(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Felix Schreiner CDU: Der Europaminister ist aber da! – Abg. Thomas Blenke CDU: Der zuständige Minister ist da!)
Meine Damen und Herren, Europa ist ein wundervoller Kon tinent mit einem großartigen und vielfältigen Erbe. Europa ist stark in den Regionen und mit seinen originären Eigenheiten und lokalen Traditionen.
Exakt dieses Europa, lieber Herr Binder, gilt es zu erhalten und zu stärken – gerade gegen den Teil der EU, der zentralis tisch, bürokratisch ist und sich in Teilen auch vom Leben der Menschen entkoppelt hat.
Die EU würde selbst nicht die eigenen Aufnahmekriterien er füllen. Das sagt jemand wie EU-Parlamentspräsident Schulz. Ich darf aus der WELT vom 25. August 2013 zitieren:
Wäre die EU ein Staat, der die Aufnahme in die EU be antragen würde,... müsste der Antrag zurückgewiesen werden – aus Mangel an demokratischer Substanz.
Als wahrem Europäer liegt mir Europa am Herzen, ein Euro pa der souveränen Staaten, des Friedens und der mündigen Bürger, ein Europa der Freiheit und vor allem ein Europa der Selbstbestimmtheit.
Lieber Kollege Stächele, ich darf auch Sie an dieser Stelle zi tieren. Vor Kurzem hatten Sie eine Aussage gemacht, die sich in der WELT vom 25. Juni wiedergefunden hat:
Brüssel muss sich transparenter machen und Zusammen hänge europäischer Regelungen... erklären. Handlungs fähigkeit im Währungsraum und in der Flüchtlingsfrage muss erkennbar sein.
Seit zig Jahren sind doch viele Defizite der EU im Umgang mit Steuergeldern, Bürgerbeteiligung, Transparenz und vie lem mehr hinlänglich bekannt. Da hilft es auch nicht, den Menschen die EU besser erklären zu wollen, wie der Minis terpräsident gestern sagte, und – fürwahr – die unbestrittenen Vorzüge wie den Binnenmarkt oder die Völkerverständigung aufzuzeigen, wenn die strukturellen Defizite nicht beseitigt werden. Ehrlichkeit ist da viel mehr angebracht. Ehrlichkeit beginnt mit dem Erkennen dessen, was ist.
Wie es besser gehen kann, zeigen uns Norwegen und die Schweiz, beide nicht in der EU, sehr gut funktionierende und stabile Demokratien mit einem sehr hohen Lebensstandard und solidem Wohlstand. Gerade die Schweiz hat uns auch ge zeigt, dass dort in der Tat einiges besser funktioniert als in Deutschland und in der EU,
beispielsweise der vor Kurzem eröffnete Gotthard-Basistun nel. Mit der Eröffnung dieses Tunnels steuern die Schweizer auf eine neue Epoche des kontinentalen Schienenverkehrs hin.
Es zeigt: Dort, wo die Menschen direktdemokratisch einbe zogen sind, wo die Finanzen transparent sind und wo die Be teiligten mit Konsequenzen bei Nichteinhaltung von Zusagen zu rechnen haben, geht es besser voran.
Bei uns in Baden-Württemberg sieht es leider oft anders aus. Seit unzähligen Jahren versprechen Politiker verschiedener Parteien den Ausbau und die bessere Anbindung der Gäubahn, zuletzt ja Sie, lieber geschätzter Kollege Wolf. Doch wenig geschieht. Die Entscheidung von Bundesverkehrsminister Do brindt, den Ausbau der Gäubahn nicht als vordringlich im Bundesverkehrswegeplan einzustufen, ist bestenfalls unver ständlich. Auch die Zulaufstrecken vor allem der Rheintal bahn sind seit Jahren in Verzug. Das gilt auch für die Do nautalbahn. Diese muss ebenfalls zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert werden.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch ein paar Worte zum Thema „Brexit“. Der Austritt Großbritanniens zeigt uns klar: Wir müssen Europa neu denken, weg von ei nem Europa der Juncker-Schulz-EU, einer Entkopplung der Bürger.
