Meine sehr verehrten Da men und Herren! Es ist 9:30 Uhr. Ich eröffne die 6. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Württemberg. Ich bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen.
Auf Ihren Tischen finden Sie einen Vorschlag der Fraktion der CDU für Umbesetzungen im Präsidium (Anlage 1). – Ich stel le fest, dass Sie den vorgeschlagenen Umbesetzungen zustim men.
Aktuelle Debatte – Modernes und weltoffenes BadenWürttemberg: Hier ist kein Platz für Diskriminierung und Antisemitismus – beantragt von der Fraktion GRÜNE
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet.
Ich darf um Ruhe bitten. – Für die Aussprache steht eine Re dezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung. Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.
Schließlich darf ich – nachdem wir uns am Beginn einer neu en Legislaturperiode befinden – auf § 60 Absatz 4 der Ge schäftsordnung verweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.
Das Wort für die Fraktion GRÜNE erhält Herr Fraktionsvor sitzender Schwarz. – Bitte schön, Kollege Schwarz.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Baden-Württemberg ist ein moder nes, ein weltoffenes Bundesland. Wir schätzen das bürger schaftliche Engagement der Menschen. Denn daraus und aus dem guten Zusammenwirken von einem innovativen Mittel stand und engagierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern schöpfen wir unseren Wohlstand und unseren gesellschaftli chen Zusammenhalt.
Aber es gibt Kräfte in diesem Land, neuerdings auch im Land tag von Baden-Württemberg, die unsere Gesellschaft spalten wollen.
Der gesellschaftliche Zusammenhalt in unserem Land basiert auf einem Werteverständnis, das durch unsere freiheitlich-de mokratische Grundordnung geprägt ist. Toleranz und Respekt sind für eine moderne Gesellschaft unverzichtbare Werte. Sie ermöglichen Individualität und ein selbstbestimmtes Leben.
Dieses Werteverständnis zu fördern, zu erhalten ist eine ge meinsame Aufgabe von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Aufgabe der Politik ist es, zu integrieren und nicht zu spalten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Einer dieser Grundwerte, die in unserer Verfassung, dem Grundgesetz, abgesichert sind, ist die Glaubens- und Religi onsfreiheit nach Artikel 4. Jeder kann sich frei zu einer Reli gion bekennen, er kann einer Religionsgemeinschaft beitre ten, er kann auch wieder aus einer Religionsgemeinschaft aus treten, er kann diese verlassen, er kann überwechseln zu einer anderen Religionsgemeinschaft. Unser Verfassungsstaat si chert den Menschen diese Freiheit. Diesen Schutz des persön lichen Glaubens haben alle: Christen, Moslems, Juden und auch Atheisten. Das ist ein guter Wert, der in unserer Verfas sung steht. Es ist ein elementarer Baustein unserer Verfas sungsordnung in Deutschland.
Gerade im Hinblick auf den historischen Kontext in Deutsch land sind wir besonders gefordert, diesen Grundwert hochzu halten. Daher ist hier im Landtag von Baden-Württemberg kein Platz für Diskriminierung und kein Platz für Antisemi tismus.
Dieses Verständnis haben aber offenbar nicht alle Abgeordne ten hier im Landtag. Das „Handelsblatt“ hat es in seiner gest rigen Ausgabe in einer Überschrift treffend auf den Punkt ge bracht. Ich zitiere das „Handelsblatt“ vom 8. Juni:
Denn wer die „Protokolle der Weisen von Zion“ als echt und nicht als Fälschung bezeichnet, der muss doch als Antisemit durchgehen.
Das ist klipp und klar. Diese Haltung von Herrn Gedeon ist klar rassistisch, völkisch und antisemitisch. Dafür ist im Land tag von Baden-Württemberg kein Platz, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei den Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP sowie des Abg. Dr. Rainer Balzer AfD – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Kehren Sie lieber vor der eigenen Tür!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich eines vielleicht feststellen darf: Zwischen rufe sind immer mal ganz nett zwischendrin. Aber ich bitte doch darum, dass wir die Argumente hier am Rednerpult aus tauschen. Wenn wir uns das heute Morgen zu Herzen nehmen, bekommen wir eine gute Debatte. – Bitte, Kollege Schwarz, fahren Sie fort.
Vielen Dank, Herr Präsi dent. – Solange Sie, Herr Professor Meuthen, hier keine kla re Haltung einnehmen, solange Sie solche Meinungen, solche Positionen in Ihrer Fraktion tolerieren, tragen Sie mit die Ver antwortung dafür. Deswegen fordere ich Sie auf: Zeigen Sie hier klare Kante, sorgen Sie für klare Verhältnisse, distanzie ren Sie sich davon. Das ist der Lackmustest für Ihre Fraktion,
ob Sie zum gemeinsamen Werteverständnis der Demokraten hier in Baden-Württemberg stehen, Herr Professor Meuthen.
Denn diese Haltungen, diese Positionen sind Ihnen doch schon lange genug bekannt. Das, was Herr Gedeon vorträgt, ist Ih nen seit Monaten, seit Jahren bekannt. Ich erinnere an Ihren
Parteitag im Jahr 2014 in Kirchheim unter Teck, Ihr Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im Oktober 2015. Bislang haben Sie sich von diesen Positionen nicht klar ge nug distanziert. Sie haben heute die Chance, eine klare und vernünftige Distanzierung von völkischen, rassistischen und antisemitischen Positionen vorzunehmen. Sie müssen Farbe bekennen und eindeutig und klar hier im Landtag von BadenWürttemberg handeln.
(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Haben Sie mir gestern eigentlich nicht zugehört? Was habe ich gestern ei gentlich gemacht? Sie haben mir gestern nicht zuge hört!)
Es reicht nicht aus, Herr Professor Meuthen, dass Sie Herrn Gedeon von der Vorschlagsliste der Wahlen von Gremien ge nommen haben.
Das reicht nicht aus. Ich fordere Sie auf, dass Sie heute erklä ren, dass Diskriminierung und Antisemitismus auch in Ihrer Fraktion keinen Platz haben. Ich fordere Sie auf: Sorgen Sie heute hier für klare Verhältnisse.
(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der FDP/DVP und des Abg. Andreas Ken ner SPD)