Protokoll der Sitzung vom 08.11.2017

Meine Damen und Herren, Herr Abg. Rösler hat den Ände rungsantrag angesprochen, den die beiden Koalitionsfraktio nen im Ausschuss eingebracht haben und der sich mit dem Thema „Invasive Arten“ auseinandersetzt. Ich halte diesen Änderungsantrag für sinnvoll und bin froh, dass der Ausschuss diesen mehrheitlich beschlossen hat. Warum? Bund und Eu ropäische Union haben neue Regelungen in diesem Themen feld erlassen, um hier das Handeln auf nationaler und inter nationaler Ebene zu verbessern. Ich will ausdrücklich dazu sagen: Das ist wichtig.

Ich gebe Ihnen einfach einmal ein Beispiel: Die Amurgrundel – das ist ein Fisch – stammt aus dem Schwarzmeerraum. Mitt lerweile ist dieser Fisch die Donau hinauf bis nach Bayern vorgedrungen. Sie kann logischerweise die Donau noch wei ter hochwandern, auch bis in unsere Breiten.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Wie der Biber!)

Sie ist ein Raubfisch, der in erheblichem Maß in das Ökosys tem eingreift, also auch in andere Fischpopulationen, ein Raubfisch, der ebenfalls Amphibien jagt. Hier müssen wir ab

gestimmte Maßnahmen entlang der Gewässer vorbereiten, in denen dieser Fisch, die Amurgrundel, vorkommt oder zukünf tig vorkommen kann.

Wir haben außerdem zu beschließen, wer in der Naturschutz verwaltung für die neuen von der EU und vom Bund definier ten Aufgaben zuständig sein soll.

Meine Damen und Herren, die Bekämpfung invasiver Arten erfordert durchaus Spezialkenntnisse. Auch hierzu möchte ich Ihnen gern ein Beispiel geben. Vom Waschbär haben wir alle schon mal gehört – manche vielleicht auch vom Nasenbär. Wir brauchen bei diesem Thema Spezialisten, die wissen, wie und in welchem Ausmaß die Biodiversität gefährdet ist und wel che Managementmaßnahmen bei diesen Arten dann auch je weils passend sind.

Es ist gut, dass wir in der Naturschutzverwaltung, in den Re gierungspräsidien und auch in der Landesanstalt für Umwelt in Karlsruhe dafür Fachleute mit diesem spezifischen Spezi alwissen über Arten haben. Deswegen schlagen wir vor, ih nen diese Aufgabe zu übertragen. Die LUBW übernimmt nach unserem Entwurf die strategischen Aufgaben der Erstellung und Abstimmung von Managementplänen und auch die damit verbundene Öffentlichkeitsarbeit und die Bürgerbeteiligung, und die Regierungspräsidien werden mit den Regelungen, die wir im Gesetzentwurf vorgesehen haben, zuständig für Ein zelmaßnahmen und für Genehmigungen. So bündeln wir un ser Know-how und können damit die Aufgaben zukünftig ef fizient anpacken.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass mit der Änderung des Naturschutzgesetzes sowohl Verfahren der alltäglichen Praxis der Naturschutzbehörden modernisiert und vereinfacht werden als auch Zuständigkeiten entsprechend der bestehen den Fachkompetenzen geregelt werden. Der Gesetzentwurf verbessert so weiter das bereits im Jahr 2015 grundlegend er gänzte und überarbeitete Landesnaturschutzgesetz. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem von uns vorgelegten Gesetzentwurf.

Lassen Sie mich abschließend noch sagen: Das sind für den Naturschutz in Baden-Württemberg wichtige Tage. Wir stär ken den Naturschutz insgesamt nicht nur mit diesem Gesetz entwurf, sondern auch – da möchte ich noch einmal auf das hinweisen, was Herr Abg. Haser ausgeführt hat – mit den Be schlüssen im Hinblick auf die Stärkung der Naturschutzver waltung, die ich vom Landtag in den nächsten Wochen erhof fe, und mit dem, was wir in Bezug auf die Stärkung der Bio diversität vorhaben sowie durch die Mittel, die die Haushalts kommission hierfür vorgesehen hat und über die im weiteren Verfahren natürlich noch hier im Parlament diskutiert werden muss. Damit werden wir einen – ich sage es so deutlich – Quantensprung beim Naturschutz hier in Baden-Württemberg machen.

