Protokoll der Sitzung vom 09.11.2016

(Zuruf von der AfD)

Ich will an dieser Stelle allerdings festhalten: Schauen wir uns einmal die Studie genau an. Sie spricht von Bildungstrends. Die Studie hat sich eben von direkten Ländervergleichen ge radezu distanziert. Somit steht die Kompetenzentwicklung der einzelnen Schülerinnen und Schüler im Vordergrund; es steht gerade nicht der Vergleich zwischen unterschiedlichen Bun desländern im Vordergrund.

Wir brauchen eine gründliche und saubere Ursachenanalyse der Kompetenzentwicklung der Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg. Wir werden uns das sehr genau anschau en: Wo liegen Probleme und Herausforderungen? Was funk tioniert gut? Was machen andere Länder besser?

Unser Ziel ist klar: Wir müssen die Qualität des Unterrichts an unseren Schulen verbessern, liebe Kolleginnen und Kolle gen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Rüdiger Klos AfD: Welche Erkenntnis!)

Die Ursachen für das schlechte Abschneiden der Schülerin nen und Schüler in Baden-Württemberg sind vielfältig. Ein Grund für das schlechte Abschneiden könnte darin liegen, dass Grundschulkinder in Baden-Württemberg in der Vergangen heit weniger Unterricht hatten als in den Spitzenländern Sach sen und Bayern. Dies haben wir erkannt. Wir haben im neu en Bildungsplan die Erhöhung der Kontingentstundentafel für die Grundschule beschlossen. Um das zu realisieren, haben wir, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, gemein sam im Nachtragshaushalt 320 Deputate zur Verfügung ge stellt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Völlig richtig! Ja wohl!)

Wir werden – darauf haben wir uns verständigt – den Grund schulen im nächsten Haushalt noch einmal weitere Stellen da für geben. Wir haben damit deutlich mehr Personal an den Schulen, an den Grundschulen. Das heißt, wir haben erkannt: Auf den Anfang kommt es an. Wir müssen in die frühe För derung investieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Um noch einmal das Stichwort Leistung zu nehmen: Mehr Zeit für Deutsch und Mathematik; damit stärken wir die Ver mittlung von grundlegenden Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler von Anfang an. Bevor die Studie veröffentlicht worden ist, haben wir uns schon auf diesen Weg gemacht und richtige Schritte eingeleitet.

Wir haben auch die individuelle Förderung in allen Schular ten gestärkt. In den Realschulen haben wir weitere Stunden für die individuelle Förderung bereitgestellt. Die Gymnasien haben wir mit zusätzlichen Lehrerstunden für die differenzier te Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf die Ober stufe unterstützt. Mit diesen zusätzlichen Stunden für die in dividuelle Förderung sollen individualisierte Lernformen und damit die Leistungsfähigkeit gestärkt werden, und die Leis tungsfähigkeit und die individuelle Entwicklung der einzel nen Schülerinnen und Schüler sollen verbessert werden.

Einen positiven Impuls für die Verbesserung der Unterrichts qualität erwarten wir von den neuen Bildungsplänen, die in diesem Schuljahr in Kraft getreten sind. Die neuen Bildungs pläne haben in meinen Augen das Positive, dass sie durch ei ne höhere Fachlichkeit und eine präzisere Kompetenzformu lierung bestechen.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Beides, die höhere Fachlichkeit und die präzisere Kompetenz formulierung, steigert die Qualität des Unterrichts und die

Leistung der Schülerinnen und Schüler. Die Bildungspläne sind eng aufeinander abgestimmt und können so zu mehr Bil dungserfolg und Bildungsgerechtigkeit beitragen und die Übergänge, die Durchlässigkeit zwischen den Schularten ver bessern.

Die IQB-Studie macht aber eine weitere Herausforderung deutlich: die Entkopplung des Bildungserfolgs von der sozi alen Herkunft. Liest man die Studie genau durch, merkt man, dass hier weiterhin eine Herkulesaufgabe für Baden-Württem berg besteht.

(Beifall des Abg. Winfried Mack CDU – Abg. Win fried Mack CDU: Das ist wahr!)

