Protokoll der Sitzung vom 09.05.2018

Hinzu kommt, dass in einem Wahlkreis sogar die Situation bestand, dass es bei drei Wahlvorschlägen insgesamt nur Dop pelwahlvorschläge gab.

Das wollen wir nicht mehr. Wir sind der Meinung, dass die jenigen die Sitze bekommen sollen, die die entsprechende Stimmenzahl erreicht haben, und zwar so, wie es der Wähler wille will.

Ihr permanenter und wiederholter Hinweis auf die Landtags wahl geht für meine Begriffe fehl. Der Landtag ist ein Parla ment, der Kreistag ist ein Exekutivorgan. Ich glaube, dass dort die besondere Persönlichkeit und die Bindung zum Wahlkreis im Vordergrund stehen sollten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Zuruf von der AfD)

Es ist für uns ein Unterschied. Wir haben zwei Mal in Theo rie und Praxis sozusagen im Echtbetrieb gesehen, wohin das führt. In diesem Tenor haben seinerzeit auch alle Fraktionen entsprechend votiert – bis auf die FDP/DVP. Professor Dr. Goll hat seinerzeit gesagt – ich darf zitieren –:

Eigentlich ist das eine Sache, bei der man, wenn man es ohne Zorn und Eifer betrachtet, feststellen kann: Man kann es so oder so machen.

Wir entscheiden es halt so, dass wir es ablehnen.

(Heiterkeit bei der CDU und den Grünen – Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Von den Kollegen der Grünen – seinerzeit hat Herr Schwarz gesprochen – haben wir auch Entsprechendes gehört.

Am treffendsten hat es für meine Begriffe der seinerzeitige Innenminister, Kollege Gall, zum Ausdruck gebracht.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Wie so oft!)

Das Protokoll notierte nämlich als Schlusssatz seinerzeit – Sie gestatten, dass ich zitiere –:

Im Grunde unterstützen wir den Kern dieses Gesetzent wurfs

den damaligen Gesetzentwurf der CDU, der die Aufhebung der Möglichkeit gefordert hat, in zwei Wahlkreisen zu kandi dieren –

ausdrücklich.

Besser kann man es nicht sagen. Damit ist alles gesagt. Wenn Sie auch heute dazu stehen, finden wir, glaube ich, eine brei te Mehrheit, um dieses Thema im Ausschuss zu behandeln und dann im Ergebnis zur Ablehnung zu kommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Stickelberger.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vorweg zwei Be merkungen: Der Gesetzgeber hat ein weites Ermessen, wie er das Wahlrecht innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen im Einzelnen ausgestaltet.

Die zweite Bemerkung: Wir haben ja in Baden-Württemberg mit der Möglichkeit des Panaschierens und des Kumulierens kein einfaches Kommunalwahlrecht. Daher sollte man mit grundlegenden Änderungen des Wahlrechts auch vorsichtig sein. Deshalb beschränken sich – heute Nachmittag werden wir das sehen – die dort vorgesehenen Regelungen ja eher auf technische Einzelheiten.

Zur Geschichte: Wir haben im Jahr 2013 die Novellierung der Landkreisordnung in diesem Zusammenhang diskutiert. Dann hat der Landtag aufgrund der Erfahrungen, die man bei den Kommunalwahlen 2004 und 2009 gemacht hat, die im Jahr 2003 geschaffene Regelung einmütig abgeschafft.

Sie haben, Herr Hockenberger, unseren damaligen Innenmi nister zu Recht gelobt. Kernpunkte der damaligen Auseinan dersetzung waren das Wahlrecht, insbesondere das Jugend wahlrecht, die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre und die Förderung von Frauen bei Kommunalwahlen. Herr Ho ckenberger, Sie haben ja schon sehr viel in der Geschichte ge kramt, aber der Vollständigkeit halber möchte ich noch aus führen, was die CDU damals auch gesagt hat.

