Protokoll der Sitzung vom 23.11.2016

die tagaus, tagein damit beschäftigt sind, die Steuerdosis noch zu erhöhen. Dabei ist die Steuerüberdosis doch längst erreicht. Das dürfte jedem crystal- – Verzeihung –, kristallklar sein, so fern er nicht fiskalisch ob der ständigen neuen Rekordsteuer einnahmen bereits berauscht ist,

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der AfD)

wie es die Grünen offenbar sind. Stets auf der Suche nach neu en Verboten und Steuern – da sind sie sehr kreativ; das sei hier konzediert – kam den grünen Klassenkämpfern nun also – zum wievielten Mal eigentlich? – wieder einmal – zum x-ten Mal – die Vermögensteuer in den Sinn.

Allen Grünen? Nein. Ein einsamer Landesverband unter Füh rung des verehrten Herrn Ministerpräsidenten leistete auf dem Parteitag der Grünen erbitterten Widerstand und warnte in Münster vor der Wiedereinführung dieser Steuer.

(Abg. Thomas Marwein GRÜNE: Das können Sie nur wissen, weil die Presse dabei war! – Beifall bei den Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP)

Vielleicht lernt man auch in Ihrer Partei noch den Unter schied zwischen einem Parteitag und einer Listenaufstellungs versammlung; dann würden Sie das verstehen.

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD – Abg. Nicole Ra zavi CDU: Oje, oje! – Abg. Reinhold Gall SPD: Zwei Tage lang Kandidatenaufstellung!)

Schön, dass Sie sich so mit unserer Listenaufstellung befas sen.

Völlig richtig hat Herr Kretschmann erkannt – ich erlaube mir zu zitieren, Frau Präsidentin –:

Wir quälen uns schon mit der Erbschaftsteuer herum. Das ist eine Substanzsteuer, die Betriebe leicht gefährden kann.

Weiteres Zitat:

Die Vermögensteuer bekommt man nicht hin, ohne dass es auf Kosten unserer Familienbetriebe geht.

Chapeau, Herr Kretschmann – schade, dass er nicht da ist, wenn ich ihn schon mal lobe –,

(Vereinzelt Heiterkeit bei der AfD)

so viel Einsicht hätte ich von Ihnen gar nicht erwartet.

Es freut mich auch, dass meine Plenarrede zur Erbschaftsteu er von vor ein paar Wochen so viel Wirkung bei den Grünen gezeigt hat.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Nicole Ra zavi CDU: Oh ja!)

Das sagen wir ja immer: „AfD wirkt“ – nun sogar bei verein zelten Grünen; immerhin.

Natürlich ist die Vermögensteuer abzulehnen. Frau Walker, Sie sagen, da sei keine Gegenkonzeption erkennbar. Die Ge

genkonzeption ist einfach die Nichtwiedereinführung der Ver mögensteuer; denn wir brauchen sie nicht, ganz simpel.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Einfach mal zu rückhalten!)

Hierfür gibt es eine Vielzahl von seit Jahren jedem mit der komplexen Materie Vertrauten bestens bekannten Gründen.

