Protokoll der Sitzung vom 06.06.2018

Als Landesgesetzgeber steht dies aber nicht in unserer Macht. Wir müssen landesrechtliche Vorschriften an die DatenschutzGrundverordnung anpassen und haben dabei die Möglichkeit, offene Spielräume zur Beschränkung der Zweckbindung und der Betroffenenrechte zu nutzen. Beides tut der heute zur Ab stimmung stehende Gesetzentwurf.

Die am vergangenen Montag durchgeführte Anhörung zeigt, dass dabei gute Arbeit geleistet wurde. Der Ihnen vorliegen de Gesetzentwurf der Landesregierung wurde von allen Sei ten positiv bewertet. Es war von einem der besten Daten schutzgesetze die Rede,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Richtig!)

und es wurde anerkannt, dass das Landesgesetz die Belastun gen, die die Datenschutz-Grundverordnung schafft, nicht wei ter verschärft.

(Beifall bei der CDU – Abg. Sascha Binder SPD zu Abg. Wolfgang Drexler SPD: Eines der Besseren, aber nicht das Beste!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur an ganz wenigen Stel len ist nach der Anhörung nachzubessern. § 8 des Gesetzent wurfs sieht Ausnahmen von Informationspflichten vor, u. a. dann, wenn die Information die Verhütung oder Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten gefährden würde. An anderen Stellen im Gesetz gibt es Regelungen in Bezug auf Straftaten und Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Be deutung. Konsequenterweise wird diese Einschränkung auch in § 8 vorzunehmen sein.

Außerdem wollen wir nach zwei Jahren eine Evaluierung vor nehmen. Erreichen wir einen effektiven Datenschutz? Erwei sen sich die Regelungen als praktisch handhabbar, und erge ben sich möglicherweise neue Spielräume? Mir erscheint das sachgerecht.

Dem Gesetzentwurf mit den entsprechenden Änderungen wird die CDU-Fraktion daher zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dürr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie in kurzer Zeit oh ne eigenes Zutun aus sämtlichen Newsletters fliegen, was Ihnen

vorher trotz gegebenenfalls mehrmaligen Abmeldens nicht ge lungen ist, dann ist das vielleicht eine der ganz wenigen po sitiven Auswirkungen des seit 25. Mai anzuwendenden grü nen Outputs der EU, der Datenschutz-Grundverordnung.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Diese müsste eigentlich „Datenverarbeitungsverhinderungs- und Bürgerverunsicherungsverordnung“ heißen, ursprünglich für – oder besser gegen – die großen Datenkraken der Welt gedacht. Diese aber trifft es nun am allerwenigsten, den vie len Juristen auf ihren Gehaltslisten und weltweiten Ausweich möglichkeiten sei Dank. Facebook und Whatsapp haben auch sogleich reagiert. Nicht-EU-Accounts hat Facebook aus der EU abgezogen, und bei den EU-Bürgern hat man flugs die Da ten aus Whatsapp mit Facebook ausgetauscht, was erst kürz lich ein Hamburger Gericht eigentlich untersagte. Da dieses nun aber nicht mehr zuständig ist, sondern eine Datenschutz behörde in Irland, haben die Whatsapp-Nutzer per Einwilli gung in die neue Datenschutz-Grundverordnung – sicher un wissentlich – ihr Einverständnis erteilt. Mark Zuckerberg lacht sich schlapp, die NSA liest sowieso mit.

Stattdessen hat die EU unter Federführung des grünen Juris ten Jan Philipp Albrecht, der noch nie in seinem Leben in ei nem Unternehmen gearbeitet hat, einen Volltreffer gegen un seren Mittelstand und alle Unternehmen, Handwerker, Arzt praxen, Vereine, Blogger und zahllose digitale Start-ups –

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So ein Unsinn!)

die sich jetzt vielleicht gar nicht mehr gründen werden – ge landet. Seine Berufskollegen wird es freuen. Zum Dank darf er ja jetzt Minister werden.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, mit diesem Bürokratiebetonklotz am Bein können wir hier beim Zukunftsthema Digitalisierung keine nennenswerte Rolle mehr spielen. Datenschutz ist wich tig und richtig, aber unsere Daten waren auch vor der DS-GVO durch die in Deutschland gültigen Datenschutzgesetze bereits reichlich geschützt.

(Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

Das eigentliche Ziel eines europaweit einheitlichen Daten schutzrechts wird zerstört, indem Sie ein angepasstes Landes datenschutzgesetz beschließen wollen, anstatt es abzuschaf fen.

