Protokoll der Sitzung vom 12.07.2017

(Abg. Karl Zimmermann CDU: War das früher an ders?)

Heute beraten wir den Gesetzentwurf über die Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamtinnen und Beam ten in Baden-Württemberg. Im Wesentlichen beinhaltet er drei Aspekte:

Erstens erfolgt die inhaltsgleiche Übertragung des Ergebnis ses der Verhandlungen der Tarifvertragsparteien für die Be schäftigten im öffentlichen Dienst der Länder auf die Beam tinnen und Beamten, Richterinnen und Richter, Versorgungs empfängerinnen und Versorgungsempfänger und die Empfän gerinnen und Empfänger von Alters- und Hinterbliebenengeld in Baden-Württemberg.

Zweitens stärken wir – die Finanzministerin ist ausführlich darauf eingegangen – mit dem Baden-Württemberg-Bonus von 0,325 % das Land noch einmal zusätzlich im Wettbewerb um die besten Fachkräfte. Einen derartigen Zuschlag hat kein anderes Bundesland zu bieten. Wie bereits erwähnt, gewährt Bayern einen einmaligen Zuschlag. Das zeigt den Unterschied in der Denke: Bayern handelt einmalig, wir handeln struktu rell. Das ist grün-schwarze nachhaltige Finanzpolitik.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Tobias Wald CDU)

Drittens setzen wir, die Regierungskoalition, unser Verspre chen um und nehmen die Absenkung der Eingangsbesoldung vollständig zurück, und zwar schon zum 1. Januar des kom menden Jahres.

Das Ergebnis der Verhandlungen bedeutet eine Stärkung der Beamtenschaft in unserem Land. Es ist Ausdruck der Wertschät zung der anspruchsvollen und wertvollen Arbeit. Verschiedent lich wurde heute bereits bei unterschiedlichen Tagesordnungs punkten darauf hingewiesen, was die über 184 000 Beamtin nen und Beamten in Baden-Württemberg Tag für Tag für die Bürgerinnen und Bürger im Land leisten.

Ein zentrales Projekt unserer Regierungskoalition von GrünSchwarz ist es, in der gesamten Legislaturperiode keine neu en Schulden zu machen, damit die Schuldenbremse 2020 si cher und souverän erreicht wird.

(Beifall des Abg. Daniel Rottmann AfD)

Das bleibt eine Herausforderung; denn vor diesem Hinter grund bedeuten die 550 Millionen € bzw. 690 Millionen € Mehrausgaben, die als Folge des Verhandlungsergebnisses für das Land damit verbunden sind, schon eine große Anstren gung. Denn parallel dazu tilgen wir 200 Millionen €, parallel dazu gibt es weitere Ausgaben, sodass wir versuchen müssen, den Spagat zwischen Sparen, Mehrausgaben und der in jedem Fall verbindlichen Schuldenbremse zu schaffen.

Für uns ist aber klar: Ohne gut qualifizierte, motivierte Mit arbeiterinnen und Mitarbeiter kann keine Verwaltung, keine Hochschule, keine Schule, kein Betrieb, kein Landesbetrieb erfolgreich sein. Deswegen wollen wir, dass der öffentliche Dienst in Baden-Württemberg auch in den kommenden Jah ren attraktiv und zukunftsfähig bleibt.

Die Konkurrenz und der Wettbewerb um qualifizierte und mo tivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind gerade bei uns in Baden-Württemberg mit der hiesigen guten wirtschaftli chen Lage außerordentlich hart. In den Verwaltungen des Lan des – das ist bereits beim vorherigen Tagesordnungspunkt an gesprochen worden – wird immer wieder der Ruf laut, dass es zu wenig Bewerber, zu wenig qualifizierte Bewerber gibt. Es wird auf die harte Konkurrenz mit der Wirtschaft hinge wiesen. Auch das spüren eben unsere Landesbetriebe und die Verwaltungen immer mehr.

