Protokoll der Sitzung vom 10.10.2018

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Bravo!)

Es wird Zeit, diese grenzenlose Naivität, und zwar in doppel tem Wortsinn, der verantwortungslosen, selbst ernannten Gut menschen zu beenden; denn sie stellen die Gefahr für die Un schuldigen in diesem Land dar.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Bravo!)

Die Menschen erwarten vom Staat Schutz, Sicherheit und Sühne. Wir, die AfD, werden das liefern.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Binder.

(Zuruf von den Grünen: Gib’s ihm! – Heiterkeit)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Das Interesse von Opfern von Straftaten in den Blick zu nehmen war schon immer und ist ein wichtiger Bestandteil von Rechtspolitik. Wir haben in den letzten Jahren mit zahlreichen gesetzgeberischen Maßnahmen dafür gesorgt, dass Opfer vor allem auch in Strafverfahren nicht nur als bloßer Beweis gelten, sondern als Menschen, die tief in ihrer Seele getroffen sind, und damit auch Rahmenbe dingungen geschaffen, dass diese Menschen durch einen Pro zess und durch die notwendige Strafverfolgung nicht über Ge bühr belastet werden. Ich denke, das ist mit Ausnahme einer Fraktion in diesem Haus das Verdienst einer überparteilichen Gemeinsamkeit beim Opferschutz. Das ist die richtige Rich tung.

(Beifall bei der SPD, den Grünen und der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU – Abg. Stefan Räpple AfD: Alles Symptomkämpfer!)

Wer Opferschutz ernst nimmt, sollte die Opfer selbst ernst nehmen.

(Zuruf von der CDU: Genau! – Zuruf: Richtig!)

Nach dieser Rede, die die AfD gerade gehalten hat, rede ich nicht nur von einer Instrumentalisierung von Opfern, sondern von einem weiteren Missbrauch von Opfern, die tiefe seeli sche Belastungen erlitten haben, indem sie für einen politi schen und radikalen Kampf benutzt werden. Das haben die Opfer nicht verdient,

(Zuruf von der AfD)

und in den allerwenigsten Fällen wollen die Opfer selbst, dass Sie sie missbrauchen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie Abgeord neten der CDU und der FDP/DVP)

Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen ist es insbeson dere vielen hauptamtlich und ehrenamtlich Tätigen in unse rem Land zu verdanken, dass die Opfer mit einer Vielzahl von Maßnahmen unterstützt werden. Eine wesentliche Säule des aktiven Opferschutzes in Baden-Württemberg sind die zahl reichen Opferhilfeeinrichtungen in unserem Land, die sich tagtäglich und mit großem Engagement für die Opfer einset zen. Für diese nicht einfache Arbeit möchte ich allen, die sich dort engagieren, im Namen meiner Fraktion sehr herzlich dan ken.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grü nen, der CDU und der FDP/DVP)

Wir haben eine große Einigkeit, was den Opferschutz angeht. Aber Sie werden es mir nachsehen, dass ich doch – man muss

da ja auch zusammenarbeiten – die einen oder anderen auch an ihre Ziele erinnern darf.

Es gibt z. B. die Aussage im Koalitionsvertrag, dass es neue Richtlinien zur Förderung von Frauenhäusern geben soll. Aber anstelle der groß angekündigten Förderrichtlinie sollen jetzt die bestehenden Richtlinien bis Ende 2020 fortgeführt wer den, soll also in dieser Legislaturperiode an dieser Stelle nichts weiter passieren.

Das Gleiche gilt auch für die Gewaltambulanz am Universi tätsklinikum in Heidelberg. Hierzu wird im Koalitionsvertrag groß angekündigt, das Angebot solle weiter ausgebaut wer den. In der Antwort auf die Große Anfrage steht jetzt nur noch drin, man wolle prüfen.

Wenn man sich solche Ziele setzt, die wir, die SPD-Fraktion, nachdrücklich unterstützen, dann sollte man diese Ziele auch einhalten. Wir stehen bereit, diese beiden Dinge mit der Re gierungskoalition gemeinsam anzugehen. Aber sich wegzu ducken, nachdem man große Ziele dargestellt hat, lassen wir nicht durchgehen; das müssen wir auch tun, denn wir müssen in diesen beiden Bereichen deutlich zulegen, liebe Kollegin nen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich einige Sätze zu dem Missbrauchsfall in Stau fen sagen. Ich wäre froh, wir wären vor einem Jahr so weit gewesen wie jetzt. Wir haben bei der Aufklärung dieses Fal les ein Jahr verloren. Wir haben ein Jahr verloren, um zu klä ren, wo rechtliche Verfehlungen sind, wo persönliche Verfeh lungen sind, wo es Schwierigkeiten in der Erkennbarkeit gab. Unser Antrag, der im Januar dieses Jahres eingebracht wurde, ist bis heute nicht abschließend beantwortet, konnte auch in der letzten Ausschusssitzung nicht abschließend beantwortet werden.

Das heißt, wir sind am Anfang der Aufklärung dieses Falles und nicht am Ende. Diese Landesregierung hat bei der Auf klärung dieses Falles ein Jahr verschenkt. Kommissionen kann man einrichten, wenn die Aufklärung erledigt und klar ist, wo Probleme liegen. Da sind bisher viele Fragen offen. Deshalb haben wir weitere fünf Anträge eingebracht mit jeweils zahl reichen Fragen, die nach wie vor nicht beantwortet werden konnten.

