Protokoll der Sitzung vom 09.03.2017

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Betriebsrenten, das gibt es bei anderen auch!)

und auch das Geld für diese Zusatzrenten von mehr als einer halben Milliarde Euro pro Jahr muss der Zwangsbeitragszah ler aufbringen.

(Abg. Anton Baron AfD: So ist es!)

Die Geldverschwendung geht noch weiter: Laut einem Be richt der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs sind

150 Tochtergesellschaften rund um die Mütter ARD und ZDF entstanden. Nebenbei sei erwähnt, dass z. B. die Tochter ei nes Bundesministers und Ehefrau eines hiesigen Landesmi nisters eine Geschäftsführerin der hundertprozentigen Toch ter der ARD, Degeto, ist, die mit ca. 80 Mitarbeitern einen Jahresetat von ca. 400 Millionen € hat, natürlich zwangsbei tragsfinanziert.

(Zuruf von der AfD: Aha! Unterbringung!)

Damit kommen wir zur völlig ungenügend berücksichtigten politischen Ferne und Neutralität auch des hier vorliegenden Gesetzentwurfs der Landesregierung zum Zwanzigsten Rund funkänderungsstaatsvertrag.

Im Nachkriegsdeutschland wurden nach dem Vorbild der eng lischen BBC Rundfunkanstalten eingerichtet. Diese wurden mit dem Auftrag der Grundversorgung der Bevölkerung Deutschlands mit neutralen, aktuellen Informationen einge richtet. Sie wurden mit dem Ziel der Wahrung politischer und wirtschaftlicher Unabhängigkeit eingerichtet – wohlgemerkt Grundversorgung. Und was haben wir heute? 23 Fernsehsen der und meines Wissen 89 Radiosender in öffentlich-rechtli cher Trägerschaft.

Unsere Verpflichtung als Landtag von Baden-Württemberg ist, auf die Neutralität der sogenannten öffentlich-rechtlichen Medien zu achten und hinzuwirken. Doch stattdessen werden alle Möglichkeiten genutzt, Vertreter in dortige Gremien zu bringen, die zumindest indirekt parteipolitische Interessen ver treten.

(Beifall bei der AfD)

Politische Neutralität kann nicht dadurch erreicht werden, dass die Politik bestimmt, welche Gruppen Vertreter in den Rund funkrat entsenden dürfen. Jegliche Zustimmung zum Thema Rundfunkstaatsvertrag käme für uns, die AfD-Fraktion, über haupt nur dann infrage, wenn ein System der parteipolitisch unabhängigen Besetzung der Gremien gefunden wird und wenn endlich ein Weg weg von der Zwangsfinanzierung die ses aufgeblähten Medienungetüms festgelegt wird.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Werbung!)

Alles andere ist nur eine Weiterführung des bisherigen Sys tems. Dieses tragen wir keinesfalls mit und lehnen daher auch den vorliegenden Gesetzentwurf ab.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort dem Kollegen Binder.

(Zuruf: Jetzt muss er aber einen raushauen! – Gegen ruf: Kann der das?)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was Kollege Merz von der AfD-Fraktion gerade zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk sagte,

(Abg. Anton Baron AfD: Ist doch richtig! Staatsfer ne!)

ist so weit weg von dem, wie der öffentlich-rechtliche Rund funk heute aufgestellt ist, dass man gar nicht glauben kann, dass man das hier vorn am Pult erzählen kann, ohne rot zu werden, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So ist es!)

Ich möchte nur zwei Punkte aufgreifen, die Sie angesprochen haben. Sie sprachen von Pensionsverpflichtungen, in diesem Fall Betriebsrenten des Südwestrundfunks.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Zusatzrenten!)