Als Bundestag und Bundesrat im letzten Jahr das DatenschutzAnpassungs- und -Umsetzungsgesetz durchgewinkt haben, waren die Abgeordneten leider nicht so weitsichtig wie unse re österreichischen Nachbarn, die zum Schutz ihrer Wirtschaft und der Bürger kurzfristig als Notbremse der DS-GVO die Zähne gezogen, die Strafen auf Wiederholungsfälle reduziert und den Abmahnvereinen damit die Geschäftsgrundlage ent zogen haben. So kann man es machen.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Einigen Pressemeldungen zufolge soll die Bundesregierung inzwischen sogar bemerkt haben, was da angerichtet wurde, und diskutiert angeblich ein entschärfendes Nachbesserungs

gesetz. Die bessern jetzt schon nach. Wir sind gespannt; die Hoffnung stirbt – leider wie immer – zuletzt.

Meine Damen und Herren, die Anhörung am Montag dieser Woche im Ausschuss hat viele völlig offene Problemstellun gen offenbart. Daten sind der Rohstoff der Zukunft und Basis für Systeme der KI- und Big-Data-Anwendungen mit hochwer tigen Arbeitsplätzen dahinter; hier nur die Stichworte E-Health und Telemedizin zur Stärkung des ländlichen Raums. Auswir kungen? Bestimmt nicht in Deutschland, da hierzu keinerlei Vorkehrungen unternommen wurden.

Damit brauchen wir über wichtige Gebiete der Digitalisierung in Baden-Württemberg nicht mehr zu reden; damit macht kein Unternehmen hier in Baden-Württemberg auch nur einen Cent mehr Umsatz, abgesehen vielleicht von Juristen und Beratern.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Die Kommunen sehen keinerlei Mehr an Datenschutz, son dern nur obendrauf eine zusätzliche Ebene der Bürokratie. Die Kosten der Kommunen für Einführung und Betrieb sind der zeit überhaupt nicht abschätzbar, quasi ein offener Wechsel. Hier hat die EU bestellt, und die Kommunen bezahlen die Ze che – ohne jeglichen erkennbaren Mehrwert für sie.

(Beifall bei der AfD)

Es werden bürokratische Dokumentationen bei Behörden und Unternehmen zuhauf generiert. Aber wie eine Kontrolle über die Einhaltung der Vorschriften erfolgen soll – z. B. wie durch die BaFin im Kreditwesen –: völlig offen, keine Definition.

(Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

Es gibt noch eine lange Liste von dieser Art offener Fragestel lungen. Nichts davon lösen die hier zu beschließenden Geset ze und Gesetzesänderungen.

Ich komme zum Schluss und erlaube mir folgende Feststel lungen: Die EU-Datenschutz-Grundverordnung ist ein Mons trum. Denn sie schafft eine aberwitzige, sich vor allem mit sich selbst beschäftigende Bürokratie. Sie zerstört Zukunfts chancen für Deutschland und Baden-Württemberg im Bereich der künstlichen Intelligenz

(Zuruf von den Grünen: So ein Quatsch!)

und digitaler Geschäftsmodelle. Sie belohnt Großkonzerne und schädigt kleine Unternehmen, Kommunen, Kirchen, Ver eine und ganz normale Bürger durch enorme Kosten und Bü rokratieaufwand. Anstatt sich auf die Regulierung der wirkli chen Datenmissbräuche zu konzentrieren, nimmt sie die gan ze Gesellschaft in Haftung und Belastung.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Sie ist als Gesetzestext schlicht unverständlich, und es ist ein Zeichen des Verfalls öffentlicher Standards, dass überhaupt erwartet wird, dass sich die Bürger an einen solchen Text hal ten können.

(Beifall bei der AfD)

Sie ist ein Anschlag auf die Meinungsfreiheit. Sie ist ein Wi derspruch zum Prinzip der Datensparsamkeit.

Wir lehnen diesen nichts lösenden Gesetzentwurf aus den vie len vorgenannten Gründen ab.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Binder das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Die Ausführungen des Herrn Dürr zum Da tenschutz – und wie er das Ganze in einen Gegensatz zur Di gitalisierung bringt – zeigen, dass das Verständnis dafür nicht vorhanden ist,

(Lachen bei der AfD – Zuruf des Abg. Udo Stein AfD)

dass Digitalisierung und Zukunft ohne den Datenschutz im Interesse der Bürgerinnen und Bürger gar nicht denkbar sind.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zurufe von der AfD)

Wenn Sie heute meinen, die Österreicher hätten die Zähne ge zeigt, dann warten Sie einmal, wie viele Zähne noch übrig sind, wenn das Verfahren zu Ende ist.

(Abg. Klaus Dürr AfD: Schau’n wir mal!)