Ich erkenne darin ein taktisches Doppelspiel, ein Doppelspiel, das darin besteht, dass Winfried Hermann die Aufgabe hat, die grüne Klientel zu bedienen und ihr zu sagen, was sie hö ren möchte –
nämlich dass Mobilität zukünftig so zu geschehen hat, wie sich die Grünen dies vorstellen –, und auf der anderen Seite der Ministerpräsident zu Daimler fährt und den neuen Diesel als wichtige Technologie, als gute Technologie bezeichnet und ihn geradezu segnet. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, die Öffentlichkeit in Baden-Württemberg hat die ses Doppelspiel nicht verdient. Bekennen Sie klar Farbe! Sa gen Sie, was Sie wollen!
Einen Punkt möchte ich noch zum Thema Strategiedialog sa gen: Sie werden diese Veränderungsprozesse nur gemeinsam mit der Wirtschaft, gemeinsam mit der Wissenschaft und ge meinsam mit der Gesellschaft verwirklichen können.
Aber wenn die Reihenfolge so ist wie hier, nämlich, dass als Erstes Fahrverbote in die Diskussion gebracht und teilweise auch verhängt werden
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Welche Fahrver bote werden verhängt? – Abg. Andreas Schwarz GRÜ NE: Wo sind denn bitte Fahrverbote verhängt wor den?)
und erst dann ein Strategiedialog entsteht, dann habe ich das Gefühl, dass das die falsche Reihenfolge ist.
Wenn Sie bei diesem Strategiedialog – gerade in Baden-Würt temberg – eines tun müssen, dann ist es, die Beschäftigten mit an den Tisch zu holen. Wir, die SPD-Landtagsfraktion, haben mit den Betriebsratsvorsitzenden der Firmen gesprochen. Die
Unsicherheit, die in den Betrieben herrscht, auch und gerade ausgelöst durch Aussagen dieser Landesregierung, macht deut lich: Diese Menschen haben Angst um ihren Arbeitsplatz, die se Menschen machen sich aber auch Gedanken, wie ihre Ar beit in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch sicher sein kann.
Nehmen Sie die Expertise der Beschäftigten in diesem Land ernst, und nehmen Sie vor allem die Ängste der Menschen in diesem Land ernst. Das haben die Menschen in Baden-Würt temberg verdient, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Wir haben offensichtlich am heutigen Tag so etwas wie einen Mobilitätsvormittag im Land tag von Baden-Württemberg, einen Mobilitätsvormittag der Regierungskoalition. Zunächst kommen die Grünen mit dem Fahrrad, und dann kommt die CDU mit dem Auto. Das ist ei ne interessante Aufgabenteilung. Ich finde es auch bemerkens wert, dass der Verkehrsminister etwas zum Fahrrad sagen darf, aber zum Automobil aus dem Verkehr gezogen wird.
Das macht dann der Ministerpräsident. Die Wirtschaftsminis terin darf dann vielleicht im Nachtprogramm auch noch etwas sagen.
Wir wurden, Herr Ministerpräsident, schon Zeuge einer be merkenswerten Aktion der Geschichtsklitterung. Das muss man sich wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Da wurde vor einigen Wochen von dieser Regierung, federfüh rend vom Ministerpräsidenten, erklärt: „Jetzt kommen Fahr verbote. Wir brauchen Fahrverbote.“ Dann wurde kritisiert, wurde die Frage gestellt: „Ja, warum brauchen wir denn Fahr verbote?“ Die Antwort lautete damals: „Wir können nicht an ders, sonst zwingt uns ein Gericht.“
Das war die damalige Begründung. Was dann folgte, waren einige Wochen eines beispiellosen Eiertanzes dieser Regie rung. Am Ende rückt man dann von diesen Fahrverboten ab und verkauft der Öffentlichkeit die ganze Aktion als planmä ßiges Vorgehen, als eine geniale Aktion,
an deren Ende man dann durchgesetzt habe, dass die Indust rie umrüstet. Also, Herr Ministerpräsident, ein solches Mär chen, das muss Ihnen erst einmal jemand nachmachen.
(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der AfD und der SPD – Abg. Dr. Rainer Podeswa AfD: Jawohl!)
Vor diesem Hintergrund ist es schon erstaunlich, dass die Ko alition diese Debatte auf die Tagesordnung gesetzt hat und dass auch noch der Ministerpräsident dazu spricht. Denn das Dieseldebakel dieser Regierung der letzten Wochen wird zur Chronik Ihres eigenen politischen Versagens, meine Damen und Herren.
Herr Kollege, wollen Sie ernsthaft bestreiten, dass bis vor wenigen Wochen die Indus trie, namentlich der Verband der Automobilindustrie, noch öf fentlich erklärt hat, eine Nachrüstung sei unmöglich und bes tenfalls für 3 000 € bis 5 000 € pro Kunde zu leisten?
Also, Herr Poreski, jetzt halten wir einmal fest – da sind wir uns, glaube ich, in diesem Haus ja einig –: Zunächst einmal hat das Versagen ei niger Automobilunternehmen den Diesel in Verruf gebracht.
Ich habe ja gerade gesagt, wir sind uns einig. – Dann stellt sich die Frage, ob es dem Diesel und den Arbeitsplätzen in Baden-Württemberg genutzt hat, dass man diese Diskussion hier aufgesetzt hat. Mit Sicherheit nicht, meine Damen und Herren.
Dann stellt sich die Frage: Was hat zu einem Umdenken ge führt? Hat zu einem Umdenken geführt, dass man in den USA zu Schadensersatzleistungen in Milliardenhöhe verpflichtet wurde? Hat zu einem Umdenken geführt, dass man festge stellt hat, wie das Ganze nun in der Öffentlichkeit angekom men ist? Hat zu einem Umdenken geführt, dass man eben Schadstoffwerte, die vorgegeben waren, nicht einhalten konn te? Oder glauben Sie vielleicht im Ernst, zu einem Umdenken hätte der Eiertanz geführt, den Sie in den letzten Wochen hier vorgeführt haben? Wie naiv kann man eigentlich sein?
Mein Lieber, Sie müssen sich eben damit abfinden, dass die Spielregeln bei einer Zwischenfrage von Ihnen an mich in die sem Haus so sind: Sie fragen, und ich antworte.
Herr Ministerpräsident, Sie sind angetreten und haben zu nächst einmal erklärt: „Wir müssen jetzt Fahrverbote für Die sel machen.“ Dann haben Sie den Menschen in diesem Land auch noch zugerufen, man brauche sich ja nicht einzubilden, mit den alten Stinkern unbedingt in Stuttgart herumfahren zu müssen.
Dann haben Sie plötzlich gemerkt, was ein solches Verbot be deuten würde – nicht nur für die Automobilindustrie, nicht nur für die Arbeitsplätze, sondern auch für den Vertrauensschutz der Bürgerinnen und Bürger. Jahrelang hat man nämlich den Leuten erzählt: „Kauft Diesel, die sind umweltfreundlicher als Fahrzeuge mit Benzinmotor.“ Und plötzlich erklärt man: „April, April! Jetzt verbieten wir euch Fahrten mit dem Die sel.“ So schafft man kein Vertrauen in die Politik, und so ret tet man auch nicht Arbeitsplätze in Baden-Württemberg.
Und dann lassen Sie, Herr Ministerpräsident, kurz nachdem Sie den Diesel mit Ihrer Verbotsfantasie verteufelt haben, ei ne erstaunte Öffentlichkeit wissen, Sie hätten selbst einen ge kauft, weil Sie ja ein gescheites Auto brauchen, um Sand für den Enkel zu holen.