Sie wissen anscheinend nicht, dass es in jedem großen Unter nehmen – egal, ob es ein Staatsunternehmen, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft ist – Tarifvereinbarungen und Betriebsrenten gibt. Insofern handelt es sich um einen völlig normalen Vorgang, der im Üb rigen auch reformiert worden ist. Gerade bei diesen Betriebs renten ist eingespart worden. Das haben Sie jedoch nicht er wähnt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist auch ohne die AfD in der Lage, sich selbst zu reformieren. Er hat die AfD dazu nicht nötig, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zurufe von der AfD)

Das Gleiche gilt für die Zusammensetzung der Gremien des Südwestrundfunks und anderer Rundfunkanstalten in Deutsch land. Deshalb finde ich es geradezu treffend, dass die Staats rätin für Bürgerbeteiligung heute zu diesem Thema gespro chen hat. Denn sie hat auch darauf hingewiesen, dass die Bür ger sowie die Verbände und Interessengemeinschaften aus der Bevölkerung jetzt in diesen Gremien noch besser vertreten sind

(Abg. Anton Baron AfD: Welche Bürger?)

und die Staatsbank eben deutlich reduziert worden ist,

(Abg. Anton Baron AfD: Welche normalen Bürger sind da vertreten?)

ohne eine Ausweitung der Gremienstruktur vorzunehmen. Ge nau das hat uns das Bundesverfassungsgericht in Auftrag ge geben, und es war der Südwestrundfunk und es waren das Land Baden-Württemberg und das Land Rheinland-Pfalz, die mit als Erste ihren Staatsvertrag neu verhandelt und verändert haben und nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausgerichtet haben.

(Abg. Anton Baron AfD: Ohne dieses Urteil hätten Sie gar nichts gemacht! Gar nichts hätten Sie ge macht!)

Dafür haben wir die AfD nicht gebraucht, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Nun zu den Rundfunkgebühren, die Sie mit Begrifflichkeiten beschreiben, die so den Tatsachen gar nicht entsprechen.

(Zurufe von der AfD: Nein! – Abg. Rüdiger Klos AfD: Keine Zwangsabgabe!)

Wir haben die Rundfunkgebühren mit dem verfassungsrecht lichen Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, einen unabhängigen Rundfunk in Deutschland aufzustellen. Es geht um die Grundversorgung,

(Abg. Rüdiger Klos AfD: 10 Milliarden € für die Grundversorgung!)

es geht aber auch um ganz andere Programmaufträge, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat.

Wenn man sieht, wie weit Sie sich allein in diesen fünf Minu ten von den Fakten zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk ent fernt haben,

(Abg. Anton Baron AfD: Ach Gott!)

dann muss man sagen: Wir brauchen Qualitätsjournalismus, wir brauchen einordnenden Journalismus und können uns in diesen Zeiten eben gerade nicht auf Twitter und Fake-News verlassen, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Sie sprechen für einen verschwindend geringen Teil der Be völkerung; denn über 70 % der Bevölkerung haben volles Ver trauen zum Südwestrundfunk und haben volles Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Nachrichten des öffentlich-rechtli chen Rundfunks. Tun Sie nicht so, als ob Sie weite Teile der Bevölkerung hinter sich hätten. Zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt es Kritikpunkte – dort werden wir auch anset zen –, aber er ist in hohem Maß geschätzt in diesem Land, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Deshalb bin ich auch der Überzeugung, dass die Frage ist, ob wir die von der KEF vorgeschlagene Reduzierung um 30 Cent pro Monat

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Ganz toll!)

jetzt machen und damit Gefahr laufen, dass wir in den kom menden Jahren wieder deutliche Erhöhungen und somit einen Jo-Jo-Effekt haben werden. Im Übrigen: Dieses Argument ei nes Jo-Jo-Effekts stammt nicht von mir, es stammt auch nicht von der Staatsrätin, sondern es wurde vom Vertreter der KEF selbst im Ständigen Ausschuss angeführt.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Ich darf aus der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ständigen Ausschusses, Drucksache 16/674, Seite 11, zitie ren:

Politisch könne er dies durchaus nachvollziehen, weil ein Jo-Jo-Effekt mit einer Steigerung ab 2021 zu erwarten sei.

Deshalb machen wir mit diesem Staatsvertrag genau das Rich tige, nämlich wir sorgen für eine stabile Rundfunkgebühr für die nächsten Jahre, damit wir – nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die Rundfunkanstalten – planen können.