Protokoll der Sitzung vom 06.06.2018

Eine Vertiefung der Unterrichtsinhalte ist wichtig für den menschlichen Reifeprozess, auch grundsätzlich. Das Abitur soll zu einer fundierten Hochschulreife führen, die keine Vor semester erfordert.

(Beifall bei der AfD)

Im Gymnasium muss hinreichend Zeit sein, den gelernten Stoff durch Üben und Anwenden zu vertiefen.

Meine Damen und Herren, es stehen hier mindestens zwei grundsätzlich widerstreitende Zielvorstellungen, nämlich die einer staatlich verwalteten Kindheit und die einer individuell und familiär gestalteten Kindheit und Jugend, gegeneinander.

(Beifall bei der AfD)

Weil dieses Thema so wichtig ist, möchten wir die Entschei dung darüber dem mündigen Bürger, dem Wähler selbst durch entsprechende Abstimmungen anheimgeben.

Unser Eintreten für die Halbtagsschule entsteht durch einen liberalen Ansatz. Wir wollen keine Bevormundung der Fami lien oder der Kinder durch Ganztagsideologieerziehungsin stitute.

(Beifall bei der AfD)

Wir möchten es den Kindern und den Eltern überlassen, selbst zu entscheiden, wie der Nachmittag gestaltet werden kann.

Dieser freiheitliche Ansatz ist verbunden mit einer unbeding ten starken Leistungsorientierung. Leistung muss bei uns auch in den Schulen wieder als etwas Positives entdeckt werden.

(Beifall bei der AfD)

Das hat inzwischen auch die FDP/DVP erkannt – oder sie hat von uns abgeschrieben, was ich aber nicht annehmen möch te.

(Zuruf des Abg. Peter Hofelich SPD)

Im Klassenverband ist bekanntlich kein Leistungssport mög lich, auch nicht in einer AG, auch nicht mit irgendwelchen Ju gendbetreuern oder Sozialpädagogen. Im Klassenverband ist das intensive Erlernen eines Instruments nicht möglich. Blä ser- oder sogar Streicherklassen können ein Impuls für die ers ten zwei oder drei Jahre sein – möglicherweise wertvoll, aber danach steht unabdingbar der individuelle Unterricht im Vor dergrund.

Meine Damen und Herren, wir erleben in vielen Bereichen in zwischen eine große Illusion. Unsere Nachwuchsförderung in der klassischen Musik, im Ballett und in vielen Sportarten lässt durchaus Luft nach oben. – Zur Fußballnationalmann schaft will ich in diesem Zusammenhang keinen Kommentar abgeben.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Super Pointe!)

Kinder und Jugendliche müssen mehr Zeit haben, jeden Tag Sport zu treiben. Denn gerade der Leistungssport ist wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung.

(Abg. Gabi Rolland SPD: Der Leistungssport? Der Breitensport!)

Wo für den einen die Ballettausbildung angemessen ist, ist es für den anderen der Fußball. Meine Damen und Herren, wol len wir jetzt alle in eine Gruppe stecken, wobei montagmit tags Fußball stattfindet und dienstags alle ein Tutu – oder wie das Ballettröckchen heißt – anziehen und Ballett machen?

(Zuruf von den Grünen: So ein Schwachsinn!)

Ich bitte Sie! Wenn das Thema der grün-roten Gleichmache rei nicht so traurig wäre, wäre diese Vorstellung wenigstens komisch.

(Beifall bei der AfD)

Wir haben eine gute Vereinslandschaft hier in Baden-Würt temberg; dort wird gute Jugendarbeit gemacht. Durch die Ganztagsschule wird diese zumindest behindert, im Besonde ren durch das G 8.

Durch das G 8 sind auch – wir erinnern uns an die Mathema tiktests – viele Leistungslücken entstanden. Die Kleine An frage von uns hat es an den Tag gebracht. Die Mathematik lehrer weisen darauf hin, dass gerade in der Mittelstufe mehr geübt und vertieft werden müsse. Wie kann es sein, dass man diese Zeit der Vertiefung und Reifung den Realschülern und

den Gemeinschaftsschülern zugesteht, den Gymnasiasten aber nicht? Das ist eindeutig eine Benachteiligung.

Dies ist offensichtlich so gewollt, im Besonderen im Bundes gebiet dort, wo – ich verweise auf unser Land – linke Regie rungen das Sagen haben. Deshalb muss ich an dieser Stelle sagen: Für diese Benachteiligung tragen Sie die Verantwor tung.

(Beifall bei der AfD)

Sie wissen, im Besonderen die Buben sind Spätentwickler, Spätzünder. Das hat mit der Intelligenz nichts zu tun. Wir müs sen ihnen einfach mehr Zeit geben. Deshalb müssen wir die se Benachteiligung beenden.

