Dieser sprach sich klar für das 14er-Modell aus. Das waren anerkannte Experten der Polizei: Waldemar Kindler, langjäh riger bayerischer Landespolizeipräsident, ein bundesweit an erkannter Polizeiexperte, Ralf Kusterer, Vorsitzender des Haupt personalrats, Dr. Stefanie Hinz, stellvertretende Hauptge schäftsführerin des Städtetags, Erwin Hetger, ehemaliger Lan despolizeipräsident und Vorsitzender des „Weißen Rings“. Gut, es gab eine Gegenstimme im Lenkungsausschuss, und die kam vom ehemaligen Projektleiter der Polizeireform.
Liebe Kollegen von der SPD, betreiben Sie bei diesem The ma doch wieder einmal wirklich Innenpolitik statt Denkmal schutz für Ihre Regierungsarbeit.
Mit den jetzt von Ihnen eingeforderten Maßstäben hätten Sie damals Ihrer eigenen Reform niemals zustimmen dürfen.
Frau Präsidentin, sehr geehr te Kollegen und Kolleginnen! Einmal mehr richten wir heute den Blick auf die Polizeistrukturreform von SPD und Grünen, deren Ziel es ja ursprünglich war, die Leitungsebenen zu ver schlanken und mehr Personal in die Reviere und Posten vor Ort zu bringen. Die SPD-Fraktion lobt erwartungsgemäß ihr eigenes Projekt. In ihrer Pressemitteilung vom 28. März 2017 ist die Rede von einem guten Zeugnis:
Die Evaluierung bestätigt, dass die Polizeireform richtig war... und die Polizeiarbeit zukunftsfähig gemacht hat...
In der Tat benennt die Evaluierung auch einige positive – ich würde sogar sagen: lobenswerte – Aspekte. Im Schnitt wurde die Reform auf einer Skala von 1 – positiv – bis 5 – negativ – mit einer Gesamtnote von 3,22 bewertet. Dies ist zwar kein vernichtendes Urteil; von einem guten Zeugnis, lieber Herr Binder, kann hier allerdings nicht die Rede sein.
Allgemein stieß die Bündelung von Verwaltungsaufgaben auf positive Resonanz. Auch die Einführung der rund um die Uhr besetzten Führungs- und Lagezentren wurde insbesondere für Ad-hoc-Einsatzlagen sehr positiv bewertet. Was die alltägli che Zusammenarbeit mit den Führungs- und Lagezentren an belangt, hielten sich die eher positiven und die eher negativen Meinungen etwa die Waage. Hier muss, lieber Herr Innenmi nister, weiter nachgehakt und gegebenenfalls maßvoll nach justiert werden.
Ebenso wurden die Änderungen im Bereich der Kriminalpo lizei fast durchweg positiv beschieden. Insbesondere die Ein richtung eines flächendeckenden Kriminaldauerdienstes, die Zentralisierung der Kriminaltechnik sowie die Einrichtung ei ner Kriminalinspektion für Cyberkriminalität wurden sogar mit sehr guten Bewertungen versehen.
Auf der anderen Seite bemängelten jedoch die meisten Be fragten, dass sich die operative Aufgabenwahrnehmung eben nicht verbessert hat und der Personalansatz lange nicht aus
reicht, um herausragende Verfahren bearbeiten zu können. Auch hier weist die Evaluation Verbesserungsbedarf aus.
Im Themenbereich der Verkehrspolizeidirektionen war bei den Bewertungen ein deutliches Stadt-Land-Gefälle erkennbar. In den Großstädten kam das Modell offensichtlich recht gut an, während es im ländlichen Raum zu über 60 % negativ bewer tet wurde.
Ausgesprochen explizit hingegen widmet sich der EvaPol-Ab schlussbericht dem Themenbereich „Direktionen Polizeire viere“. Hier hat die Polizeistrukturreform ihre Ziele wirklich verfehlt. Die Direktionen Polizeireviere und die Polizeirevie re setzen hier weiterhin in deutlich höherem Umfang Perso nal für administrative Tätigkeiten ein als vorgesehen. Die vor gegebene Leistungsquote wurde zum 1. Juli 2016 um 75 Voll zeitäquivalente des Polizeidienstes überschritten. Da hier oh nehin im Rahmen der Zusammenlegung der Direktionen Po lizeireviere mit den Verkehrspolizeidirektionen Umwälzun gen stattfinden, bietet sich an dieser Stelle eine gute Gelegen heit, Führungsstrukturen tatsächlich zu verschlanken und mehr Beamte in den operativen Dienst zu bringen.
Schließlich gab es auch vehemente Kritik bei den Problem feldern „Hochschule der Polizei“ – hier bereits auch von uns, seitens der AfD-Fraktion, mehrfach angesprochen – und „Po lizeipräsidium Einsatz“. Während die organisatorische Zu sammenführung der verschiedenen Aus- und Fortbildungsein richtungen positiv aufgenommen wurde, bewertet eine abso lute Mehrheit die Trennung von Einsatzstandorten der Bereit schaftspolizei und Schulstandorten als nicht sachgerecht. Hier durch, lieber Herr Innenminister Strobl, wurde die Attraktivi tät der Ausbildung leider erheblich herabgesetzt – so lautete das vernichtende Urteil von 83 % der abgegebenen Voten.
