Protokoll der Sitzung vom 09.11.2016

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: So ist es!)

Sie haben uns in nur fünf Jahren sozusagen aus der Champi ons League in die Abstiegszone geführt. Wenn wir jetzt nicht aufpassen

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Wie beim VfB!)

„wie beim VfB“, sagt Herr Kollege Reinhart –, dann kom men wir in eine ganz gefährliche Situation. Es ist jetzt not wendig, Konsequenzen zu ziehen. Wir müssen jetzt etwas än dern. Wir müssen jetzt zurückkehren zum Leistungsprinzip. Wir müssen jetzt wieder andere Schultypen gerecht behan deln. Dazu erwarten wir klare Aussagen von der Kultusminis terin, klare Aussagen von dieser Koalition. Die Veränderung muss jetzt und darf keinen Tag später beginnen, meine Damen und Herren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Andreas Schwarz das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir wollen unser Bildungssystem leistungsfähiger und gleichzeitig sozial gerechter machen. Wir in Baden-Württemberg wollen wieder Spitzenreiter werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Jedes einzelne Kind und seine Zukunftschancen stehen bei uns im Mittelpunkt. Qualität, Erfolg, Leistung und Kontinui tät haben für uns eine zentrale Bedeutung in der Bildungspo litik.

Aber gleichwohl: Die IQB-Studie stellt uns alle, alle Fraktio nen, alle, die hier Verantwortung haben, vor neue Herausfor derungen. Denn die Testergebnisse betreffen die Schuljahre von 2010/2011 bis 2014/2015, in denen die Kultusminister Helmut Rau, Gabriele Warminski-Leitheußer und Andreas Stoch Ressortverantwortung für die Bildungspolitik hatten.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Wir könnten heute mit dem Finger auf Helmut Rau oder An nette Schavan zeigen; denn in dieser Welt sind die Kinder auf gewachsen. Aber ich glaube nicht, dass solche rückwärtsge wandten Diskussionen erfolgreich sind.

(Beifall bei den Grünen)

Kollege Wolfgang Reinhart hat ja Professor Trautwein von der Universität Tübingen zitiert. Ich will mich da gern an schließen und ebenfalls Professor Trautwein zitieren, der sag te, die Vorgängerregierung vor 2011 sei nur begrenzt bereit gewesen, Probleme wahrzunehmen und anzugehen.

Und wo sie es tat, fand sie nicht immer die besten Lösun gen. Lehrkräfte waren vom Bildungsplan 2004 überfor dert und fühlten sich von der Politik alleingelassen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das hat er auch gesagt!)

Das sagte Professor Trautwein von der Universität Tübingen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Deswegen ist für mich klar: Wir alle sind nunmehr gefordert, und wir Grünen nehmen diese Herausforderung an. Unser Ziel ist es, mit Baden-Württemberg wieder Spitzenreiter zu wer den.

(Zuruf von der AfD: „Spitzenreiter“!)

Wir haben in den letzten fünfeinhalb Jahren in der Bildungs politik viel angepackt. Wir haben die Weichen neu gestellt. Unsere Bildungspolitik basiert auf dem Leitmotiv, allen Kin dern, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, bestmögliche Bildungschancen und einen bestmöglichen Bildungserfolg zu bieten.

(Abg. Anton Baron AfD: Ja, ja!)

Daher haben wir in der letzten Legislaturperiode und auch im Nachtragshaushalt im Juli dieses Jahres kräftig in die Bildung investiert. Keine Landesregierung zuvor hat so viel Geld für die Bildung ausgegeben wie diese.

(Zurufe von der FDP/DVP, u. a. Abg. Dr. Gerhard Aden: Falsch!)

Deswegen ist es nicht zutreffend, wenn in den Raum gestellt wurde, dass Ressourcen weggenommen worden seien. Ich ha be mir gerade noch einmal die Sachkostenbeiträge angeschaut. Die sind nämlich dieses Jahr aufgrund der Verhandlungen mit den kommunalen Landesverbänden angepasst worden: Die Sachkostenbeiträge für die Realschule sind um 15 %, die für das Gymnasium um 12 % erhöht worden. Heute gibt das Land 20 % mehr für den Bildungsbereich aus als noch im Jahr 2010. Grün-Schwarz investiert so viel in die Bildung wie in den letz ten Jahren keine Regierung in Baden-Württemberg, liebe Kol leginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Mit fantastischen Ergebnissen! – Weitere Zurufe)

Ich möchte noch einmal den Kollegen Wolfgang Reinhart zi tieren, der sagte, es gehe darum, „dass Kinder schulfähig in die Grundschule kommen“.

(Zuruf)

Ich formuliere es mit meinen Worten: Auf den Anfang kommt es an.