Wenn Sie, Herr Kollege, in die Landesverfassung schauen, dann stellen Sie fest, dass gerade dies der Auftrag ist, den die Landesverfassung uns Abgeordneten mitgibt.

(Abg. Winfried Mack CDU: So ist es!)

Der schulische Erfolg hängt zu sehr von der sozialen Herkunft der Schülerinnen und Schüler ab. Wir haben dies frühzeitig erkannt, aber es ist noch nicht gänzlich aufgelöst. Aber wir müssen aufpassen: Wir dürfen nicht zulassen, dass die sozia le Kluft im Bildungssystem unsere Gesellschaft spaltet.

Gerade deswegen hat die Verbesserung der Unterrichtsquali tät eine hohe Priorität. Gerade deswegen haben wir uns auch, liebe Freundinnen und Freunde von der CDU, im Koalitions vertrag darauf verständigt, die pädagogische Qualität in den Mittelpunkt unserer Bildungspolitik und in den Mittelpunkt dieser Legislaturperiode zu stellen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Ja! – Abg. Dr. Wolfgang Rein hart CDU: Qualität!)

Wir werden uns die Lernprozesse und Lernbedingungen an den einzelnen Schulen ohne politische Scheuklappen anschau en. Wir setzen gemeinsam auf die Stichworte Qualität, Leis tung, Kontinuität und Planbarkeit,

(Abg. Anton Baron AfD: Von wem sind die Lehrplä ne eigentlich?)

um unsere Schulen bei der Bewältigung dieser Herausforde rung zu unterstützen. Wir werden unseren Schulen die nötige Zeit und Unterstützung geben, damit sie sich stärker mit der eigenen Qualitätsentwicklung auseinandersetzen können und die Chance haben, pädagogische Konzepte entwickeln zu kön nen.

Gute Bildung wächst von unten. Sie gelingt nur gemeinsam mit den Kommunen, mit Eltern sowie Lehrerinnen und Leh rern. Daher werden wir uns dafür einsetzen, dass die Diskus sion um die Verbesserung der Qualität an unseren Schulen in einem Dialog geführt wird. Ich bin mir sicher, dass die Kul tusministerin ein ernsthaftes Interesse an diesem Dialog hat. Sie muss schließlich die Verantwortlichen einbeziehen. Einen breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens darüber, was Qualität an Schulen ausmacht, halten wir für essenziell.

Die Qualität des Unterrichts hängt ganz besonders von der Ar beit der Lehrerinnen und Lehrer ab. John Hattie hat es in sei ner Studie eindrucksvoll dargestellt: Entscheidende Einfluss

faktoren für schulisches Lernen und Leisten sind zum einen eine gute Schüler-Lehrer-Beziehung und zum anderen eine gute Unterrichtsqualität. Kinder brauchen also gute Lehrerin nen und Lehrer, die ihnen Freude am Lernen bereiten,

(Beifall des Abg. Daniel Rottmann AfD)

die die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler in den Fo kus nehmen und sie somit zu leistungsstarken Schülerinnen und Schülern machen. Dafür brauchen die Lehrerinnen und Lehrer gute und stabile Rahmenbedingungen.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Stabile Rahmenbe dingungen!)

Mit der Reform der Lehrerausbildung haben wir einen wich tigen Schritt eingeleitet, um angehende Lehrkräfte noch bes ser auf die hohen Anforderungen in der Schule vorzubereiten.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Absenkung der Ein gangsbesoldung! – Gegenruf des Abg. Daniel And reas Lede Abal GRÜNE: Schau mal in deine eigene Vergangenheit, mein Lieber!)

Wir haben durch die Aufwertung der bildungswissenschaftli chen und fachwissenschaftlichen Aspekte die Qualität und Fachlichkeit der Lehrkräfte gestärkt, und wir haben die Durch lässigkeit erhöht.

