Für die Alleinerziehenden bedeutet das also immer noch, dass sie sich einschränken müssen und ihren Kindern nicht das bie ten können, was mit einem regulären Unterhalt möglich wä re.
Daher ist es auch wichtig, dass die Unterhaltspflicht dort, wo sie – zum Wohle des Kindes – besteht, strikt durchgesetzt wird.
Es geht überhaupt nicht, dass die Jugendämter sagen: „Wir können es nicht einfordern, da wir zu wenig Personal haben.“ Da sollte das Land den Kommunen ebenfalls noch mehr un ter die Arme greifen. Die Ausweitung der Leistungen im Jahr 2017 hat vielerorts zu einer so nicht erwarteten Mehrbelas tung der Kreise und Kommunen mit ihren Jugendämtern ge führt, und zwar vom Verwaltungsaufwand her, aber natürlich auch finanziell.
Immerhin ist im vorliegenden Gesetzentwurf ein Ausgleich zugunsten der Kommunen vorgesehen. Die Kommunen sol len weniger bezahlen und prozentual mehr aus den Rückzah lungen bekommen. Die Zahlen haben wir vorhin von Minis ter Lucha gehört. Aber die Höhe hängt natürlich auch davon ab, wie viele Unterhaltspflichtige ihren Anteil tatsächlich zu rückbezahlen. Wie wir vorhin gehört haben, sind es gerade mal höchstens 15 %.
Wenn letzten Endes ein Ausgleich für die Kommunen geleis tet wird, ist das fraglos gut. Gerade die unteren Verwaltungs ebenen sind finanziell nicht so flexibel aufgestellt wie etwa das Land.
Das entbindet den Staat jedoch nicht von der Pflicht, sich die ses Geld auch wieder zu holen; denn der Ausgleich wird aus Steuergeldern bezahlt und somit von jedem einzelnen Bürger – auch denen, die ihren eigenen Verpflichtungen diesbezüg lich nachkommen; also zahlen die Ehrlichen wieder doppelt.
Meine Damen und Herren, würde jeder, der zahlen muss und kann, auch zahlen, wären ausreichend Mittel da, um denjeni gen, die aus ihrer Lage heraus wirklich nicht ausreichend Un terhalt leisten können, unter die Arme zu greifen. Alleinerzie hende könnten wirksamer vor der Armut geschützt werden, und Kindern könnte ein sorgloseres Aufwachsen ermöglicht werden.
Es gehört zu einem Sozialstaat, dass man denjenigen hilft, die nicht anders können, aber auch diejenigen in die Pflicht nimmt, die dazu in der Lage sind.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es freut mich, zu dieser spä ten Stunde zum wichtigen Thema Unterhaltsvorschuss spre chen zu können.
Ich sage es gleich vorneweg: Ja, die SPD stimmt dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung des Unterhalts vorschussgesetzes – ein kleiner Zungenbrecher – zu.
Die Änderungen sind ein Erfolg der SPD in der letzten Bun desregierung und wurden von der damaligen Bundesfamili enministerin Manuela Schwesig auf den Weg gebracht. Bun desweit profitieren mehr als 300 000 Kinder von diesem Ge setz.
Ich habe zur Frage der Auswirkungen in Baden-Württemberg einen Berichtsantrag gestellt. Dass der Bund seinen Anteil von 30 auf 40 % erhöht, ist nur recht und billig, Herr Minister, denn wer bestellt, soll sich auch an den Kosten beteiligen. Sie haben ja sehr nachvollziehbar dargestellt, wie sich die Ge meinden und das Land die Kosten teilen.
Ich sage Ihnen gleich vorweg – da bin ich ganz bei der Kol legin Wehinger –: Wer seinen Unterhalt nicht bezahlt, begeht keinesfalls nur ein Kavaliersdelikt, vor allem dann nicht, wenn er ihn bezahlen könnte. Es ist der richtige Weg, die Gemein den durch einen höheren Anteil zu motivieren, diesen Unter halt auch einzuklagen. Wir hatten gemeinsame Gespräche mit Alleinerziehenden, die bemängelt haben, dass beim alten Ge setz von ihnen verlangt wurde, diesen Unterhalt selbst einzu klagen, was eine hohe emotionale Hürde dargestellt hat. Nun müssen es die auszahlenden Stellen übernehmen. Das ist für mich ein ganz großer Quantensprung und ein richtiges Er folgserlebnis für die Alleinerziehenden.
