Protokoll der Sitzung vom 08.11.2018

Deshalb ist es wichtig, dass Landkreise, Städte und Gemeinden und Kleinstwaldbesitzer nicht zu Leichtgewichten oder zum Spielball im neuen Holzmarkt werden. Großen Sägekonzernen müssen ein Angebot und eine Marktkraft entgegengesetzt wer den. Deshalb unterstützen wir ausdrücklich, was jetzt auf den Weg gebracht worden ist, was zunehmend auch Fuß fasst, näm lich Holzverkaufsinitiativen, Vermarktungsgenossenschaften. Die können dazu beitragen, Stabilität auf dem Holzmarkt zu gewährleisten. Wie gesagt: Erfreulicherweise gründen sich ja solche, und sie haben auch unsere Unterstützung.

Frau Staatssekretärin, ich möchte auf der Grundlage der Ant wort zu der Großen Anfrage noch eine Bitte an Sie richten. Sie haben sie sehr umfangreich beantwortet. Nahezu alle Maß nahmen, die das Land hier umsetzt, um eine ökologischere Waldbewirtschaftung zu gewährleisten, werden von uns un terstützt. Sie haben auf Förderprogramme hingewiesen, ha ben sie aufgezählt, haben in der Antwort auch die Mittelhöhe mitgeteilt.

Was wir noch wissen möchten – ich habe die Bitte, dies in ab sehbarer Zeit im zuständigen Ausschuss einmal vorzulegen –, wäre eine Information, was von diesen Mitteln auch tatsäch lich abgerufen worden ist. Denn es ist das eine, Haushaltsmit tel zur Verfügung zu stellen und Programme aufzulegen – das ist richtig und gut –, aber logischerweise kommt es darauf an, was davon insbesondere von den Privaten in Anspruch ge nommen wird.

Ich jedenfalls bin der Meinung: Dort, wo wir seitens des Lan des zuständig sind, wird das gemacht, aber ich hätte gern auch die Zahl für diejenigen, die dort privatwirtschaftlich unter wegs sind.

In diesem Sinn, meine Damen und Herren, will ich am Schluss noch festhalten: Der Wald ist nicht nur eine Sache der Bäu me, der Wald ist insbesondere eine Sache der Menschen.

(Beifall bei der SPD)

Für die Landesregierung rufe ich Frau Staatssekretärin Gurr-Hirsch ans Redepult.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen und Kolleginnen! Man könnte ver sucht sein, zu sagen: Gut Ding will Weile haben. Denn die Große Anfrage, Herr Hoher, stammt aus dem Jahr 2017. Ich habe mich sehr gefreut, bei Ihren Beiträgen zu hören, wie sehr der Wald doch der Deutschen liebstes Kind ist. Hier wurde von einem Sanatorium gesprochen, es wurde, Kollege Pix, auch von „im Wald baden“ gesprochen. Ich glaube, dass man nicht, wie es gerade von der AfD kam, sagen kann, dass es sich hier um ein herumgestoßenes Scheidungskind handeln würde.

Der Wald in Baden-Württemberg ist über Jahrhunderte hin weg immer sehr verantwortungsbewusst geführt worden. Wenn wir den Wald in Baden-Württemberg mit dem in ande ren Bundesländern vergleichen, muss man sagen: Der Wald zustand in Baden-Württemberg wird sehr gelobt. Das zeigt, dass wir eine verantwortungsbewusst handelnde Forstwirt schaft haben, und zwar sowohl auf der öffentlichen als auch auf der privaten Seite. Wir haben ein gutes Miteinander.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie des Abg. Klaus Hoher FDP/DVP)

Ich möchte ähnlich wie Sie nicht auf die ganze Palette der An frage eingehen. Ich beschränke mich vielmehr auf drei Berei che: zum Ersten auf den aktuellen Stand der Neuorganisation des Forstes, zum Zweiten auf die derzeitigen Herausforderun gen der Forst- und Holzwirtschaft – vor allem auch vor dem Hintergrund des Klimawandels, der in diesem Jahr sehr deut lich geworden ist – und zum Dritten auf die Bedeutung der Entwicklungsperspektiven des Holzbaus in Baden-Württem berg.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, die Forstneuorganisation ist, meine ich, ein beispielgebendes Projekt der Landesregie rung und wird von allen Akteuren der Forstbranche mitgetra gen. Es war in den letzten eineinhalb Jahren weiß Gott kein leichtes Unterfangen, sich auf die jeweils möglichen Recht sprechungen einzustellen und den Inhalt des Koalitionsver trags umzusetzen, nämlich eine Anstalt zu schaffen.

