(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD sowie des Abg. Dr. Wolfgang Gedeon [fraktionslos])
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Christen haben für Lobpreisungen ein Wort, das ich auch heute gern verwende, um Freude und Er leichterung zum Ausdruck zu bringen.
Christen nutzen das Wort „Halleluja“, und ich sage es auch hier: Halleluja! Sie haben sich geeinigt.
Wer sind „sie“? Das sind die Ministerpräsidenten der Länder, der Bundesfinanzminister, die Bundeskanzlerin. Ja, sie haben sich geeinigt.
Dass sie sich geeinigt haben, liegt insbesondere an einem Mann, der einen wertvollen, wesentlichen Beitrag geleistet hat: unser Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Herzli chen Dank für diese Einigung!
Herr Ministerpräsident, Sie waren derjenige, der den Glauben an den Verhandlungserfolg, der den Glauben an Gespräche nicht aufgegeben hat. Egal, welcher Wahlkampf gerade statt fand – Landtagswahl, Bundestagswahl, Europawahl oder Kom munalwahl –, Sie haben auf Verhandlungen gesetzt.
(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Sie sollten das große Halleluja anstimmen! – Vereinzelt Heiterkeit bei der AfD – Glocke der Präsidentin)
Ich freue mich ja, dass ich selbst aus Ihren Reihen Zustimmung erhalte. – Es war wich tig, Herr Ministerpräsident, dass Sie auf die Kraft der Argu mente gesetzt haben. Ihr unermüdlicher Einsatz dafür, dass Politik handlungsfähig bleibt, dass Politik entscheidungsfä hig bleibt, hat sich gelohnt. Sie haben das Wohl aller Men schen von Nord bis Süd, von West bis Ost in den Mittelpunkt Ihrer Politik gestellt. Das war eine grandiose Leistung. Herz lichen Dank für diesen Einsatz und Ihre Weitsicht, Herr Mi nisterpräsident.
Die Einigung zu den Bund-Länder-Finanzbeziehungen war von höchster Wichtigkeit. Vertrauen in die Politik wurde wie derhergestellt. Wie oft drohten denn diese Verhandlungen zu scheitern? Wie oft hat der Bundesfinanzminister gesagt: „Die Länder wollen mich über den Tisch ziehen; die Länder haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht“? Trotzdem haben alle wesentlichen Parteien – die Grünen mit unserem Ministerprä sidenten, die Union, Kollege Wolfgang Reinhart, und auch die Sozialdemokraten, Kollege Stoch – gezeigt: Sie sind hand lungsfähig. Parteiübergreifend haben die Parteien, haben die Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin eine Lösung gefunden. Man hat sich zusammengerauft und ist zu einer guten Ent scheidung zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes gekommen.
Dabei darf man nicht vergessen: Die grünen Erfolge in Ber lin können sich sehen lassen, und sie reihen sich ein in eine ganze Reihe guter Verhandlungserfolge. Ich möchte beginnen beim Fiskalpakt 2012. Da waren Sie, Herr Ministerpräsident, einer von denen, die im Zuge verschärfter Regelungen für die Haushaltsführung beim Bund gefordert haben, dass auch die Haushaltssituation von Kommunen und Ländern berücksich tigt wird. Folge war, dass der Bund ein Paket für die Kommu nen zum Ausbau von Kindertagesstätten in Höhe von 500 Mil lionen € aufgelegt hat, dass der Bund Länder und Kommunen bei der Eingliederungshilfe entlastet, dass der Bund die Grund sicherung im Alter übernimmt – ein wesentlicher Punkt, den Sie, Herr Ministerpräsident, schon im Jahr 2012 gut verhan delt haben.
Ähnlich gut waren Ihre Verhandlungen im Juli dieses Jahres. Da haben Sie zusammen mit Ihren Kollegen Ministerpräsi dentinnen und Ministerpräsidenten die Kosten der Unterkunft verhandelt. Sie haben dazu beigetragen, dass der Bund die Kosten der Unterkunft für Schutzsuchende, für bleibeberech tigte Flüchtlinge übernimmt. Die Entlastung der Städte und Gemeinden liegt bei 400 Millionen € in diesem Jahr und wird auf 1,3 Milliarden € anwachsen. Das tut unseren Kommunen gut, was Sie, Herr Ministerpräsident, in Berlin verhandelt ha ben.
Schließlich gab es im September des vergangenen Jahres die Einigung zu den Regionalisierungsmitteln für den Schienen verkehr. Baden-Württemberg wird dank Ihrer Verhandlungs erfolge künftig mehr Regionalisierungsmittel für den Schie nenverkehr erhalten. Dies ist eine zentrale Stellschraube, um den öffentlichen Nahverkehr in unserem Land auszubauen. Die Bürgerinnen und Bürger profitieren damit unmittelbar von einem dichteren Takt, von mehr Zügen und mehr Bussen. Auch hier gilt: Ihr Verhandlungserfolg ist ein Beitrag zum Kli maschutz, ein Beitrag zum Ausbau des Verkehrs in BadenWürttemberg.
Was ist heute die gute Nachricht? Die gute Nachricht ist: Der Länderfinanzausgleich in seiner bisherigen Form wird abge schafft – Punkt. Das ist tatsächlich die gute Nachricht für uns, für das Geberland Baden-Württemberg.