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ich bewahre meine Ruhe nicht! Ich bin nicht da, um zu schlafen! – Hei terkeit – Glocke des Präsidenten)
Wer diesen fundamentalen Grundsatz der Demokratie nicht versteht und mitunter in überheblicher Ignoranz den Willen des Volkes missachtet,
Großbritannien wird sicherlich auch außerhalb der EU ein Teil Europas, ein enger Freund und ein verlässlicher NATO-Part ner bleiben. Es ist in der Tat eine Schande, welch schreckli che, welch abstoßende Szenen sich dieser Tage in Brüssel ab spielen. Britischen Vertretern schlägt mitunter offene Feind seligkeit entgegen. Die Devise vom „Weiter so!“ auf dem Weg zum EU-Superstaat wurde von den britischen Wählern abge lehnt.
Und was ist die Reaktion von Herrn Juncker darauf? Er will noch mehr Zentralisierung, er will noch mehr Projekte vorbei an den Menschen verwirklichen. Wie realitätsblind kann man denn eigentlich sein? Junckers Rezepte führen letztlich nur dazu, dass noch mehr Staaten die EU verlassen werden.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Subsidi arität und behutsame Rückverlagerung von Kompetenzen an Nationalstaaten und Regionen sind das Gebot dieser Stunde. Ein Europa der souveränen Vaterländer im besten Sinn von Charles de Gaulle wird ein Europa der Bürger, des Wohlstands und des Friedens sein. Das will ich, das will die AfD, das ist die Zukunft.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass ich wieder hier stehen darf und zum Bericht über aktuelle europapolitische Themen sprechen darf. Ich will die gegebene Zeit auch nutzen, um das zu sa gen, was ich konstruktiv einbringen will.
Ich will von vornherein eines zu meinem Vorredner sagen, da mit das auch hier im Landtag von Baden-Württemberg, in ei ner Volksvertretung, klar ist. Martin Schulz ist vom Volk le gitimiert, und er spricht für das Volk.
Deshalb sage ich Ihnen: Mit der Häme, mit der Sie glauben, aus einer Minderheitsposition heraus sozusagen immer Mehr heitswallungen anzusprechen, können Sie hier bei uns nicht kommen. Wir wissen, dass es ganz anders ist.
(Beifall bei der SPD, den Grünen und der CDU – La chen bei der AfD – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Ei ne große Mehrheit!)
Oberschwach, Herr Professor Meuthen. Auftakt Europa für uns hier im Landtag mit zwei Debatten gestern und heute, ei ne neue Gewichtung für das Thema. Es würde uns von der so zialdemokratischen Fraktion freuen – weil wir der Meinung sind, dass es gut für Baden-Württemberg ist –, wenn Europa eine besondere Bedeutung bekommt. Es ist ja vor zehn Jah ren mit der Einrichtung eines eigenen Ausschusses gelungen, ein Ausrufezeichen zu setzen.
Jetzt hat die Landesregierung ein Ausrufezeichen gesetzt. Sie hat den Wechsel der Europaaufgabe vom Staatsministerium ins Justizministerium vollzogen. Herr Kollege Wolf, weil wir in der Vergangenheit im Parlament gut zusammengearbeitet haben, sage ich einmal: Man kann das machen. Man kann ar gumentieren, dass bei den drei Bausteinen, die die Europapo litik in Baden-Württemberg hat – die Verfassungsfragen Eu ropas, die Fachpolitiken und die kleine Außenpolitik des Lan des –, in der gegenwärtigen Situation – obwohl Lissabon ei gentlich durch ist – die Verfassungsfragen vielleicht wieder in den Vordergrund rücken. Aber – das sage ich Ihnen und den Koalitionären hier im Parlament – das muss man dann auch in seinem Koalitionsvertrag begründen. Dann muss man et was dazu sagen, warum man das tut, und sollte nicht allein ei nen Verschiebebahnhof machen, wie Sie es gemacht haben. Es ist nichts begründet worden, und das ist für die Europapo litik in Baden-Württemberg leider kein gutes Zeichen, meine Damen und Herren.