Wir verändern die forstlichen Strukturen, indem wir auch ak tuelle rechtliche Anforderungen durch nationale Gesetze be rücksichtigen, aber auch internationale Entwicklungen im Blick haben. Zukünftig wird das Land den Staatswald durch eine Anstalt des öffentlichen Rechts bewirtschaften. Das ist Ihnen bekannt. Die Anstalt wird aber auch Innovationsmotor und Maßstab für die Waldbewirtschaftung insgesamt im Kom munal- und im Privatwald sein müssen.

Sie haben vorhin angesprochen, dass wir eine sehr kleinteili ge Waldstruktur haben. Es ist in keiner Weise so, dass die Lan desregierung nur die Besitzer großer Waldflächen im Blick hätte, wie es vorhin unterstellt wurde. Die kleinen Waldbesit zer sind uns keinesfalls ein Dorn im Auge; sie waren es zu keiner Zeit, denn wir haben immer auch Forstbetriebsgemein schaften gefördert, damit auch die Kleinen – die durchschnitt liche Größe liegt bei 1,43 ha – ihren Wald, möchte ich sagen, fachgerecht weiterentwickeln können.

Wir haben sogar Flurneuordnungen im Wald durchgeführt und den Menschen, die nicht einmal ihr Grundstück identifizieren konnten, damit die Möglichkeit gegeben, den Wald fachge recht zu bewirtschaften. Auch hier, meine ich, ist ein gutes Miteinander Tradition. Ich glaube, dass wir es insgesamt schaffen, den Wald – trotz der Bedrohungen – in der Gemein schaft aller Waldbewirtschafter weiterzuentwickeln.

Die Landesforstverwaltung wird alle Waldbesitzenden wei terhin beraten, hoheitlich verwalten und die Körperschaften der Waldbesitzer forstlich betreuen, sofern diese es wünschen – da wird natürlich niemand gezwungen –, insbesondere un ter Wahrung und Weiterentwicklung unserer hohen Qualitäts maßstäbe; der Kollege hat es vorhin gesagt.

Entgegen dem, was Sie, Herr Hoher, vorhin ausgeführt haben, ist Vertragsnaturschutz im Wald als Privater weiterhin mög lich. Sie haben den Fokus auf die verschiedenen Ansprüche im Wald, auch auf die verschiedenen wirtschaftlichen Nutzun gen gelenkt. Oben auf der Zuhörertribüne sitzt Professorin Le wandowski von der Universität Hohenheim. Wir, die Landes regierung, haben auch in dieser Periode miteinander einen Schwerpunkt auf die Bioökonomie gesetzt und sind da auch national ein sehr starker Treiber. Vor Kurzem war EU-Kom missar Phil Hogan zu Gast bei der Universität Hohenheim. Er war sehr angetan von dem, was bei uns in Baden-Württem berg läuft, und er hat vorausgesagt, dass die Bioökonomie in

den nächsten Jahren drei Millionen Arbeitsplätze schaffen wird. Deswegen ist auch hier der Wald mit seinen Möglich keiten eine wichtige Grundlage.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Neben der fachlichen Unterstützung und Beratung fördern wir die Waldbesitzenden zukünftig direkt und helfen somit den Waldbesitzern, nachhaltig und erfolgreich zu wirtschaften.

Herr Kollege Gall, ich sage Ihnen natürlich gern zu, dass Ih nen in der nächsten Ausschusssitzung der Minister – oder ich, falls ich da sein sollte – die tatsächliche Inanspruchnahme der Fördergelder darlegt.

Nun zum Klimawandel. Auch der Klimawandel hat hier in diesem Jahr durch eine noch nie da gewesene und noch an haltende Trockenheit seine Spuren hinterlassen und zu mas siven Schäden geführt, wie wir sie lange nicht hatten. Über Jahre hinweg konnten wir eigentlich Entwarnung geben, was die Bedrohung des Waldes angeht. Produktivität, Biodiversi tät, Waldgesundheit sowie Vitalität und Stabilität unserer Wäl der sind in großen Teilen des Landes durch den Klimawandel erheblich gefährdet.

