Protokoll der Sitzung vom 08.03.2017

Auch unsere Kinder und Enkel sollen die Möglichkeit ha ben zu gestalten und nicht riesige Schuldenberge erben.

Das sollten bitte nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Der Rechnungshof hat in seinem Bericht auch festgestellt, dass die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes im Jahr 2014 geordnet gewesen ist und die Haushaltsrechnung des Landes 2014 den Vorschriften der Landeshaushaltsord nung entsprach.

Kein Wunder, möchte man fast sagen, kann doch die Landes haushaltsordnung jederzeit angepasst werden – wie wir kürz lich erst erleben konnten –, um Schuldentilgung zu vermei den. Herr Präsident Munding hat die Überlegungen, die da hinter standen, ausgeführt. Sie wurden hier in der Haushalts debatte ausführlich diskutiert; wir brauchen darauf nicht wei ter einzugehen.

Im Rückblick kann man aber, wie mein Vorredner auch schon ausgeführt hat, sagen, dass wir möglicherweise doch eine grundsätzliche Neubesinnung brauchen. Die Forderung nach

immer mehr, immer mehr, immer mehr Geld kann es mögli cherweise dann doch nicht sein.

(Beifall des Abg. Stefan Räpple AfD)

Ein Mensch wird ja auch nicht dadurch gesünder, dass er im mer mehr Medikamente einwerfen muss.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Die Istzahlen bei den Ausgaben im Haushaltsjahr 2014 betru gen 42,7 Milliarden €. Ein Jahr später betrugen diese Istzah len schon 45 Milliarden €, also 2,3 Milliarden € mehr. Im Jahr 2016 waren es weitere 1,8 Milliarden €, im Jahr 2017 war es selbstverständlich wieder 1 Milliarde € mehr.

Dass die Regierung heute tatsächlich, wie ich sagen würde, im Steuergeld ertrinkt – andere Kollegen haben formuliert, dass wir gerade eine sehr flexible Finanzsituation haben –, kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Ausgabereste seit Jahrzehnten ständig steigen. Vor zehn Jahren – von 2006 auf 2007 – hatten wir 1 Milliarde € Ausgabereste; das entsprach 3 % des Haushaltsvolumens. Ausgabereste sind Mittel, die nicht verbraucht werden und im nächsten Haushalt zum Ein satz kommen können.

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Ach!)

1 Milliarde € – 3 % – waren es vor zehn Jahren.

(Abg. Winfried Mack CDU: Da hatten wir aber ein anderes Volumen, Herr Kollege!)

2014 blieb nicht 1 Milliarde € übrig, sondern es blieben 2,3 Milliarden € oder 5,5 % übrig. Von 2016 auf 2017 bleiben bei einem Haushaltsvolumen von 45 Milliarden € rund 3,6 Mil liarden € übrig; das sind schon 8,1 %.

Über den Zeitraum der letzten zehn Jahre betrachtet – vor zehn Jahren blieben 3 % des Haushalts übrig, vor vier Jahren blie ben 5,5 % übrig, im letzten Jahr blieben 8,1 % übrig –, dür fen wir erwarten, dass in diesem Jahr, im Haushalt 2017, et wa 10 % übrig bleiben. Damit wäre ja nur der Trend fortge schrieben.

(Zurufe)

Aus welchem Grund eigentlich nicht? – Ich erinnere aber daran: 10 % des Haushalts, das wären fast 5 Milliarden €, die wir dem Bürger an Steuergeldern tatsächlich abgenommen ha ben, um sie dann im Haushalt nicht zu verbrauchen. Warum also?

(Beifall des Abg. Daniel Rottmann AfD – Lachen des Abg. Winfried Mack CDU – Abg. Tobias Wald CDU schüttelt den Kopf.)

Dass das keine Überlegungen sind, die die Grünen nachvoll ziehen können, wundert mich nicht. Aber was ist nur aus der CDU geworden? Halten Sie das wirklich noch für eine seriö se Haushaltsführung?

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Daniel An dreas Lede Abal GRÜNE: Was genau schlagen Sie denn an Steuersenkungen vor?)

