Protokoll der Sitzung vom 20.12.2018

Vielen Dank, Herr Abg. Gruber, für die Frage. – Bevor ich auf die von Ih nen angesprochene konkrete Zugverbindung eingehe, möch te ich ein paar grundsätzliche Bemerkungen machen.

Für die Pünktlichkeit, für das Fahren der Züge ist die Deut sche Bahn – in diesem Fall die DB Regio – zuständig und ver antwortlich. Die Deutsche Bahn hat mit dem Land BadenWürttemberg einen Vertrag. Sie ist verpflichtet, diesen Ver trag zu erfüllen und die Züge zu bestimmten Zeiten fahren zu lassen, und zwar pünktlich und regelmäßig. Wenn die Deut sche Bahn die Leistung, zu der sie sich mit ihrer Unterschrift vertraglich verpflichtet hat, nicht permanent erbringt, dann ist das zuallererst ein Hinweis darauf, dass sich der Eigentümer der Deutschen Bahn – sprich der Bund – endlich einmal dar um kümmern muss, dass die Deutsche Bahn flächendeckend besser wird.

(Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Ja, man kann mich gern durch Beifall unterstützen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Es ist nämlich unerträglich, dass es im Fernverkehr inzwi schen bei jedem vierten Zug eine erhebliche Verspätung gibt. Diese Verspätungen im Fernverkehr führen immer auch dazu, dass es im Nahverkehr Verspätungen gibt, weil diese Züge fahrplantechnisch bzw. von der Bedienung her nachgeordnet sind und dann auch immer noch Verspätung aufbauen.

Wir haben dem Bund schon lange gesagt: „Wir brauchen end lich ein umfassendes Sanierungs- und Modernisierungspro gramm des Netzes, damit nicht so viele Züge wegen Weichen störungen oder Signalstörungen ausfallen. Wir brauchen zwei tens endlich ein zukunftsfähiges Personalangebot.“ Denn of fenkundig ist es ja so: Wenn ein Zugführer frühmorgens ver schläft, fällt der betreffende Zug aus, oder wenn er – aus wel chen Gründen auch immer – nicht kommt, dann gibt es da kei ne Redundanz, keine Resilienz im System. Das muss aber ein großes Unternehmen leisten können – vor allem dann, wenn man solch einen Vertrag hat.

Weiter braucht man endlich Fahrzeuge, die nicht kaputtgehen, bei denen nicht Türen, Toiletten oder Klimaanlagen kaputt sind – was auch immer kaputtgehen kann.

Alles das erleben wir aber seit Jahren. Wir treffen uns seit Jah ren – jetzt ist bald das zweite Jahr vorüber – jeden Montag mit der Führung der DB Regio und besprechen jede Verspätung, jeden Zugausfall. Jedes Mal sprechen wir darüber, was man anders machen könnte, wie man es besser machen könnte. Da nach läuft es ein oder zwei Wochen besser, aber dann gibt es wieder einen Rückfall. Es ist einfach schwer auszuhalten, dass es nicht besser wird.

Ich kann nur sagen: Da muss jetzt endlich einmal der Eigen tümer in Verantwortung treten. Man hat echt den Eindruck, er lässt das Unternehmen laufen und kümmert sich nicht darum nach dem Motto: Es ist eine Aktiengesellschaft, was geht uns die an?

Aber der Bund ist zu 100 % Eigentümer, und wir, das Land, sind nicht im Aufsichtsrat, sondern stehen quasi in einem Ver tragsverhältnis. Im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses be stehen wir darauf, dass die Bahn ihre Leistungen erbringt, und wir haben jede Menge Pönalen, Zahlungen, die wir von der Bahn bekommen, und bei Zugausfällen zahlt das Land nicht. Aber manchmal hat man den Eindruck, diesen Konzern kratzt es nicht, wenn er uns einige Millionen Euro an Pönalen zah len muss. Jedenfalls ist das kein genügender Anreiz, umzu steuern.

Jetzt komme ich zu der von Ihnen angesprochenen Zugver bindung, Herr Abgeordneter. Aus der Beschreibung der Kom petenzen heraus kann ich Ihnen sagen – eigentlich wissen Sie das auch selbst –: Der Verkehrsminister lässt nicht die einzel nen Züge fahren oder bestellt sie, sondern man verabredet ei nen Fahrplan. Wenn der Fahrplan aus dem Takt gerät, muss der Fahrdienstleiter entscheiden. Der Fahrdienstleiter ist der jenige, der für die Sicherheit und die Koordination zuständig ist. Wenn der Fahrdienstleiter entscheidet, dass es zeitlich möglich ist, den auf den verspäteten oder den ausgefallenen Zug folgenden Anschlusszug in den beiden Orten halten zu lassen, dann macht er das, und wenn das nicht geht, weil es sonst zu Störungen käme – es ist ja ein dicht befahrenes Netz; er muss die Anschlüsse in den anderen Bahnhöfen Richtung Nürnberg, Richtung Stuttgart mit berechnen –, dann macht er das nicht.

