Das Herzstück des baden-württembergischen E-Governments ist bei uns ohne Zweifel das Portal service-bw, die E-Govern ment-Infrastruktur des Landes und der Kommunen. Hier er halten Bürgerinnen und Bürger ebenso wie Unternehmen nicht nur hilfreiche Informationen, sondern sie erhalten nach und nach auch die Möglichkeit, ihre Belange über individuelle Servicekonten online zu erledigen. Meine sehr verehrten Da men und Herren, bereits 650 Kreise, Städte und Gemeinden haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Inhalte des Serviceportals in ihre Webseiten zu integrieren. Damit kön nen über 70 % der Bürgerinnen und Bürger service-bw zu sätzlich auch über ihre kommunale Internetpräsenz nutzen. Inzwischen wird das Serviceportal Baden-Württemberg etwa 500 000 Mal – eine halbe Million Mal – pro Monat besucht.
Bei service-bw arbeiten Land und Kommunen Hand in Hand. Durch die für jede Kommune bestehende Möglichkeit, ser vice-bw zu nutzen, vermeiden wir, dass das Rad überall und immer wieder neu erfunden werden muss. Das Land bietet den Kommunen zu ihrer Entlastung über die Ressorts hinweg abgestimmte Textinformationen zu Lebenslagen und Leis tungsbeschreibungen. Wir sorgen damit für Effizienz und Ef fektivität, und wir sorgen für professionelle und vor allem auch rechtssichere Angebote – egal, ob das in einer Großstadt oder auf dem Land angewendet wird.
Mit den digitalen Angeboten ersetzen wir übrigens nicht den persönlichen Kontakt zum Rathaus, zum Bürgerbüro oder den telefonischen Kontakt, sondern wir ergänzen dies jetzt um ei nen zusätzlichen Weg, um ein zusätzliches Angebot für die Bürgerinnen und Bürger. Auch das ist ein klares Signal für die Bürgerfreundlichkeit und die Bürgernähe in Baden-Württem berg im 21., im digitalen Jahrhundert. Bürgernähe steht für uns an erster Stelle.
Der Landesregierung ist dabei klar, dass Prozesse und Stan dards nicht von oben nach unten diktiert werden können. Da her entwickeln wir unsere digitalen Angebote auch nicht im stillen Kämmerlein, sondern wir verfahren dabei in enger Zu sammenarbeit mit den kommunalen Landesverbänden, mit ITDienstleistern und vor allem, immer und immer wieder, mit Pilotkommunen, mit konkreten Projekten vor Ort.
Dadurch erreichen wir ein hohes Maß an Akzeptanz, und wir kommen vor allem zu Angeboten, die in der Praxis am Ende auch funktionieren. Gemeinsam legen wir Wert auf eine intu itive Bedienung und fördern damit die Bürgerfreundlichkeit der Verwaltung. Erste Leistungen stehen den Kommunen auf Wunsch bereits zur Verfügung, weitere werden nach und nach folgen.
Wir sind weiter als die meisten anderen Länder. Doch das ist uns noch lange nicht genug. Zusätzlich zur bereits sehr guten Qualität unseres Portals brauchen wir zügig mehr Quantität, also mehr verfügbare Leistungen. Nur dann wird service-bw seinen ganzen Nutzen entfalten können.
Mit Mitteln der Digitalisierungsstrategie bieten wir den Krei sen, Städten und Gemeinden in Form von Förderprogrammen und auf der Basis von Wettbewerben zusätzlich finanzielle Spielräume, um innovative Ideen zu erproben und die beste henden Angebote zu erweitern. Ich denke beispielsweise an die Beratungsassistentin „Kora“ der Stadt Heidenheim, die als künstliche Intelligenz den Webseitenbesucher interaktiv bei seiner Suche unterstützt, oder an den kleinen Roboter L2B2 der Stadt Ludwigsburg, der die Besucherinnen und Besucher im Rathaus begrüßt und ihnen den Weg zur richtigen Stelle, zum richtigen Amt weist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist im Übrigen genau die Subsidiarität, die wir in diesen Zeiten brauchen. Wir brauchen Nähe und Praxistauglichkeit, so viel Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern, wie es nur überhaupt geht. Das ist besser als jede Vorschrift von oben, und das schafft auch Ver trauen.
