Protokoll der Sitzung vom 23.11.2016

Das muss wohlabgewogen sein. Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass der Ministerpräsident, aber auch ich und vie le andere führende baden-württembergische Grüne eine Ver mögensteuer nicht für das richtige Instrument halten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der CDU und der FDP/DVP)

Der Grund ist einfach: Wir bezweifeln, dass man eine Vermö gensteuer entwickeln kann, die wirksam umverteilt, die effi zient ist, bei der also der Aufwand für die Erhebung in einem vernünftigen Verhältnis zum Ertrag steht, die verfassungsfest ist und die die Arbeitsplätze und die wirtschaftliche Dynamik in unserem Land nicht gefährdet.

Eine Vermögensteuer ist nicht das richtige Instrument. Aber wir sollten uns schon über das Thema Steuergerechtigkeit und über die Fragen ernsthaft Gedanken machen: Geht es in un serer Gesellschaft gerecht zu? Wie sichern wir den gesell schaftlichen Zusammenhalt?

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Podeswa AfD)

Dazu gehören auch der engagierte Kampf gegen Steuerhin terziehung und das Schließen von Steuerschlupflöchern,

(Abg. Anton Baron AfD: Gegen die Erhöhung der Grunderwerbsteuer!)

und dazu gehört die Gleichbehandlung von Einkommen aus Arbeit und aus Kapital. Jeder muss einen fairen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Jetzt haben Sie viele Konjunktive gebraucht: wenn bei der Bundestagswahl in einem Jahr die Grünen ein gutes Ergebnis hätten, wenn die Grünen an Koalitionsverhandlungen für ei ne zukünftige Regierung beteiligt wären, wenn in diesen Ko alitionsverhandlungen ein Koalitionsvertrag herauskäme, der einen Beschluss über eine Vermögensteuer enthielte, wenn dieser Beschluss dann umgesetzt würde, wenn im Bundesrat darüber entschieden werden müsste. Da sage ich Ihnen: Wir können einer Vermögensteuer dann nicht zustimmen, wenn sie Arbeitsplätze und Unternehmen in ihrer Substanz gefähr det, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Für mich ist das auch eine Frage der Gerechtigkeit. Ja, wir ha ben eine Ungleichheit bei Vermögen, und ja, wir haben auch eine Ungleichheit bei Einkommen. Um die Ungleichheit bei Einkommen zu minimieren, ist eine zentrale Voraussetzung, dass die Menschen Arbeit haben. Wir müssen alles tun, damit Leute die Grundlage haben, um in Ausbildung zu kommen und arbeiten zu können, und dass die Unternehmen im Land

Arbeitsplätze schaffen. So kann Einkommensungleichheit ab gebaut werden, und so gibt es überhaupt erst die Möglichkeit, Vermögen aufzubauen, meine Damen und Herren. Das ist mir auch im Blick auf den Aspekt der sozialen Gerechtigkeit ganz wichtig.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Baden-Württemberg ist gut aufgestellt und innovativ. Die Un ternehmen in unserem Land sind weltweit erfolgreich. Viele sind mit ihren Produkten Weltmarktführer. Sie strengen sich jeden Tag aufs Neue an, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Sie haben unsere Unterstützung verdient. Deshalb hat BadenWürttemberg beispielsweise eine Fachkräfteallianz und einen soliden Hochschulfinanzierungsvertrag, der auf Wissenschaft und Forschung setzt. Wir haben massiv Kita-Plätze ausgebaut. All das sind Maßnahmen, die dazu beitragen, dass die Unter nehmen in unserem Land auch in Zukunft gut ausgebildete Fachkräfte finden können.

Diese Politik werden wir fortsetzen. Wir werden auch im Haushalt 2017 wichtige Impulse setzen: mit einem Pakt für Integration, mit Investitionen in unsere Infrastruktur und mit einer Offensive für Digitalisierung, meine Damen und Her ren.

Lassen Sie mich noch einiges zu den Ausführungen von Herrn Meuthen sagen. Das, was Sie hier steuerpolitisch fordern, lässt mich fassungslos zurück.

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Das freut mich!)

Sie fordern die Abschaffung der Erbschaftsteuer, Sie fordern einen Stufentarif statt der progressiven Einkommensteuer. Der Vermögensteuer haben Sie eine Absage erteilt. Das heißt im Klartext: Sie wollen Gutverdiener und Vermögende massiv entlasten. Und nicht nur das. Sie haben gegenüber der WELT im April gesagt:

31 % des BIP sind Sozialausgaben. Da sind einige Zöp fe dabei, die ohne große Folgen abgeschnitten werden können.

(Zuruf von der AfD: Natürlich!)

Da frage ich mich schon: Welche Zöpfe meinen Sie denn kon kret?

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Wollen Sie die Hartz-IV-Regelsätze senken? Wollen Sie die Förderung des sozialen Wohnungsbaus kürzen? Wollen Sie Hilfen für Behinderte streichen, oder wollen Sie das BAföG abschaffen?