Jugendliche brauchen Zeit für Vertiefung und Verinnerlichung. Es bedarf der Möglichkeit, über den eigenen Tellerrand hin auszuschauen und verwandte Themengebiete zu beleuchten. Sie sollen etwas mitbekommen, von dem sie später lange zeh ren können. Das erreicht man nur durch Vertiefung des Un terrichts, nicht durch Verflachung und nicht durch Ausstrei chungen im Lehrplan.

Herr Abg. Dr. Balzer, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich sehe, das Lämpchen leuch tet. Ich bedanke mich.

Nur ein Satz noch: Herr Oettinger – Sie kennen ihn alle – hat ja den Unterricht in Geschichte und Gemeinschaftskunde aus dünnen wollen. Das Ergebnis ist, dass viele Abiturienten Sa lier und Staufer nicht mehr unterscheiden können.

(Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich Frau Abg. Boser das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wundert mich schon, dass sich die AfD hier plötzlich für einen entspannten Tagesablauf der Schülerinnen und Schüler einsetzt, während sie sich doch sonst eigentlich für mehr Strafen und härtere Sanktionen gegenüber Schüle rinnen und Schülern einsetzt,

(Zurufe von der AfD: Ja, ja!)

eine Rückkehr zur Leistungsorientierung und eine Abkehr von der Kuschelpädagogik fordert. Daher wundert es mich schon, was Sie sich jetzt hier für das Gymnasium vorstellen.

(Zuruf von der AfD)

Für uns Grüne ist das Gymnasium eine leistungsstarke, eine tragende Säule unseres Bildungssystems. Ja, es ist eine an spruchsvolle Schule, die den Schülerinnen und Schülern in unserem Land eine vertiefte Allgemeinbildung und eine gute Vorbereitung auf Studium und Beruf bietet. Die G-8-Schulen haben sich bei uns in Baden-Württemberg innerhalb der letz

ten 15 Jahre darauf eingestellt, dass sie den Schülerinnen und Schülern in acht Jahren das Abitur vermitteln. Der Großteil der Gymnasien im Land macht das erfolgreich und ist mit dem G 8 auch zufrieden.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Dabei sehen wir durchaus den Bedarf, zu prüfen, wie man das Gymnasium für die Zukunft verbessern kann, damit Schüle rinnen und Schüler besser und individueller gefördert werden können.

Erste Schritte haben wir bereits in der Vergangenheit vorge nommen, durch die Anpassung des Bildungsplans an das Al ter der Schülerinnen und Schüler in G 8 mit zusätzlichen Stun den für individuelle Förderung, durch zusätzliche Stunden für Differenzierung in Klasse 10, eine Oberstufenreform, die auf die Begabungen und Neigungen der Schülerinnen und Schü ler eingeht, und durch Vertiefungskurse in Deutsch und Ma thematik.

Herr Kollege Dr. Balzer, wir sind bereits Punkte angegangen. Wir vernachlässigen das Gymnasium nicht. Das Gymnasium steht bei uns im Mittelpunkt, und wir unterstützen es, wo wir nur können.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Aber entgegen Ihren Ausführungen gibt es keinen Nachweis dafür, dass die Länge der Schulzeit am Gymnasium Einfluss auf die Leistung der Schülerinnen und Schüler hat. Dies wur de in mehreren empirischen Studien nachgewiesen, zuletzt von Professor Trautwein. In einer Expertise, die die Stiftung Mercator durch Professor Köller hat anfertigen lassen, wurde sogar nachgewiesen, dass die Schülerinnen und Schüler in Klasse 9 im G 8 besser sind als diejenigen im G 9.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die zeitliche Belastung der Schülerinnen und Schüler unter scheidet sich zwischen G 8 und G 9 kaum. Dazu gibt es auch Vergleichsstudien, bei denen der letzte G-9-Jahrgang mit dem neuen G-8-Jahrgang verglichen wurde. Dabei haben Schüle rinnen und Schüler der neunjährigen Gymnasien angegeben, dass ihnen zu wenig Zeit für Hobbys und Familie bleibt, ge nauso wie das die Schülerinnen und Schüler in G 8 getan ha ben. Das ist kein Phänomen des G 8. Auch wenn Sie heute Realschülerinnen und Realschüler fragen, bekommen Sie zur Antwort, dass sie keine Zeit für Hobbys und Familie haben.

Es sind also andere Themen, die wir angehen müssen, die Pro bleme bereiten, wie etwa das heutige Freizeitverhalten der Ju gendlichen; ein spezielles Phänomen des G 8 ist dies nicht.