Wir, die AfD, werden in diesem Jahr Gesetzesinitiativen ein bringen mit dem Ziel, dem Bürger wieder zu seinem Recht und damit auch zu seinem Geld zu verhelfen. Die überborden den Steuereinnahmen des Landes müssen endlich wieder auf das erforderliche Maß reduziert werden.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Damit schließe ich genau an den Gedanken an, den der Kol lege Kößler von der CDU eben ausgeführt hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort dem Kollegen Hofelich.

Herr Präsident, Herr Präsident Munding, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Vielen Dank, dass ich heute die Gedanken der SPDFraktion zum Bericht vortragen kann. Ich freue mich sehr und möchte auch Herrn Munding gleich zu Beginn noch einmal herzlich danken.

Ich möchte gleich eingangs sagen, dass die Verfassung unse res Landes Baden-Württemberg und das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland uns Parlamentariern auferlegen – Herr Kollege –, dass der Bürger, die Bürgerin nicht nur ein privates, sondern auch ein soziales Wesen in einem öffentli chen Staat sind. Deshalb ist für uns die Feststellung wichtig, dass Steuern Voraussetzungen sind, die wir zur Aufgaben wahrnehmung brauchen, und dass wir deshalb nicht in der Weise darüber sprechen, wie Sie es tun, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Die Beratung der Denkschrift 2016 des Rechnungshofs Ba den-Württemberg gibt Gelegenheit, Verlauf, Stand und Pers pektive der finanziellen Situation unseres Landes zu betrach ten. Die Denkschrift ist niemandem gefällig; für die Opposi tion ist aber eine klar und kenntnisreich argumentierende staatliche Finanzkontrolle allemal eine wertvolle Hilfe in ih rem eigenen Geschäft. Für die 220 Seiten an dicht gedräng ten Fakten und Analysen danken wir Ihnen, Herr Munding, und Ihrem Team daher herzlich.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben den Finanzausschuss als „Stätte des Diskurses“ be zeichnet. Das freut mich sehr, und diesen Diskurs wollen wir auch in den folgenden vier Jahren dieser Legislaturperiode in Begleitung des Rechnungshofs – den wir dazu brauchen – gern fortsetzen. Ich denke, dass der Finanzausschuss in den kommenden Jahren noch mehr zu einer Stätte des Diskurses werden muss. Wenn ich höre, wie es früher im Finanzaus schuss zugegangen ist, fühle ich mich zu dieser Aussage er mutigt. Dafür ist aber die Offenheit aller notwendig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Denkschrift, herausgegeben im Juni 2016 und mit Zah lenmaterial bis zum Mai 2016 arbeitend, kann für eine Debat

te im März 2017 jetzt selbstverständlich nicht komplett aktu ell sein, aber ihre strukturellen bzw. strukturpolitischen Aus sagen, auf die Sie, Herr Munding, sich heute konzentriert ha ben, sind es zweifelsohne.

Das laufende finanzpolitische Geschäft hat sich allerdings seit Mai 2016, als der Rechnungshof für diese Denkschrift end gültig die Bücher schließen musste, in einer Weise aufgehellt und verstetigt, wie es in der Geschichte unseres Landes wahr scheinlich fast beispiellos ist. Wir, die SPD, freuen uns selbst verständlich über die Früchte der finanzwirtschaftlichen Kon solidierung der letzten Jahre und des langgezogenen konjunk turellen Aufschwungs seit der von der Lehman-Bank ausge lösten Weltwirtschaftskrise. Wir sind aber doch etwas erstaunt über die eher kühle und einfallsarme Finanzpolitik, die dieses Geschenk seit einem Jahr fast nur verwaltet und nicht gestal tet und die mit den Einsparungen bei den Kommunen und in der Bildung die völlig falschen Akzente setzt.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von den Grünen, u. a.: Oh! – Die Kommunen bekommen doch Geld von uns!)

Damit bin ich in meinem Dreiklang bei dem ersten Punkt, dem bisherigen Verlauf der Einnahmen und Ausgaben unseres Lan des. Hier haben wir ja von Ihnen einige Hinweise: Die konti nuierlich steigenden Personalausgaben werden gezeigt – üb rigens mit einem erfreulichen Sondereffekt: Bei den Kinder betreuungsausgaben für unter Dreijährige gibt es einen Sprung; diese Mittel werden aber auch durch den Bund gespeist. Es gibt jedoch auch gebremste Personalnebenkosten; ich nenne nur das Stichwort Beihilfe als schmerzhaftes Thema der ver gangenen Legislatur.