Minister Peter Hauk hat es vor Kurzem auch in einer Presse konferenz dargelegt: Der aktuelle Waldzustandsbericht zeigt, dass 38 % unserer Wälder deutliche Schäden aufweisen. Das gilt in erster Linie für die Hauptbaumart Fichte. Herr Hoher, Sie haben hier gefordert, dass wir den Fokus weiterhin ganz stark auf das Bauholz, auf die Nadelhölzer richten sollen. Die Fichte nimmt im Staatswald momentan eine Fläche von 100 000 ha ein. Ich denke, diese Baumart hat gezeigt, dass sie bei steigenden Temperaturen in Zukunft nur noch bedingt ge eignet ist.

Gott sei Dank sind wir durch die Forstliche Versuchs- und For schungsanstalt wissenschaftlich gut aufgestellt, die in den letz ten Jahren alternative Bäume sowohl im Nadelbereich, aber vor allem auch im Laubholzbereich ausgemacht hat. Erst vor Kurzem durfte ich eine Veranstaltung mit dem Titel „Migran ten“ eröffnen. Da ging es auch darum, dass wir Bäume wie die Douglasie endlich einmal, möchte ich sagen, als heimi sche Baumart – sie ist seit über 120 Jahren in unserem Land – anschauen, die auch Klimatoleranz zeigt.

Sie haben es gesagt: Die Weißtanne scheint auch ein geeigne ter Baum zu sein. Sie liefert wunderbares Holz zum Bauen, zum Innenausbau und zum Außenausbau. Es werden aber auch vergessene Bäume wie die Traubeneiche, die Hainbuche und die Vogelkirsche in den Blick genommen. Sie können ei ne Alternative sein. Der baden-württembergische Forstwirt hat schon immer eine breite Palette von Bäumen im Auge ge habt. Es ist ja – so möchte ich sagen – diese Vielgestaltigkeit, die unsere Wälder stabil macht.

Ja, Sie haben es gesagt: Ein weiterer Indikator des Klimawan dels sind die Schädlinge. Die Schäden durch Borkenkäfer sind in diesem Jahr ganz gewaltig. Wir gehen davon aus, dass bis Ende Oktober 2018 in Baden-Württemberg über alle Waldbe sitzarten Käferholzmengen im Nadelholz in Höhe von 1,2 Millionen Festmetern anfielen.

Es wurde vorhin gefordert, Nasslager anzulegen. Die haben wir selbstverständlich. Ich will aber durchaus zugestehen, dass

diese Nasslager infolge des Niederschlagsdefizits gar nicht betrieben werden konnten. Ich verspreche seitens der Landes regierung, dass die Privat- und Kleinwaldbesitzer, so sie Nass lager anlegen wollen, von uns unterstützt werden. Es ist aber natürlich immer wichtig, dass der Zugang zum Wasser da ist.

Die Käferholzmenge hat damit das Niveau des prägenden Jahrgangs 2003 bereits überschritten – nur damit Sie mal das Ausmaß der Kalamität einschätzen können.

Leider müssen wir bei der Borkenkäferlage in den nächsten Jahren mit außerordentlich kritischen Mengen rechnen. Die Borkenkäferüberwachung und -bekämpfung wird deswegen in den nächsten Jahren im Fokus unserer Arbeit stehen.

Außerordentliche Sturmschäden, extreme Dürre, aber auch Hitze und nachfolgende Schäden durch Borkenkäfer gab es nicht nur bei uns im Südwesten, sondern auch in anderen Tei len Deutschlands und Europas. Und damit kommen wir zum Holzmarkt.

Es ist nicht so, lieber Kollege Pix, dass der Holzmarkt durch Landesregierungen geprägt wird – Sie haben versucht, das so darzustellen. Nein, es ist der Markt, der die Preise macht. Wenn hier viel Schadholz auf dem Markt ist, dann haben wir gerade Preise, die ich hier nicht benennen möchte, um keine Angstzustände hervorzurufen. Entsprechendes drängt vor al lem auch aus Tschechien und Mitteleuropa hier in den Markt. Es sind massive Preiseinbrüche zu verzeichnen. Dies ist eine günstige Situation für die Sägewirtschaft.