Die hohe Belastungswirkung ist für Unternehmen wettbe werbsgefährdend; das ist eine Binsenweisheit. Es ist eine Il lusion, anzunehmen, dass die Vermögensteuer nur einige we nige Superreiche – wer ist das überhaupt? – treffen würde. Laut DIW wären vor allem Betriebsvermögen betroffen; bis zu 90 % des Aufkommens würden auf Unternehmen entfal len. Das wäre eine unzumutbare Belastung für die Unterneh men, zumal die Vermögensteuer nur sehr begrenzt auf die Hö he der tatsächlich erwirtschafteten Gewinne Rücksicht nimmt, sodass sie sich natürlich in schlechten Jahren umso stärker auswirkt. Das würde in Krisenzeiten vor allem den Mittel stand, die kleinen und mittleren Unternehmen und die ertrags schwachen Betriebe treffen. Denn wenn keine Erträge vorlie gen, dann geht es nun mal an die Substanz; da beißt die Maus keinen Faden ab. Wenn die Substanz veräußert werden muss, um die Vermögensteuer zu bezahlen, sind am Ende Arbeits- und Ausbildungsplätze in höchster Gefahr.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Die Erhebung einer Vermögensteuer wirkt zwangsläufig kri senverschärfend. Die großen und mächtigen Unternehmen und Konzerne würden das noch irgendwie gebacken bekommen. Sie sind häufig flexibel, weichen angesichts solcher Belastun gen gern bei der Betriebsstättenwahl ins Ausland aus. Aber auch sie mit der Vermögensteuer derart zu verprellen ist fatal, leisten sie doch bereits bei Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer einen substanziellen Beitrag zum Steuerauf kommen und schaffen die hier dringend benötigten Arbeits plätze.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Kleine und ortsgebundene Unternehmen hingegen haben häu fig erst gar keine Ausweichmöglichkeiten und sind verglichen mit internationalen Großunternehmen benachteiligt, müssen sie doch ohne Möglichkeiten zu einer legalen Steuerauswei chung mit einer Vermögensteuer zusätzliche Kosten tragen. Das ist ein riesiger Nachteil im internationalen Wettbewerb.

Neben der wie bei der Erbschaftsteuer unvermeidbaren Pro blematik der Substanzbesteuerung diskriminiert die Vermö gensteuer überdies zwangsläufig – das ist sehr wichtig – die Ei genkapitalbildung. Sparen und Vermögensbildung, das Schaf fen eines möglichst soliden Eigenkapitals zu bestrafen ist aber auch das exakte Gegenteil ökonomischer Vernunft.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Gerade der deutsche Mittelstand, das Rückgrat unserer Wirt schaft, hat bis heute im internationalen Vergleich sowieso ei ne zu geringe Eigenkapitalquote. Genau das würde mit einer Wiedereinführung der Vermögensteuer noch unattraktiver, und somit würden geradezu systematisch Fehlanreize gesetzt.

(Zuruf des Ministers Winfried Hermann)

Aber was stört das die krass neidgesteuerten sowieso bar je der eigenen unternehmerischen Fähigkeiten und jedes unter nehmerischen Denkens letztlich völlig unverdächtigen Links ideologen und Umverteilungs-Ultras vom Schlage eines Jür gen Trittin,

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Genau!)

die sich auf dem Parteitag der Grünen – zum Leidwesen von Ihnen – deutlich durchgesetzt haben? Um unternehmerischen Erfolg, um hohe Wertschöpfung und privatwirtschaftliche Ar beitsplätze scheren sich diese komplett leistungsfreien Zeit genossen nun wirklich nicht. Im Gegenteil: Es kann ihnen gar nicht genug Staat sein – das wurde in Ihrer Rede, Frau Wal ker, auch deutlich –, und da kommt die Vermögensteuer eben gerade recht.

Die Einführung einer Vermögensteuer stiftet außerdem ein enormes bürokratisches Wirrwarr. Jeder, der sich mit der Ge schichte der Vermögensteuer auseinandergesetzt hat, weiß das. Zwischen Privat- und Betriebsvermögen abzugrenzen ist schwie rig bis unmöglich. Die Erfassung und Bewertung von Vermö gen ist aufwendig, kostenintensiv und nicht zuletzt wegen konjunktureller Schwankungen und oft fehlender Marktwer te besonders kompliziert. Hier sind Konflikte vorprogram miert, und das kann einfach nicht das Ziel sein.

Zu der Substanzbesteuerungsproblematik und den Fehlanrei zen kommt – das ist allen Fachleuten, Steuerrechtlern wie Fi nanzwissenschaftlern, seit Jahrzehnten hinlänglich bekannt – eine ebenfalls letztlich nicht verfassungsfest lösbare Bewer tungsproblematik hinzu. Die Literatur dazu füllt Bände, und das war ein weiterer Grund für die Aussetzung der Vermögen steuer, was von Ihnen geflissentlich ignoriert wird.