Denn wie waren die Zahlen? Das Volumen des Länderfinanz ausgleichs umfasste 9,5 Milliarden €. 2,5 Milliarden € davon hat allein Baden-Württemberg eingezahlt. Sie erinnern sich noch, wie auch hier im Landtag und in anderen Gremien im mer wieder gesagt wurde: „Andere machen auf unsere Kos ten ein beitragsfreies Kindergartenjahr.“
Diese Diskussionen sind nicht nur in den Parlamenten, son dern auch an Stammtischen geführt worden. Das war nicht gut für den Zusammenhalt in unserem Bundesland. Das war nicht gut;
denn Nehmerländer waren in einer problematischen Situati on. Den Nehmerländern sind ja die ökonomischen Anreize ge nommen worden, ihre Finanzen zu stabilisieren. Dabei muss jedes Bundesland einen Anreiz haben, Ausgaben und Kosten zu senken oder Einnahmen zu erhöhen. Bislang hat der Län derfinanzausgleich dazu keinen Beitrag geleistet.
Diesen Ausgleich wird es künftig nicht mehr geben. Der fi nanzielle Ausgleich zwischen den Ländern wird in Zukunft vor allem über die Verteilung der Umsatzsteuermittel nach Einwohnerzahl und Finanzkraft geregelt. Das macht die Fi nanzströme transparenter und beendet den alten Finanzaus gleich. Ich hoffe, damit hat die „Taschenrechnermentalität“ endlich ein Ende.
Im Ergebnis können wir mit Mehreinnahmen von rund 570 Millionen € in der Kasse des Landes Baden-Württemberg rechnen. Wir brauchen diese Mehreinnahmen, denn die Kon solidierung des Haushalts ist in vollem Gang.
Um die Schuldenbremse einhalten zu können, brauchen die Länder die Unterstützung des Bundes. Es ist also gut, dass dieses Geld vom Bund kommt. Aber mehr Handlungsspiel raum werden wir deswegen nicht haben.
Eines will ich aber auch noch einmal betonen, weil Kollege Rülke die Sitzung am Montag angesprochen hat: Das ist die kommunale Seite. Der Ministerpräsident hat bei jeder dieser Verhandlungen die kommunale Seite mitgedacht. Eine Stär kung der Kommunen ist im Fiskalpakt 2012, bei den Verhand lungen über die Kosten der Unterkunft im Juli dieses Jahres und jetzt mitverhandelt worden.
Wir wollen, dass die Kommunen gut ausgerüstet sind, um ih re Aufgaben zu verwirklichen. Der Ministerpräsident hat es angesprochen: Die Entlastung der kommunalen Seite beträgt 202 Millionen €. Das ist eine stolze Summe; die kann sich se hen lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die kommunale Seite, Herr Rülke, profitiert in einer Band breite von den Verhandlungsergebnissen des Ministerpräsi denten.
Hinzu kommt weiter: Der Ministerpräsident hat verhandelt, dass das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz fortgeführt wird. 81 Millionen € kommen den Kommunen jährlich für den Ausbau des Stadtbahn- und des S-Bahn-Netzes zugute.
Entflechtungsmittel: 165 Millionen € pro Jahr kommen den Kommunen für den Kreisstraßenbau, für den öffentlichen Nahverkehr zugute.
Herr Rülke, jetzt addieren Sie diese Beträge einmal: 200 Mil lionen € für die Entlastung der Kommunen, 81 Millionen € für die Gemeindeverkehrsfinanzierung, 165 Millionen € Ent flechtungsmittel. Das macht eine Summe von knapp 450 Mil lionen €,
mit der wir die Kommunen künftig unterstützen können. Da sage ich: Das ist eine kommunalfreundliche Haltung, meine Damen und Herren. Wir unterstützen die Kommunen bei wich tigen Themenfeldern.
Es gibt einen Punkt bei den Ergebnissen dieser Verhandlun gen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Minis terpräsidenten, den ich kritisch sehe, den meine Fraktion kri tisch sieht. Wir haben hier ja schon öfter darüber diskutiert. Ich halte es nicht für sinnvoll, dass der Bund das komplette Straßennetz von Flensburg bis Friedrichshafen verwaltet. Das sehe ich tatsächlich kritisch. Denn einer zentralen Behörde fehlen die Ortskenntnisse, einer zentralen Behörde fehlen Kenntnisse über die Auswirkungen der Verkehrsbeziehungen, über Lärmschutz, Landschaftsschutz und Umweltschutz, wenn es um Straßenplanung geht.
Ich muss schon sagen: Wir haben in unserem Bundesland ei ne gute und stark aufgestellte Straßenbauverwaltung. Herr Kollege Rülke, deswegen kann man Ihren Vorwurf, wir wür den hier nicht Investitionen ermöglichen, mit wenigen Zah len zurückweisen. Allein in den letzten Jahren haben wir 150 zusätzliche, neue Stellen in der Straßenbauverwaltung ge schaffen. Im nächsten Jahr und in den Jahren darauf werden wir jeweils weitere 50 neue Stellen in der Straßenbauverwal
tung schaffen. Das heißt, wir senden das klare Signal an den Bund aus: Wir Länder sind fähig und in der Lage, die Bun desmittel abzunehmen und unseren Teil für den Erhalt, den Aus- und Neubau des Straßennetzes zu leisten. Das ist ein ganz wichtiges Signal, das wir hier aussenden, liebe Kolle ginnen und Kollegen.
Wenn wir uns anschauen, wie der Bund teilweise Verwaltun gen organisiert – ich nehme nur das Eisenbahn-Bundesamt oder die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung –, dann sehen wir, wie bedenklich eine zentral aufgestellte Behörde ist. Die bekommen es nicht einmal mehr fertig, für den Betrieb der Schleusen auf dem Neckar zu sorgen. Also ein großes Frage zeichen dahinter.