Protokoll der Sitzung vom 09.02.2017

Wir haben auch die Planansätze bei der Landeszentrale für po litische Bildung fortgeschrieben. Die Bedeutung der politi schen Bildung, insbesondere für junge Leute in diesen Zeiten, meine Damen und Herren, kann gar nicht hoch genug ange siedelt werden. Deswegen stehen wir zu diesen Planansätzen in ihrer ganzen Breite.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

An dieser Stelle ist der AfD die Landeszentrale erkennbar ein Dorn im Auge.

(Abg. Anton Baron AfD: Zu aufgebläht! Verlänger ter Arm der Kartellparteien!)

Das liegt wahrscheinlich auch an ihrer kritischen Grundhal tung gegenüber jeglicher Form des Extremismus und des Ra dikalismus. Sie würden sie am liebsten abschaffen. An diesem Punkt sieht man, dass es gut ist, dass Sie für solche Vorhaben im Landtag keine Mehrheit erreichen werden.

Sie wollen die Mittel für politische Stiftungen streichen.

(Abg. Bernd Gögel AfD: Vereine!)

Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Vielleicht haben Sie auch gar nicht die Systematik der Stif tungsfinanzierung zwischen Bund und Ländern verstanden.

(Zuruf des Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD)

Ansonsten haben Sie wie immer stapelweise Anträge gegen demokratische Einrichtungen und Aufgaben produziert. Sie haben Ihre Bemühungen gegen eine Erinnerungskultur in Ba den-Württemberg nicht eingestellt, haben heute einen Antrag gegen den Lernort Kislau, einen Ort der Erinnerung an ein KZ in der Region Baden, eingebracht. Dessen Finanzierung wol len Sie gern auf null stellen. Sie sind gegen Friedensbildung. Sie machen damit Ihren Charakter, Herr Dr. Meuthen, schon sehr deutlich.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Sie liefern uns auch zwei richtige Schmankerl – das zum Schluss, Frau Präsidentin –: Sie sind für die Kürzung der Mit tel für die Herstellung von Landtagsdrucksachen. Aber Sie sind diejenige Fraktion, die – das ist Ihr gutes Recht – im We sentlichen für die Erhöhung der Kosten verantwortlich ist. Sie fluten Landtag und Ministerien mit Kleinen Anfragen en mas se. Das können Sie machen. Aber dann sollten Sie sich hier

nicht scheinheilig hinstellen und die Kürzung der Mittel für die Herstellung Ihrer Drucksachen fordern.

(Beifall bei den Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Wie wäre es denn, wenn man sinnfreies Drucken mal einstel len würde?)

Die Krönung, Herr Dr. Meuthen: Die selbst ernannte Partei der sogenannten kleinen Leute fordert eine Kürzung der Ent gelte der Beschäftigten des Reinigungsdienstes und der Kü che bei der Landeszentrale für politische Bildung. Noch Fra gen wegen des Charakters dieser Fraktion? Ich denke, nein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Abg. Razavi das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Landesverfassung heißt es:

Der Landtag übt die gesetzgebende Gewalt aus und über wacht die Ausübung der vollziehenden Gewalt nach Maß gabe dieser Verfassung.

Mit Unterstützung durch die Landtagsverwaltung soll die Auf gabenerfüllung in möglichst wirtschaftlicher und sparsamer Art und Weise erfolgen. Lassen Sie mich deswegen beginnen mit einem herzlichen Dankeschön an die Verwaltung dieses Hauses, des Landtags von Baden-Württemberg. Liebe Mitar beiterinnen und Mitarbeiter, Sie machen über Jahre hinweg einen verlässlichen und tollen Job. Dafür möchten wir Ihnen ganz herzlich Danke schön sagen.

(Beifall bei der CDU, den Grünen, der SPD und der FDP/DVP sowie Abgeordneten der AfD)

Ich gebe auch zu, dass ich mir ab und zu vorstellen kann, dass Ihre Arbeit mit den und für die Abgeordneten nicht immer ganz einfach ist.

Ja, der Landtag von Baden-Württemberg ist in der Tat sehr schwäbisch – die Badener und die Kurpfälzer unter uns mö gen es mir nachsehen –, nämlich eines der kleinsten und kos tengünstigsten Landesparlamente. Das wird er auch künftig bleiben. Ein Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg be treut rund 75 000 Einwohner. Im Durchschnitt aller Bundes länder sind es rund 42 000 Einwohner.

Gleichzeitig sind die Anforderungen an die Parlamentarier ge stiegen. Darüber haben wir vorhin schon gesprochen. Auch zahlreiche Bezüge zur europäischen und zur Bundespolitik haben sich entwickelt. Lassen Sie mich nur auf wenige Punk te eingehen.

Neben dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und der Landeszentrale für politische Bildung wird inzwischen auch der Bürgerbeauftragte des Landes Baden-Württemberg im Einzelplan des Landtags separat abgebildet. Die gestiegene Zahl von Fraktionen und Abgeordneten führt ihrerseits zu ei nem erhöhten Finanz- und Personalbedarf von elf neuen Stel

len im parlamentarischen Beratungsdienst; das sind Kosten in Höhe von rund 1,5 Millionen €. Durch den Einzug einer fünf ten Fraktion in den Landtag entstehen Mehrkosten in Höhe von 1,17 Millionen €. Auch das muss man immer im Kopf be halten.

