Protokoll der Sitzung vom 12.07.2017

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 38. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Württemberg.

Von der Teilnahmepflicht befreit sind Herr Abg. Kopp, Frau Abg. Lindlohr, Frau Abg. Saebel sowie Frau Abg. Walker.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ganztägig Frau Staatssekretärin Olschowski, Frau Staatssekretärin Schütz, Frau Staatsrätin Erler sowie Herr Staatsminister Murawski. Bis 12 Uhr hat sich Herr Staatssekretär Dr. Baumann entschuldigt.

Wir treten nun in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Große Anfrage der Fraktion der FDP/DVP und Antwort der Landesregierung – Die Polizei in Baden-Württemberg – Polizeireform, Evaluierung, Korrekturbedarf – Druck sache 16/1095

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion und für das Schlusswort der die Große Anfrage stellenden Fraktion eine zusätzliche Redezeit von fünf Minuten festgelegt.

In der Aussprache erteile ich das Wort für die FDP/DVP-Frak tion Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Rülke.

Herr Präsident,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Frau Präsidentin!)

liebe Kolleginnen und Kollegen! – Frau Präsidentin – Ent schuldigung –,

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

liebe Kolleginnen und Kollegen! Der zuständige Innenminis ter hat sich gerade noch entschuldigen lassen; er stehe im Stau. Ich akzeptiere das, zumal er mir hat ausrichten lassen, dass er mich im Gegenzug auf ein Bier einlade. Unter diesen Bedin gungen warten wir gern noch ab.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Dann kön nen Sie das Ganze doch in die Gastwirtschaft verle gen! – Abg. Sascha Binder SPD: Sie sind aber billig zu kaufen! – Zuruf von der AfD: Billig zu haben!)

Ich bin nicht billig zu haben.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Das heißt nicht, dass ich dem zustimmen würde, was Sie be schlossen haben, sondern ich akzeptiere nur, dass sich der In nenminister verspätet.

Meine Damen und Herren, zur Sache: Die Fraktion der CDU und die Fraktion GRÜNE haben sich jetzt offensichtlich ge einigt; das konnte man den Medien gestern entnehmen. Da für war es höchste Zeit. Wir haben im Jahr 2014 eine Polizei reform erlebt,

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Erlitten!)

die die Zahl der Polizeihauptstellen von knapp 40 auf zwölf abgesenkt hat. Auch meine Fraktion hat nie infrage gestellt, dass es einen Reformbedarf gibt und dass es auch notwendig ist, die Zahl der Polizeihauptstellen zu reduzieren.

(Minister Thomas Strobl betritt den Plenarsaal.)

Aber wir waren immer der Auffassung: Zwölf sind zu wenig. Das hat sich in der Praxis jetzt offensichtlich auch bewahrhei tet. Es war richtig, eine Evaluierungskommission aus hoch qualifizierten Fachleuten einzusetzen, die im März dieses Jah res einen Bericht vorgelegt hat. Im März – ich darf daran er innern – wurde dann versprochen, zeitnah zu entscheiden, mit der Argumentation, man wolle nicht die Polizistinnen und Po lizisten im Land, man wolle nicht die innere Sicherheit im Land Baden-Württemberg im Unklaren lassen. Diese Argu mentation war richtig. Leider hat man es aber nicht eingehal ten, weil man die Entscheidungsfindung nicht auf die Reihe gebracht hat, meine Damen und Herren.

Deshalb, glaube ich, war es angezeigt, an dieser Stelle Druck zu machen. Es wurde versprochen, bis spätestens Pfingsten werde es eine Entscheidung geben. – Der Herr Innenminister ist jetzt da. Ich begrüße ihn.

(Minister Thomas Strobl: Grüß Gott!)

Es wurde also versprochen, dass es bis spätestens Pfingsten eine Entscheidung geben werde. Pfingsten ist jetzt schon gut sechs Wochen vorüber.

So ging es immer weiter. Der Innenminister war im eigenen Haus führungsschwach. Offensichtlich gab es Seilschaften im Landespolizeipräsidium, die das alte 12er-Modell verteidigen wollten. Die CDU-Fraktion ist zerstritten, und die Grünen sind auf Sparkurs. Offensichtlich ist der grünen Fraktion die inne re Sicherheit wenig wert.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Was? – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Geschenkt!)

Es wäre sinnvoll gewesen, das zu tun, was Innenminister Strobl am 5. Juli 2017 in der „Stuttgarter Zeitung“ geäußert hat. Er sagte:

Ich rate dazu, dass wir das ernst nehmen, was uns die Fachleute vorschlagen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Klaus-Günther Voigtmann AfD)

Was schlagen die Fachleute vor? Die Fachleute schlagen das sogenannte 14er-Modell vor.

(Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

Aber mit überwiegender Mehrheit, Frau Kollegin Razavi. Das ist das bevorzugte Modell. Das steht eindeutig im Evalu ierungsbericht. Ich habe gestern auch aus dem Munde Ihres Fraktionsvorsitzenden im SWR-Fernsehen gehört, dieses sei das bevorzugte Modell der CDU-Fraktion. Also ist sich doch Ihre Fraktion mit dem Minister einig. Nur den Grünen war es offensichtlich zu teuer.

Herr Kollege Sckerl, wenn Sie zu diesem Thema sagen, Wahl kreisinteressen müssten zugunsten einer wirtschaftlich spar samen Lösung zurückgestellt werden, dann wird doch deut lich: Ihnen ist die innere Sicherheit zu teuer. 144 Millionen € seien Ihnen zu viel, haben Sie erklärt. Meine Damen und Her ren, gehen wir einmal davon aus, es stimmt und es handelt sich nicht um bestellte Zahlen, um das Ganze künstlich hoch zurechnen, dann stellen wir fest: Die innere Sicherheit ist Ih nen zu teuer. Deshalb haben Sie auch herausverhandelt, dass die Reform der Reform nicht 2019, sondern erst 2020 statt finden soll – wiederum aus Kostengründen. Ihnen ist offen sichtlich die innere Sicherheit nichts wert.

Wenn Sie, Herr Kollege Sckerl, auf die Wahlkreisinteressen abheben, dann frage ich Sie: Welche Wahlkreisinteressen ha ben denn die Mitglieder der Kommission? Welches Wahlkreis interesse hat Waldemar Kindler,

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Richtig!)

der bundesweit angesehene Kommissionsvorsitzende und frü here bayerische Polizeipräsident? Welches Wahlkreisinteres se hat der?

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das müssen Sie einmal offenlegen, meine Damen und Her ren.

Schauen wir uns mal an, wo die Grünen weniger sparsam sind. Das ist etwa der „Südwest Presse“ vom 30. Juni 2017 zu ent nehmen. Nur noch einmal zur Erinnerung: 144 Millionen € soll das 14er-Modell kosten – schlechtgerechnet. Was kostet denn die grüne Ökooffensive, die Sie vorhaben? „Handlungs programm Ökologie“: 160 Millionen € einmalig. Dazu wol len Sie in der Umweltverwaltung Personalaufstockungen in einer Größenordnung von 25 Millionen € jährlich – struktu rell.

Herr Strobl, ist das Ihre Komplementärkoalition? Wenn die Union 144 Millionen € für die innere Sicherheit ausgeben will, sagen die Grünen: „Stopp, zu teuer.“ Aber 160 Millionen € für

ein „Handlungsprogramm Ökologie“ werden von dieser Lan desregierung bewilligt. Was ist Ihnen die innere Sicherheit in Baden-Württemberg wert? Das muss man an dieser Stelle schon fragen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Jetzt kreißte der Berg und gebar eine 13 mit einem Mäuschen – 13 plus eins, meine Damen und Herren. Das ist schon be merkenswert. Da fällt eine Entscheidung nicht nach mensch licher Logik, auch nicht nach polizeifachlichen Erwägungen, sondern nach den Gesetzen des orientalischen Basars. Die ei nen sind für zwölf, die anderen sind für 14; das addieren wir und teilen das Ergebnis durch zwei; dann kommt 13 heraus. Wenn dann noch ein paar unzufrieden sind, kündigt man an: Vielleicht schaffen wir ein Jahr später doch noch ein zusätz liches Präsidium, um auf 14 zu kommen.

Meine Damen und Herren, ist das Ihr Ernst – im Jahr 2014 die Reform, im Jahr 2019 die Reform der Reform und im Jahr 2020 dann die Reform der Reform der Reform? Was wollen Sie denn den Polizistinnen und Polizisten im Land BadenWürttemberg noch zumuten, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Zunächst erklärt man: „Es muss schnell eine Entscheidung ge troffen werden, damit sich die Leute darauf einstellen kön nen.“ Dann sagt man: „Wir machen jetzt eine Reform der Re form.“ Und dann hat man immer noch ein weiteres Präsidium in der Hinterhand; dann ändert man die Polizeistruktur ein Jahr später vielleicht noch einmal. Verantwortliche Politik sieht anders aus, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Deshalb sagen wir: Wir wollen dies den Menschen im Land und auch der Polizei ersparen. Herr Kollege Reinhart, wir neh men Sie beim Wort bei dem, was Sie gestern im Südwestfern sehen gesagt haben:

Die CDU-Fraktion ist für 14. Das 14er-Modell ist das be vorzugte Modell.

Wir stellen das heute zur Abstimmung. Wir wollen Ihnen die Chance geben, dem zuzustimmen. Ich hoffe, dass in der CDUFraktion von dieser Möglichkeit umfangreich Gebrauch ge macht wird. Denn, meine Damen und Herren, nehmen Sie sich ein Beispiel an der Kanzlerin.