Protokoll der Sitzung vom 09.05.2018

Aber ich komme gern zu den Inhalten, zu dem, was Sie so är gert. Vielleicht ist es ja auch Taktik, um von den Fragen ab zulenken, die Sie natürlich – wie es zu erwarten gewesen ist – nicht beantwortet haben.

Zunächst einmal – um es in aller Deutlichkeit zu sagen –: Ich nehme von dem, was ich zu diesem Thema in den letzten Ta gen gesagt habe – am heutigen Tag und in der letzten Woche –, kein einziges Wort zurück.

(Beifall des Abg. Stefan Räpple AfD – Abg. Thomas Blenke CDU: Aha!)

Eines ist völlig klar, meine Damen und Herren, wie es auch der Kollege Goll in der ersten Runde geschildert hat: Wenn in der Nacht zum 30. April ein Asylbewerber abgeschoben wer den soll und dies nicht möglich ist, es drei Tage lang nicht möglich ist, dann hat in dieser Zeit der Staat versagt, und dann gibt es einen rechtsfreien Raum. Ohne Zweifel ist es so.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der AfD – Abg. Thomas Blenke CDU: Heute Morgen haben Sie gesagt, Sie würden nicht von Staatsversagen spre chen!)

Moment. Ja, ja, Herr Kollege Blenke, abwarten. – Wenn es beispielsweise – das habe ich auch heute Vormittag gesagt – 2017 nicht möglich war, mehr als 140 Abzuschiebende in die ser Landeserstaufnahmestelle abzuschieben, sondern nur 30,

(Lachen des Abg. Dr. Rainer Podeswa AfD)

dann hat an dieser Stelle der Staat versagt, und dann gibt es einen rechtsfreien Raum;

(Vereinzelt Beifall bei der AfD)

daran besteht überhaupt kein Zweifel.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Unglaublich! Das ist unglaublich, was Sie sagen! Ohne jede Ah nung! Ohne jede Kenntnis vor Ort!)

Als Ihre Kanzlerin im Jahr 2015 die Grenzen geöffnet hat und es zu einem Kontrollverlust gekommen ist, hat auch der Staat versagt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist original AfD-Sprech, Herr Rülke! Das nehmen wir Ihnen übel! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Das heißt aber nicht, dass wir – so wie die AfD es zum Aus druck gebracht hat – in diesem Land in einem permanenten Zustand von Staatsversagen leben. Das tun wir nicht. Und ge nau das ist der Unterschied, Herr Kollege Strobl.

(Beifall des Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP – Unruhe)

Sie haben vorhin gesagt, Sie könnten manches von dem, was ich sage, intellektuell nicht nachvollziehen. Das glaube ich Ih nen sofort.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ich habe jetzt auch nicht unendlich viel Redezeit. Ich biete Ih nen aber an,

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sie konkurrieren im Stil mit der AfD, Herr Dr. Rülke! Ist Ihnen das ei gentlich klar?)

wenn Sie jetzt in dieser Debatte nicht verstanden haben, was ich meine, es Ihnen hinterher in aller Ruhe zu erklären.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU)

Aber wovon Sie ablenken, Herr Kollege Strobl, sind drei ent scheidende Fragen. Die haben Sie nicht beantwortet. Erstens die Frage: Warum stand diese Angelegenheit am vergangenen Montag nicht im Lagebericht? Keine Antwort von Ihnen. Die zweite entscheidende Frage: Warum wurde von Ihnen der Mi nisterpräsident nicht informiert? Warum musste der Minister präsident das Ganze über die dpa erfahren? Nicht beantwor tet. Es ist auch nicht deutlich geworden, inwiefern diese ver zögerte Informationspolitik polizeitaktisch notwendig gewe sen ist.

Der Kollege Goll hat es völlig zu Recht formuliert. Die Men schen in der Landeserstaufnahmestelle wussten sowieso, dass irgendetwas passiert. Es ist doch völlig weltfremd, zu glau ben, dass, wenn nichts in den Nachrichten kommt, der Mob dann sagt: „Es passiert nichts mehr.“ Es ist doch völlig klar, dass die damit rechnen, dass da noch eine Polizeiaktion er folgt. Das haben Sie nicht deutlich gemacht.

Die nächste Frage ist, inwiefern die Öffentlichkeit ein Prob lem ist. Kollege Goll hat es ja formuliert. Haben Sie vielleicht gedacht, die Bevölkerung in Ellwangen pilgert dann zu die ser Landeserstaufnahmestelle, um sich mit den Flüchtlingen gegen die Polizei zu verbünden? Das ist doch völlig sach fremd, was Sie hier erzählen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wie sich Klein Rülke die Polizeiarbeit vorstellt! Das ist lächerlich!)

Sie haben keine vernünftige Begründung dafür geliefert, wa rum Sie diese Information der Öffentlichkeit nicht vorgenom men haben.