Wir hoffen, dass die Landesregierung jetzt schneller zu Ant worten kommt als im vergangenen Jahr. Wenn ich die Kolle ginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen richtig ver standen habe, gehe ich davon aus, dass das jetzt auch kom men soll. Dafür sind wir dann dankbar.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Weinmann.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen, liebe Kollegen! Die Vermeidung von Straftaten ist fürwahr der beste Opferschutz.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der AfD)

Es ist die wesentliche Aufgabe des Staates, die Menschen durch Sicherheit von Furcht, der Furcht vor Gewalt, Verbre chen und Tod, zu befreien.

Aktuell ergibt sich insbesondere mit Blick auf die personelle Ausstattung unserer Polizei ein etwas kritischeres Bild. Es ist die wesentliche Aufgabe, Straftaten zu vermeiden, präventiv zu agieren. Doch die Umsetzung dieses hehren Wunsches ge lingt nicht immer. Ich möchte an dieser Stelle auch allen Po lizeibeamtinnen und Polizeibeamten meinen besonderen Dank aussprechen, die hier dazu beitragen, für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zu sorgen.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen, der CDU, der AfD und der SPD)

Es ist nicht möglich, Straftaten in Gänze zu vermeiden. Wenn sie aber eintreten, ist es wichtig, die Opfer nicht nur bei der Durchsetzung des Rechts, sondern insbesondere auch bei der Bewältigung der Folgen der Straftat zu begleiten und zu un terstützen.

In der Tat haben wir in den letzten Jahren fraktionsübergrei fend im Konsens viele gute Schritte eingeleitet. Ich möchte das Beispiel des Hauses des Jugendrechts anführen, einer be hördenübergreifenden Institution, wo Kommune, Amtsgericht, Staatsanwaltschaft und Polizei zusammenarbeiten, um vereint Jugendkriminalität zu bekämpfen, ihr präventiv entgegenzu treten.

(Zuruf des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP)

Dabei kommen auch moderne Vernehmungstechniken und kindgerecht ausgestattete Räumlichkeiten zum Einsatz, die ein entsprechend sensibles Eingehen auf die Opfer, aber auch eine schnelle und zielführende Lösung für die Straftäter im Kindes- und Jugendalter ermöglichen. Nehmen Sie den Tä ter-Opfer-Ausgleich, das Bereitstellen von Opferanwälten, die Beiordnung psychologischer Prozessbegleitung, die gesetzli che Verankerung von Informationsrechten der Opfer.

Ja, Straftaten lösen materielle und immaterielle Schäden aus. Insofern ist es richtig, dass durch unser Opferentschädigungs gesetz, in erster Linie durch die Landesstiftung Opferschutz, Opferhilfe gewährt wird. Auch hierzu hat der NSU-Untersu chungsausschuss im Vorfeld der Handlungsempfehlungen Be ratungen geführt, und insofern bin ich gespannt auf die ab schließenden Bewertungen.

Diese Hilfe kommt endlich, nachdem die FDP/DVP-Fraktion dies seit 2015 fordert, auch den Polizeibeamtinnen und Poli zeibeamten zugute, die Opfer von Gewalttaten werden. Allein 4 330 Straftaten gegenüber Polizeibeamtinnen und Polizeibe amten weist die Kriminalitätsstatistik für 2017 aus, und inso fern ist es nur gut und billig, wenn hier ein Schmerzensgeld gezahlt werden kann.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Der einfachste und günstigste Opferschutz, den Opfern zuzu hören, ihnen Gehör zu verschaffen, sie ernst zu nehmen, scheint gleichzeitig der schwierigste zu sein. Denken Sie an die gegenüber Frau Bundeskanzlerin Merkel geäußerte Kri tik auf ihre Aussage, sie werde alles Mögliche tun, um die

NSU-Verbrechen aufzuklären, die daran beteiligten Helfers helfer zu finden und dingfest zu machen. Amnesty Internati onal kam zu dem Ergebnis, dass sie dieses Versprechen ge brochen habe. Auch wir im Untersuchungsausschuss konnten uns nicht immer davon befreien, dass wir eine stärkere Auf klärung und Unterstützung durch die Bundesbehörden erwar tet hätten.

Oder denken Sie an die Opfer des Terroranschlags am Breit scheidplatz,

(Beifall des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los] – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Ge nau!)

wo sich letztendlich die Frau Bundeskanzlerin einen Tag vor dem Jahrestag bemüßigt gesehen hat, mit den Opfern ein Ge spräch zu führen. „Cicero“ betitelt dies als einen „dreisten Witz“.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Diese Beispiele zeigen deutlich: Empathie, Mitgefühl, das Ernstnehmen der Opfer von Straftaten, das Abmildern der Fol gen, den Opfern helfen, die Opferrolle abzulegen, das ist die eigentliche Herausforderung, die man schlussendlich nicht mit Geld überdecken kann.

Insofern sollten wir die Anliegen der Opfer ernst nehmen, und ich denke, diesem Ansinnen wollen wir im Konsens, frakti onsübergreifend, gerecht werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)