Meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, ich kann uns allen nur raten, den vorliegenden Gesetzentwurf abzulehnen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. An ton Baron AfD: Peinlich, peinlich, peinlich! – Zuruf des Abg. Daniel Rottmann AfD)
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren! In der Plenarsitzung am 11. Oktober 2017, also vor gut einem Jahr, haben wir zu letzt über Vorschläge zur Absenkung der Grunderwerbsteuer beraten.
Damals hatte die AfD vorgeschlagen, den Steuersatz für selbst genutztes Wohneigentum in Abhängigkeit von der Kinderzahl zu senken. Die FDP/DVP hatte sich für einen Freibetrag aus gesprochen.
Diesmal will die AfD den Steuersatz für alle senken, also nicht nur für Familien, sondern auch für Unternehmen. Was damals schon der Fall war, gilt auch diesmal: Es fehlt ein Gegenfi nanzierungsvorschlag.
Sie alle wissen genau, dass die Erhöhung des Steuersatzes im Jahr 2011 mit dem Ausbau der Kinderbetreuung in BadenWürttemberg gekoppelt war. Wir haben die Steuermehrein nahmen dazu genutzt, die Rahmenbedingungen für Familien im Land zu verbessern, und tun dies immer noch.
Das haben wir damals bewusst so entschieden, und ich halte es nach wie vor für eine gute Sache, der frühkindlichen Bil dung und einer qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung in Baden-Württemberg eine hohe Priorität einzuräumen.
Die Zuweisungen des Landes für die Kleinkindbetreuung sind deutlich angestiegen. Sie belaufen sich unter Einschluss der Bundesmittel auf voraussichtlich rund 932 Millionen € im Jahr 2018. Für 2019 werden wir die Milliardengrenze wohl über schreiten.
Über 800 Millionen € im Jahr 2018 und über 900 Millionen € im Jahr 2019 kommen dabei vom Land. Das ist mehr, als wir über den erhöhten Grunderwerbsteuersatz einnehmen.
Unsere Anstrengungen tragen Früchte. Beispielsweise weist der Länderreport Frühkindliche Bildungssysteme 2017 der Bertelsmann Stiftung unserem Land einen Spitzenplatz bei der Entwicklung des Personalschlüssels in Krippen- und Kin dergartengruppen zu.
Die Finanzierung dieser Maßnahmen war 2011 ohne Netto neuverschuldung nur durch erhöhte Einsparmaßnahmen und eine Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes möglich. Derzeit profitieren wir von guten Steuereinnahmen, aber die Haus haltskonsolidierung bleibt auch weiterhin eine finanzpoliti sche Notwendigkeit.
Wir werden hier in den nächsten Wochen über den Nachtrags haushalt debattieren. Dabei wird die Verschuldung des Lan des, die Kreditmarktschulden von 46 Milliarden € und die im plizite Verschuldung, eine wichtige Rolle spielen. Wir werden sicherlich auch darüber reden, dass es weiterer Anstrengun gen bedarf, um die ab 2020 geltende Schuldenbremse einzu halten.
Der mittelfristigen Finanzplanung des Landes können Sie ent nehmen, dass wir für die Jahre 2020 und 2021 noch haushalts wirtschaftlichen Handlungsbedarf haben und Einsparungen notwendig sind: 2020 knapp 158 Millionen €, 2021 ca. 450
Im Dezember wird dann eine neue mittelfristige Finanzpla nung vorliegen. So viel kann ich hier schon verraten: Auch in dieser Planung wird weiterhin ein haushaltswirtschaftlicher Handlungsbedarf vorliegen.
Wir dürfen also die Haushaltskonsolidierung nicht aus dem Blick verlieren. Mit einmaligen Überschüssen, mit einmali gen Resten – oder was auch immer Sie nennen – kann man auf Dauer angelegte Mindereinnahmen eben nicht ausglei chen,
zumal unsicher ist, ob die positive Entwicklung der Steuer einnahmen zukünftig anhalten wird. In den letzten Monaten mehrten sich die Anzeichen für eine konjunkturelle Abküh lung; die meisten Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Wachstumsprognosen nach unten korrigiert.
Auch deshalb gilt: Wer eine Steuer senken will, muss auch sa gen, wie die Mindereinnahmen gegenfinanziert werden sol len. Ein bloßer Verweis auf die aktuell guten Steuereinnah men reicht eben nicht.
Ich möchte dazu auch noch etwas sagen; denn dieses Thema hat uns bereits in einer Debatte im vergangenen Jahr beschäf tigt. Ich hatte damals ausgeführt, dass Baden-Württemberg sich aktiv in einer von der Finanzministerkonferenz eingerich teten Arbeitsgruppe einbringt, die nach Lösungsmöglichkei ten sucht, um die Umgehung der Grunderwerbsteuer durch sogenannte Share Deals zu unterbinden. Diese Arbeitsgruppe ist inzwischen zu einem Ergebnis gekommen, und die Finanz ministerkonferenz hat hierzu im Juni einen Beschluss gefasst: Share Deals sollen durch verschärfte Regelungen unattraktiv gemacht werden. Konkret sollen die Beteiligungsgrenze von 95 auf 90 % gesenkt und die Haltefrist auf zehn Jahre verlän gert werden. Die Finanzministerkonferenz hat den Bundesfi nanzminister gebeten, ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen. Wir haben also unseren Beitrag zur Steuergerech tigkeit in dieser Frage geleistet.
Auch zu den Anschaffungskosten für Wohneigentum möchte ich noch etwas sagen. Die mit der seinerzeitigen Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes um – im Ländervergleich mo derate – 1,5 Prozentpunkte verbundene Kaufpreisänderung be wegt sich im Rahmen einer üblichen Preisschwankung. Der Einfluss auf eine Standortentscheidung für oder gegen BadenWürttemberg dürfte deshalb äußerst gering sein. Bei den Bau- und Erwerbskosten spielt vieles eine Rolle. Der Grunderwerb
Deshalb ist es uns wichtig – das habe ich bereits im vergan genen Jahr betont –, zielgenau zu handeln. Wir handeln, da mit mehr bezahlbarer Wohnraum entsteht, und wir unterstüt zen Familien gezielt beim Erwerb von Wohneigentum. Das Land hilft Familien im Rahmen der Basisförderung des Lan deswohnraumförderungsprogramms auf ihrem Weg in die ei genen vier Wände.
Auch das Baukindergeld, das ab September 2018 erstmals be antragt werden kann, ist ein gutes Beispiel für eine zielgenaue Förderung des Wohneigentums von Familien und Alleinerzie henden mit Kindern. Wie sehr diese Förderung in unserem Land angenommen wird, zeigt sich an der Zahl der hierzu ge stellten Anträge. Bereits im ersten Monat wurden in BadenWürttemberg mehr als 3 100 Anträge gestellt; das entspricht dem zweiten Platz hinter dem bevölkerungsreichsten Bundes land.
Zusammenfassend lässt sich feststellen: Wir haben in den letz ten Jahren auch dank der Mehreinnahmen aus der Grunder werbsteuer deutliche Fortschritte gemacht und die Rahmen bedingungen von Familien und Kindern hier im Land verbes sert. Wir fördern sozialen Wohnungsbau und den Erwerb von Wohneigentum durch Familien gezielt, u. a. mit dem Landes wohnraumförderungsprogramm. Und: Ohne Gegenfinanzie rungsvorschlag kann dem vorliegenden Antrag nicht zuge stimmt werden.
(Abg. Anton Baron AfD: Das kriegen wir hin! – Abg. Bernd Gögel AfD: Da kann man noch viel sagen! – Abg. Tobias Wald CDU: Das muss man als Parlamen tarier ertragen!)