Protokoll der Sitzung vom 22.06.2017

Für die CDU-Fraktion er teile ich dem Kollegen Mack das Wort.

(Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! In Deutschland sind Koalitionsvereinba rungen absolut üblich, ja geradezu erwünscht von der Bevöl kerung. Wir haben in Deutschland e i n e Regierung, die mit absoluter Mehrheit regiert – sie wird von der CSU in Bay ern getragen –, und ansonsten haben wir in 15 Ländern und im Bund Koalitionen. Wie ist es da? Im Vorfeld der Minister präsidentenwahl oder der Kanzlerwahl wird ein Koalitions vertrag gemacht. Die Parteien gehen aufeinander zu, bilden eine Regierung, aber ab dem Tag der Kanzlerwahl oder der Ministerpräsidentenwahl liegt die Verantwortung selbstver ständlich bei den gewählten Abgeordneten, bei der von den Regierungsfraktionen gewählten Regierung und beim Gesetz geber. So ist es auch in diesem Fall.

Dass wir in Deutschland Koalitionsverträge haben – diese po litische Kultur der Koalitionsverträge –, ist etwas absolut Po sitives, weil die Parteien nach einer Wahl aufeinander zuge hen, weil die Parteien nach der Wahl abtasten, schauen, was möglich ist, und weil sie dadurch auch dem Bevölkerungswil len entgegenkommen.

In anderen Ländern hingegen passiert so etwas nicht. Die Nie derländer haben bis zum heutigen Tag keine Regierung zu stande gebracht. In Großbritannien gibt es keine regierungs fähige Koalition. Das war doch gestern eine traurige Veran staltung im Unterhaus, als die Königin ohne Krone – Charles nebendran –

(Heiterkeit des Abg. Sascha Binder SPD)

irgendein Regierungsprogramm verkünden musste, das aber keine Substanz, keine Mehrheit im Parlament hat.

(Zuruf des Abg. Rüdiger Klos AfD)

Wir haben das Instrument der Koalitionsvereinbarung, indem wir nach einer Wahl die Kräfte zusammenspannen

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

und dann eine neue Regierung bilden. Wir haben in Deutsch land mittlerweile zwölf unterschiedliche Koalitionskonstella tionen. Das spricht dafür, dass unser Regierungssystem funk tioniert.

Das Zweite ist: Ein solcher Koalitionsvertrag ist doch nicht die Bibel, ist nicht die Zehn Gebote oder ist nicht in irgendei ner Weise ein Regiebuch, was Sie immer zu meinen vorge

ben. Der Koalitionsvertrag ist doch nicht etwas, woran man sich nachher sklavisch hält. Vielmehr ist er etwas, wo man zu einem gewissen Zeitpunkt einmal etwas aufgeschrieben hat.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ach so!)

Natürlich. Auf dieser Basis hat dann eine Ministerpräsiden tenwahl stattgefunden.

(Abg. Sascha Binder SPD: Sieht das Ihr Koalitions partner auch so?)

Die beste Koalition ist die, die möglichst wenig in einen sol chen Koalitionsvertrag schaut und in der das Vertrauen mög lichst groß ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in dieser Koalition haben wir die Vertrauensbasis dafür, dass wir die Probleme dieses Landes lösen können, ohne jeden Tag auf Seite 33/34 Zeile 128 schauen zu müssen, hinter welchem Wort ein Komma steht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, wenn Sie in eine Ehe gehen, einen Ehevertrag schließen und meinen: „Jetzt habe ich einen Ehe vertrag, jetzt habe ich eine gute Ehe“, dann werden Sie sehen, wie schnell sie wieder weg ist.

(Heiterkeit – Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD – Unruhe)

Deswegen würde ich empfehlen, die Kirche im Dorf zu las sen und zu sehen, was da zusammenwächst.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Mack, ge statten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Klos?

Ja, sehr gern. Bitte schön.

Bitte, Kollege Klos.

Was haben Sie denn?

Herr Kollege Mack, vielen Dank für das Zulassen der Zwischenfrage. – Laut Ihrer Logik wäre also die beste Koalition die, die nicht über eine schriftliche Fixierung verfügt. Wenn Sie sogar noch Geheimabreden tref fen, dann haben Sie, wenn ich jetzt den Umkehrschluss ziehe und bei Ihrer Logik bleibe, gerade gesagt, dass die jetzige Ko alition eine sehr schlechte ist. Oder habe ich Sie da falsch ver standen?

Sie haben keine Erfahrung.

(Lachen bei der AfD)

Deswegen kann ich Ihnen Folgendes sagen: Wir hatten in die sem Haus schon viele Koalitionen. Die Große Koalition 1966 ist ohne Koalitionsvertrag geschmiedet worden. Warum? Weil während einer laufenden Legislaturperiode eine andere Koa lition gebildet wurde. Da war Pendeldiplomatie im Spiel. Die FDP hat die Koalition mit der CDU verlassen und wollte mit

der SPD zusammengehen. Die SPD ist am Ende bei uns ge landet –

(Abg. Anton Baron AfD: Das klingt doch schon mal gut!)

auf Vertrauensbasis, ohne Koalitionsvertrag.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Er kann das erzählen, als ob er dabei gewesen wäre!)

Es ist doch klar, dass Sie nach einer Landtagswahl einen Ko alitionsvertrag schließen müssen – auch als Prozess –, um zu sammenzufinden. Das ist auch in diesem Fall bestens gelun gen.

(Zuruf der Abg. Carola Wolle AfD)

Aber was nützt es Ihnen, wenn Sie vor den Wähler treten – –

(Dem Redner wird das Ende seiner Redezeit ange zeigt.)

Herr Präsident, ich...

„Ich komme zum Ende.“

... bin gleich am Ende meiner Ausführungen; jawohl.

(Heiterkeit)

Was bringt es Ihnen, wenn Sie am Ende der Legislaturperio de sagen: „Ich habe den Koalitionsvertrag zu 90 % erfüllt“, aber die Arbeitslosenquote sich verdoppelt hat oder man – wie im Fall Nordrhein-Westfalen – die Probleme der inneren Si cherheit nicht mehr im Griff hat?

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Da regiert ihr jetzt! Pass auf!)

Da werden Sie schlicht und ergreifend abgewählt. Deswegen: Der Erfolg einer Regierung hängt nicht an einer bestimmten Art Koalitionsvertrag.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aha!)

Vielmehr hängt der Erfolg einer Regierung an ihren Taten. Und an unseren Taten können Sie uns messen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das ist das Problem! – Abg. Andreas Stoch SPD: Da gibt es nichts zu messen! Der Patient ist tot! Da ist kein Puls spürbar!)

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Reden wir doch über die Taten.

Vielen herzlichen Dank.