Wir wollen, dass sich junge Menschen auch in Zukunft für den öffentlichen Dienst bei uns im Land Baden-Württemberg entscheiden. Deshalb hat sich die Koalition darauf verstän digt, die seit 2005 – seit 2005! – immer weiter abgesenkte Ein stiegsbesoldung in einem Schritt wieder komplett auf das al te Niveau anzuheben.

Bei der Attraktivität des öffentlichen Dienstes geht es aber um mehr als nur um Geld. Es geht auch um gute Arbeitsbedin gungen. Es geht um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, es geht um Verlässlichkeit. Es geht um die sonstigen Rahmen bedingungen, unter denen die Beamten bei uns arbeiten. Auch hier hat der öffentliche Dienst in Baden-Württemberg viel zu bieten – gerade auch im Vergleich mit anderen Bundesländern –, Beispiel Jobticket, Beispiel Stellenhebungen in der Steuer verwaltung. Das wollen wir konsequent weiterentwickeln. Mit der Abschaffung der Stellenobergrenzenverordnung, die wir gerade eben unter Tagesordnungspunkt 4 beraten und gemein sam beschlossen haben, setzen wir für die Kommunen einen weiteren Schritt um, der den öffentlichen Dienst in BadenWürttemberg attraktiv macht.

Wir Grünen danken allen Beteiligten der Verhandlungsrunde, den Vertretern der Landesregierung, des Beamtenbunds und des Vereins der Richter und Staatsanwälte in Baden-Württem berg ebenso wie natürlich unserer Finanzministerin Edith Sitz mann, die an diesem Verhandlungsergebnis federführend mit gewirkt hat.

Wir empfehlen die Zustimmung – wenn auch heute noch nicht formal, aber doch verbal – zu diesem Gesetz.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Kollegen Wald.

(Staatssekretärin Bärbl Mielich und Abg. Thomas Po reski GRÜNE unterhalten sich.)

Wenn die Sozialpolitiker der Fraktion GRÜNE auch noch ein bisschen ruhiger wären, dann wäre es fast mucksmäus chenstill. – Danke.

(Heiterkeit – Abg. Reinhold Gall SPD: Die machen eine AK-Sitzung!)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Heute wird das Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in BadenWürttemberg 2017/2018 in erster Lesung beraten. Dieses Ge setz hat einen sehr bürokratischen Titel, jedoch bedeutende Inhalte für alle Beteiligten – und nur darauf kommt es an.

Unsere hervorragend ausgebildeten, hoch qualifizierten Be diensteten in den Ministerien, der Landesverwaltung und in den nachgeordneten Behörden verfügen über einen exzellen ten Sachverstand. Sie leisten jeden Tag hervorragende Arbeit und unterscheiden sich darin nicht von den Angestellten im öffentlichen Dienst. Dies gilt entsprechend auch für die Rich terinnen und Richter, für die Staatsanwältinnen und Staatsan wälte unseres Landes.

Wir von der CDU-Landtagsfraktion wollen mehr Wertschät zung für die Beamtinnen und Beamten unseres Landes.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Eine leistungsgerechte Besoldung ist ein wichtiger Teilaspekt dieser Wertschätzung. Die Beamten des Landes Baden-Würt temberg haben unter dem SPD-Finanzminister Nils Schmid, der die Verhandlungen in den vergangenen fünf Jahren geführt hat, schon genug gelitten.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

Aus diesem Grund war es der CDU-Landtagsfraktion sehr wichtig, dass die Übernahme des Ergebnisses der Tarifver handlungen des öffentlichen Dienstes für die Beamten mit großer Zustimmung aller Beteiligten erfolgt. Diese Zustim mung war vorhanden, es gab großes Lob, insbesondere vom Beamtenbund – Volker Stich – und vom Verein der Richter und Staatsanwälte – Matthias Grewe.

Es ist vieles erreicht worden. Danke an die Verhandlungspart ner: im Finanzministerium Frau Finanzministerin Sitzmann, im Innenministerium Herr Staatssekretär Jäger und federfüh rend vonseiten der Beamten Volker Stich und Matthias Gre we. Herzlichen Dank für dieses gute Ergebnis!

