Protokoll der Sitzung vom 30.01.2019

Er möchte nämlich Gelder mit Zweckbindung. Was ist denn das für eine abstruse Vorstellung des Vorsitzenden einer Land tagsfraktion, der sagt: „Ich möchte zweckgebundene Bundes zuweisungen“? Ich verstehe das nicht.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das akzeptiert doch der Ministerpräsident! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Ich möchte, dass Landtagsabgeordneten eine starke Rolle zu kommt. Ich möchte nicht, dass Baden-Württemberg und dass der Landtag zu einem Verwaltungsdepartement degradiert werden.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Oh, liebe Leute! Es wird immer schräger!)

Da machen wir nicht mit, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das hat doch Ihr Ministerpräsident angekündigt, nicht ich!)

Wenn es um die Sache geht, Herr Stoch, dann ist es ganz ein fach: Wir verteilen die Umsatzsteuer neu. Dafür brauchen wir keine Grundgesetzänderung, keinen Vermittlungsausschuss, kein Gesetzgebungsverfahren im Bund. Mit der Neuvertei lung der Umsatzsteuer können die Gelder sehr zügig vor Ort in den Schulen, bei den Schülerinnen und Schülern ankom men. Davon würden alle Bürgerinnen und Bürger profitieren.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Für die CDU erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Reinhart.

Frau Präsidentin, ver ehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte ist viel zu ernst, als dass wir das Thema verfehlen und hier über nachfolgende Tagesordnungspunkte sinnieren sollten.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja, dass Ih nen die Tagesordnungspunkte nicht passen, ist klar!)

Uns geht es vor allem darum – – Das hat der Kollege Stoch hier sehr gut herausgearbeitet. Er hat z. B. den Inhalt des Ko alitionsvertrags der jetzigen Berliner Koalition zitiert; das ist wahr. Wahr ist auch, dass darauf noch aufgesattelt worden ist. In Artikel 104 c Satz 1 des Grundgesetzes wurde nämlich noch eine Ergänzung vereinbart:

Der Bund kann den Ländern

jetzt kommt es –

zur Sicherstellung der Qualität und der Leistungsfähig keit des Bildungswesens...

darum geht es bei der kommunalen Infrastruktur – Hilfen und Unterstützung geben.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Genau!)

Jetzt muss ich schon sagen: Das ist natürlich in der Tat ein zu sätzlicher Eingriff

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

in die Inhalte, die Hoheit, die Kulturhoheit, die Bildungsho heit, die Kernhoheit der Bundesländer. Darum geht es.

Jetzt müssen wir einmal sehen, woher wir kommen. Es wur de zweimal in den Debattenbeiträgen gesagt und dem Minis terpräsidenten vorgeworfen, man könne das ja nicht anders regeln. Wenn es um Gelder geht, die auf fünf Jahre befristet sind, schließt jeder normal denkende Mensch einen Fünfjah resvertrag und sieht nach fünf Jahren, ob ein neuer Vertrag zu stande kommt oder ob der Vertrag endet. Das machen normal denkende Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Deshalb ist die Conclusio der Regierung völlig richtig.

Was machen wir dagegen? Wir sagen: „Weil es einen Vertrag über fünf Jahre geben soll, schließen wir keinen Vertrag, son dern wir nehmen gleich eine Änderung des Grundgesetzes vor, die dann ewig gilt, weil sie niemand mehr zurückdrehen kann.“ Das ist doch widersinnig, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Das Zweite – viele erinnern sich nicht mehr –: Ich empfehle an dieser Stelle auch den Kollegen auf dieser Seite, den sehr aktiven Sprecher in der Föderalismuskommission I – er hieß Müntefering – zusammen mit dem damaligen Ministerpräsi denten Stoiber zu konsultieren und zu fragen, warum man da mals die Verfassung geändert hat. Es ging um einen Norm zweck, den wir auch in der Föderalismuskommission II ver treten haben, dass man Mischzuständigkeiten abbaut und nicht erweitert, dass man Eigenverantwortlichkeiten schafft. Die Kerneigenverantwortlichkeiten sind bei uns natürlich neben

der inneren Sicherheit, der Polizei, gerade die Bildung und die Zuständigkeit für die Kommunen.

