(Lachen und Beifall bei der AfD – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Haben Sie gelesen oder nur gezählt? – Lebhafte Unruhe – Glocke der Präsidentin)
(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Mein Gott, ist das peinlich! Wenn man sich überlegt, was so ein Politi ker an Geld kriegt!)
Es ist alles bio, und ganz viel wird gefördert. Aber soll die Po litik ein Förderer im Spiel, im Markt sein, ein Macher im Spiel der Kräfte?
Soll sich die Politik nicht auf ihre Kernaufgaben beschränken – die innere und äußere Sicherheit, den Schutz des Lebens, des Eigentums und der Gesundheit, die Justiz, die Finanzen, die Infrastruktur, den Schutz der Umwelt, die Setzung von Rahmenbedingungen?
Wäre ein schlanker Staat, der sich auf wenige Kernaufgaben konzentriert, nicht durchsetzungsstärker, gerechter, transpa renter, günstiger für den Steuerzahler?
Lassen Sie mich auf ein Schlagwort der Großen Anfrage be sonders eingehen: Die Bioökonomie ist eine Maßnahme, die von sich behauptet, bios – Leben – mit der Wirtschaft zu ver söhnen, also eine Heilslehre zu sein.
Oder ist es doch der Herrschaftsanspruch der Ökonomie über das Leben? Sollen mit der Erhöhung zur Heilslehre gesell schaftliche Skepsis und Widerstände sowie jegliche Kritik schon von vornherein diskreditiert werden?
(Abg. Nicole Razavi CDU: Was ist denn das für ein Unsinn? – Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Das sind doch keine normalen Sätze! – Heiterkeit – Glocke der Präsidentin)
Diese Fragen stellen sich die Bürger. – Wie ich meine Rede halte, das überlassen Sie bitte mir, Herr Kollege.
(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Wir können doch feststellen, wenn Sie Blödsinn reden! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)
(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Das hat doch da mit nichts zu tun! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP: Hat man Ihnen überhaupt die richtige Rede mitgegeben? – Weitere Zurufe, u. a.: Miese Vorberei tung, diese Rede! – Unruhe – Glocke der Präsiden tin)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Her ren! In dieser Debatte geht es meines Erachtens um die Poli tik für den ländlichen Raum. Was wir soeben gehört haben, hat mit dem Thema nur am Rande zu tun.
(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Falsches Manu skript! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das war noch sehr freundlich formuliert! – Abg. Reinhold Gall SPD: Nur dummes Zeug!)
Diesem Thema ist in den Jahren seit 2011 durch die Landes regierung eine verstärkte Aufmerksamkeit zuteilgeworden, was sich in der Antwort auf die Große Anfrage auch ganz deutlich spiegelt.
Die Aufgabe der Politik gegenüber dem ländlichen Raum möchte ich zum einen charakterisieren als Pflege der Kultur landschaft, die durch das sogenannte magische Dreieck ge kennzeichnet ist: Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz und Tourismus. Zum anderen geht es um die Herstellung gleicher Lebensbedingungen für die dort lebenden Menschen. Immer hin ist der ländliche Raum Wohnort für 35 % der Baden-Würt temberger; zudem ist er Standort für Dienstleister, für leben diges Handwerk und für Industriebetriebe. Nicht wenige die ser Betriebe gehören zu den sogenannten Hidden Champions.
Die Zahlen, die die Landesregierung in ihrer Antwort zum ländlichen Raum nennt, zeigen eindrücklich, dass ein großer Teil der Mittel aus dem ELR-Programm in die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen geflossen ist. Das ist gut so.
Doch angesichts des rasant gestiegenen Bedarfs ist es noch erfreulicher, dass auch Projekte rund um das Thema Wohnen mit jährlich 10 Millionen € gefördert wurden. So können al lein im Jahr 2017 900 Wohneinheiten gefördert werden.