Was ist erreicht worden? Über was beraten wir heute? Ers tens: Die lineare Tariferhöhung wird betragsmäßig auf unse re Beamten übertragen. Zweitens: Die zeitlich verzögerte Übertragung auf die Beamten erfolgt sozial gestaffelt, und die Verzögerung ist wesentlich kürzer als unter der Vorgängerre gierung. Drittens: Die Beamten erhalten einen zusätzlichen strukturellen Zuschlag in Höhe von 0,325 %. Dieser BadenWürttemberg-Bonus ist gerade vom Beamtenbund sehr be grüßt worden und ist einmalig in Deutschland. Viertens: Die Anpassung der Versorgung der Pensionäre erfolgt betrags- und zeitgleich mit der der Besoldung der aktiven Beamten, und zwar inklusive Baden-Württemberg-Bonus.

Insgesamt also ein guter Tag für unsere Beamten. Ein wichti ger, zentraler Baustein: Die Absenkung der Eingangsbesol dung wird zum 1. Januar 2018 für alle Beamten komplett zu rückgenommen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, im Landtagswahlpro gramm haben wir die unverzügliche Rücknahme der abge senkten Eingangsbesoldung auf einen Schlag niedergeschrie ben. Dies haben wir auch vor den Tarifverhandlungen gefor

dert. Warum? Es geht um die Wertschätzung gegenüber den jüngeren Beamtinnen und Beamten. Das Berufsbild im öffent lichen Dienst muss wieder attraktiver werden. Wir brauchen gute Fachkräfte, die entsprechend gut bezahlt werden. Wir brauchen junge, motivierte und fähige Beschäftigte in der Steuerverwaltung, im Straßenbau, im Hochbau, bei den Lehr kräften, in der Justiz und bei der Polizei.

Die CDU steht damit für eine Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes. Die Rücknahme der Absenkung der Eingangsbesoldung ist ein Einstieg hierfür. Weitere Maßnah men werden wir in dieser Legislaturperiode noch angehen. Deshalb stehen wir im ständigen Dialog mit dem Beamten bund, mit den Gewerkschaften, mit ver.di und allen Tarifver bänden in Baden-Württemberg.

Sicherlich wird der eine oder andere wieder einmal versuchen, ein Haar in der Suppe dieses Gesetzes zu finden. Na, dann su chen Sie mal! Wir haben mit diesem Gesetzentwurf vieles er reicht, vieles, was in der vergangenen Legislaturperiode nicht erreicht worden ist. Der Gesetzentwurf bildet eine solide und attraktive Basis für unsere Beamtinnen und Beamten sowie jene, die es werden wollen. Ich freue mich auf die Beratung des Gesetzentwurfs im Finanzausschuss.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Das Wort für die AfDFraktion erteile ich dem Kollegen Dr. Podeswa.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem vor liegenden Gesetzentwurf wird das Ergebnis der Tarifverhand lungen zum öffentlichen Dienst auf die Beamten, Richter, Staatsanwälte und Versorgungsempfänger übertragen. Das ist ein ganz normaler Verwaltungsakt, der sich im Wesentlichen nicht zur Diskussion im Plenum eignet.

Zur Diskussion eignen sich die Höhe und das Ergebnis dieser Tarifverhandlungen. Hier kommen wir am schnellsten weiter, wenn wir es mit den Tarifergebnissen in der Industrie, bei der eine Gehaltserhöhung um im Mittel 2,5 % im Jahr 2017 be schlossen wurde, im Einzelhandel, bei dem der Abschluss bei 2,5 % Erhöhung lag, und dem Finanzsektor, bei dem der Ab schluss eine Erhöhung um 2,5 % ergeben hat, vergleichen. Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst ergaben eine Erhöhung um 1,8 % und bei einem Gehalt von bis zu 3 750 € eine Erhöhung von mindestens 75 €, sodass für alle Gehälter unter 3 750 € der Anstieg mehr als 2 % betrug, was im Mittel in Richtung des in der Industrie ausgehandelten Anstiegs um 2,5 % geht.

