Protokoll der Sitzung vom 10.10.2018

Ich bin mir sicher, dass das Badische Staatstheater weiß, auf welchen Weg es sich da auch selbst eingelassen hat, und sich freut, dass wir uns diese mutige Maßnahme vornehmen. Im Vollzug dessen wird man dort noch einige Tapferkeit brau chen. Es wird am Ende sozusagen auch nicht ein kleiner Mil lionenbetrag sein, der nach Karlsruhe geht, sondern auch da wird es sich um einen relevanten Betrag handeln.

Ich weiß nicht, ob ich Ihre Frage mit den 100 Millionen € rich tig verstanden habe. Das, worüber wir im Verwaltungsrat im Moment reden, ist die Generalsanierung hier. Wir haben mit dem Gutachten, mit den Bedarfsanmeldungen, mit dem Ge genchecken der Frage, ob das Ganze realistisch geplant ist, nicht über das Interim geredet, sondern über die Generalsa nierung in den Hauptgebäuden selbst.

Das Thema Interim ist eine andere Baustelle. Das Thema In terim mit den Zahlen, die dazu damals genannt wurden, ist ja im Zusammenhang mit der Ehmannstraße genannt worden. Das Thema Ehmannstraße wird zum jetzigen Stand nicht wei terverfolgt, weil die Stadt Stuttgart zusammen mit ihren Stadt räten gesagt hat: „Wir wollen diesem Projekt nicht nähertre ten, weil wir dieses danach zum Teil der Parklandschaft ma chen wollen. Also, wir würden investieren und dann die vie len Summen danach irgendwie zur Parklandschaft machen.“ Das könnten sie nicht vertreten.

Dies respektieren wir jetzt zunächst einmal und schauen, wel cher neue Interimsstandort zu welchen Kosten und mit wel cher Nachhaltigkeitskonzeption präsentiert wird.

Es gibt eine weitere Nachfra ge, und zwar von Herrn Abg. Rivoir.

Frau Präsidentin, vielen Dank. – Frau Ministerin, die Frage Interim hat uns jetzt schon ein Jahr gekostet, weil ein Standort zwar in einem langen Prozess he rausgesucht worden ist, dann aber doch wieder verworfen wurde. Ich stelle also fest, dass in dieser entscheidenden Fra ge des Interimsstandorts, in diesem entscheidenden Prozess weder Ihr Haus, also das MWK, noch das Finanzministerium mit beteiligt ist, sondern wir einfach warten, was sich die Stadt Stuttgart da überlegt. So haben Sie es dargestellt.

Meine Frage ist abschließend: Wie lange müssen die Oper und das Ballett noch im Littmann-Bau sein? Wann, denken Sie,

kann die Sanierung beginnen? Ich bitte Sie um Ihre Einschät zung.

Herr Abgeordneter, Sie sind im Verwaltungsrat und sind, glaube ich, sehr gut über all diese Fragen informiert.

(Abg. Sascha Binder SPD: Aber wir nicht!)

Aber Sie suggerieren einiges, was ich so nicht im Raum ste hen lassen kann.

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Wir haben kein Jahr verloren. Unsere Planungen zur Sanie rung der Württembergischen Staatstheater sind genau so, wie wir sie verabredet haben. Wir haben, während über den Som mer hinweg die neue Suche nach einem Interim stattgefunden hat, in dieser Zeit nicht nichts getan, sondern wir haben par allel dazu die Planungen vorangetrieben.

„Ihr schleicht euch ja selbst vonseiten der Überlegungen zur Interimsstätte noch einmal ins Verfahren ein.“ Das Verfahren hat keinen Moment geruht. Wir sind die Bedarfsplanung hoch konzentriert angegangen und haben das Gutachterbüro einge schaltet, um nochmals gegenzuchecken und nicht aus der Spur zu geraten. Wir sind in der Spur, und wir werden dieses Vor haben nicht schleifen lassen, sondern es voranbringen.

