Die Frage nach dem Mindestlohn können Sie auch gegenüber Mercedes einmal stellen. Was ist denn die Lösung für badenwürttembergische Unternehmen? Die Lösung angesichts der Preisunterschiede und des Lohngefälles sind Markenbildung und Qualifizierung.
Das wissen Sie auch, und ich glaube, daran müssen wir arbei ten. Darum ist ökologische Landwirtschaft natürlich nicht et was, was als Beispiel zu 100 % übertragbar wäre – nein, weit davon entfernt –, aber es ist ein Beispiel dafür, wie es funkti onieren kann.
Eine Qualifizierung bringt die Chance für höhere Preise mit sich. Das haben die Väter und Mütter des ökologischen Land baus getan: Sie haben ein Produkt hergestellt, das auf Nach frage gestoßen ist, und haben damals eine Nische besetzt. In zwischen ist das ein bisschen mehr als eine Nische. So funk tioniert, Gott sei Dank, unsere Marktwirtschaft, Kollege Bullinger.
Wenn ich mir dies heute noch einmal anschaue und mich fra ge, wie es in diesen schwierigen Zeiten denn im konventio nellen Anbau weitergeht, dann meine ich, dass wir über das System, über die Art und Weise der Qualifizierung und Regi onalisierung intensiver diskutieren müssen.
Ich denke dabei an die 08-Markierung unserer Eier – eine Er folgsgeschichte! 08-Eier aus Baden-Württemberg haben sich qualifiziert – sie sind gekennzeichnet mit 0, 1, 2 oder 3 – und haben die Märkte aufgerollt. Teilweise wurde die Eierproduk tion wieder aus den Intensivregionen nach Baden-Württem berg zurückgeholt – noch nicht so umfangreich, aber ein Teil wurde wieder ins Land geholt; es wurde gekämpft, es wurde um die Märkte gekämpft. Das ist das Gute.
So stelle ich mir das vor. Ich glaube, so sind die Wege, die man gehen sollte. Darüber streite ich gern mit Ihnen. Aber nur zu lamentieren, dass es im konventionellen Bereich schwie rig sei, ist mir zu wenig.
(Abg. Martin Hahn GRÜNE unterhält sich auf dem Weg zu seinem Abgeordnetenplatz mit anderen Ab geordneten.)
Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 16/277 (Geänderte Fassung). Der Antrag ist ein reiner Berichtsantrag und kann für erledigt erklärt wer den. – Sie stimmen dem zu.
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Mi nisteriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz – Situation und Perspektiven der Milchwirtschaft in Ba den-Württemberg – Drucksache 16/288
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Herr Präsident, werte Kolleginnen, werte Kollegen! Mit unserem Antrag wollten wir uns mit der Situation und den Perspektiven der Milchwirtschaft in BadenWürttemberg beschäftigen, das heißt, auch die Regierung zu bestimmten Inhalten befragen und ihre Sicht der Dinge in Er fahrung bringen.
Meine Damen und Herren, wir alle wissen, dass sich die Milchwirtschaft insgesamt seit vielen Jahren in einer Dauer krise befindet – letztlich aber nicht die Milchwirtschaft an sich, sondern es handelt sich um eine Milchpreiskrise im klas sischen Sinn.
Es gab viele, viele Anstrengungen auf europäischer, aber auch auf Landes- und auf Bundesebene, mit der Situation zurecht zukommen. Die Milchquote war einer dieser Mechanismen, womit man versucht hat, eine Mengensteuerung vorzuneh men. Die Milchquote ist ausgelaufen. Wir alle wissen aber auch: Ein Erfolgsrezept war sie letztlich nicht; vermutlich hat sie auch deshalb keine Fortsetzung gefunden.
Wir haben nämlich zur Kenntnis nehmen müssen, dass selbst eine geringe Überproduktion zu einem massiven Preisverfall geführt hat. Darin ist aber durchaus auch eine Chance zu se hen. Das heißt, wenn eine geringe Übermenge zu einem Preis verfall führt, besteht auch die Chance, dass eine geringe Un termenge – oder jedenfalls nicht mehr, als am Markt absetz bar ist – auch wieder zu Preisstabilität führt. Da muss nicht immer der ganz große Wurf gefordert sein, sondern es kann manchmal auch auf kleine Mechanismen der Steuerung an kommen.