Meine Damen und Herren, trotz einiger positiver Aspekte muss ich, müssen wir, die AfD-Fraktion, schlussendlich kon statieren, dass die Reform nach Selbsteinschätzung der Poli zei eben nicht wahrnehmbar zu mehr Bürgernähe, zu mehr Bürokratieabbau, zu flacheren Hierarchien, zu mehr Beamten in Revieren und Posten oder zu einer höheren Präsenz der Po lizei geführt hat. Im Gegenteil: Die Bürgernähe hat sich ver schlechtert, die Bürokratie ist nach wie vor erstickend, es wur den neue Hierarchieebenen geschaffen und die Stäbe in Tei len wieder aufgeblasen – zulasten der operativen Arbeit der Polizei.
Meine Damen und Herren, es macht mich deshalb fassungs los, dass zu einem Großteil dieser Themen bereits lange vor dieser vermeintlichen Reform Kritik geäußert worden ist. Ich kann nicht nachvollziehen, wie eine so dringend notwendige Reform offensichtlich über die Köpfe der Polizeibasis hinweg und an deren Bedürfnissen vorbei geplant werden konnte.
Ich komme zum Ende: Wäre die Planung ergebnisoffen ge führt worden, dann gäbe es diese massiven Probleme heute nicht. Es hieße jedoch nun, das Kind mit dem Bade auszu schütten, wenn die komplette Polizeistruktur nochmals über den Haufen geworfen würde. Unsere Polizei erwartet von der Politik sinnvolle Korrekturen mit Augenmaß.
Mein Schlusssatz: Beim Zuschnitt der Präsidien berücksich tigt das 14er-Modell in weiten Teilen die tatsächlichen loka
len Gegebenheiten am besten; die Entscheidung muss jedoch finanziell und personell sauber abgewogen werden, weil un sere Polizeibeamten Gewissheit über ihre zukünftigen Arbeits bereiche verdienen und keine erneute Hängepartie.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Lieber Herr Innenminister, wenn ich mich gleich an Sie wenden darf: Wenn es Ihnen ein ernsthaf tes Vorhaben ist, aus einer fehlerhaften Reform jetzt noch das Beste herauszuholen, und wenn Sie dafür eine breite Unter stützung in diesem Parlament haben wollen, dann darf es jetzt keine lange Diskussion mehr geben, sondern dann müssen ganz einfach die Empfehlungen der Kommission, die Sie selbst eingesetzt haben, umgesetzt werden.
Wenn ich jetzt die Rechenspiele betrachte, die in den letzten Tagen in die Öffentlichkeit gelangt sind, dann möchte ich hier das Kind doch einmal deutlich beim Namen nennen: Für mich ist das ein dreister Versuch, den politisch Verantwortlichen die Entscheidung mit Horrorzahlen aus der Hand zu schlagen. Das ist das, was dort geschehen ist.
Wer die Rechnerei bei dieser Reform von Anfang an verfolgt hat, hat erlebt, wie die Reform selbst erbarmungslos schön gerechnet wurde. Damals habe ich mir im Landtag den Ver gleich mit Stuttgart 21 erlaubt, das damals in der Diskussion war. Ich habe gesagt: „Das wäre, als ob man bei Stuttgart 21 erst mal ein Loch am Bahnhof gräbt und dann schaut, wie teu er der Rest wird.“ Das war ungefähr das Vorgehen dort.
Jetzt wird die Reparatur genauso erbarmungslos schlechtge rechnet. Wer genau hinschaut, stellt fest, dass diese ganzen Rechenspiele unter tatkräftiger Beteiligung genau der Akteu re erfolgen, die die fehlerhafte Reform wollten und die die jet zige Korrektur natürlich nicht wollen.
Aber wer diese Zahlen ernst nimmt – ich möchte so formulie ren: wer darauf hereinfällt –, der hat seinen politischen Ge staltungsanspruch aufgegeben, der kann seinen Gestaltungs anspruch gleich an die Verwaltung – genauer gesagt: an kei nesfalls unparteiische Teile der Verwaltung – weiterreichen.
Wer eine Kostenreduzierung will – – Ich darf hier als Ein schub nur noch einmal den Vorschlag vom letzten Mal erneu
ern: Man könnte auf 14 Präsidien gehen und dafür beispiels weise die Direktionen Reviere aufgeben; das spart nicht nur Geld, sondern bringt auch flache Hierarchien. Das wäre eine Maßnahme, die natürlich auch eine Kostendämpfung zur Fol ge hätte.
Die Reform als solche ist natürlich nicht zum Nulltarif zu ha ben. Das wird klar sein. Aber nach meiner Meinung werden die Kosten einer Korrektur letzten Endes irgendwo in den Ge samtkosten dieser großen Reform untergehen.
Wir führen im Moment viele Diskussionen über die innere Si cherheit. Jeden Tag kann ich dazu in der Zeitung Überschrif ten lesen wie „CDU und SPD fordern schärfere Gangart“. Wir werden wieder Gesetzgebungsvorschläge bekommen, die ent weder etwas bringen oder die nichts bringen. Wir werden viel leicht wieder viele Diskussionen führen, die eher symboli scher Natur sind.
Aber jedem sollte eines klar sein: Wenn man etwas für die Po lizei tun will, sollte man sie in den bestmöglichen Strukturen arbeiten lassen.