Wir reden über Gott und die Welt. Wenn ich die Nachrichten anhöre, denke ich: Das ist doch einmal ein ganz unspektaku läres Einführen eines Gesetzes mit kolossalen Auswirkungen für ganz viele Menschen gewesen, ohne dass es in den Medi en dafür gebührend gewürdigt worden wäre.
Ich denke an den Fall Maaßen. Das bewegt die Medien heu te noch, aber interessiert Alleinerziehende und arme Men schen in diesem Land keinen Deut. Das bringt ihnen gar nichts. Dieses Gesetz verbessert die Lebenswirklichkeit die ser Menschen. Das ist auch ein Gesetz, das unsere Partei mit auf den Weg gebracht hat.
Übrigens: Wer sich mit Jugendlichen unterhält, deren Väter für sie nicht zahlen – es sind ja leider zumeist immer noch die Väter, die nicht zahlen –, erfährt, dass diese Jugendlichen ein Leben lang darunter leiden. Das muss man sich auch einmal vorstellen: Man geht mit anderen Kindern in die Schule und man kann an vielen Dingen des Lebens nicht teilhaben, weil Teilhabe eben Geld kostet. Dann muss man, wenn man das überhaupt zugeben will, sagen: „Mein Vater drückt sich um die Unterhaltskosten.“ Das ist ein Trauma, das die Kinder ein Leben lang begleitet. Dieses Trauma haben wir durch dieses neue Gesetz ein Stück weit reduziert.
Wer sich aber mit Alleinerziehenden unterhält – das wurde hier auch schon gesagt –, der weiß natürlich, dass Alleinerzie hende mit ihren Kindern das höchste Armutsrisiko haben – daneben Familien mit Kindern sowieso, was in einem so rei chen Land wie dem unseren ein Skandal ist, meine sehr ge ehrten Kolleginnen und Kollegen.
Alleinerziehende haben auf dem ohnehin angespannten Woh nungsmarkt mit die schlechtesten Karten. Alleinerziehende Mütter – das wissen wir aus Gesprächen – haben oftmals in den eh viel zu kleinen Wohnungen nicht einmal ein eigenes Zimmer. So können weder die Kinder noch die Mütter Besuch empfangen. Deswegen ist die Gesetzesmaßnahme erst mal nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Weitere Schritte müssen fol gen. Wir fordern deswegen – das ist in allen Bundesländern, in denen die SPD den Ministerpräsidenten stellt, bereits er folgt –, die Kita-Gebühren abzuschaffen, meine sehr verehr ten Damen und Herren.
Der Wegfall der Kita-Gebühren ist eine enorme Entlastung der Familien und ganz besonders übrigens der Alleinerziehen den. Es steht übrigens in Ihrem Koalitionsvertrag. Sie müssen es gar nicht aushandeln, Sie müssen es nur umsetzen. Es steht in Ihrem eigenen Koalitionsvertrag.
Dann sage ich immer – das ist wichtig –, Arbeitgeber sind ge nauso gefragt. Wer über Fachkräftemangel klagt, der könnte beim Erstellen von Dienstplänen und anderem auch auf Al leinerziehende eingehen. Da wäre vielen geholfen.
Ich schließe mit einem Zitat – vielleicht errät jemand, von wem das Zitat ist; es ist nicht von einem Sozialdemokraten; ich sage zum Schluss, von wem es stammt –: Das reformier te Unterhaltsvorschussgesetz ist ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein großer Schritt für 300 000 Kinder.