Beim Thema Interim ist die Landesseite bei der Definition der Bedarfe eng dabei. Auch bei der künstlerischen Ausstattung, die benötigt wird, sind wir eng dabei, und wir haben schon in einer Tiefe – auch bei der Frage, was für ein Interim benötigt wird – miteinander geplant und haben zu der Frage des kon kreten Ortes – nicht der Ausstattung, sondern des konkreten Ortes, an dem ein solches Interim gebaut wird – gesagt: Das Prä hat jetzt die Stadt. Sie wird mit einem Vorschlag auf uns zukommen. Machen Sie sich keine Sorgen, es wird kein Jahr mehr dauern.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Und wann ziehen wir da drüben aus?)

Herr Rivoir, das hängt ein wenig davon ab, wie schnell das Interim zu haben ist.

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Warten Sie halt einfach noch eine kurze Zeit ab. Der 5. No vember ist nicht mehr so weit. Dann werden wir etwas mehr erfahren.

Gibt es noch weitere Fra gen zu diesem Tagesordnungspunkt? – Dann würden wir die Fragestunde abschließen und damit Tagesordnungspunkt 4 be enden.

Vielen Dank, Frau Ministerin.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Kommen wir nicht mehr dran?)

Für die drei Minuten, glaube ich, macht das jetzt keinen Sinn mehr.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Sehr bedauerlich! Gründ lichst vorbereitet! – Abg. Winfried Mack CDU: Sie hinterlassen Enttäuschte, Frau Präsidentin!)

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung des Gesetzes für unter stützende Wohnformen, Teilhabe und Pflege (Wohn-, Teil habe- und Pflegegesetz – WTPG) – Drucksache 16/4078

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für So ziales und Integration – Drucksache 16/4814

Berichterstatterin: Abg. Dorothea Wehinger

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on festgelegt.

Das Wort erhält als Erste Frau Abg. Krebs für die Grünen.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Das Leben ist bunt, auch wenn manche hier das nicht begreifen oder nicht wissen wollen.

(Zuruf des Abg. Klaus Dürr AfD)

Genauso bunt und vielfältig wie die Menschen in BadenWürttemberg sind auch Sie hier im Landtag. Schauen wir uns einmal hier im Raum um. Was sehen wir? Menschen. Das Ple num ist voll – na ja, nicht wirklich voll – von Menschen. Lau ter spannende Lebensgeschichten, keine Biografie ist mit der anderen vergleichbar. Sie sind einzigartig, meine Damen und Herren.

(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Sie können sich gern selbst applaudieren, genau. – Verhei ratet, mit Familie oder ohne, alleinstehend, verpartnert, wie auch immer – wir alle sind ein wunderbares Spiegelbild un serer Gesellschaft. Wir unterscheiden uns als Frauen und Män ner nicht von den Menschen, über die wir heute sprechen. Aber als Abgeordnete tragen wir eine Verantwortung: Wir ge stalten die Rahmenbedingungen für ein gutes Leben hier im Land, auch für den Fall einer Pflegebedürftigkeit. Den Rah men für Pflegebedarfe zu schaffen ist Aufgabe der Landespo litik – und das tun wir auch.

Ich halte das WTPG, das Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz, das heute zur Debatte steht, für eines der innovativsten Geset ze der letzten Jahre; denn das austarierte Verhältnis von am bulant betreuten Wohngemeinschaften und stationären Ein richtungen ist das Herzstück dieses Wohn-, Teilhabe- und Pfle gegesetzes.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Unser politischer Wertekompass ist in diesem Gesetz abgebil det. Für uns Grüne stehen Schutz und Würde der Menschen an oberster Stelle. Wir wollen, dass die Frauen und Männer in unserem Land in Würde alt werden; denn Würde ist das Recht auf Selbstbestimmtheit und darf niemandem abgespro chen werden, nur weil er im letzten Viertel seines Lebens viel leicht auf Betreuung oder Pflege angewiesen ist.