Im Übrigen geht es da nicht nur um den Naturschutz, sondern es geht an einem Wirtschaftsstandort wie Baden-Württemberg auch um eine Beschleunigung von Genehmigungen. Denn oft mals spielen bei all diesen Genehmigungen, mit denen die Un ternehmen in unserem Land heutzutage zu tun haben, natur schutzrechtliche und umweltrechtliche Fragen eine Rolle, oft mals eine überragende Rolle. Daher brauchen wir gut ausge

stattete Umweltverwaltungen und gut ausgestattete Natur schutzverwaltungen, damit solche Genehmigungen möglichst zeitnah und in einer guten Qualität erteilt werden und damit sie auch möglichst gerichtsfest sind. Deswegen geht es nicht nur darum, mit diesen Maßnahmen den Naturschutz in Ba den-Württemberg zu stärken, sondern auch darum, den Wirt schaftsstandort Baden-Württemberg zu stärken.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

In der zweiten Runde erteile ich Frau Abg. Lindlohr für die Fraktion GRÜNE das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Mit dem im Entwurf vorliegenden Ar tikelgesetz beraten wir heute auch eine Änderung des Landes tariftreue- und Mindestlohngesetzes. Dieses Gesetz hat die frü here, grün-rote Koalition beschlossen. Es stärkt die Tariftreue und den fairen Wettbewerb um öffentliche Aufträge des Lan des und der Kommunen, und das ist gut so.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

In diesem Sinn wollen wir das Gesetz heute fortschreiben. Wir wollen das vergaberechtliche Mindestentgelt auf 8,84 € erhö hen und an den arbeitsrechtlichen Mindestlohn des Bundes koppeln. Das ist sinnvoll und findet die Zustimmung meiner Fraktion.

Noch einmal zur Erinnerung, worum es geht: Es gibt drei Re gelungsbereiche des Landestariftreue- und Mindestlohngeset zes. Zum einen geht es um die Aufträge, die im Entsendege setz erfasst sind. Dort gilt der branchenspezifische Mindest lohn, da der Tarifvertrag für allgemein verbindlich erklärt ist, etwa im Baugewerbe oder im Gebäudereinigerhandwerk. Das bekräftigen wir schlichtweg mit dem LTMG.

Der zweite Bereich umfasst die Branchen, die vom vergabe spezifischen Mindestentgelt erfasst sind. Das hatten wir 2013 im grün-roten Einverständnis mit den Gewerkschaften auf 8,50 € pro Stunde festgelegt.

Der dritte Bereich ist der öffentliche Verkehr. Dort wirkt das LTMG am stärksten. Denn nur hier haben wir im europäischen Recht die Möglichkeit, bei der Vergabe von Aufträgen durch das Land und die Kommunen einen örtlichen Tarifvertrag vor zuschreiben. Das haben wir gemacht. Wir haben bei uns fai ren Wettbewerb und faire Löhne durch Tariftreue bei den Aus schreibungen der Busverkehre und auf der Schiene gesichert, und das ist gut so.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Seit der Einführung unseres LTMG hat sich in Deutschland etwas geändert. Seit 2015 gibt es auch bei uns einen Mindest lohn. Er wirkt zusätzlich zum Tarifsystem als untere Absiche rung. Das ist gut für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh mer; das ist gut für den fairen Wettbewerb zwischen den Un ternehmen. Der allgemeine Mindestlohn ist ein Fortschritt für Deutschland. Es ist ein Erfolg der Gewerkschaften, es ist auch ein Erfolg der SPD in ihrer damaligen Regierungsbeteiligung im Bund. Das haben wir Grünen immer unterstützt, und das tun wir auch weiterhin.

Daher passen wir heute unser Landesgesetz und unser Verga bemindestentgelt an den neuen, besseren bundesrechtlichen Rahmen an. Wir erhöhen und verweisen ab jetzt auf den ar beitsrechtlichen Mindestlohn, der in ganz Deutschland gilt – vor allem aus zwei Gründen:

Zum einen wird es für die auftragnehmenden Unternehmen, die gegenüber dem Land und den Kommunen eine Verpflich tungserklärung unterschreiben müssen – das ist Teil unseres Gesetzes –, viel einfacher und klarer, an was sie sich genau halten müssen. Denn leider hat das Mindestlohngesetz des Bundes unseren Berechnungsmodus, was ein Bruttolohn pro Stunde ist, nicht aufgenommen und einen anderen gewählt.