Die Mittel der Digitalisierungsstrategie nutzen wir aber auch für die Kompetenzen der Bediensteten von Land und von Kommunen. Mit der Digitalakademie starten wir landesweit und in Zusammenarbeit mit der Führungsakademie BadenWürttemberg, den kommunalen Landesverbänden und der kommunalen IT eine wichtige und langfristige Qualifizierungs offensive für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbe sondere auf der kommunalen Seite. Ob an Hochschulen, in Bibliotheken, Archiven oder Museen oder bei landwirtschaft lichen Antragsverfahren, bei Geodaten, bei Register- und Grundbuchauskünften oder auch bei Bewerbungen: In vielen
weiteren Bereichen zu unterschiedlichsten Themen stehen be reits heute flächendeckend Onlineangebote in Baden-Würt temberg zur Verfügung, und mit Nachdruck wollen wir sie schnellstmöglich weiter ausbauen.
Auch innerhalb der Verwaltung brauchen wir den digitalen Wandel, der nicht nur in der Technik, sondern vor allem auch in den Köpfen ankommen muss.
Mit der ressortübergreifenden Stabsstelle „Projekt Landesein heitliche E-Akte“ haben wir hierzu einen wichtigen Schritt getan. Inzwischen wurde die Ausschreibung zur Findung ei ner geeigneten Software erfolgreich abgeschlossen, sodass wir mit der Pilotphase der elektronischen Aktenführung in der Landesverwaltung zeitnah beginnen werden.
Ganz besonders freut es mich, dass es uns dabei gelungen ist, die künftigen Nutzerzahlen von ursprünglich geplanten 30 000 auf 57 000 zu steigern, indem wir auch die gesamte Polizei Baden-Württembergs für die E-Akte gewinnen konnten. Die se außerplanmäßige Steigerung um fast 100 % hat zwar auch die Zeitläufe etwas verzögert, doch das ist eine echte Investi tion in die Zukunft. Das wird eine anstrengende, aber – davon bin ich überzeugt – auch eine erfolgreiche Veränderung der Landesverwaltung.
Die E-Akte ist nicht nur die Aufgabe eines Ressorts, sondern aller Behörden unseres Landes. Daran erkennt man auch ei nes – das müssen wir immer wieder deutlich machen –: Digi talisierung ist kein in sich geschlossenes Themenfeld, Digita lisierung durchdringt alle Ressorts, alle Lebensbereiche und damit alle Politikfelder.
Die Forderung nach einem Digitalisierungsministerium, die von manchen hier erhoben wird, mag populär klingen,
tatsächlich jedoch wäre es nicht klug, sie umzusetzen. Ein Mi nisterium ist kein Werbeprospekt. Ein Ministerium ist auch keine politische Visitenkarte, und Politik ist nicht nur Posing. Ein Ministerium braucht klare und abgrenzbare Zuständigkei ten: Das Sozialministerium ist und bleibt für Gesundheit und damit für die Telemedizin zuständig. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau besitzt die Kompetenz, digitale Start-ups zu unterstützen und elektronische Bauge nehmigungen zu ermöglichen. Und das Wissenschaftsminis terium weiß am besten, wie Hochschulen und Universitäten digitaler werden. Die Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern sie hat eine dienende Funktion; die Digitalisierung folgt den Anforderungen und nicht umgekehrt.
Daher ist Ihre Forderung – mit Verlaub – weder zielführend noch praktikabel noch erfolgversprechend.
Die Landesregierung verfolgt genau den richtigen Ansatz: de zentrale Gestaltung der Digitalisierung bei den fachlich zu
ständigen Stellen, auf der einen Seite insbesondere unter Ein beziehung kommunaler Bedürfnisse und kommunaler Exper tise, auf der anderen Seite eine Stelle zur Koordination aller Digitalisierungsbemühungen, um eine strategische Ausrich tung sowie eine effiziente, zentrale und maximal sichere ITInfrastruktur gewährleisten zu können. Diese Aufteilung prägt die Digitalpolitik unseres Landes Baden-Württemberg, und diese Politik war erfolgreich, ist erfolgreich und wird auch in den nächsten Jahren erfolgreich sein.
Ich wollte Ihnen noch sagen – danke, dass Sie mich daran er innern –, dass die FDP/DVP-Fraktion zusätzlich noch fünf Minuten Redezeit für das Schlusswort hat. Wie Sie sich das aufteilen wollen, ist dann Ihre Sache. Das Präsidium hat ganz regulär eine Redezeit von fünf Minuten für die Aussprache festgelegt und für die FDP/DVP noch einmal fünf Minuten extra. Das habe ich jetzt übersprungen.
