bringen. Deswegen haben sich schon früh im Jahr 2013 Ver treter der Fund- und der Präsentationsorte der Eiszeitkunst im Alb-Donau-Kreis, im Landkreis Heidenheim, in der Stadt Ulm unter Federführung des damaligen Regierungspräsidenten Strampfer zusammengetan, um gemeinsam ein Vermarktungs konzept zu entwickeln. Da wurde dann das Label „Weltkul tursprung“ entwickelt. Es wurde vieles angedacht, einiges um gesetzt, und der Zug rollt jetzt. Man merkt bei den Akteuren nach der Verleihung des Welterbetitels eine richtige Aufbruch stimmung. Das bedeutet aber auch, dass investiert werden muss.
Die grün-rote Vorgängerregierung hat noch für das vorvergan gene Jahr 500 000 € zur Verfügung gestellt, um die Vermark tung voranzubringen, um ein lokales Informationssystem für die Höhlen der Eiszeitkunst auf die Beine zu stellen. Aber ei nes, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, ist auch klar: Augenscheinlich wird diese Summe von 500 000 € nicht reichen, um das Notwendige umzusetzen, damit nun das zu erwartende Anwachsen der Besucherzahlen besser verkraf tet und gelenkt werden kann und die Authentizität der neuen Welterbestätten dabei nicht gefährdet wird.
Wir haben es hauptsächlich mit relativ kleinen Kommunen zu tun, auf deren Gemarkungen diese Höhlen liegen. Diese wer den, wenn wir dort angemessene Konzepte entwickeln wol len, sehr schnell an ihre finanziellen Grenzen stoßen. Sie wer den diese finanziellen Herausforderungen also nicht allein stemmen können; deswegen sind sie auf die finanzielle Un terstützung des Landes, aber eben auch des Bundes angewie sen. Ich denke zudem, dass wir auch europäische Töpfe an zapfen können.
Worum geht es denn bei dem, was nun umgesetzt werden muss? Ich will beispielhaft nur drei Punkte herausgreifen:
Zum einen sind dies Informationszentren in der Nähe der Höh len. Es müssen entsprechende Wegesysteme geschaffen wer den; es müssen Zugänge geschaffen werden, denn die Höhlen liegen zum Teil noch in völlig unwegsamem Gelände.
Der zweite Punkt, den ich herausgreifen will, ist die Tatsache, dass bei all diesen Höhlen, in all diesen Tälern irgendwo die Bahn, die Eisenbahn in der Nähe ist. Es sind auch Rad- und Fußwege vorhanden. Aus unserer Sicht könnte sich gerade diese Region daher zu einer Modellregion für nachhaltigen Tourismus entwickeln; denn dort gibt es, wie gesagt, ausrei chend Möglichkeiten, um sich mit der Bahn, mit dem Rad oder zu Fuß fortzubewegen.
Der dritte Punkt – heute Morgen ging es ja bereits um die Fra ge, wie sich Baden-Württemberg digital aufstellt –: Wir mei nen, dass sich diese Region auch als Modellregion für einen digital unterstützten Tourismus eignen kann. Denkbar wäre beispielsweise eine App, die Informationen zu den Höhlen und zu den Funden bietet, aber auch Navigationsmöglichkei ten, Nahverkehrsmöglichkeiten oder Hinweise auf gastrono mische Angebote bereithält. Eine solche App könnte entwi ckelt werden und modellhaft in dieser Region zum Einsatz kommen.
Einen weiteren Punkt möchte ich noch aufgreifen, der außer halb des Themas der regionalen Vermarktung liegt. Es geht nämlich auch darum, wie diese Funde wissenschaftlich auf
gearbeitet werden können. Noch längst nicht alles ist gefun den, und noch längst nicht alles davon ist bereits erforscht. Deswegen muss das Land – das ist eine originäre Landesauf gabe – sowohl das Landesamt für Denkmalschutz als auch die Universität Tübingen, die bislang schon die wissenschaftliche Begleitung gemacht hat, so mit Ressourcen ausstatten, dass diese Einrichtungen ihre Arbeit adäquat fortsetzen können.
Meine Damen und Herren, zusammengefasst: Wir, das Land, stehen in der Verpflichtung, diese Zeugnisse der Geburtsstun de menschlicher Kultur zu wahren, das Bewusstsein hierfür zu verbreiten und dies auch an die folgenden Generationen weiterzutragen. Das Land muss aber auch die Kommunen da bei unterstützen, das notwendige Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Höhlen auf der einen Seite und dem Vermitt lungsauftrag auf der anderen Seite zu finden, so, wie es not wendig ist und wie es auch dem Schutzgedanken der UNESCO entspricht.
