(Abg. Winfried Mack CDU zu Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ich habe dich zum ersten Mal salu tieren sehen! – Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Gerhard Kleinböck SPD: Das gilt auch für Herrn Mack!)
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen, liebe Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Mit unserem Antrag wollen wir nicht die Lehrerausbildung in Baden-Württemberg revolutionieren, sondern wir wollen ei gentlich nur Voraussetzungen dafür schaffen, dass einige Men schen eine vernünftige Perspektive zur Verbesserung ihrer Le bensbedingungen haben. Vielleicht ist das auch nicht ganz selbstlos vom Land Baden-Württemberg. Ich werde darauf gleich noch einmal zu sprechen kommen.
Junge Menschen, die selbst gehandicapt sind oder die in ir gendeiner Form in familiäre Pflichten eingebunden sind – egal, ob sie selbst Eltern sind oder ob sie pflegebedürftige An gehörige unterstützen –, haben heute große Probleme, den Vorbereitungsdienst, das Referendariat so zu absolvieren, dass ein gutes Ergebnis dann auch eine Anstellung als Lehrkraft und eine Verbeamtung möglich macht. Ich kann Ihnen dazu auch einige Beispiele aus meinem Wahlkreis nennen; ich den ke, viele von Ihnen sind bereits mit ähnlichen Problemen kon frontiert worden.
Wer sich schon einmal mit Referendaren unterhalten hat oder dies womöglich selbst erlebt hat, weiß, dass der Vorberei tungsdienst eine wirklich harte Zeit ist.
Als Schulleiter einer Ausbildungsschule weiß ich, dass der Satz stimmt: „Studieren mit Kind, das ist schon schwierig, aber der Vorbereitungsdienst mit Kind, das geht gar nicht.“ Daher, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol legen, müssen wir auch im Hinblick auf die demografische Entwicklung Rahmenbedingungen schaffen, die auch den Vor bereitungsdienst in einer anderen Form ermöglichen.
In Baden-Württemberg hinken wir hier einer Entwicklung hin terher, die von anderen Bundesländern längst aufgenommen wurde. Sechs von 16 Bundesländern haben sich bereits auf den Weg gemacht, Teilzeitarbeit auch im Rahmen der Ausbil dung möglich zu machen.
Ich teile ja die Meinung des Kultusministeriums, dass es sich hier um eine überschaubare Zahl von Interessentinnen und In teressenten handelt. Aber wenn der „Staatsanzeiger“ selbst dieses Thema recherchiert und im Juli schreibt, dass die Er fahrungen in anderen Bundesländern positiv sind und der Be darf längst dokumentiert ist, dann muss ich sagen, liebe Frau Ministerin: Wir müssen in Baden-Württemberg diese Ent wicklung auf den Weg bringen, und wir dürfen das nicht auch wieder verschlafen.
Meine Damen und Herren, die Zahl der Interessentinnen und Interessenten ist überschaubar. Deshalb müssen wir hier viel leicht noch einen zweiten Aspekt hineinbringen, auf den ich bereits am Anfang hingewiesen habe: Für die Teilzeitvarian te spricht natürlich auch, dass berufsbegleitende Referendari ate einen Anreiz für eine ganz andere Zielgruppe darstellen können, nämlich beispielsweise einen Anreiz zum Umstieg aus einem anderen Beruf in den Lehrerberuf, um den drohen den Fachkräftemangel abzuwenden. Das wäre natürlich ein Aspekt, bei dem ich sage: Das Land muss hier auch ein Ei geninteresse an Teilzeitausbildung haben.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir müssen hier das Rad nicht neu erfinden, sondern können uns inhaltlich an dem ori entieren, was in anderen Bundesländern bereits umgesetzt wird. Natürlich – das ist ja klar – müssen eine Reihe von Punkten geklärt werden. Wie lange kann und soll denn das Referendariat dauern? Wie ist in dieser Zeit die Bezahlung? Welchen Status haben die Referendarinnen und Referendare? Und sicherlich gibt es in diesem Kontext auch einige versi cherungsrechtliche Fragen zu klären. In diesem Zusammen hang verweise ich auf den Beschlussteil unseres Antrags.
Aber ich sage auch ganz deutlich, liebe Kolleginnen und Kol legen: „Geht nicht“ gibt es an dieser Stelle nicht.