Auch wenn der ländliche Raum Baden-Württembergs in wei ten Teilen wirtschaftlich gut aufgestellt ist, gibt es auch Orte, für die das nicht gilt und die seit Jahren unter Abwanderung bzw. Überalterung leiden. Dort machen dann irgendwann die Sparkasse und die Volksbank, die Drogerie, die Post, der letz te kleine Supermarkt und vielleicht sogar der Arzt seine Pra xis zu, und dann stehen die Menschen ohne ausreichende Grundversorgung da. Dieser Prozess beschleunigt dann natür lich in diesen Bereichen die Abwanderung.
Hier mit dem ELR gezielt zu fördern, damit die Grundversor gung mit sozialer und wirtschaftlicher Infrastruktur für die Menschen erhalten bleibt oder wieder aufgebaut wird, hat die SPD schon vor zehn Jahren gefordert. Hier hat sich auch die Mittelbereitstellung in den Jahren von 2011 bis 2015 von 600 000 € auf ca. 1,2 Millionen € verdoppelt. Diese Entwick lung gilt es aber zu verstetigen.
Auch mit der bis 2010 praktizierten Vergabepraxis der ELRMittel, die auch vom Rechnungshof als intransparent kritisiert wurde, hat die von den Grünen und der SPD geführte Regie rung 2011 Schluss gemacht und die neuen, transparenten Kri terien entwickelt. Stichworte dazu sind u. a. Schwerpunktge meinden, Nachhaltigkeit, integrierte Konzepte, deren Ergeb nisse wir heute betrachten können.
Doch die Zeit bleibt nicht stehen, und neue Fragen erfordern neue Antworten. Wir in der SPD-Fraktion sind der Auffas sung, dass das ELR ein sehr wichtiges und nützliches Instru ment des Landes ist. Aber angesichts der gesamtwirtschaftli chen Situation einerseits und der Wohnungsknappheit ande rerseits sollte auch das ELR noch stärker genutzt werden, um Wohnraum im ländlichen Raum zu sichern oder zu schaffen. Auch dies verhindert Landflucht.
Überdies halten wir es für sehr wichtig, die Förderung von Projekten zugunsten der sozialen und dienstleistungsbezoge nen Infrastruktur sowie die Unterstützung von „Dorfläden“, die die Nahversorgung garantieren, noch wesentlich besser auszubauen. Wer einmal im Zentralmassiv in Frankreich oder auch in Regionen in Süditalien war, der weiß, wie stark eine Raumschaft ausbluten kann, wenn erst einmal der Großteil der Menschen abgewandert ist.
Um das zu verhindern, sind natürlich auch Voraussetzungen erforderlich, die leider außerhalb der Möglichkeiten des ELR liegen, z. B. den Verkehrssektor betreffend. Von der Erreich barkeit der Ärzte und Krankenhäuser bis zum Zug oder Bus, der im Takt Pendler und Schüler befördert, ist die Verkehrser schließung das Blutkreislaufsystem des Landes. In den Tie fen des ländlichen Raums ist der Pulsschlag manchmal ziem lich schwach.
Aber auch ein gutes, wohnortnahes Schulangebot ist extrem wichtig, wenn eine Gemeinde im ländlichen Raum Zukunft haben soll.
Hier haben wir dem ländlichen Raum in der vergangenen Wahlperiode mit den Gemeinschaftsschulen einen wichtigen Dienst erwiesen. Zumindest war das ein wichtiger und sehr guter Nebeneffekt dieser Reform. Peinlicherweise geschah das gegen den Widerstand aus den Reihen der CDU hier im Haus, während viele CDU-Kolleginnen und -Kollegen vor Ort jede Gemeinschaftsschule freudig begrüßt haben.
Als im Prinzip lobenswerte Initiative möchte ich die Bildung des Kabinettsausschusses „Ländlicher Raum“ bezeichnen. Wenn dieses Gremium seine Aufgaben engagiert anpackt, kann es zu einem wirksamen Instrument nicht nur der Steue rung von Mitteln für den ländlichen Raum werden, sondern auch der Lösung von strukturellen Problemen wie dem Erhalt von Krankenhäusern in der Fläche, Rettungsdiensteinrichtun gen und der wohnortnahen Versorgung sowie notwendigen Bildungseinrichtungen. Bislang ist von solchen...