(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Nein, falsch! – Abg. Sascha Binder SPD: Das erste Eigentor! 1 : 0 für Rül ke!)
Ist die Entscheidung, die der Parteitag getroffen hat, gegen irgendein Gesetz unseres Landes? Haben wir also rechtswidrig entschieden?
Herr Kollege Fiecht ner, fragen wir mal einen Verfassungsrechtler. In Artikel 21 Absatz 1 des Grundgesetzes steht – ich zitiere mit Ihrer Ge nehmigung, Frau Präsidentin –:
Dazu sagt Professor Joachim Wieland, der Rektor der Univer sität für Verwaltungswissenschaften in Speyer – ich zitiere –:
Es ist mit dem verfassungsmäßigen Auftrag der Parteien nicht vereinbar, die Öffentlichkeit auszuschließen.
(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört!)
Wenn Ihnen ein Jurist nicht reicht, dann darf ich noch Profes sor Klaus Gärditz, Staatsrechtler der Universität Bonn, zitie ren. Er sagte, zwar seien die Parteien formell privatrechtlich verfasst; anders als ein Taubenzüchterverein hätten sie aber einen öffentlichen Auftrag. – Nachzulesen in der FAZ online vom 19. November 2016.
(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD – Abg. Thomas Blen ke CDU: Juristische Ausführungen vom Kollegen Dr. Rülke sind stets gehaltvoll! – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Aber bitte nichts gegen die Tauben!)
Eine Führungsfigur Ihrer Partei, nämlich Herr Höcke – Herr Meuthen, mit dem haben Sie ja ein Bündnis Höcke/Gauland/ Meuthen geschmiedet, so ähnlich wie das Dreigestirn im rhei nischen Karneval –,
Nein, ich weigere mich, weiterhin von „Lügenpresse“... zu sprechen. Aber den... Begriff der „Lückenpresse“ möchte ich gerne meiner Verwendung zuführen.
Meine Damen und Herren, „Lückenpresse“. Wenn Frau Pet ry etwa vom Schusswaffengebrauch an der Grenze redet,
hat die „Lückenpresse“ darüber berichtet. Dann ist sie an schließend zurückgerudert und hat nur von Notwehr gespro chen.
wurde das berichtet. Es wurde sogar berichtet, wie sie es be gründet hat: Sie sei auf der Maus abgerutscht, meine Damen und Herren. Ist das „Lückenpresse“?
Wenn Herr Gauland, der Dritte aus dem Dreigestirn, erklärt, er hätte Herrn Boateng nicht gern als Nachbarn,
und dann anschließend sagt, Herrn Boateng kenne er gar nicht – darüber hat die „Lückenpresse“ doch berichtet –, wo ist da „Lückenpresse“, meine Damen und Herren?
Wenn Herr Mandic – ist das auch Quatsch? –, führendes Mit glied Ihrer Landespartei, Obama einen „Quotenneger“ nennt, wurde das auch berichtet.
Und über Ihr peinliches Spaltungspossenspiel hier im Land tag von Baden-Württemberg wurde ebenfalls von den Medi en ausführlichst berichtet. Wo haben wir da „Lückenpresse“, meine Damen und Herren?
Wenn Herr Räpple von „Volksverräter“ redet und sich an schließend im Verfügungsraum des Landtags mit einem an deren Abgeordneten prügelt, darüber hat die Presse auch be richtet. Wo ist da „Lückenpresse“, meine Damen und Herren? Es wird sehr wohl über Sie berichtet. Nur passt Ihnen das meiste nicht, was berichtet wird. Das liegt jedoch an dem, was Sie hier abliefern, meine Damen und Herren. Das ist das Pro blem.
Herr Höcke spricht von „Lückenpresse“. Aber offensichtlich, weil Ihnen nicht passt, was die Presse berichtet, entwickeln Sie sich zur „Lückenpartei“ in der AfD. Einerseits – das ist schon ein bemerkenswertes Possenspiel – beklagen Sie, mei ne Damen und Herren, in unserem Land ständig die Islami sierung des Abendlands, aber gleichzeitig machen Sie sich das
(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU – Zuruf der Abg. Carola Wol le AfD)
Wenn wir eines aus der Geschichte gelernt haben, dann ist dies die Tatsache: Wenn die Pressefreiheit stirbt, dann stirbt bald darauf auch die parlamentarische Demokratie. Deshalb ist es jetzt an der Zeit, den Anfängen zu wehren. Eines kann ich Ih nen versprechen, meine Damen und Herren: Wenn Ihre Par tei es darauf angelegt hat, die parlamentarische Demokratie abzuschaffen, dann werden Sie auf den entschlossenen Wi derstand aller anderen in diesem Haus treffen. So sieht es aus.
(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD – Abg. Dr. Jörg Meu then AfD: Ein solcher Schwätzer! – Zuruf von der AfD: Was für ein Gefasel!)
(Minister Guido Wolf nimmt einen Buchband mit zum Rednerpult. – Abg. Andreas Stoch SPD: Aber nicht schmeißen!)
Liebe Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Band ist hellbeige und trägt eine goldene Beschriftung. Der Um schlag ist etwas abgegriffen, was darauf hindeutet, dass es schon häufig Anlass gegeben hat, sich mit diesem Band aus einanderzusetzen. Generationen von Juristinnen und Juristen haben bereits darin geblättert und studiert.
Er steht in jeder juristischen Bibliothek. Es handelt sich um den 20. Band der Entscheidungen des Bundesverfassungsge richts. Seit 50 Jahren enthält er Ausführungen, die für das Ver ständnis von Pressefreiheit und Staat in unserem freiheitlichdemokratischen Land grundlegend sind. Das Wesentlichste findet sich komprimiert in einem Satz auf Seite 174.