Ich fasse zunächst einmal zusammen: Der Vorbereitungsdienst in Teilzeit muss auch in Baden-Württemberg kommen. Das stärkt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es ist auch deshalb ein wichtiger Beitrag, weil gerade diejenigen jungen angehenden Lehrkräfte, die eine solche größere Belastung auf sich nehmen, sehr engagierte Lehrerinnen und Lehrer werden, die trotz familiärer Verpflichtungen erfolgreich ein Referen dariat und damit eine Berufsausbildung absolvieren. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir haben ja schließlich vor ei nigen Jahren im Beamtenrecht auch die Möglichkeit geschaf fen, hier zu einer unterhälftigen Beschäftigung zu gelangen. Aber der Weg dahin muss natürlich auch möglich sein.
Ein letzter Aspekt sind die Maßnahmen gegen den Fachkräf temangel im Lehrerberuf; auch darüber haben wir hier schon des Öfteren gesprochen. Diesem Fachkräftemangel zu begeg nen könnte ein Stück weit durch die Teilzeitausbildung im Re ferendariat möglich sein.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, stimmen Sie deshalb un serem Antrag auf Einrichtung einer ressortübergreifenden Ar beitsgruppe zu. Legen Sie dem Landtag einen Gesetzentwurf für die Ausübung eines Vorbereitungsdienstes in Teilzeit vor, und eröffnen Sie damit einigen jungen Menschen eine gute Berufsperspektive.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Abgeordnete, meine Damen und Herren! Herr Kleinböck, Ihr Antrag ist auf meine Person zugeschnitten. Denn auch ich habe in den Achtzigerjahren wegen der Geburt meines ältesten Sohnes mein Referendariat um ein halbes Jahr verlängert – von anderthalb auf zwei Jahre.
Daher finde ich die Möglichkeit, eine Ausbildung in Teilzeit zu machen, im Prinzip sehr gut und auch wichtig für unsere Gesellschaft – sehr gut deshalb, weil das Leben nicht immer berechenbar ist.
Sie nennen in Ihrem Antrag junge Eltern, Menschen mit Be hinderungen und Personen, die bedürftige Angehörige pfle gen, als Zielgruppen. Das sind Personengruppen, die unsere Gesellschaft stützen und die sich für unsere Gesellschaft ein setzen. Hier muss, wo es organisatorisch möglich ist, eine Ausbildung in Teilzeit erfolgen können. Zum einen brauchen wir diese Fachkräfte für den Arbeitsmarkt – Sie haben es schon gesagt –, zum anderen möchten wir alle Menschen an der Gesellschaft teilhaben lassen, und wir wissen: Arbeit be deutet auch Teilhabe.
Ein Referendariat in Teilzeit – also 50 % oder die Wahl der Wochentage – erscheint mir allerdings nicht sinnvoll. Ich möchte dies kurz anhand von zwei Aspekten erläutern:
Erstens sehe ich dabei Probleme in der Organisation. Denn die Ausbildung im Referendariat ist durch eine enge Verknüp fung der Fachausbildung in Theorie wie Didaktik, Methodik, Pädagogik usw. mit deren zeitnaher Anwendung in der Schul praxis gekennzeichnet. Und die einzelnen Ausbildungsveran staltungen bauen aufeinander auf. Das kann man in Teilzeit – 50 % oder an drei Wochentagen, etwa montags, mittwochs und donnerstags – nicht sinnvoll bewältigen. Wir wollen ja auch gute und gut ausgebildete Lehrer.
Mein zweiter Aspekt: Es gibt Alternativen, die den Referen darinnen und Referendaren schon seit Langem die Möglich keit bieten,
Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Denn in Bezug auf das Arbeitsrecht stehen wir nicht am Punkt null. Es existieren ja bereits mehrere Möglichkeiten. Auf drei möchte ich kurz eingehen.
Bei einer Unterbrechung des Vorbereitungsdienstes durch Schwangerschaft und Elternschaft wird bei der Wiederaufnah me des Referendariats so weit wie möglich auf individuelle Belange Rücksicht genommen.
Bei Behinderung wird aufgrund eines ärztlichen Gutachtens festgelegt, welche Erleichterungen bei der Ausbildung und der Prüfung angeboten werden können, wie z. B. die Verlänge rung von Prüfungsfristen oder die zeitliche Streckung des Vor bereitungsdienstes.
In Bezug auf die häusliche Pflege naher Angehöriger gilt § 74 Absatz 2 und 4 des Landesbeamtengesetzes – auch für Refe rendare.
Deshalb kann erstens davon ausgegangen werden, dass kaum Bedarf für die Einführung von Teilzeitmodellen für Referen dare vorhanden ist. Zu diesem Ergebnis kamen auch Sie vor knapp einem Jahr, als dieses Ressort noch SPD-geführt war. Zweitens sind der organisatorische Aufwand und die Mehr kosten angesichts der geringen Nachfrage zu hoch. Drittens haben wir natürlich trotzdem die Bereitschaft, individuelle Lösungen im Referendariat konstruktiv zu begleiten. Damit hat es bei mir vor 35 Jahren auch geklappt.