Das Ganze hat natürlich auch – das ist ebenfalls Bestandteil dieser Debatte – mit Geld zu tun. Ich will hier nun keinen ent sprechenden Antrag stellen, aber ich denke schon, dass wir uns darum kümmern müssen, dass ab dem nächsten Doppel haushalt Mittel in adäquater und angemessener Höhe zur Ver fügung stehen. Wir denken, dass es in jedem der beiden Haus haltsjahre ein Betrag von 1 Million € sein sollte, der den Kom munen für die Projekte, die dort in der Entwicklung sind, dann zur Verfügung gestellt wird.
Für die Fraktion GRÜNE erteile ich dem Kollegen Grath das Wort zu seiner ersten Re de. Die Kollegin Zimmer hat mich heute Morgen freundli cherweise darauf hingewiesen, dass ich sie gestern mit mei ner Glocke erschreckt habe. Lieber Kollege, wenn Sie sich al so an die Redezeit halten, dann erschrecke ich Sie nicht. – Bit te.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal herzlichen Dank an die SPD, dass Sie dieses Thema aufgenommen ha ben. Eine dieser Höhlen befindet sich ja im Kreis Heidenheim. Daher ist es für mich eine besondere Ehre, zu diesem Thema heute nun meine erste Rede zu halten. Ich spreche auch ein wenig im Namen meines Kollegen Jürgen Filius, der sich schon viel mit der Eiszeitkunst beschäftigt hat.
„Weltkulturerbe: 40 000 Jahre Eiszeitkunst“: Was heißt das eigentlich für uns in Baden-Württemberg? Es heißt genau das, was auch im Titel dieser Debatte steht: Es ist eine Verpflich tung für die Gegenwart. Wir Grünen sind uns dieser Verpflich tung bewusst – das will ich gleich einmal voranstellen.
Wir stehen dazu, dieses Welterbe zu schützen und zu erhal ten. Was bedeuten 40 000 Jahre alte figürliche Skulpturen und Musikinstrumente? Was bedeuten die wahrscheinlich frühes ten Hinweise auf religiöses Denken des Menschen für unsere Gegenwart? Ganz klar, absolut klar: Die ersten Künstler und Musiker waren Baden-Württemberger.
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Na ja! Schweren Herzens, Herr Kollege! – Abg. Winfried Mack CDU: Wir sind alle schwäbisch, alle alemannisch! – Weite re Zurufe)
Die ganze Welt – das muss man wirklich sagen – schaut auf Baden-Württemberg, genauer gesagt auf das Achtal und das Lonetal, denn hier liegt die Wiege der Künste und Musen der Menschheit, die Wiege des Homo sapiens sapiens.
Bereits 1931 wurden das berühmte Wildpferd vom Lonetal und etliche Schmuckstücke gefunden. Später fand man in den anderen Höhlen den Löwenmenschen aus Elfenbein, die äl testen bislang bekannten Musikinstrumente, nämlich Flöten aus Geierknochen, und als Höhepunkt – das muss man wirk lich sagen – ein Fruchtbarkeitssymbol und eine der weltweit ältesten Abbildungen des menschlichen Körpers, die einzig artige Venus vom Hohlen Fels.
Bei Nachgrabungen am Vogelherd im Jahr 2006 kam das klei ne Mammutle zum Vorschein, die älteste vollständig erhalte ne Skulptur eines solchen Urtiers. 2006 begann allmählich die Entwicklung, was man aus dem Ganzen machen kann.
Kurzum: Diese Fundstücke aus Baden-Württemberg gehören zu den ältesten Zeugnissen für eine bewusste künstlerische Betätigung des frühen Menschen – Baden-Württemberg als Kunstursprungsland. Hier hat also der Mensch angefangen, ein richtiger reflektierender Mensch zu werden. Hier hat er angefangen, über sich selbst und die großen Fragen nachzu denken.
Gestatten Sie mir bitte, die für mich wichtigen Gedanken zum relativ jungen Begriff des Weltkulturerbes und dessen Bedeu tung zu erläutern. Es ist Aufgabe der UNESCO, das friedli che Zusammenleben der Völker auf kultureller Basis zu be gleiten und zu unterstützen. In der Präambel der Verfassung der UNESCO heißt es:
Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden.
Insofern hat das Weltkulturerbestättenprogramm der UNESCO eine enorm wichtige Funktion. Es konkretisiert die Anstren gungen der Vereinten Nationen für eine Welt, die in Frieden und Toleranz zusammenlebt, für eine Welt, in der die verschie denen Kulturen voneinander lernen – gesellschaftlicher Zu sammenhalt eben,
Wieder zurück zu unserer Eiszeitkunst. Es gibt viele Angebo te rund um dieses Thema. Wir haben das Museum „Alte Kul turen“ auf Schloss Hohentübingen, in dem derzeit die meis ten Originalfunde zu sehen sind,
oder das Landesmuseum Württemberg – es wurde bereits al les aufgezählt –, das Urgeschichtliche Museum Blaubeuren, ganz, ganz wichtig das Museum Ulm, das den wirklich ein zigartigen Löwenmenschen beherbergt, aber nicht zu verges sen den Archäopark, der leider kein Museum ist. Im Archäo park in Niederstotzingen wird das kleine Mammut gezeigt – obwohl es kein Museum ist. Es handelt sich um einen Origi nalfund. Die Besucher können bereits jetzt eine kleine Reise in die Eiszeit vornehmen, einfach einmal fühlen, wie die Eis zeit früher war.