Man darf aber, denke ich, schon noch einmal sagen, dass die Zielsetzung, die die Politik, aber auch die Bauernverbände über Jahre – um nicht zu sagen: über Jahrzehnte – den Milcherzeugern aufgaben, längst nicht zum Erfolg geführt hat. Ich glaube sogar, sagen zu können: An der einen oder anderen Stelle ist genau das Gegenteil eingetreten, nämlich dass im mer weniger mehr Kühe halten und dass die Kühe – das hat nun wirklich nichts mit Ideologie oder so etwas zu tun – im mer mehr Milchleistung erbringen mussten – zum Teil mit fragwürdigen Methoden, jedenfalls mit Methoden, die hinter fragt werden dürfen, was beispielsweise die Futterbeschaf fung insbesondere aus Südamerika anbelangt, um diese Erfol ge zu erzielen.
Ich denke, das macht deutlich: Es müssen durchaus neue We ge gegangen werden. Wir müssen offen sein, müssen dies auch befördern und die Rahmenbedingungen entsprechend setzen, damit wir dort eine Änderung auf dem Markt erreichen.
Ich will ausdrücklich sagen: Ja, es war häufig so, dass die Me chanismen, die bisher angewandt wurden, auch zu einer Preis stabilisierung geführt haben. Sie war aber nur von kurzer Dau er. Das war langfristig nie erfolgversprechend.
Deshalb hat die Entwicklung der letzten Jahre gezeigt, dass Milch und Milchprodukte – – Es war ja auch einmal ein An satz der Milchpreispolitik, beispielsweise in den Export zu ge hen, Milch in Drittländer oder jedenfalls nach außerhalb Deutschlands zu verkaufen. Auch das war kein Garant, um die Preise bei uns stabil zu halten. Hinzu kommen noch Situatio nen, die beispielsweise aus Baden-Württemberg heraus gar nicht beeinflussbar sind. Ich verweise auf Milchboykotte – beispielsweise Russland – oder auf sich verändernde Markt- und Rahmenbedingungen in China. Auch solche Wege sind längst kein Erfolgsrezept, um der Milchwirtschaft in Deutsch land, in Baden-Württemberg ein vernünftiges Auskommen zu garantieren.
Deshalb kommt es immer und immer wieder zu einem dras tischen Preisverfall – in kürzeren Abständen. Da geht es nicht nur um 1 oder 2 Cent nach unten oder nach oben, sondern da geht es teilweise darum, dass sich der Milchpreis halbiert, je denfalls der Preis, den der Erzeuger für seine Rohmilch be kommt. Wie es dann im Laden aussieht, ist eine etwas ande re Frage. Logischerweise schauen die Kunden schon, wo im Regal das kostengünstige Produkt steht. Ein Liter Vollmilch kostet zwischen 49 Cent und 1,39 €. Es ist schon so, dass ei ne Mehrzahl der Verbraucher eher zu dem billigeren Produkt greift. Dem muss entgegengewirkt werden.
Die Agrarpolitik, die bisher betrieben worden ist, ist jeden falls für die Milcherzeuger kein Garant gewesen für ein aus kömmliches Auskommen.
Deshalb kommt es nach unserem, nach meinem Dafürhalten darauf an, dass nicht immer mehr Kühe gehalten werden und diese dann auch mehr Milch geben müssen. Das ist letztend lich ein Produktionsfaktor. So muss man es ganz einfach sa gen.
In der vorherigen Debatte wurde deutlich gemacht, dass für höherwertige Produkte – erzeugt mit entsprechendem Futter, beispielsweise Grünfutter – am Markt durchaus auch deutlich bessere Preise erzielt werden können – wenngleich natürlich auch die Bioprodukte nicht marktunabhängig sind. Denn wenn Quoten sinken, wenn sich der Milchpreis verschlechtert, spürt dies im Prinzip auch der Biobauer bzw. der Biomilcherzeu ger. Er spürt dies aber längst nicht in dem Ausmaß wie derje nige, der konventionell erzeugt.
