Protokoll der Sitzung vom 12.04.2018

Dann noch zwei Bemerkungen: Wenn Sie sich die letzten 20 Jahre anschauen, müssen Sie sich die Frage stellen, ob es nicht doch tatsächlich schon die eine oder andere Verbesserung ge geben hat.

Zum Thema überhaupt: Ich habe nur gehört, was Sie ange prangert haben. Wo aber ist denn Ihr Beitrag zu einer gesell schaftlichen Diskussion? Denn hier zeigt sich durchaus ein Dilemma: Auf der einen Seite sehen Sie den Trend zur Regi onalisierung; immer stärker wird der Wunsch, den Erzeuger auch persönlich zu kennen, zu wissen, woher die Agrarpro dukte kommen. Auf der anderen Seite haben Sie die Stillle gung von Waldflächen, von Landnutzung angemahnt. Wenn wir den zweiten Trend nehmen und sagen: „Ja, gut, dann le gen wir halt alle Flächen still“, dann frage ich Sie, Herr Gall:

(Abg. Reinhold Gall SPD: Behauptet doch niemand!)

Wo ist Ihr Beitrag?

(Abg. Reinhold Gall SPD: Die Beiträge gibt es! Le sen Sie mal unser Programm zu einer zukünftigen Landwirtschaft!)

Wo ist Ihre Antwort auf die Fragen, die sich daraus ergeben? Denn wenn Sie alles unter Schutz gestellt haben, dann stellt sich die Frage nach den Flächen, auf denen ein Anbau regio naler Erzeugnisse möglich ist. Ich glaube, da müssen Sie ver tiefte Gedanken bringen und dürfen nicht einfach nur diese Frage stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Die haben wir schon gemacht!)

Meine Damen und Herren, mit großer Überzeugung kann ich in diesem Fall sagen: Die von Ihnen eingangs gestellte Frage kann man mit Ja beantworten, auch wenn Sie es nicht hören wollen. Aber wir als Gesellschaft – selbst Sie, die SPD – kön nen uns nicht zurückziehen und sagen: „Wir brauchen jetzt mehr Kontrollinstanzen, und alles muss der Staat machen.“ Vielmehr ist das eigene verantwortliche Handeln, die Nutzung von Schutz- und Informationsmöglichkeiten für den mündi gen Verbraucher genauso wichtig. Daher – das betone ich – sind wir alle in der Pflicht.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Für die AfD-Fraktion er teile ich das Wort dem Kollegen Stein.

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Prä sident, geschätzte Kollegen, meine Damen und Herren! Die SPD fragt, ob der Herr Minister weiß, dass er für Tierschutz und Verbraucherschutz zuständig ist. Er wird der Ironie der Frage ausweichen und sicher – wie beide Regierungsfraktio nen – mit Ja antworten.

Wir von der Alternative für Deutschland fragen, ob er danach auch handelt. Das möchte ich jetzt am Beispiel des Schäch tens prüfen. Das Bundesverfassungsgericht hat am 15. Janu ar 2002 der Klage eines muslimischen Metzgers stattgegeben, der gegen die Verzögerung bei Ausnahmegenehmigungen durch eine hessische Behörde geklagt hat. Dem Urteil nach steht die Religionsfreiheit über dem Tierschutz. Allerdings er ging dieses Urteil ein halbes Jahr, bevor der Tierschutz in das Grundgesetz aufgenommen wurde.

Damit hat Deutschland als erstes Land in der EU dem Schutz der Tiere Verfassungsrang gegeben. Das möchte ich im Na men meiner Fraktion ganz ausdrücklich gutheißen.

(Beifall bei der AfD)

Aber selbst im Konflikt mit Freiheitsrechten der Bürger, etwa mit der Kunst-, der Religions- oder der Wissenschaftsfreiheit, kann Tierschutz nun nicht mehr übergangen werden.

Dürfen aber der Zentralrat der Muslime in Deutschland oder ein Gutachten der Al-Azhar-Universität in Kairo, die das Bun desverfassungsgericht 2002 noch argumentativ anführt, über dem Grundgesetz stehen? Weder der Gesetzgeber noch das Bundesverfassungsgericht haben seither in der Sache entschie den. Entschieden hat aber unser Landwirtschaftsminister Hauk. Er hat sich nämlich entschieden, gezielt wegzuschau en. Die Antworten, die wir auf mehrere Anfragen zu diesem Thema erhalten haben, sind allesamt ausweichend und wider sprüchlich.

