Allein sozusagen diejenigen mit dem besseren Lebensstil über die Mehrwertsteuer, EEG-Umlage, alles, was indirekte Steu ern sind, zu belasten, ist nicht der Weg, den die Sozialdemo
kratie gehen wird. Wir müssen schon auch schauen, was bei den Substanzsteuern ein richtiger Beitrag derjenigen ist, die in diesem Land sehr viel vom großen Wohlstandskuchen ha ben, meine Damen und Herren.
Bei dieser Debatte schlägt sich Ministerpräsident Kretsch mann in die Büsche. Er sagt einfach der Zeitung: „Ich bin da für, dass man Steuerhinterziehung bekämpft.“ Als Nils Schmid hier im Feuer stand, hat er sich heldenhaft vor ihn gestellt; wir erinnern uns alle richtig. Kretschmann sagt: „Es gibt eine Ab geltungssteuer, die wir noch in die Einkommensteuer hinein bringen wollen“, und das ist es dann, weiter nichts. Das halte ich für schwach. Er stilisiert sich selbst hier in Baden-Würt temberg als ein Hüter einer Romantik, und er ist nicht in der Lage, eine bundespolitische Debatte zu führen, wie sie auf dem Bundesparteitag der Grünen zu Recht – vielleicht holz schnittartig – geführt worden ist. Aber er hält sich raus, indem er hier „bella figura“ macht und guckt, dass der Haushalt, der ja in den vergangenen Jahren angehäufelt worden ist, insge samt stimmt. Frau Sitzmann kann glücklich sein über das, was geschehen ist. Aber er hält sich raus aus einer Debatte, die ge führt werden muss, nämlich wie Teilhabe in diesem Land funktioniert und wer in der Lage sein muss, dazu mit Vermö gen auch beizutragen, meine Damen und Herren.
Steuern sind kein Selbstzweck. Es gibt Aufgaben des Staates; der Staat muss handlungsfähig sein, er muss sich kümmern können, er muss wichtige Investitionen angehen. Da stimme ich Frau Walker voll und ganz zu; da sind wir auch weiterhin einer Meinung.
Aber es ist an dieser Stelle auch klar – für all diejenigen, die hier gerade die Apologeten der freien Marktwirtschaft sind –: Ein immer größerer Teil des handlungsfähigen Staates wird dadurch absorbiert, dass wir Aufräumarbeiten leisten müssen für das, was der Turbokapitalismus in den letzten zehn, 20 Jahren in diesem Land angerichtet hat, meine Damen und Her ren.
Steuergerechtigkeit ist das, was wir hier wollen. Dafür brau chen wir eine stärkere Steuerverwaltung. Die haben wir in den letzten Jahren auch tatsächlich geschaffen, und das muss wei tergehen. Steuergerechtigkeit und Gleichmäßigkeit der Be steuerungsverfahren sind notwendig. Das gilt für die Steuer fahndung, für die Betriebsprüfung, es gilt auch für den Innen dienst in unseren Finanzämtern. Dahinter stehen wir. Wir wol len, dass das auch ausgebaut wird, meine Damen und Herren, wir wollen, dass das, was dem Staat zusteht, auch beim Staat ankommt.
Eines will ich Ihnen sagen: Was wir hier nicht mittragen wer den, ist, dass wir am Ende diejenigen, denen es wirklich schlecht geht und die es schwer haben – die zahlen zwar nicht viele Steuern, aber sie merken, dass sie etwas ausgeschlossen sind –, sozusagen dennoch als Hinterherläufer derjenigen ha ben, die sagen: „Keine Vermögensteuer! Überhaupt nichts Weiteres!“ – so, wie es in den USA geschehen ist, wo dieje nigen, die die Deklassierten sind, im „Rostgürtel“ sozusagen den Swing gegeben haben für einen Präsidenten, der jetzt mit seiner Familie im 98. Stock in seiner Suite sitzt und sich vor Lachen feixend auf die Schenkel schlägt, wer ihn alles ge wählt hat.