Es ist klar: Wir wollen und brauchen gut ausgebildete Lehre rinnen und Lehrer. Wir sind aufgeschlossen für individuelle Lösungen. Aber nicht alles muss per Gesetz geregelt werden.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Andreas Kenner SPD und Dr. Timm Kern FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das war kein Zufall! Das hat sie mit der Stoppuhr ge macht! – Gegenruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜ NE: Jetzt mach es nicht runter!)
Sehr geehrter Herr Präsident, mei ne sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Baden-Württemberg muss niemand, der Lehre rin oder Lehrer werden will, lange auf einen Referendarsplatz warten. Es gibt nämlich keine Zulassungsbeschränkung. Egal, mit welcher Note man das Erste Staatsexamen abgeschlossen hat: Jeder kann ins Referendariat einsteigen. Das ist nicht selbstverständlich; das haben Sie in der Vergangenheit sicher lich beobachtet. Gerade in anderen Bundesländern musste
man teilweise sehr lange warten. Wir in Baden-Württemberg haben aber die Ausbildung immer als Einheit gesehen: Studi um und Referendariat gehören bei uns zusammen. Erst an schließend ist man „fertige“ Lehrerin oder „fertiger“ Lehrer.
Bei der Bewerbung um das Referendariat werden schon jetzt Sozialpunkte angerechnet. Man kann also bestimmte Wün sche und Belange angeben: Wohnort, Familienbindung, auch Pflege von nahen Angehörigen oder eine eigene Behinderung. Und – wir haben es eben von der Kollegin Bogner-Unden schon gehört – schon bisher kann man die Ausbildungszeit um drei bis sechs Monate verlängern. Dies erlaubt das Beam tengesetz, wenn man Angehörige oder, wie in diesem Fall, Kinder zu pflegen hat.
Die SPD ist jetzt, meine Damen und Herren, auf die Idee ge kommen, die Einführung der Möglichkeit eines Teilzeitrefe rendariats zu beantragen. Nachdem Sie nun fünf Jahre lang den Kultusminister gestellt haben, kommen Sie jetzt auf die Idee und sehen da Handlungsbedarf. Da darf man sich ja schon etwas wundern, meine Damen und Herren.
Aber es ist tatsächlich ein dickes Brett, das es hier zu bohren gilt – vielleicht ist das nicht so ganz Ihre Sache. Die neue CDU-Kultusministerin verschließt sich dem Anliegen jeden falls nicht. Dies hat ja auch schon die GEW zur Kenntnis ge nommen und kommuniziert.
Aber klar ist auch: Wenn wir so ein Vorhaben angehen, dann wollen wir es richtig machen, dann wollen wir keine halben Sachen machen. Schauen Sie nach Berlin; da ist es z. B. durchaus möglich, den Vorbereitungsdienst in Teilzeit zu ab solvieren – aber eben nur im Angestelltenverhältnis. Dann ha ben die Referendare nicht nur monatlich weniger Geld in der Tasche, sondern sie müssen auch noch Sozialversicherungs abgaben zahlen. Wir meinen, das ist eher eine halbe Sache, die wir nicht unbedingt nachmachen wollen.
Wir müssen auch feststellen: Die Modelle, die es in den ge nannten sechs von 16 Ländern gibt, lassen sich nicht so ein fach auf Baden-Württemberg übertragen. Denn diese Phase der Ausbildung ist ja in jedem Land etwas anders organisiert. Wir haben z. B. im ganzen Land verteilt 38 Seminare – dabei wird nach Schularten differenziert –, die diese begleitende Ausbildung anbieten. Es wird zu prüfen sein, wie sich dann ein Referendar in Teilzeit in das Kurssystem einpasst, wie es sich auswirkt, wenn man neben den anderen herläuft, wenn man dann so vereinzelt ist.
Man muss auch berücksichtigen, wie sich die Chancen durch eine solche Teilzeitausbildung verändern. Denn Chancen gleichheit ist hier schon ein ganz wichtiges Kriterium. Dafür müssen wir eine gute Lösung finden.
Durch die Verlängerung der Ausbildungszeit darf natürlich kein Vorteil entstehen. In Hessen hat man deswegen z. B. die Einstiegsphase und das Prüfungssemester aus dieser Teilzeit erlaubnis herausgenommen. In diesen Phasen ist eine Teilzeit arbeit also nicht möglich.
Umgekehrt soll man auch keine Nachteile davon haben, dass man nur in Teilzeit anwesend ist. Das betrifft z. B. den ange leiteten oder den selbstständigen Unterricht, den man in den