(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Dann würde ich das gern machen! – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP er hebt ich von seinem Platz.)
(Abg. Andreas Stoch SPD: Schlusswort kommt am Schluss! – Zuruf: Ladies first! – Weitere Zurufe, u. a. des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)
Ich mache es ja auch ganz kurz. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben jetzt zwei Themen auf der Tagesord nung: zum einen das Gesetz zur Änderung des E-GovernmentGesetzes Baden-Württemberg und zum anderen die Große An frage der FDP/DVP-Fraktion zu den digitalen Serviceporta len auf dem Weg zum flächendeckenden E-Government in Ba den-Württemberg.
Zur Gesetzesänderung hatten wir bereits ausführliche Darle gungen des Innenministers. Darauf will ich jetzt nicht mehr im Detail eingehen. Es geht hier einfach um die Umsetzung von EU-Recht. Insofern ist es zwingend, diese Anpassung vor zunehmen. Es geht um eine verbindliche Rechtsgrundlage zum Empfang elektronischer Rechnungen, die wir schaffen und auch schaffen müssen.
Wir meinen, es ist eine sinnvolle Erweiterung des E-Govern ment-Gesetzes, und begrüßen sie. Aus der Anhörung kamen
jetzt zwar einige Anmerkungen, aber keine grundsätzlichen Einwände, die irgendwie geltend gemacht wurden. Insofern tragen wir diese Gesetzesänderung gern mit. Wir sehen sie als einen von vielen weiteren Bausteinen, die auf dem Weg zur Umsetzung eines umfassenden E-Governments noch kommen müssen.
Zur Großen Anfrage der FDP/DVP hat die Landesregierung bereits eine ausführliche Antwort vorgelegt. Für uns hat das Land bei der Digitalisierung eine Vorbildfunktion. Es ist uns sehr wichtig, dem auch umfassend gerecht zu werden. Das E-Government ist hier im Rahmen der Gesamtstrategie Digi talisierung ein ganz zentraler Bestandteil, denn es dient der Entbürokratisierung unserer Verwaltung und damit vor allem den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen in unse rem Land.
Mit dem E-Government bereiten wir – das ist für uns ein ganz wesentlicher Aspekt – den Weg zu einer offenen Verwaltungs kultur. Das war uns schon in der letzten Legislatur ein ganz wichtiges Anliegen. Da haben wir in diesem Kontext „Offe ne Verwaltungskultur“ u. a. auch das Informationsfreiheitsge setz auf den Weg gebracht. Jetzt geht es uns beim E-Govern ment stark darum, die Kontaktaufnahme mit der Verwaltung zu erleichtern, vieles niederschwelliger zu gestalten und da mit weitere Möglichkeiten zur politischen Teilhabe zu schaf fen, wie wir das u. a. mit dem Beteiligungsportal schon er folgreich praktizieren. Bürger und Bürgerinnen können sich jetzt aktiv in Gesetzgebungsverfahren einbringen und ihre Kommentare abgeben.
Uns Grünen ist auch beim E-Government das Thema Nach haltigkeit ein ganz wichtiges Anliegen. Umfassende Umset zung von E-Government bedeutet eben auch weniger Papier, weniger Akten, die wir lagern müssen, und damit weniger Flä chenverbrauch – ein durchaus wichtiges Thema. Wir sehen hier viele Nachhaltigkeitsaspekte erfüllt, wenn wir uns dem Thema E-Government umfassend widmen.
Baden-Württemberg hat auch schon viele Pionierleistungen in Sachen E-Government in Deutschland erbracht. Es ist u. a. – wir hatten es vorhin schon davon – Vorreiter beim Projekt „Landeseinheitliche E-Akte“. Da sind wir, denke ich, auf ei nem guten Weg.
Bereits 2003 wurde, wie schon erwähnt, service-bw als lan desweites Serviceportal eingeführt – auch dies als damals bun desweit einmaliges Projekt, besonders weil es von Land und Kommunen gemeinsam aufgebaut wurde. Die Kommunen ha ben einfach eine ganz wichtige Schlüsselstellung, wenn es um E-Government geht, denn sie haben sehr viele Schnittstellen auch zu Bürgerinnen und Bürgern, die sie realisieren und im E-Government dann umsetzen müssen.
2015 hatten wir bereits das Gesetz zur Förderung der elektro nischen Verwaltung des Landes Baden-Württemberg verab schiedet. Damit hatte Baden-Württemberg als eines der ers ten Länder ein E-Government-Gesetz. Auch das, denke ich,