Jedenfalls haben wir, das Land, darauf keinen Einfluss. Das ist sozusagen originär Systemsteuerung innerhalb der Deut schen Bahn, und in diesem Fall entscheidet am Ende der Fahr dienstleiter.

Vielen Dank, Herr Minis ter. – Es gibt noch eine Frage des Herrn Abg. Renkonen.

(Abg. Gernot Gruber SPD: Ich habe noch eine Nach frage!)

Ach so, Sie möchten erst weiterfragen, Herr Abg. Gruber. – Ja, bitte.

Herzlichen Dank. – Danke für Ihr Statement, Herr Minister. – Ich möchte die Anfrage jetzt nicht für eine bahnpolitische Grundsatzdiskussion nutzen – auch

wenn ich Ihnen da in vielen Punkten recht gebe –, sondern noch einmal auf den Kern der Fragestellung zurückkommen.

Es ist ja klar – das haben Sie auch dargestellt –: Das Land hat einen Vertrag mit der Bahn für die zwei Netze auf der Murr bahn. Deswegen war die Frage ganz konkret dazu – – Ich hat te auch ausgeführt, dass dann, wenn der frühe Zug ausfällt, der Folgezug auf meine Bitte, auch auf Bitte des Bürgermeis ters von Sulzbach, manchmal in Sulzbach und in Oppenwei ler hält. Das ist aber eben nicht immer der Fall und nicht ga rantiert.

Deswegen frage ich ganz konkret, ob das Land, ob Sie als Ver kehrsminister, als derjenige, der quasi auf der anderen Seite des Vertrags sitzt, vertraglich regeln können, dass dann, wenn der frühe Zug ausfällt, der Folgezug in Oppenweiler und in Sulzbach hält. Dieser Frage sind Sie – so meine ich – leider ausgewichen. Deswegen noch einmal die Nachfrage, ob man da vertraglich nicht nachsteuern kann.

Ich bin der Fra ge nicht ausgewichen, ich habe mich vielleicht nicht verständ lich genug ausgedrückt.

(Abg. Gernot Gruber SPD: Mit meinem bescheide nen Geist! – Zuruf des Abg. Gerhard Kleinböck SPD)

Ich versuche es noch einmal: Wir bestellen eine bestimmte Zugfolge – den Fahrplan, wie Sie es beschrieben haben. Wenn jetzt Zug 1 ausfällt, kann nicht automatisch ein Zug 2 nach ei nem anderen Halteplan fahren, weil das ja insgesamt ins Sys tem eingetaktet ist. Das kann ad hoc einmal so entschieden werden, aber in der Regel ist das nicht möglich. Wäre das ein fach möglich, hätte man den Zug schon anders bestellt.

Ich will jetzt aber doch einmal darauf hinweisen, damit hier im Haus nicht der Eindruck entsteht, es handle sich um meh rere Hundert Fahrgäste, die da unterwegs seien: Nach unse ren Zählungen sind es in Oppenweiler ein bis zwei Fahrgäste und in Sulzbach an der Murr vier bis fünf Fahrgäste.

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Herr Abg. Gruber, Sie können noch eine weitere Zusatzfrage stellen. Möchten Sie noch weiterfragen?

Darf ich noch eine Nachfrage stellen?

Ja.

Ich hatte ja gesagt, am Dienstag und am Mittwoch dieser Woche hat der Zug gehalten. Das heißt, grundsätzlich ist das möglich. Daher würde ich davon ausgehen: Es ist auch grundsätzlich möglich, den Halt ver traglich zu regeln. Sagen Sie da Nein, oder prüfen Sie das noch einmal?

Sie haben ja ge rade selbst gesagt, am Dienstag und am Mittwoch hätte es ge klappt. Daraus abzuleiten, dass es am Donnerstag, am Freitag und auch sonst immer klappen würde, ist falsch. Vielmehr kann der Fahrdienstleiter im Einzelfall, wenn er erkennt, dass der Zug dann, wenn er zweimal in diesen Orten hält und viel

leicht drei Minuten Zeit verliert, noch reinpasst in Stuttgart – – In der Regel ist das nicht der Fall. Deswegen haben wir das auch nicht regelhaft ausgemacht.

(Zuruf des Abg. Gerhard Kleinböck SPD)

Jetzt steht, wie gesagt, Herr Abg. Renkonen auf meiner Rednerliste.