In der Drucksache 16/1597 z. B. steht auf Seite 2 unten, wer schächten will, brauche dazu eine Ausnahmegenehmigung,

(Abg. Martina Braun GRÜNE: Natürlich!)

die ihm die zuständige Behörde ausstellen muss. Wenige Sät ze weiter steht:

Ausnahmegenehmigungen nach § 4 a Abs. 2 Nr. 2 Tier SchG wurden durch die zuständigen Behörden in BadenWürttemberg bislang nicht erteilt.

(Abg. Martin Hahn GRÜNE: Ja, ist das nicht eindeu tig? – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Fiechtner?

Nein, weil ich jetzt weitermachen möch te.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Schon eine Frage weiter unten schließt der Minister aber nicht aus, dass in Baden-Württemberg doch geschächtet wird, wenn er schreibt:

... ist der Anteil der entgegen § 4 a Abs. 1 TierSchG ge schlachteter Tiere zu vernachlässigen.

Auch die weiteren Antworten sind geprägt von Sätzen wie „liegen keine Erkenntnisse vor“ oder „Solche Fälle sind dem Ministerium ebenfalls nicht bekannt“.

Gleichzeitig wirbt aber ein Hersteller von Dönerfleisch in Ba den-Württemberg mit 48 Mitarbeitern und über 1 Million € Gewinnvortrag im Bundesanzeiger auf seiner Webseite genau mit solchen Schlachtungen nach den Vorschriften des Korans:

In unserem eigenen Schlachthof

in einem Ort, der mit „G“ beginnt –

schlachten wir die aus Süddeutschland stammenden Tie re ausschließlich nach den Vorgaben des Korans und mit der Bestätigung der DITIB-Gemeinschaft. Montags, mitt wochs und freitags führen wir die Halal-Schlachtungen im EG-Schlachthof unter tierärztlicher Aufsicht durch.

(Abg. Carola Wolle AfD: Tierquälerei!)

Was der Hersteller mit „eigenem Schlachthof“ bezeichnet, ist ein genossenschaftlicher Schlachthof, über den zuletzt vor Längerem in der „Stuttgarter Zeitung“ berichtet wurde.

Der Metzger oder der Schlachthof sollen hier allerdings nicht der Gegenstand unserer Kritik sein. Als Opposition kontrol lieren wir nicht die Metzger, sondern den Minister.

(Beifall bei der AfD)

Der Minister hat es jetzt auf drei Anfragen hin nicht für nötig befunden, das Parlament über die Genehmigungspraxis hin sichtlich des muslimischen Schächtens in Baden-Württem berg ausführlich und erschöpfend zu unterrichten.

(Abg. Martin Hahn GRÜNE: So ein Unsinn!)

Am 10. März 2017 gibt der Minister Auskunft:

Die Gleichbehandlung aller in Baden-Württemberg durch geführten Schlachtungen ist in tierschutzrechtlicher Hin sicht gewährleistet...

Zu diesem Zeitpunkt weiß er aber schon seit mehr als einem Jahr, dass auf dem mittlerweile pressebekannten Schlachthof massive Mängel festgestellt wurden. Die Minister Hauk un terstellten Behörden können dann über einen Zeitraum von über zwei Jahren nicht über den Widerspruch des Betreibers gegen die Amtsverfügung entscheiden.

Der Minister mit seiner Überwachungs- und Verwaltungspra xis liefert also den verdeckten Ermittlern von Tierschutzorga nisationen wenn nicht die juristische, so doch die moralische Legitimation für ihr Tun. Hier möchte ich betonen: Wir leh nen solche illegalen Praxen grundsätzlich ab.

(Beifall bei der AfD – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, der Kolle ge Dr. Fiechtner macht noch einmal einen Anlauf.

Nein.

Ich weiß, worauf er hinauswill.

(Heiterkeit – Abg. Reinhold Gall SPD: Aber wir nicht!)

Doch sie sind ein Hinweis, dass im legalen Bereich manches im Argen liegt. Der dieser Aktuellen Debatte zugrunde liegen de bekannte Fall aus Tauberbischofsheim oder der eben von mir erwähnte sind also keine Einzelfälle, sondern sie deuten eher auf ein systematisches Wegschauen der Regierung hin.

(Beifall bei der AfD)

Den Fall, den ich jetzt bringen werde, habe ich hier schon ein mal zitiert, und ich werde das so oft wieder tun, bis sich da et was zum Positiven ändert. Wenn im Enzkreis bei einem alten Mann, der ein paar irische Wildschafe auf der Obstwiese hält, Veterinäre zu dritt aufschlagen, um einen nach einem Sturm schräg hängenden Zaun zu monieren, oder wenn in Reutlin gen der Amtsschimmel nach mehreren Jahren entdeckt, dass mit ein paar Lamas auf einer Weide gegen Baurecht versto ßen wird, dann werden im Tierschutz die Verwaltungskapazi täten falsch eingesetzt.