Wäre zweitens diese Gesetzesänderung ein wirkliches Anlie gen, würden Sie auf uns, die Regierungsfraktionen, zukom men und sich ernsthaft um Mehrheiten bemühen.
Drittens: Es gibt schlicht und ergreifend keine neuen Erkennt nisse, welche eine Neubewertung des Sachverhalts rechtfer tigen würden. Deshalb muss ich leider erneut feststellen: Ihr Gesetzentwurf ist reine Selbstbeschäftigung und ein billiger Versuch, einen Keil zwischen die Regierungsfraktionen zu treiben.
Da aber nun einmal keine neuen Erkenntnisse vorliegen, gilt die Position der Vorvorgängerregierung aus CDU und FDP/ DVP aus dem Jahr 2010 nach wie vor. Ich darf – mit Erlaub nis der Präsidentin – erneut aus der Stellungnahme des ehe maligen CDU-Ministers Köberle zu einem Antrag der SPD zitieren:
Gegen eine völlige Freigabe des Angelns zur Nachtzeit sprechen zahlreiche Gründe. Vor allem wird eine Ruhe zeit für die Lebewelt an den Gewässern als erforderlich erachtet, und es ist zu befürchten, dass es bei durchge hendem nächtlichen Angelbetrieb zu größeren Schädigun gen der Lebensstätten und Lebensgemeinschaften der ökologisch besonders sensiblen Uferzonen käme.
Auch wenn sich an dieser Situation bis heute nichts geändert hat, erkläre ich Ihnen aber gern noch einmal den heutigen Sachverstand.
Wir möchten den Anglern das Angeln grundsätzlich ermögli chen. Einschränkungen erfolgen deshalb nur dann, wenn der Natur- und Tierschutz dies erfordert. Gewässerrandzonen die nen aber nun einmal zahlreichen Vogelarten als Schlaf- und Rastplätze. Das Nachtangeln stellt also einen höchst proble matischen Eingriff in unsere Tierwelt dar.
Die Ersetzung des derzeitigen pauschalen Nachtangelverbots durch einen Flickenteppich aus Einzelregelungen ist – jeden falls für uns – keine ernsthafte Alternative, wäre aber aufgrund der notwendigen Verbote in Naturschutzgebieten usw. die di rekte Folge.
Ein Beispiel aus Aschendorf in Niedersachsen, welches Ihnen zufolge ja so glänzend ohne Nachtangelverbot auskommt: Dort wollten Naturschützer ein Nachtangelverbot für ein Land schaftsschutzgebiet durchsetzen. Die Angler waren aber strikt dagegen und haben eine Petition eingereicht. Herr Bullinger, ich weiß ja nicht, wie Sie das sehen, aber Unmengen an Peti tionen zu lokalen Nachtangelverboten bei uns im Ausschuss – ich finde, das muss nicht sein. Ein Flickenteppich ist ein bü rokratisches Monster und damit auch keine Lösung.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig! Das schaffen wir doch ab, das Monster! So ein fach ist das!)
Jetzt zum Jugendfischereischein: Ihre Forderung nach der He rabsetzung des Mindestalters für den Erwerb des Jugendfi schereischeins auf sieben Jahre kommt dem Wunsch nach ei nem Kinderfischereischein gleich. Dagegen sprechen nach wie vor Tierschutz- und Kinderschutzgründe.
Erstens: Fische sind Wirbeltiere und damit schmerzempfind liche Wesen und müssen dementsprechend vor vermeidbarem Leid bewahrt werden. Das Tierschutzgesetz schreibt deshalb die Sachkunde für das Verletzen und Töten von Tieren vor. Genau diese Sachkunde kann von einem siebenjährigen Kind nicht erwartet werden, auch nicht unter sachkundiger Anlei tung.
Zweitens: Wir wollen aus ethisch-pädagogischen Gründen das Mindestalter bei zehn Jahren belassen. Kinder können erst im Jugendalter ethisch fundierte und reflektierte Entscheidungen treffen. Bis dahin bedarf es der Entwicklung von Respekt und Achtung gegenüber allen Lebewesen. Kinder begreifen das Verletzen und Töten sonst womöglich noch als Spiel.
Mit dieser Einschätzung ist das Land Baden-Württemberg üb rigens nicht allein. In Berlin und Hamburg dürfen Jugendli che erst mit zwölf Jahren angeln, fünf weitere Bundesländer sehen den Erwerb des Jugendfischereischeins ab zehn Jahren – wie in Baden-Württemberg –, zwei ab acht und eines ab sie ben Jahren vor. Das Saarland hat keine Altersbegrenzung, und in den fünf übrigen Bundesländern gibt es schlicht keinen Ju gendfischereischein.
Ich kann Sie aber beruhigen: Sollte es neue Erkenntnisse ge ben und eine Novelle des Fischereigesetzes Sinn machen, wer den wir einen Meinungsbildungsprozess in Gang setzen und uns intensiv mit allen Verbänden darüber austauschen, wo Re formbedarf besteht. Ohne neue Erkenntnisse aber wird es mit uns keine Veränderungen geben.
Ich fasse also zusammen: Wir lehnen die Abschaffung des Nachtangelverbots aus Naturschutzgründen ab. Wir lehnen die Senkung des Mindestalters für den Erwerb des Jugendfi schereischeins auf sieben Jahre aus Gründen des Tier- und des Kinderschutzes ab.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das Saarland hat doch gar keine Fische! – Heiterkeit)
Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! In Zeiten von linker Zerstö rungswut auf unseren Straßen, von Rechtspopulismus in un seren Parlamenten, von weltweiter Terrorgefahr diskutieren wir heute nach dem Sommer 2016 zum wiederholten Mal auf eine Initiative der FDP/DVP-Fraktion hin über Fragen des Ju gendfischereischeins und des Nachtangelverbots.
Das einzige Mal, das mir in Erinnerung ist, dass sich die Süd west-FDP mit solcher Vehemenz und solcher Inbrunst für ein Gesetzesvorhaben ins Zeug gelegt hat, war, als es im Bund um die berühmt-berüchtigte Hotelsteuer ging.
Ich möchte nun gar nicht darauf eingehen, wie die Geschich te für Sie damals ausgegangen ist. Im Gegenteil: Als leiden schaftlicher Angler freue ich mich, dass Sie die in der Tat wichtigen Fragen rund um den Jugendfischereischein und das Nachtangelverbot offenbar zum Hauptanliegen Ihrer Opposi tionsarbeit erklärt haben. Dass wir Fischer nun allerdings so zusagen ins Wahlkampfvisier der Südwestliberalen geraten sind, irritiert mich und macht mir, ganz ehrlich, mit Blick auf das, was letztes Mal passiert ist, als Sie sich besonders liebe voll um eine Gruppe gekümmert haben, auch etwas Sorge.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Hans-Ul rich Sckerl GRÜNE: Genau! Da würde ich auch in Deckung gehen!)
Meine Damen und Herren, nun aber zum Gesetzentwurf: Die Freien Demokraten fordern erneut, das Mindestalter für den Erwerb des Jugendfischereischeins von zehn auf sieben Jah re abzusenken. Jugendliche sollen sich damit frühzeitig für die Natur und das Angeln begeistern
und an den Angelsport herangeführt werden. Die derzeitige Regelung sieht vor, dass Jugendliche unter zehn Jahren nur als Helfer eines volljährigen Fischereischeininhabers agieren dürfen. Zwischen zehn und 16 Jahren können Jugendliche oh ne Prüfung einen Jugendfischereischein erhalten, der zur Aus übung des Angelsports in Begleitung eines volljährigen Fi schereischeininhabers berechtigt.
Gleichzeitig fordern Sie eine Aufhebung des Nachtangelver bots. Hier wird u. a. damit argumentiert, dass dieses Verbot – ich zitiere – „eine überholte Regelung“ sei. Ganz abgesehen davon, dass die Begründung in Ihrem Gesetzentwurf denkbar schwach ist, sprechen durchaus valide Gründe für eine Frei gabe.
So sind etwa auch viele natürliche Fressfeinde der Fische eher nachtaktiv. Um im Wahlkampfduktus der FDP zu bleiben, könnte man hier sogar eine Diskriminierung der Anglerinnen und Angler gegenüber den nächtlichen Naturnutzern anfüh ren.
Sie merken, ich sehe die Sache sehr entspannt. Die CDU hat hier sicher weniger Vorbehalte, als es sie vielleicht in anderen Reihen in diesem Haus gibt. Ich sehe aber auch, dass es sich die FDP/DVP hier deutlich zu leicht macht. Es geht Ihnen von der FDP/DVP nämlich gar nicht in erster Linie um die Ang lerinnen und Angler im Land. Vielmehr sind Ihre Initiativen typisches Wahlkampfgebaren.
Die Anglerinnen und Angler sind nur Ihr Vehikel. Ein solch durchsichtiges Manöver bringt uns in der Sache kein Stück weiter, meine Damen und Herren.
Sie haben sich im letzten Jahr offenbar nicht einmal die Mü he gemacht, zumindest zu versuchen, die offenen Fragen zu diskutieren und zu beantworten. Davon gibt es nach wie vor viele.
Auch wenn der Landesfischereiverband inzwischen gegen das Nachtangelverbot plädiert, bleibt die Frage: Warum haben sich vor wenigen Jahren bei Umfragen nur 8 % der Mitglieder für die Aufhebung des Nachtangelverbots ausgesprochen? Was passiert bei einer Aufhebung des Nachtangelverbots an den gerade nachts besonders sensiblen Ufern mit Flora und Fau na? Gibt es Beeinträchtigungen beim Vogelschutz? Und wie werden FFH-Gebiete insgesamt tangiert? Ich frage wohlge merkt selbst als Angler: Sollten solche Belange nicht zualler erst mit den Beteiligten diskutiert werden?
Ähnlich verhält es sich mit Ihrem zweiten Vorstoß, der Her absetzung des Mindestalters für den Erwerb des Jugendfische reischeins. Ist es tatsächlich sinnvoll, dass bereits Siebenjäh rige lebendige Fische abködern, betäuben und töten sollen?