fahrverbote an Sonn- und Feiertagen mit ins Spiel gebracht hat. Das fin det ausdrücklich nicht die Unterstützung der FDP/DVP-Land tagsfraktion.