Das sind also alles Nebelkerzen, es ist ein Ablenken vom Ei gentlichen, und die entscheidenden Fragen haben Sie einmal mehr nicht beantwortet. Gut, wir versuchen sie jetzt schrift lich einzureichen. Vielleicht sind Sie dann dazu in der Lage, die Fragen, die die Bevölkerung und auch den Landtag von Baden-Württemberg interessieren, zu beantworten.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD – Abg. Anton Baron AfD: Wir haben ja schon einen Antrag gestellt! – Abg. Thomas Marwein GRÜNE: Das war die Abschiedsrede von Rülke aus der FDP! – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: Überall Re alitätsverweigerer! Das ist unglaublich!)

Für die Fraktion GRÜNE hat Herr Fraktionsvorsitzender Schwarz das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die heutige Debatte hat eine neue Qualität. Denn zum ersten Mal seit der Landtagswahl vor zwei Jahren verwenden FDP/DVP und AfD die gleichen Worte.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Oh-Rufe von der AfD – Zuruf des Abg. Anton Ba ron AfD – Unruhe)

Ich finde das bezeichnend, aber auch schade. Denn wer in Zei ten des Populismus die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats in frage stellt, der handelt verantwortungslos, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der SPD – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Wie schön könnte Regieren ohne Opposition sein!)

Ich bleibe dabei: Wir haben einen funktionierenden Rechts staat. Die Polizei hat besonnen und klug gehandelt. Mit unse rem Antrag, der auf Ihren Tischen ausliegt, machen wir das heute noch mal deutlich. Wir stellen es fest: Wir haben einen funktionierenden Rechtsstaat. Wir verurteilen die Angriffe auf die Polizei. Wir begrüßen das konsequente Vorgehen der Ver waltung und der Polizei für die Durchsetzung des Rechts, und wir danken den Einsatzkräften vor Ort. Das machen wir heu te noch mal deutlich. Ich würde mich freuen, wenn der An trag eine große Zustimmung finden würde.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Solange der Innenminister nicht gelogen hat, stimmen wir zu!)

Die Fragen von Herrn Rülke sind zum großen Teil schon von Ihnen, Herr Minister Strobl, beantwortet worden. Und wenn die Einsatzleitung aus Ellwangen an der Sitzung des Innen ausschusses teilnimmt, kann durch die Einsatzleitung noch mal klar dargelegt werden, wie besonnen, wie umsichtig und wie konsequent die Polizei vorgegangen ist. Von unserer Sei te ein ganz herzliches Dankeschön an alle Einsatzkräfte der Polizei.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Der Fraktionsvorsitzende Professor Dr. Wolfgang Reinhart hat für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, ver ehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Goll hat dar gelegt, es habe drei Tage einen rechtsfreien Raum gegeben, und es habe zu wenig Personal mit Handlungsfähigkeit exis tiert. Das eine hat, wie ich finde, Kollege Stoch – er ist nicht mehr da – zu Recht unterstrichen. Wenn man sich polizeitak tisch bei einem zweiten Zugriff den Zeitpunkt aussucht, auch

in einem Zeitraum von zwei oder drei Tagen, ist das kein rechtsfreier Raum,

(Abg. Thomas Blenke CDU: So ist es!)

sondern hier wird nach Recht und Gesetz gehandelt – das ist das Wesen eines Rechtsstaats –

(Abg. Thomas Blenke CDU: Genau!)

in der Ermessenshoheit des Polizeipräsidiums Aalen. Ich ver traue darauf – das ist auch verhältnismäßig –, dass dort die richtige Entscheidung getroffen wird. Ich würde mir das gar nicht anmaßen. Deshalb kann ich mich dem Dank nur an schließen.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der SPD)

Das Zweite, Herr Kollege Goll, kann ich nur mit einer Gegen frage beantworten: Wie schnell haben Sie in welchen Punk ten in Ihren vielen Jahren als Minister den Ministerpräsiden ten informiert?

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Immer um gehend! – Gegenruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Jede Wette!)

Wir können gern mal mehrere fragen, ob Sie immer gleich an dem Tag, an dem in der Justiz eine kritische Entscheidung an stand, ans Telefon gegangen sind und gesagt haben: „Herr Mi nisterpräsident, da ist ein Verfahren, daraus könnte etwas ganz Kritisches werden.“ Meine Erfahrung ist, dass es manchmal auch Tage gedauert hat, bis Justizminister Goll vielleicht den Ministerpräsidenten oder die Staatskanzlei informiert hat.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sie bestäti gen also, dass er nicht informiert wurde!)

Das kann ich nicht beurteilen; das will ich auch nicht.

Ich kann nur eines sagen: Der Ministerpräsident hat eine sehr gelassene, ruhige Antwort gegeben,