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Ich erkläre Ihnen das gern!)

Was sind denn die Zöpfe, die Sie abschneiden wollen? Dazu sollten Sie hier einmal klar Stellung beziehen und zu dem ste hen, was Sie fordern.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der SPD)

Ich kann nur eines sagen: Um Ihre Milliardenentlastungsver sprechen für Gutverdiener und Vermögende umzusetzen und

dennoch die Schuldenbremse einzuhalten, müssten Sie mas siv den Sozialstaat zusammenstreichen. Wenn Sie das wollen, sagen Sie es. Wir, meine Damen und Herren, wollen das nicht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Carola Wolle AfD)

Lassen Sie mich zusammenfassen, meine Damen und Herren: Es gibt überhaupt keinen Grund, sich um Baden-Württemberg Sorgen zu machen. Der Mittelstand, das Handwerk, die Un ternehmen in unserem Land sind bei uns, der grün-schwarzen Landesregierung, in guten Händen. Wir werden darauf ach ten, dass sie auch in Zukunft innovativ im Land und auf den Weltmärkten unterwegs sein können, und wir werden alles tun, um sie zu fördern und zu unterstützen. Darauf können Sie sich verlassen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

In der zweiten Runde erteile ich das Wort für die FDP/DVP-Fraktion Herrn Abg. Dr. Aden.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Zuhörer auf den Rängen! Zunächst habe ich eine Bitte an das Sitzungs präsidium: Kann man die Zeit der medizinischen Behandlung von Herrn Dr. Rülke auf meine Redezeit anrechnen?

(Vereinzelt Heiterkeit)

Sie haben knapp eine Minute. Machen Sie weiter, Sie haben nicht so viel Redezeit. Bitte.

Zur Sache: Die Grünen fordern eine Vermögensteuer, die vor allem der sozialen Spal tung entgegenwirkt sowie verfassungsfest und ergiebig sein soll. An diesen Schlagworten möchte ich mich einmal abar beiten.

(Beifall des Abg. Lars Patrick Berg AfD)

Soziale Spaltung: Die berühmte Schere zwischen Arm und Reich wird angeblich immer größer. Woran will man diese Schere messen? Am Armutsbericht der Bundesregierung? Nach dessen Definition zählt man zu den Armen, wenn man weniger als 60 % des Durchschnittseinkommens verdient. So werden wir das Armutsproblem nie in den Griff bekommen. Im Gegenteil: Ich habe mich schon immer daran gestört, dass eine Tariferhöhung in der einen Branche automatisch zu mehr Armut in einer anderen Branche führt. Das kann ja wohl nicht sein.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Noch eines: Eine nivellierte Vermögensverteilung, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden wir durch eine Steuer nie hinbekommen – es sei denn durch Krieg, Revolution oder Naturkatastrophen. Außerdem bin ich der Meinung, dass es für eine Gesellschaft von Vorteil ist, wenn man unterschied lich reich ist und nicht gleich arm.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Heiterkeit bei Abge ordneten der AfD)

Die neue Vermögensteuer soll verfassungsfest sein. Es wurde schon darauf hingewiesen. Das muss ich jetzt nicht weiter er örtern.

Der bürokratische Aufwand steigt ins Unermessliche. Als ich meinen Steuerberater nach Informationen für diese Rede – ob er bei der Vorbereitung helfen kann – gefragt habe: „Können sie mir ein paar Tipps geben?“, sagte er scherzend: „Schade eigentlich, dass die Vermögensteuer abgeschafft wurde. Das war nämlich eine sehr schöne Einnahmequelle für uns.“

(Heiterkeit des Abg. Rüdiger Klos AfD)

Ich denke, eine weitere Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Steuerberater benötigen wir nicht.

Ergiebig, sehr geehrte Damen und Herren, soll die Steuer sein. Was heißt ergiebig? Dazu würde ich sagen: Alle schauen auf den Solidaritätszuschlag, der bei einem Steueraufkommen von 700 Milliarden € in etwa 15 Milliarden € einbringt. Das ist, kann man sagen, einigermaßen ergiebig.

Es wurde schon darauf hingewiesen, dass die tatsächliche Er hebung der Vermögensteuer einen riesengroßen Aufwand ver ursacht, sodass der Nettoertrag wesentlich unter dem Brutto ertrag liegt. Aber darauf kommt es den Grünen gar nicht an. Man will den sogenannten Reichen wirklich nur ans Porte monnaie – egal, was da herauskommt. Das erweckt den Ein druck von Gerechtigkeit, aber den Bundesgrünen geht es gar nicht um die Reichen, sondern – jetzt kommt der Clou – um die Superreichen.

Herr Abg. Dr. Aden, Sie müs sen zum Schluss kommen. Trotz eines Zuschlags wegen Herrn Abg. Dr. Rülke müssen Sie jetzt zum Schluss kommen.

(Heiterkeit des Abg. Rüdiger Klos AfD)