Protokoll der Sitzung vom 12.12.2018

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Staatssekretär Klenk, sehr geehrte Kolle gen Abgeordnete! „Big Strobl is watching you“ – anders las sen sich die Gesetzesänderungen dieser Landesregierung nicht mehr beschreiben.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Die Menschen werden unter Generalverdacht gestellt, und statt Sicherheit zu gewährleisten und endlich die Grenzen zu schützen – wie uns der schreckliche Anschlag gestern in Straß burg wieder vor Augen führt – sowie geltendes Recht anzu wenden sollen immer neue Gesetzesverschärfungen und Grundrechtseinschränkungen den Bürger im Rechtsverhältnis zum Staat schwächen.

Die geplanten Gesetzesänderungen haben zwei Schwerpunk te. Zum einen ergeben sich als Folge der Änderungen des all gemeinen Datenschutzrechts Änderungen des Landesverfas sungsschutzgesetzes, des Landessicherheitsüberprüfungsge setzes sowie des Ausführungsgesetzes zum Artikel 10-Gesetz. Zum anderen werden Befugnisse des Landesamts für Verfas sungsschutz unter dem Vorwand der Anpassung an die bun desrechtlichen Regelungen neu eingeführt bzw. angepasst so wie erheblich und auch bedenklich ausgeweitet. Im harmlo sesten Fall sind die Änderungen unausgereift, im schlimms ten Fall sollen Bürgerrechte weiter beschnitten werden.

Mit dem Kampf gegen den Terror hat die ständige Erweite rung von Befugnissen des Inlandsnachrichtendienstes immer weniger zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Was stattdessen benötigt wird, ist eine Ausweitung der parla mentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes. Die Kont rolle derjenigen, die – auch – im Verborgenen arbeiten, bedarf in einer funktionierenden Demokratie des wachsamen Auges gewählter Gremien wie des Parlamentarischen Kontrollgre miums. Hier gilt es, die Befugnisse deutlich auszuweiten. Ich frage mich, wo hier die Grünen bleiben. Bürgerrechte, Schutz der Freiheit und die Kontrolle staatlicher Organe sind bei Ih nen wohl nur zu Wahlkampfzwecken angesagt, liebe Kolle gen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Die grundlegende Frage, die sich stellt, ist doch, ob Freiheit, Bürgerrechte, Privatsphäre und Unschuldsvermutung für has

tige und unreife Gesetzesvorhaben geopfert werden sollen oder ob man – wenigstens die Grünen – nicht besser zunächst innehalten sollte. Aber offenbar, lieber Herr Kollege Schwarz, Herr Kollege Sckerl, tun Sie das nicht. Ich erinnere an das hier im Plenum durchgepeitschte Polizeigesetz vom vergangenen Jahr: Außer Ärger und Spesen nicht viel gewesen.

(Beifall bei der AfD – Abg. Thomas Blenke CDU: So ein Quatsch!)

Sie könnten das Gesetz und die Änderungen im Innenaus schuss in Ruhe und ausgiebig diskutieren. Aber genau das wollen Sie nicht; denn dann würde klar werden, dass es nicht um den Schutz und die Sicherheit, sondern um ein staatliches Big Brother geht. Sie wollen die Eingriffsbefugnisse drastisch erweitern und dabei zugleich die Eingriffsschwellen senken. Dies betrifft das Abschöpfen der Kontostammdaten im Fi nanzsektor, und das schon in bloßen Verdachtsfällen.

Bedenklich ist zudem, dass die Dokumentationspflicht nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Dies gilt es unbedingt klarzustel len. Denn dies öffnet dem Missbrauch Tür und Tor.

Eine Überprüfung behördlichen Handelns ist damit erheblich eingeschränkt. Die Dokumentation von behördlichem Han deln ist aber sowohl unter dem Gesichtspunkt des rechtsstaat lichen Rechtsschutzes als auch im Interesse der behördenin ternen Überprüfung des eigenen Handelns unbedingt geboten.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Zudem sollen zukünftig die Voraussetzungen für den Einsatz eines sogenannten IMSI-Catchers, mit dem die Geräte- und Kartennummer ausgelesen und der Standort eines Telefons in der Funkzelle eingegrenzt werden kann, weiter ausgeweitet werden, und der bislang gesetzlich vorgesehene Gewaltbezug soll hier entfallen.

Als Fazit bleibt – ich komme zum Schluss –: Sie schränken Bürgerrechte ein, bauen die Befugnisse des Verfassungsschut zes dramatisch aus. Es sollte daher vielmehr die grundsätzli che Frage diskutiert werden, ob die allgemein gefassten Auf gabenzuweisungen an den Verfassungsschutz noch zeitgemäß sind oder ob nicht eine Beschränkung auf den Kernbestand des Staatsschutzes ausreichen sollte –

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist der Kernbe stand!)

sprich im Wesentlichen, lieber Herr Zimmermann, bei Staats gefährdung, Spionageabwehr und Vorgehen gegen Gefähr dung

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

durch gewalttätige Bestrebungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Chris tina Baum AfD: Sehr gut! – Abg. Thomas Blenke CDU: Eine eigenartige Argumentation! – Abg. Karl Zimmermann CDU zu Abg. Lars Patrick Berg AfD: Also, wenn ich nicht wüsste, dass Sie von der AfD sind, ich hätte es nicht glauben wollen! Aber ich er lebe heute vieles!)

Das Wort hat der Kollege Binder für die SPD.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Zum Inhalt des Gesetzes hat der Kollege Sckerl schon einiges gesagt. Ich möchte zwei Punkte nennen, die im Gesetz und im Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens aus unserer Sicht deutlich verbesserungswürdig sind.