Meine Damen und Herren, es bedarf keiner hellseherischen Fähigkeiten, um zu wissen, dass die Klimaveränderung bei den Waldeigentümern zukünftig das betriebliche Risiko erhö hen und damit auch wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen wird.

Der Klimawandel in den Metropolregionen, insbesondere aber auch im warmen Rheintal, wirkt sich stark auf die Rolle des Waldes als Aktionsort für Naherholung aus. Die Menschen gehen dann eher noch mehr in den Wald als seither. Das ist natürlich auch ein Pfund in Baden-Württemberg für den Tou rismus und die menschliche Gesundheit.

Damit wir uns als Bürger von Baden-Württemberg unseres Reichtums bewusst werden, möchte ich an dieser Stelle ein fach mal sagen: Dass wir den Wald als Refugium und als Frei zeitort nutzen dürfen, ist ein Riesengeschenk. Das müssen die Menschen auch mal würdigen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Man muss in Europa schon weit reisen, um den Wald überall betreten zu können. Deswegen muss es auch ein gutes Mitei nander geben und darf es nicht zu Konflikten führen. Ich dan ke an dieser Stelle vor allem den Waldeigentümern, dass sie an dieser Tradition festhalten.

Auch die Arten und die Lebensräume sowie die Biodiversität des Waldes werden weiterhin vom Klimawandel negativ be einflusst werden. Deswegen müssen wir klimastabile Wälder aufbauen. Das ist die zentrale Herausforderung für alle Wald besitzer.

Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt wird dazu im nächsten Frühjahr allen Waldbesitzenden eine Baumarteneig

nungskarte vorlegen, an der man sich bei der Neupflanzung orientieren kann.

Sie haben es gestern mitbekommen – am Dienstag haben wir das auch im Kabinett beraten –, dass der Holzbau im Prinzip aktiver Klimaschutz ist. Wir wollen in Baden-Württemberg – mich freut es, dass die Landesregierung hierzu eine einheitli che Position vertritt – den Holzbau forcieren. Das Bauen mit Holz und die energetische Gebäudesanierung mit Holz sind aktive Beiträge zu einer langfristigen CO2-Speicherung und damit zum Klimaschutz. Baden-Württemberg als waldreiches Land und mit einem großen Holzvorrat – er liegt bei 500 Mil lionen Festmetern – ist dafür besonders geeignet.

Unser Wald produziert Holz aus dem klimaschädlichen Treib hausgas CO2, aus Wasser und Sonnenlicht durch die Fotosyn these. Das CO2 bleibt dabei während der gesamten Lebens dauer des Gebäudes gespeichert. Unsere Fachwerkhäuser spei chern seit 500, 600 Jahren CO2. Daran sollten wir uns heute wieder erinnern.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Deswegen ist es auch eine Herausforderung für den Standort – wir haben ja hier auch eine tolle Architekturtradition –, dass wir uns auch in der Architektur dem Holzbau vermehrt zu wenden.

Ich freue mich, dass wir dabei noch eine weitere gute Bot schaft verkünden können, nämlich dass die Kosten beim Bau en mit Holz bezüglich der Ressourcen um 30 % bis 70 % nied riger liegen als bei herkömmlichen Baustoffen.

Baden-Württemberg hat sich im Bundesvergleich zu einem Vorreiter des modernen Holzbaus entwickelt. Die Holzbau quote liegt in Baden-Württemberg bei 30 %. Baden-Württem berg ist damit allen anderen Bundesländern voraus.

Wir werden im nächsten Jahr auf der Bundesgartenschau in Heilbronn – jetzt schaue ich die Kollegen aus Heilbronn an, Herrn Hinderer und den Kollegen Weinmann – das derzeit größte Holzhochhaus zeigen können. Andere sind in der Ma che.

Ich hoffe, dass wir mit der holzfreundlichen Bauordnung, die wir jetzt haben, auch noch andere Bauträger animieren kön nen, Holz einzusetzen – diesen wunderbaren CO2-Binder.

Ganz herzlichen Dank.

Frau Staatssekretärin, ei nen kleinen Moment, bitte. Es gibt noch eine Frage von der AfD. Möchten Sie die noch beantworten?

Ja, gern.