(Abg. Anton Baron AfD: Aha!)

Ihr Kollege Throm, der unserem Haus nicht mehr angehört, hat ausgeführt:

Gerade die CDU hat verstanden, dass wir Frauen in der Politik insgesamt und insbesondere bei den Kommunal wahlen stärker beteiligen müssen.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Recht hat er!)

So viel zur Geschichte.

Nun dazu, wie man das regelt: Wir stehen zu dem damals ge fassten Gesetzesbeschluss und kehren nicht zu der Regelung zurück, die 2003 geschaffen wurde.

(Zuruf der Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch)

Wie gesagt, man muss abwägen, welche Gesichtspunkte maß gebend sind. Herr Dr. Goll hat in der damaligen Debatte ein Plädoyer für die Möglichkeit der Doppelkandidatur gehalten. Das sind ja keine Glaubensfragen, sondern eher Zweckmä ßigkeitsfragen.

(Heiterkeit des Abg. Wilhelm Halder GRÜNE)

Uns hat damals das Argument überzeugt, dass wir keine grö ßeren Kreistage wollen, wenn es etwa Überhangmandate oder Ausgleichsmandate gibt. Wir halten an der persönlichen Ver ankerung des Kandidaten in dem Wahlbezirk im Landkreis fest. Und wir meinen wie die kommunalen Landesverbände, dass wir es sonst teilweise mit einer Verzerrung des Wähler willens zu tun haben könnten.

Städtetag und Gemeindetag haben gerade die Bindung des einzelnen Kandidaten an seinen Wahlbezirk hervorgehoben. Das sehen wir auch so. Aus unserer Sicht muss sich der Wäh ler darauf verlassen können, dass der Gewählte sein Amt an nimmt und ausübt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU)

Aber, wie gesagt, der Gesetzgeber hat ein Ermessen. Wir ha ben damals abgewogen und wohl zu sachgerechten Regelun gen gefunden. Ich sehe jetzt keinen Anlass, von dieser mitt lerweile bewährten Regelung abzurücken. Wir bleiben dabei. Deswegen werden wir den Gesetzentwurf der AfD-Fraktion ablehnen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich Herrn Abg. Dr. Goll das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir werden diesen Vorschlag der AfD ablehnen,

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Wilhelm Hal der GRÜNE – Lachen bei der AfD – Abg. Bernd Gö gel AfD: Frei nach Konrad Adenauer!)

auch wenn sie ihn – man höre und staune – eigentlich von den Kartellparteien abgeschrieben hat.

(Heiterkeit bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Dass wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen, hat einfach da mit zu tun: Wir springen nicht über das Stöckchen, das Sie uns hinhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Sie wissen, der Gesetzentwurf wird ja nicht beschlossen. Aber Sie denken, wir müssten jetzt, wie Sie wollen. Aber wir müs sen nicht.

(Lachen bei der AfD – Zurufe von der AfD)

Wir haben in der Fraktion ausführlich, grundsätzlich über die sen Gesetzentwurf diskutiert – allerdings nicht inhaltlich, son dern über die Frage, ob man irgendeine Einzelinitiative aus einem politischen Gesamtprogramm herausnehmen kann, das halt doch im Wesentlichen z. B. von mangelnder Abgrenzung gegenüber dem Antisemitismus geprägt ist.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Es ist geprägt von naivem Rassismus, wenn Frau Baum über Unterschiede zwischen Trakehnern und Lipizzanern fabuliert. Es ist geprägt von Chauvinismus. Ich denke an das Plakat: „Hol dir dein Land zurück“.

Aber ich möchte an dieser Stelle auch sagen, Herr Balzer: Was mir persönlich auch überhaupt nicht gefallen hat, war kürz lich Ihre Rede im Rahmen der Aktuellen Debatte zur Kultur. Dabei kam nur heraus: Kultur gibt es nur bei uns. Die Deut schen haben die Kultur gepachtet, und woanders,