Herr Minister, ich habe ei ne Zusatzfrage zu dem Themenkomplex „Verspätungen und Zugausfälle“, insbesondere auch auf der Murrbahn. Das Land Baden-Württemberg hat ja beim Bund angemeldet, im Bun desverkehrswegeplan einen Ausbau der Schienenstrecken zu berücksichtigen – teilweise Doppelspurinseln, zweigleisiger Ausbau –, damit man diese Verspätungen in den Griff be kommt.

Jetzt ist meine Frage: Gibt es dazu jetzt schon eine Antwort des Bundes, hier möglicherweise weitere Gleiskapazitäten zur Verfügung zu stellen? Und wann stünde so etwas in Aussicht? Denn damit könnte man ja einen Teil der Probleme auf der Strecke lösen. Vielleicht können Sie dazu noch etwas sagen.

Vielen Dank, Herr Abg. Renkonen. – Wir haben lange dafür gekämpft, dass der Bund die Relation Stuttgart–Nürnberg verbessert, entwe der über die Remsbahn oder über die Murrbahn oder über bei de. Vor wenigen Wochen hat uns der Bund zugesagt, die Murr bahn in den Vordringlichen Bedarf zu heben und auszubauen, und zwar partiell mit Doppelspurinseln. Auf der anderen Sei te sagt vor allem die Region entlang der Remsbahn: „Wir hät ten es für richtiger gehalten, dass unsere Strecke ausgebaut wird.“ Wir sind mit beiden Regionen und auch mit dem Bund im Gespräch.

Wir werden in dem einen Fall den Weg über den Bundesver kehrswegeplan und in dem anderen Fall vermutlich den Weg über das Bundes-GVFG gehen.

In beiden Fällen ist jetzt erst kurzfristig klar geworden, wie es geht. Deswegen gibt es jetzt auch schon die Verabredung – in dieser Woche ist das vereinbart worden –, dass wir zusam men mit den Kommunen eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben, über die herausgefunden werden soll: Was muss wo gemacht werden? Es ist nicht beliebig, wo die Doppelspurin seln gemacht werden. Man kann sie auch an Stellen machen, wo sie nichts bringen. Deswegen braucht man einen Plan, wie man fahren will, welche Nahverkehrszüge, welche Fernver kehrszüge fahren sollen. Davon hängt es dann ab, wo und wie man ausbaut.

Vielen Dank. – Mir liegt noch eine Zusatzfrage des Herrn Abg. Zimmermann vor.

Herr Minister, in diesem Zu sammenhang habe ich eine Frage an Sie. Sie haben vorhin ausgeführt, Sie würden sich immer montags mit Vertretern der Bahn zu Besprechungen treffen. Da würde mich interessieren, wie hoch – – Oder ist es überhaupt Gegenstand, dass Verspä tungen und Zugausfälle durch menschliche Eingriffe eintre ten, konkret durch Suizid? In einem solchen Fall ist es natür lich ganz klar, dass die Polizei oder die Staatsanwaltschaft ei

ne Totalsperrung veranlassen. Wie hoch schätzen Sie den be treffenden Anteil, oder was wird Ihnen dazu gesagt? Denn die Vorkommnisse, die mich selbst betroffen haben, waren in der Regel solche, für die die Bahn nichts kann.

Das ist richtig. Bei der Ursachenanalyse ist nicht immer die DB Regio als Be treiber des Netzes verantwortlich. Ihr fällt die Personal- und die Fahrzeugverantwortung zu. Geht es um die Infrastruktur oder um Störungen von außen – das kann ein Unfall sein oder kann das sein, was Sie angesprochen haben –, ist eine andere Gesellschaft der DB zuständig. Wir haben das genau nach Strecken aufgelistet. Da sind die Strecken unterschiedlich. Ich will jetzt auch keinen Prozentsatz nennen, sondern nur sagen: Der überwiegende Teil der Störungen und der Verspätungen geht zurück auf Fahrzeugmängel, Personalmangel, eine Inf rastruktur, die nicht funktioniert oder nicht ausreichend ist, und eben auf die Unfallsituation. Der Anteil liegt deutlich un ter 10 %.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Deutlich unter 10 %.

Gut. Vielen Dank. – Ich sehe jetzt keine weiteren Fragen zu diesem Komplex. – Herr Minister, vielen Dank.

Wir haben als Nächstes eine Frage, die sich an ein anderes Ministerium richtet.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 3 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e r A b g. S a b i n e W ö l f l e S P D – G e f ä h r d e t e s A u f e n t h a l t s r e c h t v o n b e s o n d e r s s c h u t z b e d ü r f t i g e n F r a u e n u n d K i n d e r n a u s d e m S o n d e r k o n t i n g e n t f ü r F l ü c h t l i n g e d e s L a n d e s B a d e n - W ü r t t e m b e r g

Frau Abg. Wölfle, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich frage die Landesregierung: