Jürgen Keck

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Sehr verehrte Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in der ersten Lesung über einen bemerkenswerten Gesetzentwurf – bemer kenswert deshalb, weil das geplante Gesetz rückwirkend zum 28. März in Kraft treten soll, bemerkenswert aber auch, weil
der Inhalt bereits mit Erlass des Sozialministeriums vom 30. April 2020 geregelt worden war und dies wohl den Anfor derungen nach § 5 des SodEG genügen würde.
Bemerkenswert ist dieser Entwurf aber auch deshalb, weil da mit die Forderungen insbesondere der Liga einfach vom Tisch gewischt werden. In den Besprechungen mit der Liga und auch in den Beratungen im Sozialausschuss wird zwar von der größeren der beiden Regierungsfraktionen stets Verständ nis und Wohlwollen signalisiert; beim Blick ins Gesetz oder in entsprechende Briefe zeigt sich allerdings: Fehlanzeige!
Nun komme ich zum letzten Mal zu dem Wort „bemerkens wert“: Bemerkenswert ist der Brief des sozialpolitischen Spre chers der Fraktion GRÜNE vom 9. Oktober 2020, versandt per E-Mail, an die Unterzeichner des gemeinsamen Schrei bens der Leistungserbringerverbände, der kommunalen Lan desverbände und des KVJS zu coronabedingten Mehraufwen dungen in der Eingliederungshilfe. Hier weisen Sie einfach alles von sich und verkünden u. a. – ich zitiere –:
Auch in Zeiten von Corona ist es Aufgabe der Stadt- und Landkreise, die Leistungserbringer der Eingliederungs hilfe mit den notwendigen finanziellen Mitteln auszustat ten.
Sie schieben dann hinterher:
In der Vereinbarung vom 28. Juli wurde auch festgehal ten, dass mit der Einigung sämtliche aus der Coronapan demie herrührenden Mehrausgaben und Mindereinnah men der Kommunen abgegolten sind. Eine zusätzliche fi nanzielle Beteiligung des Landes an den coronabeding ten Mehrausgaben der Eingliederungshilfe ist daher nicht vorgesehen.
Nein.
Ich habe den Brief auch dabei; das wäre also kein Thema. – Statt gehört zu werden durch die grün geführte Landesregie rung sollen es nun also die Stadt- und Landkreise vor Ort aus baden bzw. sollen die Einrichtungen eben selbst schauen, wo sie bleiben. Denn wie formuliert es Herr Poreski in seinem Brief?
Natürlich hat die Eingliederungshilfe im Rahmen der Subsidiarität nicht nur einen Anspruch auf Weiterfinan zierung auf 100-%-Basis, sondern auch auf Erstattung der coronabedingten Zusatzaufwendungen.
Das ist – ich habe es mehrfach bemerkt – bemerkenswert.
Da ich noch einige Sekunden Redezeit habe, habe ich nun noch die Gelegenheit, Ihnen allen trotz der blöden Zeit – ent schuldigen Sie den Ausdruck – eine besinnliche Adventszeit zu wünschen, ein frohes Weihnachtsfest – sofern dies mög
lich ist – und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Bleiben Sie gesund und munter, bis wir uns im neuen Jahr wiedersehen.
Vielen Dank.
Ja. – Vielen herzlichen Dank, Herr Schwarz. Eigentlich wollte ich den Herrn Ministerpräsi denten fragen, aber man hat mich oben nicht gesehen.
Meine Frage ist einfach: Wie finden von Ihrer Seite, vonsei ten der Regierung Gespräche mit den Schweizer Nachbarn statt? Ich komme aus dem Landkreis Konstanz, direkt an der Grenze zur Schweiz. Der Herr Ministerpräsident spricht zu Recht vom Drücken der Inzidenzzahlen auf 100, auf 50. Dann gibt es wieder eine Perspektive, alles zu öffnen. Wir haben bei uns und in ganz Baden-Württemberg die Gastronomie seit sechs Wochen geschlossen; das bedeutet ein Berufsverbot.
Dementsprechend frage ich: Wie finden Gespräche Ihrerseits mit den Schweizer Nachbarn statt, wo die Inzidenz in den Nachbarkantonen bei 600 und mehr liegt?
Verehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sich um die Kinder zu kümmern, sie zu fördern, aber auch zu fordern, trägt dazu bei, dass es starke Kinder sind, starke Kinder, die chancenreich ihren Le bensweg gehen.
Wir haben bereits gehört, was im Schwerpunktjahr alles ge gen Kinderarmut auf den Weg gebracht wurde. In der Vorbe reitung auf diese Rede habe ich auch die Zusammenstellung des Sozialministeriums durchgelesen. Sie hat den gleichen Ti tel wie die heutige Debatte.
Sie haben dort fleißig zusammengetragen, was es bereits al les gibt.
Im Bereich des Verkehrsministeriums wurde es dann leicht humorig. Mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich:
Der sozialpolitische Gewinn des Fahrrades wird in der RadSTRATEGIE klar kommuniziert. Sowohl in der Po litik als auch in der Bevölkerung soll ein Bewusstsein für Chancen und erforderliche Rahmenbedingungen für die gesellschaftliche Teilhabe durch Radfahren geschaffen werden.
Nun gut, Radfahren ist eine prima Sache – ich fahre selbst gern Fahrrad –, aber einen sozialpolitischen Gewinn konnte ich dadurch leider nicht feststellen,
auch keinen Beitrag für chancenreiche Kinder und die Über windung von Kinderarmut.
Jetzt muss man natürlich fairerweise sagen: In dieser Zusam menstellung steht auch, dass jedes Kind ein Fahrrad haben sollte, das zu ihm passt. Für den Bereich des Verkehrsminis teriums steht darin auch, dass sichere Radwege geschaffen und barrierearme Mobilität ermöglicht werden sollen. Das ist natürlich ein wichtiger Punkt.
Dies führt mich zum Beschluss der 97. Arbeits- und Sozial ministerkonferenz vom letzten Donnerstag. Die Länder wol len eine eigenständige Kindergrundsicherung. Es ist im Übri gen wenig überraschend, dass sich die Mehrheit der Länder
darin einig sind, vom Bund Geld zu fordern. Umso bemer kenswerter ist es aber, dass dieser Beschluss nicht einstimmig gefasst wurde.
Für uns Freie Demokraten ist die Sozialpolitik Chancenpoli tik. Seit Jahren fordern wir nicht nur ein liberales Bürgergeld, wir fordern auch die Weiterentwicklung des bisherigen Kin dergelds zu einem Kinderchancengeld. Bisher gibt es über 150 verschiedene ehe- und familienpolitische Leistungen des Bun des. Diese werden um Förderungen und Leistungen der Län der und Kommunen ergänzt. Hier kann niemand mehr behaup ten, dass er den völligen Überblick hat.
Kinderarmut muss endlich durch effektive und nachhaltige Reformen bekämpft werden. Bildungszugang und Chancen gerechtigkeit sind die Grundlage für ein selbstbestimmtes Le ben in sozialer Verantwortung. Die Lösung muss eine Reform sein, bei der alle bisherigen kindesbezogenen Leistungen ge bündelt, vernetzt und vereinfacht werden. So kann ein einheit licher Anspruch an einer zentralen Stelle entstehen. Das schafft die Möglichkeit einer kombinierten Beratung, Beantragung und Auszahlung.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Gemeinsam sollten wir wieder lernen, vom Menschen her zu denken – und nicht in Zustän digkeiten und formalisierten Verfahren.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsiden tin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte schon die Befürchtung, dass ich, der ich jetzt hier stehe, den Unterhal tungswert von Jimmy Zimmermann und Andreas Kenner nicht toppen kann. Aber der Kollege Rottmann hat es in „hervorra gender“ Weise geschafft, diese Stimmung, die Euphorie, die im Petitionsausschuss oft vorherrscht – der sich aber dennoch mit Ernsthaftigkeit der Sache annimmt –, total auf den Boden zu bringen.
Ich wage jetzt zu behaupten, dass ich für die Kolleginnen und Kollegen vor mir mitspreche, wenn ich sage, dass nicht alles so schwarz zu sehen ist, wie es der Kollege Rottmann jetzt ge schildert hat – sicherlich nicht.
Sicherlich sind die Petitionen gelebte Bürgerbeteiligung und ein wichtiger Baustein in unserer gelebten Demokratie. Ich
möchte sie nicht wegdenken und bin auch persönlich sehr stolz darauf, dass ich in den vergangenen vier oder fast fünf Jahren im Petitionsausschuss mitarbeiten durfte.
Dennoch müssen wir auch kommunizieren: Wenn man ange sprochen wird, stellt man nicht selten fest, dass bei Bürgerin nen und Bürgern die Meinung vorherrscht: „Wenn irgendwo etwas sein sollte, reichen wir einfach eine Petition ein.“ So einfach ist das nicht.
Der Petitionsausschuss – auch das ist eingangs schon erwähnt worden – ist in der Hauptsache eine Kommission, die Verwal tungshandeln in den Gemeinden, in den Landkreisen, von öf fentlichen Institutionen daraufhin prüft: Sind Entscheidungen richtig getroffen worden? Kann ich als Bürger davon ausge hen, dass alles ordnungsgemäß gelaufen ist, oder wende ich mich an den Petitionsausschuss des Landtags von BadenWürttemberg und lasse das Ganze überprüfen?
Manche Entscheidungen sind für Bürgerinnen und Bürger nicht nachvollziehbar. Manchmal sind sie das aber auch für uns Abgeordnete nicht. Dennoch ist der Petitionsausschuss – das muss man auch ganz klar sagen – kein „Wünsch dir was“.
Wir stehen im Petitionsausschuss auf dem Boden des Rechts staats. Gesetze werden im Petitionsverfahren nicht angetas tet.
Manche Geschichten begleiten einen aber über die ganze Le gislaturperiode. Viele Petitionen erfordern Fingerspitzenge fühl und lassen einen menschlich auch nicht kalt. Denn wir sind als Abgeordnete den Petenten und Betroffenen gegenüber verpflichtet, uns für ihre Rechte starkzumachen.
Das Ergebnis einer solchen Petition ist nicht immer das, was man sich tatsächlich wünscht. Es macht aber umso deutlicher, an welchen Stellen der Gesetze es nachzubessern gilt.
In genau diesen Fällen bedeutet eine beschiedene Petition nicht das Ende meiner Aufgaben. Hinter diesen persönlichen Geschichten – da kennt jeder auch welche – stehen immer Menschen. Die Regelungen fließen in die politische Arbeit ein. Hier setze ich mich ein, um Politik zu gestalten. Wenn es auf Landesebene z. B. – das erleben wir auch oft – keine Mög lichkeit gibt, etwas zu verbessern, tausche ich mich mit mei nen Bundestagskollegen in Berlin aus.
In diesem Jahr haben sich viele Eingaben mit den Maßnah men – auch das wurde angesprochen – im Zuge der Corona pandemie beschäftigt. Für viele Bürgerinnen und Bürger wa ren sie widersinnig oder haben den Kern des Problems nicht getroffen, nämlich den Infektionsschutz. Vielleicht wäre es deshalb anders gewesen und hätte für mehr Transparenz ge sorgt, wenn man hier im Landtag über solche Maßnahmen de battiert und entschieden hätte.
Enden möchte ich gern mit einem Aspekt, der mir im Petiti onsausschuss und im Petitionsverfahren wirklich Freude be reitet: Das ist das persönliche Gespräch vor Ort, bei Vor-OrtTerminen oder wenn man das Gespräch auf dem kleinen Dienst weg sucht. Manches Mal findet man Lösungen außerhalb des Petitionsverfahrens, auch wenn die Petition oft negativ be
schieden wird, und man kann hier auf dem kleinen Dienstweg helfen.
Auch wenn ich der letzte Redner in dieser Runde bin, gilt auch mein ehrlicher und aufrichtiger Dank Herrn Haas, all seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die unwahrscheinlich aufwendige Arbeit. Er macht das immer ganz, ganz toll – auch seine Mitarbeiter und Kollegen. Ich will jetzt nicht so wie für Pflegekräfte einen Applaus, sondern sage einfach einen auf richtigen Dank auch von der FDP/DVP-Fraktion ans Petiti onsbüro. Machen Sie bitte weiter so!
Danken möchte ich aber auch all meinen Kolleginnen und Kollegen für die wirklich allseits gute Zusammenarbeit. Ei nen Dank richte ich aber auch an meinen Kollegen im Petiti onsausschuss, Stephen Brauer, sowie an unsere Beraterin Jo hanna Molitor. Vielen herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Herzlichen Dank. Ich fange jetzt nicht direkt an. Meist bleibt einem als letztem Redner nur übrig, die Vorredner irgendwie zu wiederholen. Aber das war jetzt doch ein so breites Spektrum, dass es mir gestattet sei – ich glau be, von der Zeit her bekomme ich es auch hin –, den einen oder anderen Satz zu meinen Vorrednern zu sagen.
Lieber Kollege Daniel Born, schade. Ich bin ein bisschen ent täuscht. Das ging so gut los, und – das ist mein Empfinden – die tatsächlichen Probleme wurden geschildert. Am vergan genen Sonntag war der Coming Out Day. Welche Probleme sind es, die die jungen Menschen haben? Wann offenbare ich mich? Wann gehe ich nach außen in der Familie, in der Ge sellschaft, bei der Arbeitsstelle, und sage, dass ich homosexu ell bin oder lesbisch bin? Das sind die echten Probleme: das, so sage ich mal, Befinden in der Gesellschaft für solche The men zu schärfen.
Es waren tatsächlich die Communitys, die für ihre Rechte ge kämpft haben, und nicht unbedingt nur die SPD. Da kam dann ein bisschen zu viel Parteipolitik ins Spiel.
Damit komme ich auch schon auf die nächste Partei. Frau Dr. Baum, ich finde es verheerend – – Sie haben recht – „Ich las se mir nie mehr die Würde nehmen und auch nicht den Mund verbieten“ –, doch wenn die AfD und Sie bestimmen, wie die „normale Familie“ – so waren Ihre Worte – aussehen soll, dann sind wir völlig falsch.
Es ist normal, verschieden zu sein. Es gibt keine Norm für das Menschsein.
Dieses Zitat des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker kam mir bei den Vorbereitungen auf die heutige Debatte in den Sinn. Damals ging es um Menschen mit Be hinderungen. Die Aufforderung, gegen Diskriminierung und Ausgrenzung vorzugehen, passt aber auch zur heutigen De batte. Für einen Freien Demokraten ist es eine Selbstverständ lichkeit, dass es keine Norm für das Menschsein gibt. Es ist die Vielfalt der Lebensentwürfe, die eine offene, liberale Bür gergesellschaft ausmacht, wenn diese in Freiheit und Würde gelebt werden können.
Das Aktionsjahr 2019 im Zusammenhang mit dem 50-jähri gen Bestehen des CSD, dem Jubiläum der Christopher-StreetAufstände, zeigte eindrücklich: Es ist noch gar nicht so lange her, dass Repression an der Tagesordnung war. Deshalb bin ich auch schon sehr gespannt auf die Veröffentlichung der Stu die „Lebenswelten und Verfolgungsschicksale homosexueller Männer in Baden und Württemberg im 20. Jahrhundert“. Sie sollte noch in diesem Monat veröffentlicht werden.
Neben der gesetzlichen Diskriminierung – denken wir nur an § 175 des Strafgesetzbuchs; wer sich tatsächlich noch mit Zeitzeugen unterhalten konnte, weiß, was für schreckliche Dinge damals passiert sind – gibt es noch immer, auch wenn das heute doch eigentlich nicht mehr sein kann, unzählige Fäl le von Diskriminierung und Ausgrenzung. Es ist deshalb wich tig, dass dieses Thema heute im Landtag behandelt wird.
Entscheidende Erfolge der Gleichstellung sind gar nicht so alt, wie man manchmal glauben möchte. Die standesamtliche Eheschließung ist erst seit nunmehr drei Jahren möglich. Im Adoptionsrecht haben zwei Männer – auch das haben wir schon gehört – noch immer keine Chance, als Familie zu le ben. Für Frauen ist dies aus biologisch offenkundigen Grün den gleichwohl faktisch möglich, aber auch hier schließt sich das aufwendige Verfahren der Stiefkindadoption an. Das Fa milienrecht muss der Lebenswirklichkeit der Menschen in Re genbogenfamilien gerecht werden und nicht umgekehrt.
Im Bereich der Blutspende ist es noch immer so, dass ein au tomatischer Ausschluss für zwölf Monate erfolgt, auch wenn keine anderen Risiken bestehen.
Das sind natürlich Themen, die auf Bundesebene spielen, ebenso wie das Transsexuellengesetz. Es verlangt immer zwei Gutachten von Sachverständigen und ein gerichtliches Ver fahren, wenn transgeschlechtliche Menschen ihren Vornamen und ihren Personenstand anpassen wollen. Eine einfache Selbstauskunft beim Standesamt sollte nach Meinung der Frei en Demokraten für den Geschlechtseintrag ausreichen. In ei ner ohnehin schon schwierigen Lebenssituation sollte der Staat nicht durch Bürokratie gängeln, sondern Freiheitsrech te stärken.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche mir, dass wir in Baden-Württemberg so weit sind, dass mein Eingangszitat gelebte Realität wird: „Es ist normal, verschieden zu sein.“
Vielen Dank.
Herzlichen Dank. – Sehr ge ehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu nächst einmal möchte ich ein bisschen Wasser in den Wein schütten.
Thomas Poreski hat sich über den weißen Klee gelobt; Ulli Hockenberger war ein Stück weit besser. Wenn man dem, was der Kollege Poreski gesagt hat, aufmerksam zugehört hat, weiß man: Am Anfang der Legislaturperiode hat man verein bart, dass man hier etwas tun will. Dann hat man abgewartet, was die Bundesregierung macht. Im Januar 2019 gab es tat sächlich einen Beschluss der Bundesregierung;
darauf komme ich gleich noch einmal zurück. Wir sind da ein bisschen gespalten.
Selten hat das Bild vom lachenden und weinenden Auge so zugetroffen wie heute hier in dieser Debatte. Das lachende Au ge auf der einen Seite, denn auf dem Weg zur gleichberech tigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen kommen wir heute dauerhaft einen Schritt weiter. Die Aufhebung von Wahlrechtsausschlüssen galt bisher nur vorübergehend. Nun wird es endlich eine dauerhafte Aufhebung geben. Unser Lan desrecht ist dann stimmig mit dem Bundesrecht.
Meine Damen und Herren, das ist ein sehr wichtiges Signal für all die Menschen mit Behinderungen, für die eine Betreu ung in allen Angelegenheiten bestellt ist. Es tut sich also end lich etwas im Land. Diese Menschen können endlich ihr Wahl recht ausüben – aktiv und passiv. Das ist für uns Freie Demo kraten ein wichtiges Signal in Richtung der Rechte von Bür gerinnen und Bürgern mit Behinderungen und der Würde des Menschen.
Nun noch kurz zum weinenden Auge: Dieses Auge sieht, wie sich die Fraktion GRÜNE und die Fraktion der CDU parla mentarischen Kooperationen entzogen haben. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts datiert auf den 29. Januar 2019. Seitdem sind fast zwei Jahre vergangen.
Erst nach der Einbringung unseres Gesetzentwurfs – Kolle gin Wölfle hat es angedeutet – wurde, würde ich sagen, der Hund zum Jagen getragen. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen der SPD kam im Mai dieses Jahres Bewegung in die Causa Wahlrechtsausschlüsse. Statt mit uns gemeinsam einen Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen, haben Sie sich lieber einen durch die Regierung erstellen lassen. Das ist eigentlich ein schwaches Zeichen für das parlamentarische Selbstver ständnis der Grünen und der CDU, wenn es um den Kernbe reich der Demokratie geht.
Ob es sonderlich elegant und vor allem auch erforderlich ist, bei Bürgermeisterwahlen hier das passive Wahlrecht auszu klammern, bleibt Ihr Geheimnis.
Ich halte mich heute nicht mit Kleinigkeiten auf, die Sie be wusst gesucht haben. Man hätte bei der Frage des Wahlrechts eine parlamentarische Brücke über die Fraktionen hinweg bauen können. Sie wollten das nicht.
War nichts zu erkennen. – Meine Damen und Herren, es ist schön, dass sich heute etwas bewegt. Auch wenn Sie unseren Gesetzentwurf ablehnen: Wir stimmen Ihrem Gesetzentwurf zu. Denn es geht um die Sache, die gleichberechtigte Teilha be von Menschen mit Behinderungen.
Vielen Dank.
Hier oben! Hallo! – Herzli chen Dank. Zahlreiche Ausführungen, die Sie schon getätigt haben, stellen ja, so sage ich einmal, dar, dass die Gastrono mie und die Hotellerie zum Öffnen bereitstehen. Mir stellt sich die folgende Frage: Warum nicht die Gastronomie abkoppeln? Sie sagten, Sie hätten mit verschiedenen Gastronomen gespro chen und erfahren: Sie brauchen eine Vorbereitungszeit viel leicht bis Ende Mai.
Bei der Hotellerie ist es jedoch einfacher. Ich rede jetzt nicht von den großen Hotelketten, sondern von kleinen, familien geführten Unternehmen, denen inzwischen finanziell die Pus te ausgeht. Warum sollten sie nicht früher öffnen? Der Well nessbereich ist gesperrt, es gibt kein Frühstücksbuffet; nichts wäre einfacher, als die Zimmer zu öffnen und die Menschen dort Gast sein zu lassen. Dann könnten die kleinen, familien geführten Unternehmen Geld verdienen.
Warum also nicht Gastronomie und Hotellerie entkoppeln und die Hotellerie früher öffnen lassen?
Gerade eben kommt auch die Meldung: Man kann es den Leu ten einfach nicht vermitteln, warum die Fußballbundesliga jetzt offensichtlich bereits Mitte Mai wieder mit dem Betrieb beginnen darf, die Hotellerie jedoch erst Ende Mai. Das ist verlorene Zeit. Da wäre eigentlich jeder Tag wichtig.
Vielen herzlichen Dank. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist vieles von vielen gesagt worden, und sprichwörtlich kann man jetzt nur noch damit enden: nur nicht von jedem.
Aber zwei, drei Hinweise seien noch gestattet. Die Anhörung, die tatsächlich nicht so im Sinne einer Anhörung, sondern in Form von Stellungnahmen der Verbände stattgefunden hat, die bis gestern Abend noch durch fleißige Mitarbeiterinnen des Sozialministeriums nachgereicht wurden, ergab Rückmel dungen verschiedenster Art. Ich möchte hier nicht inhaltlich darauf eingehen, sondern nur den einen Hinweis des VPK mit ins Spiel bringen, den auch unsere Fraktion in der vergange nen Legislaturperiode immer wieder aufgegriffen hat und in verschiedene Briefe und Anregungen hat einfließen lassen: Der VPK soll als ständiges Mitglied im Landesjugendhilfe ausschuss aufgenommen werden. Ich werde meiner Fraktion nachher Zustimmung empfehlen.
Lassen Sie mich schlussendlich noch einen Satz sagen, der mir doch ein Lächeln ins Gesicht bringt, und zwar: Die Be reitstellung von 5 Milliarden €, die wir vorhin einstimmig be schlossen haben, ermöglicht Soforthilfen verschiedenster Art, die uns allen helfen, auch den Mitbürgerinnen und Mitbür gern. Jeder ist in den letzten Tagen in seinem Wahlkreis von verschiedener Seite angesprochen worden: „Helft mir! Wie kann ich Hilfe erfahren?“, ob es um die Tagesmütter geht, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Gastronomie. Ich bin sehr glücklich, dass wir in dieser Hinsicht nicht mit lee ren Händen in unsere Wahlkreise heimkommen, sondern tat sächlich etwas mitbringen und dementsprechend auch irgend wo Hilfe zuteilwerden lassen.
Vielen herzlichen Dank.
Herzlichen Dank. – Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um viel Geld. Wir haben zumindest von zwei Regierungsfraktionen gehört, dass das Geld passgenau und zielgerichtet ausgegeben wird. Zumindest die Kollegin Wölfle und meine Wenigkeit wagen das doch zu bezweifeln.
Wenn man sich die Zahlen einmal anschaut, so sieht man, dass für 2020 knapp 2 Milliarden € im Haushaltsplan veranschlagt sind. Noch zu Beginn der Regierungszeit von Grün-Schwarz, im Jahr 2016, waren es knapp 1,43 Milliarden €. Allein die ser Anstieg um 539 Millionen € oder 38 % ist schon gewal tig. Doch die Regierungsfraktionen – auch das haben wir ge hört – legen noch deutlich mehr als eine Schippe drauf. Grü ne und CDU geben mit ihren im Finanzausschuss beschlos senen Anträgen im Jahr 2020 rund 45 Millionen € und im Jahr
2021 rund 48 Millionen € Steuergelder zusätzlich aus. Die ins Ekstatische gesteigerte Ausgabenlust dokumentiert sich am anschaulichsten bei 18 zusätzlichen Beamtenstellen und etli chen Stellenhebungen bei Beschäftigten –
und dies in einem seit Jahren ausgebauten und gut aufgestell ten Haus. Was sollen da die vielen Angestellten im normalen Dienst sagen, die von dieser Stellenhebung nichts haben, die tagtäglich ihrer Arbeit nachgehen und sehr, sehr wenig ver dienen?
Diese grün geführte Landesregierung verfährt nach dem Mot to: Wir sehen die Wand des konjunkturellen Einbruchs vor uns und geben noch einmal kräftig Gas.
Dass es deshalb in wenigen Jahren umso heftiger krachen wird, stört Sie offenbar nicht. Das scheint ins grüne Muster zu passen. Denn wie meinte der grüne Verkehrsminister: „Um die Tesla-Fabrik“ – auch das haben wir in den letzten Tagen schon öfter gehört – „haben wir uns nicht gerade gerissen.“ Einen größeren Zynismus gegenüber den künftigen Arbeits losen – durch das Abwürgen des Verbrennungsmotors – kann man sich überhaupt nicht vorstellen.
Dabei hilft auch das überpeinliche Zurückrudern in der Pres se nicht. Auch wenn es die Frisur des Verkehrsministers nicht vermuten lässt: Da hat ihm offenbar jemand kräftig den Kopf gewaschen.
Die umweltpolitisch unsinnige Umstellung auf batterieelekt rische Antriebe – die Kilowattstunde kostet rund 474 g CO2 – wird das Land Zehntausende Arbeitsplätze kosten. Warum er zähle ich dies? Das sind Arbeitsplätze von Arbeitnehmerin nen und Arbeitnehmern, die täglich früh aufstehen und zur Ar beit gehen und dieses soziale Gefüge und unsere Solidarität finanzieren.
So wenig wie die batterieelektrische Mobilität für den Klima schutz bringt, so unselig war das Klima bei den Verhandlun gen des Landes mit den Kommunen über das Thema „Umset zung des Bundesteilhabegesetzes“.
Wann hat es das jemals gegeben, dass derartige Brandbriefe und Ultimaten kursierten?
Noch am 21. November unterbreiteten die Finanzministerin und Herr Lucha ein finales Angebot von 4 Millionen €, die bis vor wenigen Tagen noch im Raum standen. Ein partnerschaft licher Umgang sieht wahrlich anders aus. Gut, am Dienstag abend hat man sich geeinigt, und jetzt ist von 15,5 Millionen € mit Nachweispflicht für die einmalige Umstellung die Rede. Auf jeden Fall wird eine irrsinnige Bürokratie geschaffen. Ein richtungen, Träger und Betreuer werden bis zum Anschlag be lastet.
Lassen Sie mich am Ende noch kurz auf unseren Änderungs antrag eingehen.
Hier haben wir, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und lieber Herr Minister, ermutigende Signale in der Ausschuss sitzung erhalten. Dafür vielen herzlichen Dank. Es scheint sich eine Lösung unter den Ländern abzuzeichnen. Das ist gut, da mit nach der Adoption von Kindern aus dem Ausland die so wichtige Nachsorge endlich finanziert wird. Hier gibt es bis her nämlich eklatante Lücken.
Für einen gelingenden Kinder- und Jugendschutz und das Wohl der Familien müssen wir hier nachsteuern. Deshalb be antragen wir, das schon heute im Haushalt zu berücksichti gen, damit ein zeitnaher Einstieg in die Finanzierung der nach gehenden Betreuung und Beratung möglich ist.
Für die Bereiche Gesundheitspolitik und Pflege wird jetzt mein Kollege Haußmann übernehmen.
Herzlichen Dank.
Vielen herzlichen Dank. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Aktuelle Debatte, eingebracht von der SPD, zeugt von riesigem Inte resse, wenn ich die fast leeren Ränge – auch bei der SPD selbst –
anschaue.
Wir sind fast komplett.
Vielen Dank, Herr Vorsitzender.
Wenn man die Nachrichten und Geschehnisse der letzten Ta ge beobachtet und sieht, vor welchen Gefahren und Heraus forderungen die Weltpolitik und Baden-Württemberg stehen, dann staunt man. Man staunt, wenn man sieht, was die SPD heute als Aktuelle Debatte hier im Landtag diskutieren lässt. Umso mehr wächst die Verwunderung, wenn man weiß, dass sich der Sozialausschuss genau mit diesem Thema in seiner vorletzten Sitzung eingehend auseinandergesetzt hat. Es gab dazu sogar – –
Bitte?
Doch, doch, doch. Dazu komme ich noch; selbstverständ lich.
Lassen Sie mich weiter ausführen, bitte. Alles gut. – Es gab dazu sogar eine Zumeldung des Paritätischen Wohlfahrtsver bands, in der über den Infodienst der Liga der freien Wohl fahrtspflege informiert wurde. Und, lieber Herr Kollege Hin derer, Sie wissen genau, was aus Ihrem nachgereichten Be schlussantrag bei der Abstimmung im Ausschuss geworden ist.
Was genau ist seither geschehen? Gibt es aktuell schon eine neue Verwaltungsvorschrift, die ab dem 1. Januar notwendig wird? Gibt es Problemanzeigen? Mir wäre nichts bekannt.
Ich komme noch dazu. – Die Schulsozialarbeit, liebe Kol leginnen und Kollegen, wurde in den Ausschüssen und im Ple num oft diskutiert. Sie ist ein wichtiger Bereich; sie ist aber eine Freiwilligkeitsleistung des Landes. Zuständig sind die Träger der Jugendhilfe.
An dieser Stelle komme ich zu dem positiven Aspekt: Es war sinnvoll, wichtig und richtig, dass vor Jahren die Schulsozi alarbeit eingeführt wurde. Schon damals hat ein kluger Kopf gesagt: Es gibt nicht – wie es in der Begründung des Antrags der SPD hieß – Brennpunktschulen, sondern es gibt nur Brenn punktschüler.
Diese Brennpunktschüler – auch über diese Erkenntnis sind wir froh – gibt es nicht nur an Hauptschulen, sondern auch an weiterführenden Schulen. Kollege Poreski hat schon ausge
führt, dass hier angesetzt werden muss. Vielen herzlichen Dank.
Aber es braucht mehr als Schulsozialarbeit. Uns Freien De mokraten sind Prävention, Bildung und gute Lern- und Le bensbedingungen wichtig. Die Schulsozialarbeit hat da an Schulen einiges bewirkt. Sie ist aber nicht die einzige Säule. Es braucht eine umfassende Präventionsstrategie. Das bedeu tet, vor Ort die passenden Beratungs- und Unterstützungsan gebote aus Schulpsychologen, Schulsozialarbeitern und Be ratungslehrern zu ermöglichen.
Während die Stärke der Schulpsychologen in ihrer professio nellen und auch räumlichen Distanz zur Schule und den am Schulleben Beteiligten besteht, ist ein Beratungslehrer selbst Teil von Schule und Unterricht und kann aus der Innensicht heraus beraten.
Wir fordern seit Jahren, dass die Schulpsychologen von Ver waltungsaufgaben entlastet werden, damit mehr Kapazitäten für ihre Kernkompetenzen frei werden.
Das sind die Punkte, über die sich Land und Kommunen ver ständigen müssen, um das Gesamtsystem zur weltbesten Bil dung zu entwickeln, was den nicht pädagogischen Bereich an belangt.
Hieran wollen wir Freien Demokraten konstruktiv mitarbei ten. Das bringt den Menschen im Land mehr, als wenn die SPD auf ihre damaligen Errungenschaften wie die Wiederauf nahme der Schulsozialarbeit mit einer Drittelfinanzierung ver weist. Diese war auf 15 Millionen € gedeckelt, heute sind es rund 30 Millionen €.
Es ist mir unerklärlich, wie man ständig der Ausweitung des Sozialstaats das Wort reden kann, ohne an die Finanzierung zu denken.
Bald stehen die Haushaltsberatungen an. Dorthin hätte das heutige Thema mit einem entsprechenden Haushaltsantrag ge hört; dort wäre es auch aktuell gewesen.
Vielen Dank.
Vielen herzlichen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Der kurze Draht zum Parlament – Petitionen als Baustein ei ner modernen Verwaltung“ – ein Titel, der viel erwarten lässt. Wenn ein Bürger eine Petition an den Landtag richtet, dann erwartet er auch meist viel. Einige Erwartungen können wir nicht erfüllen. Geltende Rechtslagen, Bundeszuständigkeiten oder die Gewaltenteilung setzen uns Grenzen. Trotzdem ist der Petitionsausschuss ein wichtiges Element für die Bürge rinnen und Bürger, die sich mit ihren Anliegen an den Land tag wenden.
Petitionen als Mittel des Gehörtwerdens sind jetzt auch on line möglich. Niederschwellige Möglichkeiten zu schaffen, sich mit dem Ärger und den Fragen zu Behördenentscheidun gen an den Landtag zu wenden, ist ein wichtiges Instrument. Auch der Landtag wird langsam, aber sicher digitaler.
Die Aktuelle Debatte, von der Fraktion GRÜNE beantragt, muss auch mit einem Zitat des Ministerpräsidenten einherge hen, das leider auch für Petitionen gilt, wie ich anfangs aus geführt habe: „Gehört werden heißt nicht erhört werden.“ Die zitierte Aussage betraf die Umfrage bei Kommunen zum da mals geplanten Nationalpark. Die Kommunen hatten sich ei gentlich mehrheitlich dagegen ausgesprochen, und trotzdem wurde er – wie wir heute alle wissen – errichtet.
Apropos grün: Wie oft wurde in vergangenen Jahren grünes Licht von der Vorsitzenden des Petitionsausschusses erteilt, wenn es um den Bau von Windkraftanlagen ging? Da wurde das Votum der Petenten, Bürgerinnen und Bürger, die sich für ihre Heimat und für die intensive Prüfung der geplanten Vor haben ausgesprochen haben, auch nicht wahrgenommen. In einer Anfrage der FDP/DVP-Fraktion wurden die Zahlen hier zu aufbereitet.
Und ja, ich bin dankbar, dass wir hier einen neuen Umgang mit dem grünen Licht schaffen konnten und dass ein kritischer
Blick auf den Umgang – nicht auf das grüne Licht selbst – er laubt war und auch bleibt. Ich spreche hier die neuerdings zü gigere Umsetzung von Bebauungsplänen an, die erschaffen werden, um Wohnbau möglich zu machen.
Wichtig ist, festzustellen: Petitionen, Einlassungen von Bür gerinnen und Bürgern mit der Bitte um Prüfung von Verwal tungsentscheidungen ihrer Kommune, des Landkreises oder ihrer Ämter, sind ein wichtiger Bestandteil unserer Demokra tie.
Das macht nichts. Ich habe eh zu viel.
Wurde richtig entschieden, oder hat der Petent zu Recht interveniert? Hätte es einen Spiel raum auf der Seite der Verwaltung gegeben? Hätte man sich vielleicht auf einen Kompromiss einigen können? Oder liegt dem Konflikt gar nur ein Missverständnis zugrunde?
Im Jahr 2016 wurden 1 040 Petitionen bearbeitet, im Jahr 2017 waren es schon 1 113, und im Jahr 2018 wurden 1 121 Einga ben bearbeitet. Wir sehen also eine Entwicklung. Für viele Menschen scheint der Petitionsausschuss eine wichtige An laufstelle zu sein. Durchschnittlich befasst sich jedes Aus schussmitglied – der Kollege Zimmermann hat es schon er wähnt – jährlich mit rund 40 Petitionen persönlich. Jede Pe tition persönlich zu bearbeiten bedeutet viel Arbeit und Enga gement. Für dieses Engagement bedanken sich die Petenten immer wieder aufs Herzlichste, und diesen Dank möchte ich auch gern an meine Kolleginnen und Kollegen weitergeben.
Die Sitzungen des Petitionsausschusses sind von intensiver Beratung geprägt. Ministeriumsvertreter werden zurate gezo gen, und oft genug sind für die Entscheidungsfindung mehre re Anläufe notwendig. Petitionsverfahren sind aber auch Me diation, wenn die Beteiligten in einem verhärteten Prozess feststecken. Die kommunale Planungshoheit ist tabu, Emp fehlungen des Petitionsausschusses werden teilweise berück sichtigt. Die Belange sind vielfältig, wie z. B. von A wie Ab stellplatz bis Z wie die Zisterne im Garten nebenan.
Aber auch höchst persönliche Lebensbereiche sind von den Eingaben betroffen. Daher finde ich es wichtig, dass die Sit zung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Kollege Rottmann hat es erwähnt: In Bayern sind alle Sitzungen des dortigen Petitionsausschusses öffentlich. Dies hat ein Für und Wider, aber in der Regel ist Nichtöffentlichkeit wesentlich besser, um persönliche Belange und Betroffenheiten zu schüt zen.
Hingegen sind öffentliche Sprechstunden des Petitionsaus schusses an verschiedenen Orten in ganz Baden-Württemberg
gut besucht und zeigen uns: Hier ist wirklich der direkte Draht zum Parlament. Die in der letzten Legislaturperiode neu ge schaffene Stelle des Bürgerbeauftragten – jetzt der Bürgerbe auftragten – kann nur als ergänzendes Organ zum Petitions ausschuss gewertet werden und darf nicht in direkter Konkur renz stehen, und so verstehen wir das auch.
Da darf man klatschen. – Was ich aber schlicht und ergrei fend noch betonen möchte, was zur direkten Demokratie ge hört: Sprechen Sie Ihre, unsere Abgeordneten direkt an und verschaffen sich Gehör. Politik heißt zuhören und gestalten.
Herzlichen Dank.
Vielen Dank. – Herr Minister, nachdem wir uns vor wenigen Wochen die Einrichtung in Karlsruhe selbst anschauen durften und es sich auch um eine wirklich tolle Einrichtung handelt, stellt sich die Frage: Könn ten Sie sich vorstellen, in naher oder ferner Zukunft solche Räume auch in den ländlichen Regionen, den ländlichen Landkreisen – speziell jetzt im Landkreis Konstanz, aber auch in anderen Landkreisen – einzurichten, also nicht nur für die Kommunen ab 300 000 Einwohnern? Denn nicht nur in den Metropolen gibt es Drogenprobleme, Drogenkriminalität, son dern auch in den ländlichen Räumen.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Nichts über uns ohne uns“ so lautete das Motto des Europäischen Jahres der Men schen mit Behinderungen im Jahr 2003. Was vor 16 Jahren rich tig und wichtig war, gilt auch heute noch. Es wäre schön gewe
sen – das wurde schon angesprochen –, wenn Frau Aeffner heu te hätte hier sein können. Sie hat sich in der „Stuttgarter Zei tung“ zu diesem Thema gemeldet.
Wir beraten heute über ein Thema von großer Bedeutung. Man muss sich nämlich davor hüten, das als Zahlendiskussion ab zutun. Denn, meine Damen und Herren, hinter jeder Zahl steht ein Mensch – ein Mensch mit seiner Chance auf Teilhabe am Arbeitsleben oder, was das Land als Arbeitgeber betrifft, mit der bedauerlicherweise vertanen Chance auf Teilhabe am Ar beitsleben.
Was ist geschehen? Trotz vollmundiger Reden und viel bunt bedruckten Papiers ist das Land unter grüner Führung wieder in der Pflicht, eine Ausgleichsabgabe zu zahlen – und das, weil bei den Landesbehörden nicht mehr erreicht wird, was lange Zeit erbracht wurde, nämlich die Erfüllung der verpflichten den Beschäftigungsquote von 5 % schwerbehinderten Men schen. Das ist schon bemerkenswert; wurde doch vor nicht allzu langer Zeit sogar die Forderung erhoben, diese Quote auf 6 % zu erhöhen. Hier wurde – Frau Kollegin Wölfle hat darauf hingewiesen – über die Kommission gesprochen, über ein Ergebnis, das im Mai kommen soll. Eigentlich sollten wir hier schon längst weiter sein.
Auch bei der Vergabe von Aufträgen an Werkstätten für Men schen mit Behinderungen hakt es gewaltig. Das Verkehrsmi nisterium fällt hier besonders auf: Für mehrere Jahre wird hier der bemerkenswerte Wert von 0 € – in Worten: null Euro – an gegeben. Wohlgemerkt: auch hier ein grün geführtes Haus. Wo bleiben da die konkreten Taten gegenüber den vielen Wor ten zur Inklusion?
Das Sozialministerium erfüllt die Quote. Das ist schön, ver dient aber kein Lob; denn es wäre ja noch schöner, wenn selbst das hierfür zuständige Haus die Anforderungen nicht erfüllen würde.
Ich frage mich schon: Mit welcher Rechtfertigung wird zu al len möglichen Anlässen an die Privatwirtschaft und die Ge sellschaft insgesamt appelliert, für Beschäftigung zu sorgen und Inklusion zu leben, wenn man selbst das Ziel deutlich ver fehlt? Hier klaffen Anspruch und Wirklichkeit ganz eklatant auseinander.
Unser Sozialminister hat natürlich eine Arbeitsgruppe einge richtet. Es ist immer schön, wenn an Lösungen gearbeitet wird. Wir möchten aber, dass das Thema mehr Gewicht be kommt. Vielleicht sollte ein Kabinettsausschuss eingerichtet werden, oder die Landesregierung denkt darüber nach, ein ei genes Arbeitsmarktprogramm aufzulegen, um damit auch Si gnale an die Privatwirtschaft zu senden.
Vor etlichen Jahren wurden die „Aktion Arbeit für schwerbe hinderte Menschen“ sowie auch andere Aktionen wie der jähr lich stattfindende Internationale Tag der Menschen mit Behin derung initiiert. Das ist schon mehr als zehn Jahre her; damals hieß der Behindertenbeauftragte noch Hillebrand.
Uns Freien Demokraten ist das Thema sehr wichtig. Deshalb habe ich auch einen Antrag eingebracht, und für die anstehen
de Beratung hierüber erwarte ich mir durch die heutige Aus sprache Rückenwind.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es mir doch nicht verkneifen: In der Schule hätte man gesagt: „Setzen, Sechs! Thema verfehlt.“
Und das, denke ich jetzt, Herr Räpple, war wahrscheinlich noch die gelindeste Ausdrucksweise, die ich da an den Tag ge legt habe.
Es ist schade, dass der Ministerpräsident nicht mehr da ist. Ich hätte ihm gern mitgeteilt, dass wir von der FDP/DVP-Frakti on sein Ausscheiden aus dem Schuldienst als echten Verlust für den Ethikunterricht in Baden-Württemberg ansehen.
Kommt noch besser. – Sicherlich ging ihm in seinem Un terricht der Diskussionsstoff über Gerechtigkeitsfragen nicht so schnell aus. Aber vor allem hätte er als Ministerpräsident den Ausbau des Ethikunterrichts nicht über sieben Jahre ver schleppen dürfen. Seit dem Jahr 2011 regiert Ministerpräsi dent Winfried Kretschmann nämlich, aber erst im Mai 2018 verkündete er, dass Ethik künftig ab Klasse 5 angeboten wer den soll.
Bislang konnte es passieren, dass ein Schüler von Klasse 1 bis Klasse 7 bzw. Klasse 8 von Religion abgemeldet war und in dieser Zeit dann zusammengenommen bis zu 14 Jahreswo chenstunden oder ein halbes Jahr Unterrichtszeit verpasst hat.
Kann schon sein, ja. – Nun könnte man ja sagen: „Besser spät als nie.“ Man darf jetzt aber nicht vergessen, wie viel wertvolle Zeit inzwischen verloren ging. Bedenken muss man hierbei, dass die Lehrer erst entsprechend aus- oder fortgebil det sein müssen. Hätten sich der Ministerpräsident, seine grü ne Fraktion und die jeweiligen Koalitionspartner zügig an den Ausbau des Ethikunterrichts gemacht, könnte nun schon an den Grundschulen Ethikunterricht stattfinden. Stattdessen set zen die Grünen andere bildungspolitische Schwerpunkte. So bindet beispielsweise – jetzt kommen wir zum Thema Finan zierung, Herr Born – die Privilegierung der Gemeinschafts schule finanzielle Mittel, die dann bei anderen Vorhaben im Bildungsbereich fehlen.
Unsere Anträge, statt der Gemeinschaftsschulprivilegien u. a. den Ethikunterricht auszubauen, stießen bei der seit 2016 mit regierenden CDU auf taube Ohren.
Wir Freien Demokraten wollen, dass Ethikunterricht und is lamischer Religionsunterricht neben dem bereits bestehenden Religionsunterricht in allen Schulen ab Klasse 1 angeboten werden.
In Zeiten, in denen führende Politiker unserer Welt Egoismus als Erfolgsprinzip propagieren – Stichwort „America first“ –, darf die Diskussion über Moral, Sitte und Respekt anderen ge genüber in unserer Gemeinschaft umso weniger fehlen.
Mit dem Ethikunterricht sollte von Anbeginn ein alternatives Angebot des Wertediskurses für Schüler bereitstehen, die nicht an einem konfessionellen Religionsunterricht teilnehmen wol len bzw. deren Eltern dies nicht wollen. Selbstverständlich muss die Teilnahme am Religions- oder Ethikunterricht ver pflichtend sein.
Mit dem Ausbau des Ethikunterrichts muss auch der Ausbau des islamischen Religionsunterrichts einhergehen. Denn eine Unterweisung junger Muslime auf der Basis eines mit unse rem Grundgesetz in Einklang stehenden Islams
durch Lehrkräfte, die an staatlichen oder staatlich anerkann ten Hochschulen und Lehrerseminaren in Deutschland ausge bildet wurden...
... – nein, natürlich nicht –,
ist nach Auffassung von uns Freien Demokraten das beste Mit tel, islamistischen Hasspredigern den Boden zu entziehen.
Dem Antrag der SPD stimmen wir zu, mit der Anmerkung, dass ein verbindlicher Stufenplan hin zur Ethik ab Klasse 1 realistischer wäre als eine sofortige Umsetzung.
Dies gilt vor allem im Hinblick auf die Lehrer, die zunächst einmal aus- oder fortgebildet sein müssen, und dies nicht zu letzt vor dem Hintergrund des derzeitigen Lehrermangels. Au ßerdem gehen wir davon aus, dass die SPD bis zu den Haus haltsplanberatungen einen Vorschlag zur Gegenfinanzierung parat hat. Aber das grundlegende Ziel teilen wir. Wir sind al so dabei.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister, in Grünkraut bzw. in Gullen mag die Pflegewelt noch in Ord nung sein. Das mag – ein Schelm, wer Böses dabei denkt – an der ländlichen Struktur liegen.
In reichlich zeitlicher Not beraten wir heute in erster Lesung den Entwurf eines Landespflegestrukturgesetzes. Warum zeit liche Not? Sie, liebe Landesregierung, müssen bis zum Jah resende eine landesrechtliche Regelung getroffen haben, um Gelder des Bundes für Modellvorhaben zur kommunalen Be ratung Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen abrufen zu können. Andernfalls verfällt der Anspruch, und Sie müssen dem Land zustehende Modellvorhaben an die anderen Län
der abtreten. So steht es in § 123 Absatz 3 SGB XI. Einen Ab satz vorher heißt es, dass es bis zum 31. Dezember 2018, al so in wenigen Tagen, landesrechtliche Vorschriften zum Nä heren, insbesondere zu den Anforderungen an die Beratungs stellen und an die Anträge sowie zum Widerruf der Genehmi gung, geben muss.
Jetzt fragt man sich doch als Landespolitiker: Wie kann das sein? Von wann ist denn die zitierte Bundesnorm? Man stellt fest: Sie ist schon fast zwei Jahre alt. Zwei Jahre sind ins Land gezogen, ohne dass das Land die Konsequenzen aus dem ge änderten Bundesrecht gezogen hätte. Denn die Regelung im SGB XI trat am 1. Januar 2017 in Kraft. Man hätte also längst aktiv werden und z. B. das bereits bestehende und weiterhin parallel weiterbestehende Landespflegegesetz ergänzen kön nen.
Sie aber stellen lieber ein neues Gesetz in den Raum, das dem Titel nach den Anspruch erhebt, die Pflegestruktur im Land zu regeln. Im bisher geltenden Landespflegegesetz werden gleichzeitig und ganz nebenbei durch dieses neue Gesetz die Verpflichtungen zu einer Landespflegeplanung und zur Kreis pflegeplanung gestrichen. Das ist schon bemerkenswert. Da für sollen jetzt die Kreise das Recht bekommen, kommunale Pflegekonferenzen einzurichten.
Nach den kommunalen Gesundheitskonferenzen nun also ein weiteres Beratungs- und womöglich Beschlussgremium. Nur, was es gerade nicht geben darf, ist eine Angebotssteuerung, die auf die Aushebelung des Markts hinausliefe.
Das müssen Sie klar kommunizieren, sonst glaubt noch je mand, es ginge um eine kartellartige Angebotssteuerung. Dann wären steigende Preise die logische Folge und wäre die Pfle ge irgendwann kaum noch bezahlbar. Es darf gerade nicht ei nen abgeschotteten und aufgeteilten Markt geben, sondern es muss eine Vielfalt der Angebote bestehen.
Nicht nur die vorgeschlagene Zusammensetzung der kommu nalen Pflegekonferenzen setzt Fragezeichen. Denn der Kreis ist regelmäßig Träger der Kosten der Hilfe zur Pflege und da her auch interessengeleitet, erst recht, wenn er oder kreisan gehörige Gemeinden Eigentümer oder Gesellschafter von Pflegeinfrastruktur sind.
Sie schreiben in der Gesetzesbegründung lapidar:
Das Land beabsichtigt, die Einführung der Pflegekonfe renzen in Form von Projekten zu begleiten und zu unter stützen.
Mich würde schon interessieren, ob Sie hier auch an finanzi elle Förderungen denken oder was sich konkret dahinter ver birgt.
Das Problem der gerade erwähnten Interessenkollisionen be gegnet uns auch bei den schon angesprochenen Modellvorha ben zur kommunalen Beratung Pflegebedürftiger. Modelle sind ja immer etwas Hübsches, und man probiert sie gern aus. Tatsache ist aber, dass es bereits Pflegestützpunkte und auch allgemeine Beratungsangebote gibt.
Wenn ich so lese, was die neue Beratungsstruktur leisten soll, nämlich dass in den Modellkommunen Pflege alle Beratungs angebote aus einer Hand erfolgen sollen, dann erinnert mich das doch sehr stark an die inzwischen wieder abgeschafften gemeinsamen Servicestellen nach dem Neunten Buch Sozial gesetzbuch aus dem Jahr 2001. Aber es ist klar: Die Diskus sion hierüber wurde bei dem Pflegestärkungsgesetz III ge führt. Hier geht es darum, den Weg zur Förderung zu ebnen.
Bei den überarbeitenden oder neuen Gremien gibt es hinsicht lich der Zusammensetzung aber auch das eine oder andere Fragezeichen. Ich will in der gebotenen Kürze gar nicht auf alles eingehen. Nur so viel: Es ist schon bemerkenswert, dass Sie in einem Gesetz einer Organisation schon einen Platz ver schaffen, die es noch gar nicht gibt. Ich meine die Pflegekam mern. Auch über diese wird in diesem Hohen Haus noch zu sprechen sein.
Meine Damen und Herren, Sie sehen: Unsere Fraktion sieht den Gesetzentwurf kritisch. Die Ausführungen zu den Kos tenwirkungen sind bemerkenswert. Wenn Sie sagen, es ent stünden kaum Verpflichtungen, da die Einrichtung von Bera tungsstrukturen und die Förderungen freiwillig seien, dann mag das formal so sein. In Wahrheit sind das aber finanzpoli tische Nebelkerzen, die Sie pünktlich zur Adventszeit anzün den. Ich hätte mir schon Modellrechnungen gewünscht, und die Aussagen zum Erfüllungsaufwand sind schlicht nicht nach vollziehbar.
Bei der politischen Bewertung mag es dem Zeitgeist entspre chen, alles auf ambulante Strukturen zu setzen und den Ein druck zu erwecken, man könnte in der eigenen Häuslichkeit oder im eigenen Quartier alle Bedarfe decken.
Wie schon geäußert – Kollege Kenner hat es gesagt –: Wir werden noch einmal ein Anhörungsverfahren anstreben.
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist es ganz klar, dass die Pflegeangebote weiterzuentwickeln und auszu bauen sind. Die Potenziale der Digitalisierung wie auch die Entlastung der Pflegekräfte durch technische Hilfen sind ver stärkt in den Fokus zu nehmen.
Ich freue mich auf eine konstruktive Beratung im Sozialaus schuss.
Herzlichen Dank. – Frau Prä sidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Worum es in diesem Gesetzentwurf geht, das haben meine Vorredner ausreichend dargestellt.
Genau. Herzlichen Dank. Wenigstens von dieser Seite Ap plaus.
Barrierefreiheit ist der Schlüssel zur gleichberechtigten Teil habe von Menschen mit Behinderungen. Die Landesregierung ist in der Pflicht, das EU-Recht in nationales Recht zu trans formieren, um den Adressatenkreis zu erreichen. Normaler weise ist dies Aufgabe des Bundes. Dieser kann jedoch die Gemeinden nicht verpflichten. Deshalb geschieht dies über das Landes-Behindertengleichstellungsgesetz – ein Monstrum –, das im Jahr 2005 in Kraft getreten ist.
Ich schickte das voraus, um deutlich zu machen, dass meine Kritik an dem Gesetz nicht die Landesregierung trifft, sondern den Normgeber auf Ebene der Europäischen Union.
Ich bin sehr dafür, im Rahmen des Möglichen alles zu tun, um die Teilhaberechte von Menschen mit Behinderungen zu stär ken. Wenn aber, wie ich jetzt lese, eine Überwachungs- und Berichtsbürokratie für einen Teilbereich vom Zaun gebrochen wird, erzeugt das eine Unwucht, die ich kritisiere.
Worum geht es dabei? In § 10 Absatz 4 wird neu geregelt, dass die Landesregierung in regelmäßigen Abständen überwacht, inwieweit die medialen Angebote – also Internet, Intranet und Apps – den Anforderungen der Barrierefreiheit genügen. Hier zu gibt es zwei Kritikpunkte.
Erstens: Welchen konkreten Mehrwert hat dieser bürokrati sche Aufwand? Denn jedes mediale Angebot muss ja auch ei ne Rückmeldefunktion aufweisen. Diese ermöglicht, dass be rechtigte Kritik im Rahmen der Nutzung direkt zurückgemel det wird. Flankiert wird dieses Recht durch das Verbandskla gerecht. Warum dann also zusätzliche Prüfungen und Berich te?
Der zweite Punkt: Durch diese Regelungen werden Behinde rungen erster und zweiter Klasse geschaffen. Für die Anfor derungen der medialen Angebote, die für sehbehinderte und blinde Menschen wichtig sind, gibt es ein besonderes Moni toring, über dessen Ausgestaltung die Kommission nahezu freihändig noch das Nähere regeln darf. Für die anderen Be reiche der Barrierefreiheit wie Sprache oder räumliche Barri eren gibt es keine zusätzlichen Anforderungen; da bleibt alles beim Alten.
Wie gesagt: Die Landesregierung ist nicht Adressat meiner Kritik. Gleichwohl möchte ich diese äußern. Die Richtlinie, die es hier zu transformieren gilt, datiert übrigens vom 26. Ok tober 2016, ist also wieder mehr als zwei Jahre alt.
Ich mache es kurz: Da es um die 1:1-Umsetzung europäischen Rechts in nationale Normierung geht, werden wir unter Zu rückstellung der geschilderten erheblichen Bedenken natür lich zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt viele lo bende Worte über die Neuregelung des Unterhaltsvorschuss gesetzes der sogenannten Großen Koalition gehört, das durch Gesetzesänderung auf Bundesebene 2017 auf den Weg ge bracht wurde. Dass sich hier die SPD-Kollegen über den grü nen Klee loben, mag berechtigt sein.
Die Maßnahme darf auch aus Sicht der betroffenen Kinder und Mütter – meist sind es Mütter – in der Regel sehr löblich erwähnt sein.
Natürlich freut sich jede betroffene Familie, wenn die Leis tungen nun nicht mehr nur noch sechs Jahre, sondern bis ei nen Tag vor Vollendung des 18. Lebensjahrs gezahlt werden können. Es handelt sich aber um Gelder, die die öffentliche Hand zur Verfügung stellt, weil die an sich Unterhaltsver pflichteten ihrer Pflicht nicht nachkommen, weil sie in der heutigen Zeit mit nahezu Vollbeschäftigung nicht zahlen wol len – meist sind es Väter –, und nicht, weil sie nicht zahlen können. Auch das wurde hier schon des Öfteren erwähnt.
Bedacht werden muss aber auch, dass zwei Drittel der Bezie her von Unterhaltsvorschuss zugleich Grundsicherungsemp fänger sind. Bei diesen erfolgt eine Verrechnung, was mir in meinem Wahlkreis immer wieder leidvoll von betroffenen Al leinerziehenden erzählt wird.
Deshalb begrüße ich es ausdrücklich, dass der Anteil der kom munalen Seite an den Rückflüssen erhöht wird. Warum? Nun können die betroffenen Kommunen, die sich das Geld erfolg reich von den Unterhaltsverpflichteten holen – wie gesagt: meist Männer –, 40 % dieser Beträge behalten, wohingegen sie sich an den Ausgaben nur zu 30 % zu beteiligen haben. In meinen Augen ist es ein großes Ärgernis, dass im Schnitt nur in 30 % der Fälle die öffentliche Hand das Geld zurückholen kann, das die Unterhaltsverpflichteten eigentlich zu zahlen hätten. Wir haben von Minister Lucha gehört: sogar nur 28 %. Wir wollen zwar Spitzenreiter sein, aber 28 oder 30 % sind immer noch zu wenig.
Der Gesetzentwurf, den wir hier zu beraten haben, ist rein technischer Natur. Ich greife vor: Wir werden auch zustim men. Es gibt kaum eine andere zielführende Vorgehensweise.
Ich begrüße ausdrücklich die Klausel für eine Revision im Laufe des Jahres 2020. Aber dies wirft auch Fragen auf. So einvernehmlich wie dargestellt scheint mir die Einigung mit den kommunalen Landesverbänden auf den Ausgleichsbetrag von jährlich 7,5 Millionen € nicht zu sein. Wir haben es auch vom Minister gehört: Die Ausgaben haben sich von knapp 60 Millionen € auf nahezu 140 Millionen € mehr als verdop pelt. Ich will diesen Punkt einmal betonen: Die Ausweitung des Leistungsbezugs – eine Wohltat des Bundesgesetzgebers – haben die Baden-Württembergerinnen und Baden-Württem berger mit 7,5 Millionen € im Jahr zu bezahlen, wobei sich noch ein ganz anderer Betrag ergeben kann, wenn sich die Fallzahlen deutlich steigern sollten und die Regresse schwä cher laufen als vermutet.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns im weiteren Verfah ren nicht nur diesen Gesetzentwurf beraten, sondern auch ge meinsam überlegen, wie wir die zwei Drittel Leistungsemp fänger, die zusätzlich Grundsicherung beziehen, aus dieser Leistungsabhängigkeit herausführen können. Zudem ist es uns wichtig, dass wir die Unterhaltsverpflichteten tatsächlich he ranziehen und die öffentliche Hand nicht dauerhaft Ausfall bürge ist. Auch das war schon mehrfach angeklungen. Aber hierzu braucht es in den betroffenen Kommunen und Ämtern auch genügend Personal.
Herzlichen Dank.