(Vereinzelt Beifall – Zuruf von der SPD: Das war doch ein Zitat!)

Auf den Anfang kommt es an. Deswegen haben wir in den letzten Jahren deutlich in die frühkindliche Bildung investiert; in diesem Jahr sind es knapp 800 Millionen €, im Jahr 2010 waren es noch 110 Millionen €.

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Eben! – Zuruf von der SPD: Ein großer Unterschied!)

Das ist ein großer Schritt und eine gute Investition in die Zu kunft. Wir haben die Erzieherinnenausbildung attraktiver ge macht. Gute Bildung, gute Betreuung braucht eben auch mo tiviertes Personal, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Getreu dem Prinzip „Auf den Anfang kommt es an“ haben wir die Grundschulen gestärkt, damit sie insbesondere Kindern, die Sprachschwierigkeiten haben oder aus einem sozial pro blematischen Umfeld kommen, besser gerecht werden kön nen. Wir haben ihnen erstmals – das war ein Werk meiner Vor gängerin Edith Sitzmann – 180 zusätzliche Deputate zur Ver fügung gestellt.

Wir haben die Ganztagsschule im Schulgesetz verankert und gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden flexible Lösungen für die Bedürfnisse vor Ort geschaffen. Wir sichern damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist für viele Kinder ein wichtiger Beitrag zu mehr Bildungsgerech tigkeit, mehr Bildungserfolg. Auch bei der Ganztagsschule spielt für uns die Qualität eine große Rolle. Deswegen müs sen diese ja ein pädagogisches Konzept, Frau Ministerin, vor weisen.

(Abg. Anton Baron AfD: Kommen Sie auch noch zur Leistung?)

Wir haben es möglich gemacht, dass die Gemeinschaftsschu len als Schulen der Vielfalt an den Start gehen können. Jede Schule jeder Kommune, die das möchte, kann Gemeinschafts

schule werden, kann sich als inklusive Schule, als Ganztags schule, die auf allen Bildungsniveaustufen unterrichtet, auf den Weg machen. Keine Schule muss es; es ist ein Angebot an die Schulträger. Wir freuen uns, dass mehr als 300 Gemein schaftsschulen hier in Baden-Württemberg hervorragende Ar beit leisten. Ich möchte mich auch bei den vielen Lehrerinnen und Lehrern an den Gemeinschaftsschulen, Realschulen, Grundschulen, Werkrealschulen, Förderschulen, Gymnasien und beruflichen Schulen ganz herzlich für die gute Arbeit be danken.

(Beifall bei den Grünen und der CDU, Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP sowie des Abg. Dr. Hein rich Kuhn AfD)

Die Realschulen haben wir mit weiteren zusätzlichen Stun den für die individuelle Förderung ausgestattet, damit sie ihr pädagogisches Konzept weiter optimieren können. Auch die regionale Schulentwicklung, Frau Ministerin, ist für uns ge rade auch eine Möglichkeit der Qualitätssicherung im ländli chen Raum,

(Abg. Andreas Stoch SPD: Wer hat es erfunden?)

eine Möglichkeit der Qualitätssicherung im Flächenland Ba den-Württemberg. Denn weniger fachfremder Unterricht, leis tungsstarke, wohnortnahe Schulstandorte führen automatisch zu mehr Qualität in den Schulen.

Weil Sie gefragt haben: „Wann kommen Sie zu Leistung und Qualität?“ Die regionale Schulentwicklung, die zu starken Standorten führt, die zu weniger fachfremdem Unterricht führt, ist gerade eine Methode der Qualitätssicherung vor Ort, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zuruf von der SPD: So ist es!)

Die Schulsozialarbeit erwähne ich nur kurz. 25 Millionen € stellen wir zur Verfügung. Schulsozialarbeiter entlasten Lehr kräfte. Sie entlasten Lehrkräfte, sodass sich Lehrerinnen und Lehrer mehr auf den Unterricht konzentrieren können.

(Abg. Dr. Gerhard Aden FDP/DVP: Ja!)

Wenn Sie sich noch einmal die Zahlen anschauen: In diesem Schuljahr wurden 6 600 Lehrerinnen und Lehrer neu in den öffentlichen Schuldienst eingestellt. Frau Ministerin, das war mal wieder ein Einstellungsrekord, den Sie hier zu verzeich nen hatten – ein ganz wichtiger Punkt. Denn nur wenn Unter richt überhaupt stattfindet, dann kann dieser gut sein.

All diese Maßnahmen verdeutlichen: Wir stellen uns den He rausforderungen, Qualität, Leistung, Bildungserfolg und Bil dungsgerechtigkeit in unserem Bildungssystem zu verbessern. Gleichwohl, die Ergebnisse sind natürlich ernüchternd.