Das Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz erzählt eine Erfolgs geschichte, meine Damen und Herren. Wir haben hier eine Gesetzeslage, die den einzelnen Menschen mit seinen Bedürf

nissen in den Mittelpunkt stellt. Entscheidungen orientieren sich daran und nur daran.

Mit dem jetzigen Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz haben Menschen mit Unterstützungsbedarf ein hohes Maß an Selbst bestimmung und Eigenverantwortung. Den Gesetzentwurf der FDP/DVP lehnen wir ab. Denn die FDP/DVP betreibt hier Lobbyismus und Etikettenschwindel.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Was? Wer sagt denn so was?)

Ja. Wir haben darüber schon öfter gesprochen. Wir stehen dazu. – Würden wir Ihrem Vorschlag folgen, wäre das ein ge waltiger Rückschritt. Sie machen bevormundende Vorschlä ge, die einzig und allein den Leistungsanbietern nützen, nicht jedoch den betroffenen Menschen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie wollen Sie im Alter le ben? Jeder und jede von Ihnen wünscht sich wahrscheinlich, so lange wie möglich zu Hause zu verbleiben, in der eigent lichen Häuslichkeit. Eine der wichtigsten Fragen unserer Ge sellschaft schlechthin, die auch die Menschen landauf, land ab beschäftigt, ist doch die: Wie, wo und mit wem wollen wir leben? Nicht umsonst haben wir heute auch schon über die Landesbauordnung gesprochen. Diese Frage erledigt sich auch nicht, wenn Unterstützungsbedarf hinzukommt. Nein, in die sem Fall wird sie sogar umso dringlicher. Kommt eine ambu lante Pflege-Wohngemeinschaft für Sie in Frage, in der nach barschaftlichen Umgebung, weiterhin Privatsphäre im eige nen Raum mit der Möglichkeit, einen ambulanten Pflegedienst hinzuzuziehen? Werden Sie eine stationäre Einrichtung benö tigen? Haben Sie darin einen anderen Anspruch als in einer Wohngemeinschaft? Privatsphäre, Zurückgezogenheit, selbst bestimmtes Leben im eigenen Raum sollten aus meiner Sicht in jeder Wohnform gewährleistet sein.

(Beifall bei den Grünen)

Wir sollten nicht leichtfertig mit den Selbstständigkeitsansprü chen von Betroffenen spielen, wenn einzig andere und vor al lem die Anbieter von Leistungen dadurch profitieren.

Wir Grünen sind für Gesetzesformulierungen, die aus Sicht der Betroffenen gestaltet wurden, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Deswegen sind wir dafür, sämtliche Über legungen in das Quartierskonzept einzubetten. Wir wollen weg von zentralisierten Ansätzen hin zu lebenswerten Quar tieren. Wir wollen neue Wohnformen ermöglichen, Teilhabe in lebendigen, gemischten Quartieren, Stadtteilen und Dör fern. Dieser Mix aus unterschiedlichen Angebotsformen ist das Herzstück dieses Gesetzes.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Dazu gehört eben auch, dass nur zwei Wohngemeinschaften des gleichen Anbieters in räumlicher Nähe vorhanden sein können. Eine Kernbotschaft des Gesetzentwurfs der FDP/DVP war auch, den gleichlaufenden Aufbau der Präsenzkräfte zu ermöglichen. Ich hatte das bei der ersten Lesung und auch im Ausschuss schon gesagt: Wir sind dafür offen, denken aber auch, dass eine Gesetzesänderung nicht notwendig ist. Wir halten eine Dynamisierung wegen der Individualität der Be darfslagen für einen grundsätzlich wünschenswerten Ansatz.

Ich möchte aber schon noch einmal ganz deutlich sagen, dass unsere grüne Denke sich von der der FDP ganz einfach unter scheidet.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: In der Tat!)