Ein weiterer richtiger Schritt ist das gute Kita-Gesetz der neuen Familienministerin Giffey. Wir, die SPD, werden dafür sor gen, dass weitere Schritte zur Verbesserung der Lebenswirk lichkeit von Alleinerziehenden und ihren Kindern gemacht werden.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt viele lo bende Worte über die Neuregelung des Unterhaltsvorschuss gesetzes der sogenannten Großen Koalition gehört, das durch Gesetzesänderung auf Bundesebene 2017 auf den Weg ge bracht wurde. Dass sich hier die SPD-Kollegen über den grü nen Klee loben, mag berechtigt sein.
Die Maßnahme darf auch aus Sicht der betroffenen Kinder und Mütter – meist sind es Mütter – in der Regel sehr löblich erwähnt sein.
Natürlich freut sich jede betroffene Familie, wenn die Leis tungen nun nicht mehr nur noch sechs Jahre, sondern bis ei nen Tag vor Vollendung des 18. Lebensjahrs gezahlt werden können. Es handelt sich aber um Gelder, die die öffentliche Hand zur Verfügung stellt, weil die an sich Unterhaltsver pflichteten ihrer Pflicht nicht nachkommen, weil sie in der heutigen Zeit mit nahezu Vollbeschäftigung nicht zahlen wol len – meist sind es Väter –, und nicht, weil sie nicht zahlen können. Auch das wurde hier schon des Öfteren erwähnt.
Bedacht werden muss aber auch, dass zwei Drittel der Bezie her von Unterhaltsvorschuss zugleich Grundsicherungsemp fänger sind. Bei diesen erfolgt eine Verrechnung, was mir in meinem Wahlkreis immer wieder leidvoll von betroffenen Al leinerziehenden erzählt wird.
Deshalb begrüße ich es ausdrücklich, dass der Anteil der kom munalen Seite an den Rückflüssen erhöht wird. Warum? Nun können die betroffenen Kommunen, die sich das Geld erfolg reich von den Unterhaltsverpflichteten holen – wie gesagt: meist Männer –, 40 % dieser Beträge behalten, wohingegen sie sich an den Ausgaben nur zu 30 % zu beteiligen haben. In meinen Augen ist es ein großes Ärgernis, dass im Schnitt nur in 30 % der Fälle die öffentliche Hand das Geld zurückholen kann, das die Unterhaltsverpflichteten eigentlich zu zahlen hätten. Wir haben von Minister Lucha gehört: sogar nur 28 %. Wir wollen zwar Spitzenreiter sein, aber 28 oder 30 % sind immer noch zu wenig.
Der Gesetzentwurf, den wir hier zu beraten haben, ist rein technischer Natur. Ich greife vor: Wir werden auch zustim men. Es gibt kaum eine andere zielführende Vorgehensweise.
Ich begrüße ausdrücklich die Klausel für eine Revision im Laufe des Jahres 2020. Aber dies wirft auch Fragen auf. So einvernehmlich wie dargestellt scheint mir die Einigung mit den kommunalen Landesverbänden auf den Ausgleichsbetrag von jährlich 7,5 Millionen € nicht zu sein. Wir haben es auch vom Minister gehört: Die Ausgaben haben sich von knapp 60 Millionen € auf nahezu 140 Millionen € mehr als verdop pelt. Ich will diesen Punkt einmal betonen: Die Ausweitung des Leistungsbezugs – eine Wohltat des Bundesgesetzgebers – haben die Baden-Württembergerinnen und Baden-Württem berger mit 7,5 Millionen € im Jahr zu bezahlen, wobei sich noch ein ganz anderer Betrag ergeben kann, wenn sich die Fallzahlen deutlich steigern sollten und die Regresse schwä cher laufen als vermutet.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns im weiteren Verfah ren nicht nur diesen Gesetzentwurf beraten, sondern auch ge meinsam überlegen, wie wir die zwei Drittel Leistungsemp fänger, die zusätzlich Grundsicherung beziehen, aus dieser Leistungsabhängigkeit herausführen können. Zudem ist es uns wichtig, dass wir die Unterhaltsverpflichteten tatsächlich he ranziehen und die öffentliche Hand nicht dauerhaft Ausfall bürge ist. Auch das war schon mehrfach angeklungen. Aber hierzu braucht es in den betroffenen Kommunen und Ämtern auch genügend Personal.