Noch etwas kommt hinzu: Die wirtschaftlich sinnvoll anmu tende Forderung nach einer Privilegierung von Betriebsver mögen bei der Ausgestaltung der Vermögensteuer steht in ei nem unauflösbaren Widerspruch zu den Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes. Wenn Sie sagen, das müsse man ver fassungsfest machen, dann sage ich Ihnen, dass das der Qua dratur des Kreises gleichkommt. Das funktioniert nicht. Dar an haben sich schon viele versucht und sind daran gescheitert.

All das ist seit Langem auch allgemein bekannt. Insofern ist die Forderung nach einer Wiedereinführung der Vermögen steuer nichts als ein wirklichkeitsferner und blanker Populis mus der intellektuell unterbelichteten Apologeten der reinen Neidgesellschaft, nichts anderes.

(Beifall bei der AfD)

Für jeden vernunftbegabten Menschen, der bereit ist, sich nur eine Weile damit zu befassen, ist unstrittig: Die Vermögen steuer ist grundsätzlich aus vielerlei Gründen abzulehnen. Sie ist ein Auslaufmodell. Es besteht – Herr Rülke hat bereits da rauf hingewiesen – nicht die geringste Notwendigkeit, neue Steuern einzuführen. Die Steuereinnahmen sprudeln wie nie zuvor. Fast 700 Milliarden € stehen Bund, Ländern und Ge meinden in diesem Jahr zur Verfügung; bis 2020 werden es sogar 800 Milliarden € sein – ohne Vermögensteuer. Wenn der Staat dann trotzdem Defizite einfährt, dann haben wir es doch nicht mit einem Einnahme-, sondern mit einem Ausgabenpro blem zu tun. Leider hatte der Wirtschaftsnobelpreisträger

Friedman wohl recht, als er schrieb, dass höhere Staatseinnah men kaum das Defizit verringern könnten, da die regierenden Parteien nimmer satt zu bekommen seien, wenn es um Mehr ausgaben gehe. Und die Grünen liefern dafür das allerbeste Beispiel.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Raimund Ha ser CDU)

Anstatt also den Bürger mit weiteren Steuern zu drangsalie ren, sollten die uns noch Regierenden besser damit aufhören, Steuergelder zu verschwenden, und sich endlich in wirklicher Haushaltsdisziplin üben. – Wir haben ja bald hier im Hause Gelegenheit dazu.

Die vorhandenen Mittel gilt es besser einzusetzen, etwa in Bil dung, Forschung und Infrastruktur. Da wäre ich ganz bei Ih nen. Mit Bildung meine ich allerdings nicht die Gemein schaftsschule, mit Forschung nicht Gender-Gaga und mit In frastruktur ganz gewiss nicht den Flughafen Berlin-Branden burg.

(Beifall bei der AfD – Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

Nein, meine Damen und Herren, die Vermögensteuer nützt niemandem außer denen, die versuchen, aus ihr politisches Kapital zu schlagen, indem sie Unwissenheit und Neidinstink te ausnutzen. Das, was die Grünen machen, ist das, was sie uns immer vorwerfen, nämlich postfaktische Politik. Es geht ihnen nicht um Wahrheit, Fakten und volkswirtschaftliche Ver nunft, sondern schlichtweg um Emotionen. Das Wesensmerk mal der Sozialisten jeglicher Couleur: Sie sind die großen Ver einfacher, nicht wir.

(Zuruf von der AfD: So ist es!)

Mit Sorge muss ich nun konstatieren, dass die Linksaußen kräfte bei den Grünen gerade dabei sind, das Ruder zu über nehmen, und das bürgerliche Aushängeschild eines Herrn Kretschmann offenbar nicht mehr brauchen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Schaufens ter!)

Der wird von ihnen doch nur noch am Nasenring durch die Manege geführt.

(Beifall bei der AfD – Abg. Daniel Rottmann AfD: Jawohl!)