Das alles werden wir in diesem Land nicht machen. Deswe gen, Herr Mack, liegen Sie falsch: Wir müssen diese Gerech tigkeitsdebatte in der Steuerpolitik führen. Das ist das, wor auf es ankommt.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wohlmeinende hätten ange sichts des Titels der Aktuellen Debatte vielleicht glauben kön nen, die FDP/DVP mache sich Sorgen um das Land.
Nach Ihrem Redebeitrag, Herr Kollege Rülke, wissen wir: Sie machen sich eher Sorgen um die FDP und den kommenden Bundestagswahlkampf – nicht mehr und nicht weniger.
Drei Dinge sind bemerkenswert. Erstens: Sie gehen fest da von aus, dass die Partei, der ich angehöre, Teil der nächsten Bundesregierung sein wird. Erst einmal: Herzlichen Dank für diese Vorschusslorbeeren, Herr Rülke.
Drittens: Die FDP/DVP-Fraktion hat offenbar auch keinerlei Ideen, wie man den Mittelstand in Baden-Württemberg stär ken und unterstützen kann, soll und muss;
Über die ersten beiden Punkte freue ich mich natürlich, über den letzten nicht. Denn die Bürgerinnen und Bürger haben ei ne gute Regierung verdient,
das haben sie. Sie haben aber auch eine gute Opposition ver dient, Herr Rülke, und da hören wir von Ihnen leider nichts. Ganz im Gegenteil: Es ist noch nicht allzu lange her, da hat diese Landesregierung
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Woher wis sen Sie das denn? Haben Sie das alles schon vorher gewusst?)
sich dafür eingesetzt, dass die kleinen Unternehmen in unse rem Land, die Handwerker und der Mittelstand auch in Zu kunft erfolgreich arbeiten können. Wir haben uns für eine Re form der Erbschaftsteuer starkgemacht; wir haben lange und intensiv verhandelt und gekämpft. Immerhin ist im Konsens aller Beteiligten eine Reform der Erbschaftsteuer verabschie det worden. Und das ist gut und richtig so, meine Damen und Herren.
Die beschlossene Reform ist verfassungsfest, sie gibt Pla nungs- und Rechtssicherheit für die Unternehmen und für die Steuerverwaltung, und sie belastet die Unternehmen im Land nicht über Gebühr und sichert damit Investitionen und Arbeits plätze.
Daran sehen Sie, meine Damen und Herren: Diese Landesre gierung kämpft für den Mittelstand in unserem Land, und zwar erfolgreich.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Winfried Mack CDU: Bravo! – Lachen des Abg. Rüdiger Klos AfD)
Was Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP/DVP, gefordert haben, das ist wahrlich verantwortungslos. Sie ha ben nämlich gefordert, dem Ergebnis des Vermittlungsaus schusses nicht zuzustimmen.
Sie haben gefordert, es abzulehnen, und damit hätten Sie ge rade dem Mittelstand in unserem Land wahrlich einen Bären dienst erwiesen, Herr Rülke. Das wäre wirklich verantwor tungslos gewesen. Man kann es an den Reaktionen vonseiten der Wirtschaft in unserem Land feststellen: Sie sind froh, dass es zu diesem Ergebnis gekommen ist. Deshalb ist es gut, dass Grüne und CDU regieren und nicht Sie.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Lachen bei Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Kommen Sie heute auch noch zur Vermögensteuer?)
Jetzt, Herr Kollege Rülke; genau jetzt, in diesem Moment komme ich auch zum Thema Vermögensteuer. Wenn man sich als Finanzministerin gegen eine Steuer, gegen zusätzliche Steuereinnahmen entscheidet, dann muss es gute Gründe da für geben.
Das muss wohlabgewogen sein. Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass der Ministerpräsident, aber auch ich und vie le andere führende baden-württembergische Grüne eine Ver mögensteuer nicht für das richtige Instrument halten.