Die Schüler-Lehrer-Relation in Baden-Württemberg ist eine der besten, Frau Ministerin. Daher ist es uns wichtig, dass Lehrerinnen und Lehrer dort eingesetzt werden, wo sie ge braucht werden, nämlich im Unterricht. Wir unterstützen Sie und die Finanzministerin darin, dass Sie eine effizientere Res sourcensteuerung im Kultusbereich anstreben. Die zur Verfü gung stehenden Mittel müssen direkt in den Unterricht flie ßen. Sie müssen so effizient wie möglich eingesetzt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden die Herausfor derungen der IQB-Studie annehmen. Wir haben stets eines im Auge: den Bildungserfolg und die Bildungsgerechtigkeit für die Kinder in unserem Land.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Meuthen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, geschätzte Kollegen Abgeordnete, meine Damen und Herren! Linkes Denken schaut nicht danach, ob, wie und weshalb et was funktioniert, sondern ob etwas der selbst gestrickten Uto pie entspricht. Linkes Denken heißt, dass ein jedes System, das es nicht geschafft hat, das Paradies auf Erden zu verwirk lichen, über kurz oder lang zum Abschuss freigegeben wird, und das selbst dann, wenn ein solches System eigentlich gut funktioniert. Linkes Denken ist – mit einem Wort – „utopie besoffen“.

(Beifall bei der AfD)

Diese Utopiebesoffenheit trägt die Forderung nach der Zer störung sogar funktionierender Strukturen bereits in sich.

Linke betrachten Systeme nicht aus der Sicht eines Baustati kers, sondern aus der Sicht eines Architekturkritikers mit avantgardistischen Vorlieben, der seine Entwürfe für Abriss projekte, Umbauten oder Neubauten mal eben auf ein Blatt Papier schmiert. Die Frage danach, wie viele tragende Wän de herausgerissen werden können, ohne dass das Gebäude ein stürzt, ermittelt der Linke nicht mittels Kalkulation – die kann er auch gar nicht –, sondern beantwortet sie am liebsten ex perimentell – natürlich ohne vorher die Bewohner zu evaku ieren, sodass es schließlich zur Katastrophe kommen muss.

(Beifall bei der AfD)

Genau so sind unsere links-grün-roten Bildungsklempner mit dem Schulsystem Baden-Württembergs umgegangen. Wir hat ten hier ein verhältnismäßig gut funktionierendes Bildungs system, ein Bildungssystem mit einer soliden Struktur und ei nem tragfähigen Fundament. Die Notwendigkeit, es von Grund auf zu reformieren, bestand in keiner Weise. Es war vielleicht nicht das Paradies auf Erden, aber gemeinsam mit dem bayerischen Bildungssystem bundesweit das beste. Es war ein gut funktionierendes, perfekt etabliertes Bildungssys tem – über Jahrzehnte –, bis die ideologisch motivierten linksgrün-roten Abrisstrupps mit ihrer obskuren Agenda daherka men, die da lautete: „Ideologie statt Verstand“, „Gemein schaftsschule statt Gymnasium“, „Einheitsbrei statt Dreiglied rigkeit“, „Kuschelpädagogik statt Fachwissen“, „Gender-Ga ga statt Wissenschaftlichkeit“, „Inklusion und Gleichheits wahn statt bedarfsorientierter und individueller Förderung“,

(Beifall bei der AfD)

„Leistungsnivellierung nach unten statt Leistungsoptimie rung“, „Schulplansozialismus statt Schulwettbewerb“ und „Bildungseinfalt statt Bildungsvielfalt“.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Da kann man, Herr Kollege Schwarz, die Ganztagsbeschu lung eigentlich nur noch als Bedrohung gelingender Bildung betrachten.

„Grün-Rot ruiniert ein gutes Schulsystem“, titelte DIE WELT unlängst. Dem können wir uns nur anschließen. Innerhalb von nur wenigen Jahren wurde ein erfolgreiches Bildungssystem in seinen Grundfesten erschüttert und geradezu in Schutt und Asche gelegt. Die Wände, die es trugen, wurden ohne Kalku lation herausgerissen. Statt nachzudenken, statt zu kalkulie ren experimentierten die linken Bildungsscharlatane in ihrer ideologischen Verbohrtheit blind herum, ohne Rücksicht auf Verluste.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Reinhold Gall SPD: Kann das sein?)