Für die SPD gilt, dass die originären Aufgaben der Landes verfassung selbstverständlich nicht zur Disposition stehen. Weder in Richtung Bund – der künftig mehr Geld für die stei genden Landesausgaben bereitstellen muss – noch in Rich tung Europa werden wir diese Aufgaben abgeben.
Was wir aber in den letzten Jahren erlebt haben, ist etwas an deres: Diejenigen, die ständig Subsidiaritätsbedenken anfüh ren, sind im Grunde die „Ja, aber“-Sager, die damit nur dazu motivieren wollen, nicht positiv über Europa zu reden. Tatsa che ist aber: Der vernetzte Energiemarkt ist nun einmal die Zukunft,
und der europäische Arbeitsmarkt, der für alle existenzsi chernd ist, ist es erst recht, Kolleginnen und Kollegen.
Subsidiarität und Solidarität sind keine Gegensätze, sondern sie sind ein fest zusammengeschweißtes Begriffspaar.
Denn der Bürgermeisterin von Lampedusa nützt Subsidiari tät angesichts der Gestrandeten nicht viel, meine Damen und Herren.
Ich kann an die grün-schwarze Landesregierung gerichtet nur sagen: Stellen Sie dieses Mantra zurück in die Rumpelkam mer! Wir brauchen hier keine Scheindiskussion über Subsidi arität. Das halbherzige Europa ist keine Alternative, Kollegin nen und Kollegen.
Mit diesen Worten verabschiede ich mich bis zur zweiten Run de und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! 60 Jahre Römische Verträge – wir feiern quasi Geburtstag. Ich weiß nicht, wen Sie zu Ihrem 60. Geburtstag einladen wollen oder wen Sie zu Ihrem Ge burtstag üblicherweise einzuladen pflegen.
Hier sitzen Freunde der EU, Freunde von Europa – aber nicht nur. Lieber Herr Meuthen, dies haben Ihre Äußerungen gera de sehr deutlich gemacht. Es ist so ähnlich wie beim Geburts tag zu Hause: Die Verwandten kommen halt auch. Für seine Verwandtschaft kann man nichts.
(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Ich habe auch liebe Verwandte! Ganz liebe sind es bei mir!)
Aber was ich ziemlich unerhört finde, ist, wenn von denen, die man nicht freiwillig eingeladen hat und die trotzdem zu einem solchen Anlass kommen,
dann Äußerungen fallen wie – ich habe mitgeschrieben – „tod kranker Patient“, „niederschmetternd“, „Krankheit“, „Wahn“, „Rausch“, „Verantwortungslosigkeit“.
Lieber Herr Meuthen, Sie werfen den Grünen immer vor, sie würden mit der Betonung des Gender-Aspekts und mit ihrer Sprache probieren, Politik zu prägen. Das, was Sie hier beim Thema „60 Jahre Europa“ tun, das hat die EU, das hat Euro pa nicht verdient.
Es braucht nicht jeder Glückwünsche mitzubringen. Man kann, wenn es nach 60 Jahren einmal Risse gibt, diese auch benennen. Die Debatte heißt ja auch: „... Europa neu beleben“.
Da braucht man nicht nur „Friede, Freude, Eierkuchen“ zu vermelden. Wenn Sie sich die Debatten zum 50-Jahr-Jubilä um der Römischen Verträge anschauen, stellen Sie fest, dass unser heutiger Bundespräsident Steinmeier – wie auch alle an deren –
die Erfolgsgeschichte herausgehoben und diese gelobt hat. Damals gab es aber diese Risse, die wir heute sehen, nicht.
Deswegen müssen wir uns Folgendes überlegen: Wenn wir in zehn Jahren auch das 70-Jahr-Jubiläum der Römischen Ver träge feiern wollen, meine Damen und Herren, liebe Freun dinnen und Freunde von Europa und der EU, dann müssen wir gemeinsam daran arbeiten,
dass den Populisten die Haltung „Wählt mich; denn die EU ist böse. Wenn ihr mich wählt, wird alles besser“ endlich ein mal aus der Hand geschlagen wird.
Der Klub derer, die dies tun und damit national erfolgreich sind, die mit nationalen Egoismen erfolgreich sind, der wur de vorhin ja in trauter Zweisamkeit oder Vielseitigkeit sehr schön beschrieben.
Mein Damen und Herren, wenn wir das angehen und sagen: „Europa neu beleben“, muss das in vier Bereichen erfolgen: in der Gestaltungskraft Europa, in unserer Wertegemeinschaft Europa, der Wirtschaftsmacht Europa und der EU und auch dem Irrweg eines Nicht-Europas, dessen wir uns immer wie der bewusst werden müssen.
Meine Damen und Herren, wenn die Gestaltungskraft Euro pa im Moment aufgrund von Zerstrittenheit im Inneren als globaler Player dazu führt, dass man nicht so wirken kann, wie man es eigentlich müsste, dann muss man sich überlegen, wovon diese Gestaltungskraft abhängt. Da sticht einem natür lich sofort die Fiskalpolitik ins Auge. Da müssen wir als Ba den-Württemberger, als Deutsche auch selbst einmal kritisch in den Spiegel schauen und prüfen, ob auch wir bei dieser Po litik – wir feiern ja 60 Jahre Römische Verträge – alle Verträ ge, die in Europa geschlossen worden sind, entsprechend ein halten, ob wir fiskalpolitisch unsere Haushalte so in Ordnung haben. Wenn man dann sieht, dass viele Euroländer und auch viele andere europäische Länder überschuldet sind, dann weiß man, dass das kein guter Weg ist.
Wenn wir uns auf eine Fiskalpolitik der EZB zurückziehen, die die Geldschleusen öffnet, weil wir dadurch unseren Staat entschulden, dann ist das kein gutes Zeichen für Europa. Denn der Sparer ist bei dieser Politik der Dumme, doch wir brau chen die Menschen, wir brauchen die Akzeptanz. Deswegen muss auch die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank kri tisch auf den Prüfstand, meine Damen und Herren.
Ich gebe Herrn Kollegen Hofelich recht: Ein GriechenBashing, wie es in den letzten Jahren betrieben worden ist, führt nicht zum Erfolg. Aber wir müssen uns trotzdem Gedan ken machen, wie wir Griechenland entschulden können. Man muss in diesem Zusammenhang auch darüber diskutieren, ob das nicht außerhalb der EU
Wenn wir die Wertegemeinschaft Europa ansprechen: Die Prä sidentin hat dazu heute Morgen wichtige Worte gesagt. Was denkt denn ein Europäer, wenn ein Herr Erdogan aus der Tür kei so poltert, wenn teilweise verrückte Ansichten geäußert werden? Was machen wir dann in Europa? Wir zucken zu rück, allerdings nicht in ganz Europa: Es gibt Länder wie z. B. die Niederlande und dort den liberalen Parteifreund Mark Rut te, die klar Position beziehen und sagen: Wenn jemand von außen hetzt, dann soll er das tun; aber wir lassen ihn nicht ein reisen und diese Hetze hier im Land weiter fortsetzen.
Da hätte man auch früher reagieren können. Aber anscheinend zeichnet sich auch bei den CDU-Ministerpräsidenten und bei Frau Merkel ein Sinneswandel ab.
Wir stehen für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit als Werte der Europäischen Union, und es lohnt sich, sich gerade in Zei ten dafür einzusetzen, in denen Despoten mit der Pressefrei heit umgehen, als ob sie nichts wert wäre.