Die Entwicklung der Technik verlief deutlich schneller als die Entwicklung der Gesetze. Jetzt stellt diese Regelung für Un ternehmen und Mitarbeiter nur noch eine unnötige bürokrati sche Belastung ohne jeden gesundheitlichen Nutzen dar. Sie sollte einfach abgeschafft werden; das wäre eine gute Idee.
Betrachten wir die Regelungen zum Mindestlohngesetz – im Kern ein guter Gedanke, aber eben nur im Kern. Heute ist dies ein einziges bürokratisches Monstrum. Minutengenaue Auf zeichnungen der Arbeitszeiten sind erforderlich, Haftung für Subunternehmer mit der Folge unendlich vieler sogenannter Freistellungserklärungen – falls der eine oder andere weiß, was das ist. Zudem ist man sich als Unternehmer nie sicher – nie! –, ob das wirklich gerichtsfest ist. Das ist eine Zumutung für jedes kleine und mittlere Unternehmen; große können es sich leisten.
Wie soll ein Gründer, ein ehemaliger Student, da durchbli cken? Wir brauchen einen besseren ordnungspolitischen Rah men zur Erleichterung von Neugründungen. Unser Vorschlag: An jeder Hochschule – ich betone: an jeder – sollte ein Stu dent jedweden Studienfachs – jedweden Studienfachs! – und jedweder Fachrichtung die Möglichkeit haben und diese auch nutzen müssen, einen Schein in Existenzgründung zu machen,
und zwar auch und vor allem in den Fächern, für die Firmen gründungen bisher eher untypisch sind. Sie wissen sicher, wel che Fächer ich meine. Die besten Köpfe aus allen Studiengän gen sollten animiert werden, ganz Neues zu schaffen, und zwar in einer eigenen Firma.
Natürlich brauchen Unternehmen – das ist das Nächste – Start kapital, und zwar normalerweise deutlich mehr, als es sich die Kollegen von der Sozialdemokratie einmal so angedacht ha ben.
20 000 € reichen vielleicht für eine hübsche, romantische Töp ferstube, aber sicherlich nicht für ein Technologieunterneh men.
Meine Damen und Herren, wir wissen alle: Es gibt viele För derprogramme auf verschiedenen Ebenen, Förderungen bei Krediten, bei Darlehen. Das Land Baden-Württemberg gibt 5 Millionen € für Risikokapital aus. Dieses Geld könnte man allerdings auch anteilig an die Hochschulen vergeben. Hier für gibt es einen Fachausdruck: Subsidiarität. Die Hochschu len könnten vor Ort viel leichter entscheiden, welche Idee vielversprechend ist und ob auch der Kopf, der Erfinder, als Unternehmer geeignet ist. Denn – das sei Ihnen ins Stamm buch geschrieben – auch bei Innovationen gilt leider: Der Ver kauf, der Umsatz ist zum Schluss entscheidend.
(Abg. Martin Rivoir SPD: Nein! Der Gewinn ist ent scheidend! – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: Ohne Umsatz kein Gewinn!)
Eine Erfindung, die nicht marktfähig ist, ist leider nichts an deres als ein Hobby. Damit Fördergelder nicht verpulvert wer den, sollten die Entscheider vor Ort auch ein Interesse am Er folg haben – erstaunlich, dass Sie Gewinn und Umsatz unter scheiden können, aber durchaus erfreulich –,
Wie können die Hochschulen das eingesetzte Kapital mit Ge winn zurückerhalten, um noch besser neue Gründungen zu unterstützen? Da gibt es schon Beispiele; man muss sie nicht neu erfinden. Gehen Sie nach Stanford in die USA, die Keim zelle des Silicon Valley. Intel, Apple und Google sind genau nach diesem Muster gegründet worden. Sicher haben Sie da von schon gehört.
Wenn wir diese Aufgaben angehen – in den Schulen Interes se schaffen, Ausbildung an der Hochschule und Zusammen bringen mit dem Kapital –, dann können wir möglicherweise, wenn es nicht zu spät ist, sicherstellen, dass die Produktions technik der Zukunft weiterhin aus Baden-Württemberg kommt.
Wir haben es vorhin gehört: In England sieht es wesentlich schlechter aus. Wenn man dort an der Ostküste unterwegs ist und die dortigen Arbeitslosenzahlen beachtet, weiß man, wo von ich rede.
Natürlich gilt auch: Nicht jeder junge Wissenschaftler ist zum Unternehmer geboren. Wir wollen auch für diejenigen, die sich mehr für Forschung interessieren oder in der Lehre blei ben wollen, attraktive Perspektiven schaffen. Derzeit verlas sen über 100 000 junge Leute – Wissenschaftler, Ärzte und Techniker – unser Land. Dieses Problem muss angegangen werden. In den USA sind die Gehälter für Universitätsdozen ten höher und feste Stellen – zumindest derzeit – leichter zu erhalten. Dies stärkt den Mittelbau. Zur Förderung junger Pro fessoren muss ich nichts mehr sagen; Frau Kurtz hat es vor hin schon erläutert.
Wir möchten aber diejenigen Studienfächer stärken, die für die Wirtschaft in unserem Land wichtig sind: die Ingenieur wissenschaften und die technischen Berufe. Wir sind weit da von entfernt – nur keine Angst –, die Bedeutung der Geistes wissenschaften und der Kunst zu bestreiten. Doch einige ge sellschaftliche Fragestellungen und Fächer erregen Skepsis, und es erhebt sich die Frage, ob wir es hier mit Wissenschaft zu tun haben oder mit einer Modeerscheinung für unterbe schäftigte, realitätsferne Intellektuelle.
Die Genderwissenschaften haben sich weit entwickelt. Es geht um Selbstverständnis und um Identitätsfindung im nachkolo nialen Zeitalter. Denn dieses Zeitalter muss unsere Sichtwei se natürlich verändern: „Postcolonial Studies“ und „Critical Whiteness“ heißen diese Studien, die mitunter auf das Unver ständnis derjenigen Personen treffen,
Dann braucht man nur noch Twitter und Facebook, und man kann dabei der Realität getrost aus dem Weg gehen.
Wenn jemand dies als Selbstfindungsaufgabe sonntagmittags betreiben will, soll er das gern tun. Aber es ist nicht Aufgabe des Steuerzahlers, dies zu finanzieren.
Aus den handwerklichen Aus bildungsberufen gehen sehr viele Unternehmensgründungen hervor, die sehr viele Arbeitsplätze schaffen. Wir sollten hier unterstützen. Meine Frage ist: Warum kostet eigentlich die Meisterausbildung Geld?