Wer Artikel 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Da mit ist Artikel 1 mehrheitlich zugestimmt.
Wer Artikel 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist auch Ar tikel 2 mehrheitlich zugestimmt.
lautet: „Gesetz zu dem Vertrag des Landes Baden-Württem berg mit dem Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesver band Baden-Württemberg e. V.“. – Sie stimmen der Über schrift zu.
Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. – Danke schön. – Gegenprobe, bitte! – Ent haltungen? – Danke schön. Damit ist dem Gesetz mehrheit lich zugestimmt.
S a l a f i s t i s c h - i s l a m i s t i s c h e R a d i k a l i s i e r u n g s t e n d e n z e n i m b a d e n - w ü r t t e m b e r g i s c h e n S t r a f v o l l z u g
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Die Zahl der Strafverfahren mit Islamismusbezug nimmt zu. Die „Stuttgarter Nachrichten“ titelten am 25. November die ses Jahres, dass derzeit 45 Inhaftierte, die zu dieser Gruppe zählen, in baden-württembergischen Strafanstalten einsitzen. 2016 war diese Zahl noch einstellig.
Der mutmaßliche Attentäter von Straßburg, Chérif C., saß in den Haftanstalten Freiburg und Konstanz ein. Offenbar erhielt er noch kurz vor der Tat einen Anruf aus Deutschland. Wir er innern uns alle noch an das schreckliche Attentat am Berliner Breitscheidplatz, das u. a. von Anis Amri ausgeführt wurde.
Deshalb frage ich: Was tut die Landesregierung, um salafis tisch-islamistische Radikalisierungstendenzen in den badenwürttembergischen Strafanstalten zu unterbinden bzw. gänz lich zu verhindern?
Frau Prä sidentin, Herr Abg. Berg! Ich möchte auf Ihre Frage Folgen des erwidern: Der baden-württembergische Justizvollzug ist inzwischen nicht unerheblich mit islamistischen Phänomenen belastet. Sie haben Zahlen genannt, die auch öffentlich be kannt sind. Aktuell stehen 44 Gefangene wegen islamistischer Auffälligkeiten unter Beobachtung, 16 davon wegen eines ent sprechenden Tatvorwurfs. Das sind auch insgesamt etwas mehr als in den zurückliegenden Jahren. Auch dieser Zahlen vergleich, den Sie benannt haben, ist korrekt.
Baden-Württemberg hat vielfältige Maßnahmen ergriffen, um Radikalisierung zu erkennen und entsprechenden Tendenzen zu begegnen. Ich will nur stichwortartig einige Maßnahmen benennen:
Im Jahr 2016 haben wir die sogenannte Strukturbeobachtung personell verstärkt. Es gibt sie auch in Hessen. Das sind ganz gezielt eingesetzte Vollzugsbedienstete, die Häftlinge beob achten mit Blick auf radikale Tendenzen, mit Blick auf ent sprechende Kontakte, die auch eventuelle Informationen von Mithäftlingen entgegennehmen und sich daraus ein Gesamt bild über den Einzelnen verschaffen.
Ich nenne die für den baden-württembergischen Justizvollzug durch das Landesamt für Verfassungsschutz erstellte Handrei chung. Das heißt, wir wollen unsere Bediensteten auch maxi mal informieren und ihre Kompetenz genau dafür steigern.
Ich will darauf hinweisen, dass der Informationsaustausch mit Polizei und Verfassungsschutz zu relevanten Personen im Rahmen der bevorstehenden Gesetzgebung zum Datenschutz in der Justiz noch erweitert werden soll. An dieser Stelle wol len wir auch noch intensivieren und verbessern.
Ich will die Präventionsarbeit in enger Kooperation mit dem Kompetenzzentrum gegen Extremismus – „konex“ genannt – erwähnen.
Belastbare Anhaltspunkte für eine systematische Radikalisie rung innerhalb des baden-württembergischen Justizvollzugs sind bisher nicht bekannt. Umgekehrt kann ich freilich nicht ausschließen, dass sich Gefangene etwa auch anlässlich ent sprechender Medienberichterstattung selbst radikalisieren. Das muss man immer im Einzelfall bewerten und beleuchten.
Vielen Dank. – Herr Minister, herzlichen Dank für Ihre Ausführungen, die sich sehr schlüs sig anhören. Ich möchte noch einmal auf das Beispiel des Straßburger Attentäters Chérif C. zurückkommen.
Was, denken Sie, kann man übernational tun, um die Einstu fungskriterien für Gefährder beispielsweise zwischen Frank reich und Deutschland zu vereinheitlichen? Denn der mut maßliche Attentäter von Straßburg galt in Frankreich als isla mistischer Gefährder und saß auch in Deutschland in den Haftanstalten in Konstanz und Freiburg ein. Was könnte man da verbessern, auch wenn das jetzt vielleicht eher ein Thema für den Innenminister wäre?
Der Straß burger Attentäter – darauf hatten Sie anfangs auch schon hin gewiesen – war in der Justizvollzugsanstalt Freiburg als sehr religiös bekannt und wurde daher durch den Sicherheitsdienst in die Strukturbeobachtung einbezogen, ohne dass es zu isla mistischen Auffälligkeiten gekommen wäre.
Es ist immer so, dass man im Rückblick manches vielleicht anders beurteilt oder auch beurteilen kann. Aber die Bewer tung seines Verhaltens, seiner Verhaltensweisen während der Haft ließ hier keine anderen Schlüsse zu.
Natürlich ist uns daran gelegen, gegebenenfalls auch wissen schaftliche Erkenntnisse über Radikalisierung im Justizvoll zug zu bekommen. Bislang liegen wenige solche wissen schaftlichen Erkenntnisse dazu vor. Die wohl in Frankreich aufgekommene Bezeichnung von Gefängnissen als „Brutstät ten der Radikalisierung“ sollte jedenfalls den Blick auf die Fakten nicht verstellen.
Da schließe ich an Ihre Frage an und will auch unter Beweis stellen, dass die zuständigen Behörden das im Blick haben. Das Bundeskriminalamt, das Bundesamt für Verfassungs schutz und das Hessische Informations- und Kompetenzzen trum gegen Extremismus haben unter dem Titel „Analyse der Radikalisierungshintergründe und -verläufe der Personen, die aus islamistischer Motivation aus Deutschland in Richtung Syrien oder Irak ausgereist sind“ eine Auswertung vorgenom men und im Jahr 2016 ein zweites Mal fortgeschrieben. Da nach dürften in erster Linie andere Faktoren für Radikalisie rungen maßgeblich sein, nämlich der Freundeskreis, Kontak te in einschlägige Moscheen, das Internet, sogenannte Islam seminare, Koranverteilaktionen und auch die Familie selbst. Bei rund 600 Personen, zu denen Informationen zu Beginn und Verlauf von Radikalisierung vorlagen, waren trotz der Möglichkeit von Mehrfachnennungen Kontakte in Justizvoll zugsanstalten jeweils nur 2 % der Fälle zuzuordnen.