Bei einem solchen Gesetz, das inhaltlich eine breite Zustim mung erfahren kann, kann das Parlament erwarten, dass das Gesetz rechtzeitig in den Landtag eingebracht wird, damit es zum 1. Januar 2019 wirklich in Kraft treten kann. – Herr Kol lege Sckerl, Sie lachen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ich lache nicht!)

Aber wenn der Innenminister im Innenausschuss auf die Fra ge, wie es denn dazu kam, dass das Gesetz so spät eingebracht wurde, und zu dem Umstand, dass wir für ein solches Gesetz eine Sondersitzung des Ständigen Ausschusses brauchen, gar nichts zu sagen hat und keinerlei Begründung abgibt, weil er meint, es sei nicht notwendig, dazu eine Begründung abzuge ben, dann kann ich Ihnen nur sagen: So geht man gerade bei einem solchen Gesetz, das nicht hoch streitig ist, mit einem Parlament nicht um.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb sage ich Ihnen – das habe ich im Ausschuss auch ge sagt –: Wir sind jederzeit bereit, bei wichtigen, bei dringen den Gesetzesvorlagen Sondersitzungen zu machen. Wenn es aber das Innenministerium nicht hinbekommt, dieses Gesetz nach der Verbandsanhörung am 7. September früher einzu bringen, dann tut es mir furchtbar leid. Dann liegt es nicht an diesem Parlament, sondern an der schlechten Organisation an der Spitze des Innenministeriums, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Da niel Rottmann AfD)

Dass gerade auch Sie von den Grünen nicht auf die Vorschlä ge des Landesdatenschutzbeauftragten eingegangen sind, sei Ihnen überlassen. Wir haben versucht, noch einmal einen An trag zu stellen, um dieses Gesetz noch etwas verbessern zu können. Wir haben jetzt im Parlament darauf verzichtet, da mit Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, nicht noch einmal gegen eine Verbesserung des Datenschut zes in diesem Gesetz stimmen müssen.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Zum Abschluss darf ich sagen: Es war ja eine bemerkenswer te Rede des Kollegen Karl Zimmermann, der heute der grü nen Fraktion und Herrn Sckerl im Besonderen außerordentli che Zustimmung entgegengebracht hat – nicht, dass die einen oder anderen bei den Grünen jetzt verunsichert sind, wenn Karl Zimmermann eine solche Rede hält.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Ich kann Sie beruhigen: Wir haben das Ganze ordentlich ab gewogen. Sie können, wie wir auch, diesem Gesetz ohne Pro bleme zustimmen. Sie brauchen sich durch die Rede von Karl Zimmermann nicht verunsichern zu lassen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen)

Allerdings sollten Sie sich für die Zukunft schon ab und zu einmal überlegen, was die grüne Fraktion gerade bei der Ab wägung von Freiheitsrechten noch von der CDU-Fraktion hier im Landtag unterscheidet.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD – Abg. Thomas Blenke CDU: Witzig, witzig! – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Le de Abal GRÜNE)

Herr Abg. Professor Dr. Goll für die FDP/DVP. – Bitte.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Zum Verfahren, was dieses Gesetz an belangt, hat der Kollege Binder schon manches Richtige ge sagt. Dieser Kritik schließe ich mich ausdrücklich an. Das hät te nicht sein müssen. Die Frage ist jetzt natürlich, ob man den Ärger am Gesetz selbst auslässt, das vernünftig ist. Das wol len wir nicht. Das werden wir auch nicht machen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)

Das Gesetz hat drei Teile. Der datenschutzrechtliche Teil ist im Wesentlichen unstrittig, auch wenn hier gilt, dass man dem Datenschutzbeauftragten ruhig ein Stückchen hätte entgegen kommen können. Das hätte dieses Gesetz keinesfalls ver schlechtert. Das hätte es nach meiner Meinung verbessert. Ich finde, man kann es ein bisschen lockerer sehen. Man muss den Datenschutzbeauftragten nicht immer nur in Sonntagsreden loben, sondern man kann, wenn er etwas will, was nicht weh tut, auch einmal Ja sagen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der SPD)

Aber das Gesetz deswegen abzulehnen, weil es da in ein, zwei Punkten nicht geändert wurde, wäre natürlich auch unverhält nismäßig.

Der zweite Teil ist angesprochen worden, der sogenannte IMSI-Catcher. Wir brauchen den IMSI-Catcher, um bestimm ten konspirativen Strukturen typischerweise terroristischer Or ganisationen rechtzeitig einigermaßen auf die Schliche zu kommen. Das ist ganz klar.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ja!)

Es ist ein Gesetz, das die Freiheit schützt, indem wir uns vor Anschlägen auf die Freiheit ein Stück weit schützen. Diese maßvolle Ausweitung des Einsatzes tragen wir ohne Weiteres mit.

Beim dritten Teil würde es mich eigentlich jucken, einige Wor te zu den Kontostammdaten zu sagen. Ich tue es aus Zeitgrün den nicht. Das Thema Kontostammdaten hat es in sich. Ich sage nur: Die Diskussion um das Thema „Abfrage der Kon tostammdaten“ hat mich persönlich dazu gebracht, dass ich heute sage: Geschützt ist nur ein Datum, das nicht erhoben wird. Nur dann kann man sagen, es ist geschützt.

Dieses Gesetz ist ausgeweitet worden, ausgeweitet worden, ausgeweitet worden. Ein sehr guter Rechtsanwalt aus Karls ruhe, Widmaier – viele kennen ihn; er ist leider früh gestor ben –, hat in einer Podiumsdiskussion einmal zu mir gesagt,