Der zweite, maßgeblichere Grund ist das, was wir, Grün-Rot, 2013 hier hilfsweise über unser Vergaberecht unterstützen wollten: die Etablierung einer unteren Lohnlinie jenseits der Tarifverträge. Das erreicht der arbeitsrechtliche Mindestlohn viel umfassender und viel besser. Das ist gut für die Arbeit nehmerinnen und Arbeitnehmer.

Wir sind mit diesem Gesetzentwurf beispielsweise im Ein klang mit unserem Nachbarn, dem SPD-geführten Bundes land Rheinland-Pfalz, das seit 2010 Vorreiter der Tariftreue ist – schon vor uns. Rheinland-Pfalz liegt aktuell bei 8,90 € pro Stunde und hat eingeführt, dass in Zukunft der arbeits rechtliche Mindestlohn des Bundes gilt und es in RheinlandPfalz dann keinen vergabespezifischen Mindestlohn mehr gibt – und das sogar schon, liebe Freundinnen und Freunde, noch unter Rot-Grün, bevor die Ampel in Rheinland-Pfalz in Kraft war. Der Vorreiter Rheinland-Pfalz zeigt also, wie es geht.

Hier fordert nun die SPD, dass wir nicht auf den arbeitsrecht lichen Mindestlohn verweisen, sondern unser LTMG an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes der Länder binden, an den TV-L. Das wären im Moment, wie Sie auch in Ihrem Än derungsantrag schreiben, 10,49 € pro Stunde – und dann die Entwicklung je nach Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes.

Diese Idee hat kein Sozialdemokrat und kein DGB bei der Entwicklung unseres grün-roten Gesetzes je vorgebracht. Als Sie noch Verantwortung dafür trugen, forderten Sie dieselben 8,50 €, die Sie arbeitsrechtlich für ganz Deutschland durch setzen wollten und durchgesetzt haben. Natürlich können Sie an diesem Punkt Ihre Meinung ändern. Aber wie aus Ihrem Vorschlag der Bindung an den TV-L ein praktikables Verga berecht werden soll, wenn auf einmal das Entgelt des öffent lichen Dienstes für Unternehmen aller Branchen gelten soll, wenn sie sich um einen Auftrag des Landes oder der Kommu nen bewerben, habe ich noch nicht gehört.

Zum anderen ist uns dieser Vorschlag auch tarifpolitisch fremd. Zur Erinnerung: Im Landestariftreue- und Mindestlohngesetz gilt das Günstigkeitsprinzip. Das heißt, wenn es einen für all gemeingültig erklärten Tarifvertrag gibt, gilt der sowieso. Wenn also das Land einen Auftrag ausschreibt, das Neue Schloss von außen zu reinigen – das ist der Tarifbereich Au ßenfassade der Gebäudereiniger –, muss man sich an 13,25 € pro Stunde halten. Das bleibt so.

Aber den anderen Branchen wollen Sie nun über das Verga berecht den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes vorsetzen. Es sind also auf einmal nicht mehr alle Tarifparteien gleich

wertig, sondern die Tarifverhandler des öffentlichen Dienstes sind mehr wert als die anderen. Das ist nicht unser Verständ nis von Tarifautonomie. Das ist einer der Gründe, weswegen wir Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei den Grünen)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Die FDP/DVP beantragt wie immer, das Landestariftreue- und Mindestlohngesetz auf zuheben. Das kennen wir schon aus den letzten Jahren. Sie haben sicherlich nicht lange dazu gebraucht, diesen Vorschlag erneut vorzubringen. Ich erinnere Sie daran, was das bedeu tet. Bei Vergaben von Busverkehren in Baden-Württemberg – ein wichtiges Beispiel – gilt dank unserer Allgemeinverbind lichkeitserklärung ein Mindeststundenlohn für die Busfah rerinnen und Busfahrer von 15,72 €. Das wollen Sie abschaf fen. Wenn es nach Ihnen geht, fallen sie zurück auf 8,84 €. Das ist schlecht für die Busfahrerinnen und Busfahrer und für den fairen Wettbewerb. Daher lehnen wir das ab.

