Die Digitalisierung ermöglicht auch, Verfahren und Prozesse detaillierter als bisher zu betrachten und optimierte kurzfris tige bis mittelfristige Strategien für die Betriebs- und Be standsführung zu entwickeln, die eben auch der Umwelt zu gutekommen können. Wir können durch die elektronische Steuerung von sämtlichen Betriebsabläufen zudem eine res sourcenschonende Steuerung der Produktion in den Betrieben erreichen.
Die technischen Möglichkeiten wirken sich in positiver Wei se auf die Qualitätssicherung und auf den Verbraucherschutz aus. Auch das Tierwohl kann durch die moderne Landwirt
schaft, durch die Digitalisierung wesentlich besser in den Blick genommen werden. Die Bandbreite reicht dabei von der Überwachung im Melkstall über automatische, aufeinander abgestimmte Fütterungsanlagen bis hin zu elektronischen Ohr marken, um auch den Gesundheitsstatus von Tieren wesent lich besser als bisher berücksichtigen zu können.
Modernste Sensortechnik gibt uns detaillierte Bilder über die Flächen. Die flächendeckende Einführung von Prognosemo dellen für Schädlinge und Krankheiten in der landwirtschaft lichen Praxis ermöglicht auch die Optimierung von notwen digen Bekämpfungsstrategien.
Wir müssen den Blick aber auch auf den Landwirt selbst len ken. Für ihn können die Digitalisierung und das Smart Far ming die tägliche Arbeitsroutine erleichtern. Zahlreiche, oft körperlich anstrengende Arbeiten können durch voll- oder teil automatisierte und miteinander vernetzte Anlagen erledigt werden. Auch beim Thema Bürokratie, beim Thema Doku mentation bieten sich hier viele Erleichterungsmöglichkeiten.
Für uns ist es daher richtig und wichtig, dass wir die Basis für das Smart Farming, nämlich die entsprechende Infrastruktur, fördern und unterstützen. Dies unterstreicht auch die Veran kerung in der zweiten Säule der landwirtschaftlichen Förde rung. Aber auch die Digitalisierungsstrategie „digital@bw“ soll in einem ersten Schritt die Einführung innovativer digi taler Technologien in der Landwirtschaft unterstützen.
Das Projekt „Einführung und Begleitung von Landwirt schaft 4.0“ wird federführend im LTZ Augustenberg betreut. Auch hier wird die Verknüpfung von Geo- und Wetterdaten sowie neu entwickelten Sensortechnologien herangezogen, um auch Prognosemodelle mit neuen Medien, mit Apps etc. für Smartphonetechnik zu installieren, und in der Praxis, um eine wesentlich bessere Beratung, eine bessere Dokumenta tion, aber auch eine verbesserte Qualitätssicherung einführen zu können.
Weitere Stichworte sind Blended Learning, aber auch die Fra ge der Onlineantragstellung für entsprechende Fördermittel, und zwar für Landwirtschaft, Gartenbau, die Entwicklung ei nes digitalen Managements oder Beratungshilfen. All diese Punkte sind hier denkbar und möglich.
Allerdings müssen wir uns über eines im Klaren sein: Es gibt Rahmenbedingungen, die wir ebenfalls neu denken müssen. Da rede ich über den Datenschutz. Es stellt sich die Frage, wer letztendlich die Datenverfügbarkeit hat. Ist es der Hersteller einer entsprechenden Anlage, ist es der Landwirt selbst, sind es Wartungsfirmen, die auf Daten von Smart-Robotic-Kom ponenten zurückgreifen können? Das sind Themen, die uns hier im politischen Raum beschäftigen werden, ebenso die Frage nach Vernetzung von Aktivitäten im Bereich der ange wandten Forschung, Stärkung und Ausbau von Bildungs- und Beratungsangeboten auf dieser Ebene, aber auch die Optimie rung von Fördermöglichkeiten, überbetrieblichen Lösungen und natürlich auch die Unterstützung der Wirtschaft, wenn es darum geht, herstellerübergreifende Datenformate zu etablie ren.
Ich bin Minister Peter Hauk sehr dankbar für sein Engage ment bei diesem Thema. Das Ministerium Ländlicher Raum hat bereits einige Projekte in der Landwirtschaft, die mitein ander interagieren, auf den Weg gebracht und unterstützt die se. Ich denke, es ist wichtig, diese Technologien einzusetzen, zu bündeln und strategisch auszurichten.
Ich möchte zum Schluss kommen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sehen, dass das Smart Farming enorme Poten ziale für die Landwirtschaft sowohl in ökologischer als auch in ökonomischer Hinsicht bietet. Es kann gleichzeitig die Ak zeptanz der Landwirtschaft in der Gesellschaft wieder erhö hen und auch die Attraktivität des Berufsstands voranbringen.
Wir, die CDU-Landtagsfraktion, sehen daher im Smart Far ming die große Chance für alle: für den Landwirt, für die Ver braucher, aber auch für die Naturschützer.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich möchte zum Einstieg in die Debatte über die neuen Technologien ei ne kleine Geschichte erzählen.
Ich war Rinderzüchter, und wir haben Kühe – eine neue Tech nologie hieß ET, Embryotransfer – hormonell auf eine soge nannte Superovulation vorbereitet.
Da haben wir es geschafft, dass diese Kuh zum Eisprung statt nur einer Eizelle zehn oder 15 ausgebildet hat. Die haben wir dann außerhalb des Mutterkörpers mit einer Spermaportion künstlich befruchtet
(Abg. Winfried Mack CDU: Das ist aber nicht Smart Farming! – Abg. Nicole Razavi CDU: Das gibt es aber schon lange!)
und haben diese Embryonen dann in 15 ebenfalls bereitge stellte sogenannte Trägertiere eingepflanzt.