Ich will schon darauf hinweisen: Es kommt darauf an, dass die biologische Landwirtschaft – natürlich in erster Linie die Milcherzeuger – Vorteile gegenüber anderen genießen kann. Das will ich deutlich so sagen. Herr Kollege Bullinger, dabei geht es nicht darum, Betriebe gegeneinander auszuspielen, es geht nicht um gut oder schlecht, besser oder weniger gut. Viel mehr geht es ganz einfach darum, denjenigen, die sich mit Milchwirtschaft beschäftigen – wir alle wissen, das sind viel, viel weniger als noch vor einigen Jahren; in den letzten 15 Jahren mussten etwa die Hälfte der Milchbauern aufgeben oder in andere Bereiche ausweichen –, Preise zu garantieren,
Darin stecken riesige Chancen. Zusammen mit Kollegen ha be ich vor wenigen Wochen einen Biobetrieb in Oberschwa ben besucht. Das wirklich Schöne dabei war – ich kann es gar nicht anders sagen –, zu spüren und vor Ort wahrzunehmen, dass sich diese Bauern mit der Bevölkerung – beispielsweise der anwesenden Bürgermeisterin, auch anwesenden Personen, die ehrenamtlich oder hauptamtlich im Natur- und Land schaftsschutz tätig sind – wirklich gut verstehen, dass es ein gutes Miteinander ist. Wir alle wissen: So ist die Situation im Bereich der Landwirtschaft nicht im ganzen Land; es gibt durchaus auch Vorbehalte. Die Umfragewerte sind ganz gut, aber die Lebenswirklichkeit vor Ort sieht etwas anders aus. Teils gibt es negative Auswirkungen. Negativ meine ich nicht im Sinne von schlecht. Aber manche Bereiche der Landwirt schaft wirken sich auf die Umwelt und auch auf die Menschen aus.
Dieses gute Miteinander, das wir dort in Oberschwaben zur Kenntnis nehmen durften, ist eine prima Chance für diejeni gen, die auch in der Zukunft Milchwirtschaft betreiben wol len.
Ein Stück weit stolz kann man nicht nur auf das sein, was dort gemacht wird, sondern auch auf das, was damit im Einklang einhergeht, nämlich die Freihaltung von Flächen und die Grünlandbewirtschaftung. Dies als Markt- und Marketingfak tor, beispielsweise auch für den Bereich Tourismus, zu nutzen ist eine gute Chance. Dies ist nicht überall 1 : 1 anwendbar und umsetzbar, aber in den meisten Bereichen unseres Lan des eine der Möglichkeiten, um der Landwirtschaft zu einem noch besseren Standing zu verhelfen, um Natur und Land schaft zu schonen, um aber auch, was das Thema Tierschutz anlangt, einen wesentlichen Beitrag zu leisten. Denn auch, wenn der Aufschrei immer groß ist, gilt nach meinem Dafür halten, dass es auch im Bereich des Tierschutzes noch einiges zu tun gibt.
Deshalb haben wir ganz einfach die Bitte, dass wir, die Poli tik – da meine ich aber auch die Bauernverbände –, mit dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen so gesetzt werden, dass die Landwirte – das gilt übrigens für alle –, die hart und viel arbeiten, auch ein Auskommen haben. Im Bereich der Bio milchwirtschaft ist es wirklich deutlich sichtbar: Von dem, was dort erwirtschaftet wird, kann man leben, kann man auch wieder investieren und ein Auskommen für die Familie si chern und vor allem den Fortbestand des Betriebs, jedenfalls überschaubar, garantieren.
Deshalb muss die Politik auf Bundesebene und auf Landes ebene sowie natürlich auch auf der europäischen Ebene han deln. Da gibt es – das will ich ausdrücklich sagen – immer wieder positive Regelungen, die auf den Markt gebracht wer den, und nicht immer nur negative, die man gern im Munde führt. Positiv ist beispielsweise, dass sich die Europäische Union bereit erklärt hat, zumindest zeitlich befristet freiwilli ge gemeinsame Mengensteuerungen vorzunehmen, um Ein fluss zu nehmen. Aber auch dort gilt: Eine dauerhafte Lösung ist dies nicht. Deshalb wird es darauf ankommen, dass die Po litik und die Verbände die Rahmenbedingungen für die Land wirte so setzen, dass ein noch größerer Schwerpunkt auf die extensive Milchwirtschaft gelegt wird.
Daher behalten wir uns vor, in den nächsten Wochen und Mo naten Initiativen zu erarbeiten, die wir gern mit der Landes regierung diskutieren. Lieber wäre uns natürlich, die Landes regierung würde selbst aktiv. Wir signalisieren jedenfalls, uns in diesen Prozess einzubringen – völlig unideologisch, son dern im Interesse der Milcherzeuger, mit all den positiven Auswirkungen auf unser Land, die damit einhergehen.
Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Beschlussteil. Ich glaube nicht, dass irgendjemand gegen diese Maßnahmen sein könnte, die wir vorschlagen. Daher wäre dies eine gute Gelegenheit, bei einem solchen Thema auch fraktionsüber greifend Gemeinsamkeit zu signalisieren.
Sehr geehrter Herr Landtags präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste! Wir, die grün-schwarze Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen, stehen zu den Milchbäuerinnen und Milchbauern im Land, damit wir auch morgen noch eine bäuerliche, quali tativ hochwertige Milchproduktion und eine einzigartige Kul turlandschaft in Baden-Württemberg haben.