Frau Abg. Lindlohr, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ja. – Denn wir, die grünschwarze Koalition, wissen, wie Wettbewerb in der Markt wirtschaft unter fairen Bedingungen geht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Paal.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die zweite Runde ist dem Omnibusgesetz ge schuldet, zu dem ich mich ganz unaufgeregt – im Gegensatz zur SPD-Fraktion, die im Ausschuss sehr aufgeregt war – äu ßern möchte.

Um was geht es? Wir haben zum 1. Januar 2015 einen bun desgesetzlichen Mindestlohn bekommen, der zum 1. Januar 2017 auf 8,84 € erhöht wurde. In Baden-Württemberg gibt es – die Kollegin Lindlohr hat es gerade erwähnt – seit dem 1. Ja nuar 2013 ein Landestariftreue- und Mindestlohngesetz, das damals in Kraft getreten ist.

In diesem Landestariftreue- und Mindestlohngesetz wird ein vergabespezifisches Mindestentgelt von derzeit noch gültigen 8,50 € brutto festgelegt, das Unternehmen ihren Beschäftig ten bei der Ausführung eines öffentlichen Auftrags bezahlen müssen. Klar ist – die Kollegin Lindlohr hat es gerade auch gesagt –: Wenn ein Tarifvertrag für die Beschäftigten günsti ger ist, gilt natürlich dieser.

Aufgrund der Anpassung des bundesgesetzlichen Mindest lohns müssen wir jetzt das vergabespezifische Mindestentgelt von 8,50 € auf 8,84 € anpassen. In der Gesetzesänderung wol len wir aber nicht nur diese 8,84 € festschreiben. Vielmehr wollen wir eine dauerhafte Kopplung an den bundesgesetzli chen Mindestlohn vollziehen. Durch diese Änderung erhalten wir mehr Rechtssicherheit und Transparenz, und vor allem – das hat sich diese Koalition, die grün-schwarze Koalition, auf

die Fahnen geschrieben – bekommen wir einen Bürokratieab bau.

Denn durch die Kopplung des vergabespezifischen Mindest entgelts kann auf die bisher noch gesetzlich vorgesehene Ein berufung einer Kommission – die jedes Jahr einberufen wer den müsste – verzichtet werden. Wir brauchen keine weiteren Erlasse einer Rechtsverordnung in der Zukunft. Außerdem be kommen und ermöglichen wir auch eine bundesweite Harmo nisierung und dadurch mehr Rechtssicherheit, Erleichterung und Transparenz für alle Beteiligten.

Einige andere Bundesländer haben das bereits erkannt und ha ben ihre Tariftreue- und Mindestlohngesetze an das Bundes gesetz gekoppelt – übrigens auch SPD-geführte Bundeslän der wie Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Hamburg. Nur die baden-württembergische SPD scheint hier noch ein Prob lem zu sehen. Ich rate Ihnen, einmal mit Ihren Kolleginnen und Kollegen dort zu sprechen.

Warum das so ist, entzieht sich meiner Kenntnis, aber auch meinem Verständnis. Ich vermute, Sie haben unter Umstän den noch ein Problem mit der funktionierenden Sozialpartner schaft. Auf jeden Fall wollen Sie aber den Mindestlohn zu ei nem Spielball der Politik machen. Wie man jetzt wieder lesen kann, hat Olaf Scholz 12 € gefordert, Frau Nahles – sogar sie – war dagegen. Sie wollen heute 10,49 € festschreiben und damit den Flickenteppich noch erweitern statt zu vereinfa chen. Genau das ist falsch, übrigens auch ordnungspolitisch.

(Beifall der Abg. Carola Wolle AfD – Abg. Carola Wolle AfD: Richtig!)

Ich möchte noch einen Punkt klarstellen: Das Omnibusgesetz, das wir hier auf den Weg bringen, ist effizient; das entspricht dem üblichen parlamentarischen Verfahren. Es besteht Hand lungsbedarf, weil die Regelungen in Bezug auf den Mindest lohn zwischen Bund und Land auseinanderklaffen.