Zusätzlich erfolgt im öffentlichen Dienst die notwendige und richtige Rücknahme der Absenkung der Eingangsbesoldung. Darüber hinaus gibt es einen strukturellen Zuschlag.

Wir können also an dieser Stelle feststellen, dass das Ergeb nis der Tarifverhandlungen es der Landesverwaltung ermög licht, im Wettbewerb mit der Industrie, dem Einzelhandel und dem Finanzsektor qualifizierte Beamte zu finden und einzu stellen. Die Verhandlungsergebnisse waren angemessen und drücken nicht zuletzt die Wertschätzung, die wir alle unseren Beamten entgegenbringen, aus.

Trotzdem möchte ich an dieser Stelle auf einen weiteren Punkt hinweisen. Es kann nämlich nicht nur darum gehen, wie viel man den Beamten bezahlt; es geht nicht allein um das reine Gehalt, sondern auch darum, wie viele Landesbeamte wir denn überhaupt haben. Hier tun sich geradezu erschreckende Abgründe auf. 1960 hatte das Land Baden-Württemberg 69 000 Beamte. 1970 waren es dann 102 000 Beamte, und 2013 waren es nach dem Versorgungsbericht des Landes Ba den-Württemberg 193 800 Beamte. Das ist vom damaligen Finanzminister Schmid so unterschrieben worden.

Vor diesem Hintergrund frage ich mich tatsächlich, wie Mi nisterin Sitzmann gerade auf 184 000 Beamte gekommen ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir 10 000 Beamtenstel len abgebaut haben, zumal es seit 1960 noch keiner einzigen Regierung gelungen ist, die Zahl der Beamten zu reduzieren.

Jetzt könnte man natürlich sagen: Das Land hat sich auch wei terentwickelt. Insbesondere ist die Bevölkerung gewachsen. – Ja, selbstverständlich, die Bevölkerung von Baden-Würt temberg ist von 7,7 Millionen Einwohnern im Jahr 1960 auf heute über 11,5 Millionen Einwohner angewachsen. Das ist ein schönes und starkes Wachstum von rund 50 %.

Die Zahl der Landesbeamten ist aber nicht um 50 % gewach sen, sondern von 69 000 auf – ich nehme jetzt extra die Zah len der Frau Ministerin Sitzmann – 184 000 – wie gesagt, nach dem Bericht des vorhergehenden Finanzministers sind es 193 000. Die Zahl der Beamten ist um 200 % gewachsen, al so vier Mal so stark. Wenn man durch diese Zahlen eine line are Extrapolation legt, können wir heute schon ausrechnen, wann wir griechische Verhältnisse haben werden.

Vor diesem Hintergrund hat die AfD-Fraktion zum vorliegen den Gesetzentwurf zwei Anmerkungen. Der Abschluss ist so, wie er getätigt wurde, sicherlich richtig und angemessen. Von dieser Stelle aus wird die AfD-Fraktion dem Gesetzesvor schlag verbal selbstverständlich zustimmen.

Unsere dringende Bitte an die Landesregierung geht aber da hin, sich nun wirklich der Aufgabe zu stellen, den Beamten apparat nicht wie in den vergangenen 50 Jahren ausnahmslos und grundsätzlich nur anwachsen zu lassen.

Selbstverständlich werden wir insbesondere in der Bildung zusätzliche Lehrer benötigen. Gerade heute berichten die Zei tungen, dass wir unerwarteterweise mit mehr Schülern zu rechnen haben. Auf der anderen Seite sagt Frau Ministerin Ei senmann, dass 12 000 Lehrer in die Verwaltung abgeordnet worden sind. Von den 12 000 Lehrern sollte man doch den ei nen oder anderen Tausender finden, der in der Schule mögli cherweise besser zum Einsatz kommt.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)