Aus den Aufzählungen der Museen ist zu erkennen, dass es nun darum geht, die Vernetzung zu fordern und gleichzeitig regionale Akzente zu setzen. Es geht darum, unserer Verpflich tung als Baden-Württemberger für den Erhalt und besonders für die überregionale Präsentation dieser einmaligen Schätze nachzukommen.
Was muss also noch geschehen? Für den schönen Titel „UNESCO-Weltkulturerbe“ gibt es erst mal kein Geld. Ge treu meinem Handwerkermotto „Wir müssen erst einmal die nen und dann verdienen“ müssen wir uns gemeinsam auf den Weg machen, um neue attraktive Angebote zu entwickeln, die von den Menschen auch angenommen werden. Hier spreche ich auch von Animationen.
(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE: Sehr gut! – Zuruf von der SPD: Gute Einstel lung!)
Ich denke, es ist eine Verpflichtung von uns, dieses kulturel le Erbe der Menschen zu erhalten und sich weiterhin mit ihm zu beschäftigen, das heißt, das Erbe zu kommunizieren, Wis sen zu vermitteln, Sinn für Kultur, Musik und den achtsamen Umgang mit Natur und Landschaft zu schaffen – sind es doch die Höhlen selbst, die zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben wurden. Ganz im Sinne der UNESCO sollte es unsere Ver pflichtung sein, Natur- und Kulturstätten in unserer Region zu schützen. Hier geht es hauptsächlich um Naturschutz. In die sem Sinn plädiere ich auch für den Auf- und Ausbau der in teraktiven Informationssysteme, für die Umsetzung von Mar ketingkonzepten und Infrastruktur, die mit Wissensvermitt lung, Erlebnispädagogik und sanftem Tourismus sowie Naturerlebnis einhergeht.
Es gibt bereits konkrete, vielversprechende Ansätze. Herr Ri voir hat es gerade gesagt – ich glaube, wir sind da auf einer Ebene –: Die Landräte des Alb-Donau-Kreises und des Land kreises Heidenheim sowie der Oberbürgermeister der Stadt Ulm wollen eine hauptamtlich besetzte Geschäftsstelle für die gemeinsame Dachmarke „Weltkultursprung“ einrichten. Das finde ich toll. Die sind auch schon recht weit, und das Ganze wird jetzt auch ins Laufen kommen. Die Geschäftsstelle soll sich vor allem um Koordination, Information und touristische
Vermarktung der Welterbestätten sowie der Eiszeitkunstfun de kümmern. Die gemeinsame Werbekampagne ist, glaube ich, schon in Auftrag gegeben, sie ist schon am Laufen.
Es ist elementar, dass die Fundorte und die Präsentationsorte der Eiszeitkunst in der Region noch stärker miteinander ver knüpft und zusammengeführt werden. So werden sie von Tou risten auch als Gesamtangebot noch besser erlebbar. Mein Vorschlag: Funde zu den Fundstätten. Dann können die Men schen mitgenommen werden. Wichtig wäre die Präsentation von Originalartefakten zu dem Thema „Tier und Musik“ an dem Fundort mit den meisten Fundstücken, nämlich dem Vo gelherd – ein bisschen Lokalwerbung, muss ich sagen.
Neben dieser Zusammenführung wäre die Durchführung wei terer Grabungen an chancenreichen Plätzen anzudenken. Denn es ist davon auszugehen, dass im Lone- und im Achtal noch einiges zu finden ist. Da kommt vielleicht noch einiges Tolle heraus. Also, das wäre noch ganz, ganz wichtig.
Gestatten Sie mir bitte im Hinblick auf meinen Wahlkreis Hei denheim noch einmal ein paar Worte zum Archäopark. Der Archäopark Vogelherd ist im Gegensatz zu den übrigen ge nannten Museen in der Trägerschaft der Kommune Nieder stotzingen, einer Stadt mit 4 611 Einwohnern. Der Archäo park wird ausschließlich durch kommunale und ehrenamtli che Kräfte betrieben und über den Haushalt der Stadt Nieder stotzingen finanziert. Als kleine Stadt im Landkreis Heiden heim kann Niederstotzingen dies nicht mehr leisten. Das ist völlig unmöglich. Es müssen Antworten auf Fragen nach der Trägerschaft und der Finanzierung gefunden werden. Wir müssen das unterstützen. Ein solch vorbildliches Engagement von Bürgerinnen und Bürgern sowie Kommunen für unser ba den-württembergisches Erbe ist mehr als unterstützenswert. Ich bitte hier um Unterstützung.
Zusammenfassend kann gesagt werden: Die Erfüllung dieser Herausforderung übersteigt die finanziellen Möglichkeiten der Kreise, der Stadt