Wie funktioniert Demokratie, wie funktioniert unser Parla ment, und was tun die Abgeordneten eigentlich? Das erleben die vielen Tausend Menschen, die vielen Schülerinnen und Schüler, die Jahr für Jahr den Landtag besuchen, so wie auch am heutigen Vormittag. Sie verfolgen unsere Debatten und be kommen dadurch Einblick in die parlamentarische Arbeit. Sie kommen mit uns ins Gespräch. Dieses Angebot ist, wie wir meinen, wichtiger denn je.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

In diesem Zusammenhang auch ein herzliches Dankeschön an den Besucherdienst, der sich immer sehr intensiv und gut und auch inhaltlich positiv um unsere Besucherinnen und Be sucher kümmert.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Genau deshalb ist es wichtig, dass wir uns in großer Geschlos senheit für ein Bürger- und Medienzentrum entschieden ha ben, um unsere Arbeit und den Landtag als Kernstück der ba den-württembergischen Demokratie für die Bürgerinnen und Bürger noch besser zu öffnen. Das ist gut angelegtes Geld, führt aber allein zu einem um 1,1 Millionen € erhöhten An satz.

Natürlich umfasst ein Großteil des Gesamthaushalts des Land tags Leistungen an Abgeordnete, ausgeschiedene Abgeordne te und auch Hinterbliebene. Insgesamt werden damit die ge wachsenen Aufgaben des Landtags auch monetär nachvollzo gen und wird die Professionalisierung des Parlamentsbetriebs vorangetrieben.

Der Datenschutz wird von allen Fraktionen in diesem Hohen Haus sehr ernst genommen. Durch die neue EU-DatenschutzGrundverordnung bekommt der Datenschutzbeauftragte wich tige zusätzliche Aufgaben. Das deutsche Datenschutzrecht wird grundlegend neu geordnet. Die Dienststelle wird um fangreich erweitert. Prüf- und Zertifizierungsverfahren sollen für in Unternehmen eingesetzte Software durchgeführt wer den. Zudem soll der Landesdatenschutzbeauftragte die Digi talisierungsoffensive unserer Landesregierung begleiten.

Wir wollen, dass der Landesdatenschutzbeauftragte diese Auf gabe effektiv wahrnehmen kann. Wir sind uns deswegen mit unserem Koalitionspartner einig, dass der Landesdatenschutz beauftragte hierfür zusätzliche personelle Unterstützung be nötigt. Der entsprechende Antrag für acht weitere Stellen liegt Ihnen vor.

Einen besonderen Schwerpunkt legt die CDU-Fraktion auf die Förderung politischer Bildung und die Gedenkstättenarbeit, etwa die Gedenkstättenarbeit des Vereins Lernort Kislau. Die Kislauer Schlossanlage steht wie nur wenige andere Orte für die Themen Abwehrkampf, Widerstand und Verfolgung. Wir wollen einen modernen Lernort schaffen, an dem sich vor al lem junge Menschen mit dem Widerstand gegen den Natio nalsozialismus auseinandersetzen und ihn zu heutigen Ent wicklungen in Bezug setzen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der Grünen und der SPD)

Ebenso wollen wir die Mittel für den Gedenkstättenverbund Gäu-Neckar-Alb dauerhaft um 10 000 € erhöhen, um seine wertvolle Arbeit zu sichern.

Die politischen Stiftungen – Kollege Sckerl hat schon darü ber gesprochen – und das Bildungswerk für Kommunalpoli tik e. V. sind wichtige Eckpfeiler für unsere demokratische und politische Kultur und leisten eine herausragende Arbeit, um Menschen von der Demokratie und ihren Werten zu über zeugen. Um den immer neuen Herausforderungen gerecht zu werden, brauchen sie ausreichend Geld. Wir wollen die Zu schüsse an Einrichtungen für politische Bildung deshalb um 250 000 € auf 1 Million € erhöhen.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Gedenkstättenarbeit – mein letz ter Satz – und politische Bildung bekommen gerade heute ei ne neue, wichtige Bedeutung. Dass es eine Fraktion in diesem Haus gibt, die deren Arbeit am liebsten komplett einstellen würde, meine Damen und Herren, spricht wirklich Bände.

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Hören Sie doch auf zu lügen! – Abg. Anton Baron AfD: Das ist völliger Quatsch!)

Umso wichtiger ist es, dass Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP hier an einem Strang ziehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, den Grünen und der SPD so wie Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Das ist unfassbar! Hören Sie auf mit der Lügerei! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Gestern hat Ihr eigener Abgeord neter erklärt, dass Sie lügen! Also werfen Sie das nicht anderen vor!)

Für die AfD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Podeswa das Wort.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren Abgeordneten! Der vorgelegte Haushaltsent wurf sah eine Ausweitung der Kosten des Landtags von 82,4 Millionen € auf 90,2 Millionen € vor – also ziemlich genau 10 % mehr. Für den normalen Bürger ist eine Steigerung des verfügbaren Einkommens um 10 % im Regelfall jenseits der Lebensrealität. Aber man darf zusätzlich nicht vergessen: Das ist eine Steigerung um 10 % netto. Die Reallohnzuwächse in Baden-Württemberg, diesem reichen und boomenden Land, lagen bei 1,8 %. Das heißt, dass die Volksvertreter schon im Planungsansatz erst einmal fünf Mal so viel für den Landtag einplanen, wie der Bürger draußen an Reallohnzuwächsen zu erwarten hat.

Die AfD-Fraktion sieht auch den Landtag als Vorbild für ei nen effizienten Staat und war über diese deutliche Erhöhung um 10 % sehr erstaunt. Wir haben in rund 16 Änderungsan trägen Kürzungen im Gesamtvolumen von rund 3,1 Millio nen € vorgeschlagen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Wir zeigen eine Vision auf: Vieles geht erheblich günstiger.

Es ist wenig einzusehen, warum noch vor zwei Jahren die Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit bei 200 000 € liegen konn ten und jetzt 600 000 € betragen müssen.