Ferner will ich die gestiegenen Ausgaben für Baumaßnahmen nennen, die bei Hochbau und Straße von 2014 auf 2015 einen Sprung um 15 % aufwiesen. Das lässt, Kolleginnen und Kol legen, nur den Schluss zu, dass entgegen der einsamen Inter pretation des Herrn Ministerpräsidenten der Abbau der impli ziten Verschuldung bereits in der letzten Legislatur substan ziell auf dem Weg war.

Wir sehen auch den Aufbau der Pensionsrücklage von 1,75 Milliarden € am 1. Januar 2011 – noch unter Ihrer Verantwor tung, der Verantwortung der CDU – auf 4,8 Milliarden € am 1. Januar 2016. Auch das ist ein beträchtlicher Sprung.

All das sagt in einem Satz: Schwarze Null, Abbau impliziter Verschuldung und angemessener Aufbau der Pensionsrückla ge sind Strukturmerkmale der vergangenen fünf Jahre bis 2016. Dies alles geschah übrigens bei anziehender, aber an fänglich keineswegs schon stabiler Konjunktur – zweifelsoh ne im Rückblick ein Erfolg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Ein Blick in die jüngere Vergangenheit: Der Rechnungshof konnte sich bei der Drucklegung noch über die erfreuliche Mai-Steuerschätzung 2016 freuen und auch den Rückgang der Flüchtlingszahlen festhalten – ein Vorteil des Berichts. Die massiven Auswirkungen auf den Landeshaushalt konnte er al lerdings nicht erahnen: ein kassenmäßiger Überschuss 2016 in Höhe von 3,5 Milliarden €, den es in der Geschichte des Landes so wahrscheinlich noch nie gab, und das in einem Jahr,

in dem auch Außerordentliches geleistet werden musste; ich erinnere an die außerordentlichen Ausgaben in Höhe von 2,5 Milliarden € im Zusammenhang mit den zu uns Geflohenen. Wir haben damit in der Summe Reserven in Höhe von ge schätzt 5 Milliarden € zum Jahresende 2016 aufgebaut.

Sie hatten den Finanzplan als Grundlage für den Blick nach vorn. Heute haben wir von der Frau Finanzministerin auch ei ne – jedenfalls auf den ersten fünf Seiten überarbeitete – mit telfristige Finanzplanung. Diese zeigt uns: Wir wollen nie übermütig werden. Sie haben völlig recht: In guten Zeiten muss man besonders vorsichtig sein. Aber es zeigt sich, dass die Nullneuverschuldung bis zum Jahr 2020, bis die Schul denbremse greift, einhaltbar ist. Wenn uns nicht der Himmel auf den Kopf fällt, werden wir das schaffen.

Zurück bleiben allerdings – ich wiederhole es – die Kommu nen und die Bildung als diejenigen, die Verlierer sind. Anders als die Ministerien, die mit den globalen Minderausgaben so zusagen „gesegnet“ waren, wo man also die Chance hatte, auf Zeit zu spielen, hatten die Kommunen diese Gelegenheit nicht. Dort ist der Minderbetrag bereits eingepreist und eingeplant. Wir halten das für nicht nötig; das wissen Sie. Vorhin sprach ich vom Himmel-auf-den-Kopf-Fallen; das ist wie bei Aste rix und dem Zaubertrank – Asterix I –: Man hätte es nicht un bedingt gebraucht, aber vielleicht hat es Schwarz-Grün

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Grün-Schwarz!)

einfach so besser geschmeckt, wenn die Kommunen und die Schulen da bluten müssen.

Ich komme damit zum zweiten Punkt, zur finanziellen Situa tion unseres Landes. Ich will dies sehr kurz machen. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir dank der Überschüsse und der Rücklage und auch der politischen, wenn man so will, Windfall-Profits von Zinsen und Steuern, auch der Zukunftsop tionen, die wir aus der Einigung zum Bund-Länder-Ausgleich haben, übrigens auch dank dessen, dass die Risiken aus der Weltwirtschaftskrise abgewendet werden konnten – ich sage nur: unsere Verpflichtungen bei der Sachsen Bank –, gute Chancen haben, gut ins Jahr 2020 hinüberzukommen. Die SPD wird dies begleiten.