Ich glaube, das waren damals neue Technologien. Ich selbst kann Ihnen sagen: Das war eine Technologie, die ich abge lehnt habe. Deswegen bin ich damals – das war schon Anfang der Achtzigerjahre – vom konventionellen Landbau in die ökologische Landwirtschaft gewechselt. – Das zum Einstieg.
Inzwischen sind uns einige neue Technologien angeboten wor den. Ich erinnere an den Antibiotikaeinsatz zur besseren Fleischausbeute oder den Hormoneinsatz für dasselbe Ziel
oder für die Steigerung der Milchgewinnung. Das sind Tech nologien, die wir Gott sei Dank in unserem Land und auch eu ropaweit nicht einsetzen. Ich bin froh, dass wir hierbei Nut zen und Risiken abgewogen haben und uns an diesem Punkt gegen sie entschieden haben.
Ganz ähnlich – das vielleicht als Letztes – ist in der Landwirt schaft die Frage der Gentechnik am Produkt, die sogenannte grüne Gentechnik, die ja von vielen Bäuerinnen und Bauern abgelehnt wurde. Aber auch die breite Mehrheit der Konsu menten – über 80 % – lehnen diese Technologie ab. Auch wir in unserem Haus haben seither einhellig diese Technologie abgelehnt. Ich glaube, dieser Weg war gut, und es ist richtig, dass wir das so gemacht haben.
Bei der Digitalisierung hingegen sieht es anders aus. Es sind Potenziale vorhanden, die Maßnahmen sind weiter weg vom Produkt, und ich glaube, wir prüfen das sehr technologieof fen. Die Technologien kommen auf uns zu. Das gilt, sage ich einmal, für ökologische und konventionelle Betriebe gleicher maßen. Das ist ganz wichtig.
Ein Kollege von mir, ein Biobauer, sagt immer: Im Bodensee kreis, in Immenstaad, produzieren wir Satelliten; in der öko logischen Landwirtschaft müssen wir das nächste Jahrzehnt hoffentlich nicht mehr auf Knien erreichen. – Das nur, um das deutlich zu machen. Wir setzen darauf, dass sich da etwas ent wickelt, dass wir zu einem breiten Technologieeinsatz kom men.
Kollege Rapp hat es deutlich angesprochen – vielen Dank auch für diesen breiten Antrag –: Wir müssen die Vorausset zungen schaffen. Da sind wir dran. Wir haben in den vergan genen Jahren die Mittel für die Digitalisierung und den Breit bandausbau deutlich erhöht. Das ist gut so; das ist notwendig. Wir arbeiten mit den Kreisen zusammen. Vielleicht können wir im neuen Koalitionsvertrag auf Bundesebene noch auf ei ne Offensive des Bundes setzen, die uns bei dieser Aufgabe unterstützt. Ich glaube, das ist notwendig.
Die einzelnen Techniken – ob es die Applikationstechnik im Pflanzenschutz und bei der Düngung ist, ob es die fotogesteu erte Hacktechnik oder die Klimasteuerung in Kombination mit dem Pflanzen im geschützten Anbau ist, ob es um die On linevermarktung oder die Erhöhung der Potenziale für die An bieter von Ferienwohnungen durch bessere Kommunikation geht oder um das, was Kollege Rapp angesprochen hat, eben all das, was unter dem Begriff „Precision Farming“ läuft – bieten, glaube ich, große Potenziale, und zwar im ökologi schen wie auch im konventionellen Bereich.
Aber – das ist unsere Aufgabe, die Aufgabe der Politik – wir müssen die rechtlichen Fragen sorgfältig klären: Wem gehö ren in Zukunft diese Daten? Wer hat die Datenhoheit? Wer hat die Entscheidungsbefugnis zum Einsatz dieser Daten? Ich
glaube, das sind Fragen, die wichtig sind in einer Welt, die da tenbasiert ist und zukünftig noch stärker datenbasiert sein wird. Es ist wichtig, die Kompetenzen und Zuordnungen ein deutig zu klären. Wenn wir das nicht tun würden, kämen wir in schwierige Gefilde.
Ich glaube, das ist die Grundlage, wenn es darum geht, Tech niken zu beobachten und zu begutachten und uns dafür oder dagegen zu entscheiden. Ich glaube, es ist wichtig, die Folgen neuer Technologien abzuschätzen. Im politischen Raum müs sen wir natürlich auch flankierende Maßnahmen bereitstellen, um die Landwirte in unserem Land, die entsprechend ihrer unterschiedlichen Betriebsgrößen ganz unterschiedlich damit umgehen müssen, zu unterstützen. Deswegen ist es ganz wich tig, dass wir seitens der Politik den agrarstrukturellen Bereich gut im Auge haben und gut beobachten, was auf dem Weg in diese neue Welt passiert.
Das ist unsere Aufgabe. Lassen Sie uns diese Aufgabe ange hen. Es ist nicht die Frage, ob wir es wollen oder nicht; wir müssen es tun, wir müssen diesen Bereich politisch sozusa gen gut beobachten und in eine gute Zukunft begleiten.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Zum Start der Sojabohnenernte besuchte Herr Minis ter Hauk am 22. September die Dachswanger Mühle, einen großen Biolandhof in Umkirch bei Freiburg. Die Familie hat te ihren Hof ursprünglich in Obrigheim und musste – oder konnte – ihren Hof dort verkaufen, weil das AKW zunächst – weiter oben, als es heute steht – direkt auf deren Hof geplant war. Heute wird auf diesem Hof in Umkirch – der Ort Dachs wangen wurde als Wasserburg im Jahr 1320 erstmals erwähnt – mit modernster Technik gearbeitet.