Wir würden hier für ein paar Silberlinge einen gegenteiligen Weg einschlagen. Das kann nicht gewollt sein. Ich füge hin zu: Der goldene Zügel, wie er hier genannt wird, zwischen Bund und Ländern unterscheidet sich eben von dem zwischen Ländern und Kommunen. Warum ist das ein Unterschied? Wir haben Länder mit Staatsqualität, mit Regierung und Parla ment.

Herr Kollege Rülke, in Wahrheit – deshalb lenken Sie auch so ab – wollen Sie doch im innersten Herzen eine Stärkung des Parlaments und keine Entparlamentarisierung.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Aber das, was Sie hier betreiben, ist eine Entparlamentarisie rung. Darum geht es doch im Grunde genommen. Hier geht es vor allem auch hinsichtlich der vertikalen Gewaltenteilung, die historisch eine wichtige Funktion bei uns hat, darum: Wir wollen keinen Zentralismus, wir wollen keinen Zentralstaat; der Föderalismus hat sich bewährt.

Die Kommunen machen ihre Arbeit nach Artikel 28 des Grundgesetzes und Artikel 71 unserer Landesverfassung „im Rahmen der Gesetze“. Aber die Gesetze macht ein Parlament mit Staatsqualität, sprich der Deutsche Bundestag – im Bund auch der Bundesrat. Aber der Bundesrat ist ein Bundesorgan, auf das wir, die Landesparlamente, keinen Einfluss nehmen können.

Deshalb will ich auch Dank an die Landesregierung sagen, dass sie hier nicht sagt: „Wir allein wollen im Bundesrat als Landesregierung agieren“, sondern stattdessen sagt: „Wir stär ken hier eigentlich eure Parlamentshoheit.“ Das ist doch der Kern, der damit verbunden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Da wollen wir keine Vermischungen.

Übrigens: Die Landtagspräsidentin besucht mit Delegationen des Parlaments öfter Länder in Europa, sei es Schottland oder Belgien oder Katalonien, wenn wir beispielsweise zu einem der „Vier Motoren“ fahren. Was erzählen uns eigentlich all die Kollegen in diesen Ländern? Seit Jahrzehnten sagen sie: „Wir beneiden euch um euren Föderalismus, um eure Haus haltshoheit und um eure Bildungshoheiten.

(Abg. Winfried Mack CDU: So ist es!)

Wir sind nur zentralistisch von oben her gesteuert; das wol len wir ablegen.“ Die gehen sogar auf die Straße für diese Rechte, und wir würden die Rechte im Föderalismus zurück drehen. Das kann doch nicht unser Interesse sein.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Wir werden also, verehrte Kolleginnen und Kollegen, anders wo beneidet. Wir haben viele Argumente, alles miteinander völlig einfach über einen Vertrag mit einer Laufzeit von fünf Jahren regeln zu können. Auch kann man sich im Grunde da

zu verpflichten, dass die Kultusministerin, die Landesregie rung das Geld der Bildung zugutekommen lassen.

Hier wird unterstellt, als würde man das später unterlaufen wollen. Das will doch kein Mensch, ganz im Gegenteil – noch nicht einmal mit Paktvereinbarungen, Herr Kollege Rülke. Im Bundesrat ist sogar oft mit Protokollerklärungen gearbeitet worden, die dann eingehalten worden sind, gerade wenn es um die Zuwendung von Geldern geht.

Deshalb, meine Damen und Herren, unterstützen wir den Mi nisterpräsidenten hinsichtlich der Abkopplung des Digital pakts nachhaltig. Ich will nur sagen: Es ist schon eine Grund satzfrage, wie wir unsere föderale Ordnung heute sichern und, wie der Ministerpräsident gesagt hat, Heimat und Halt bieten, vor allem, wie wir Politik von unten nach oben unterstützen – und nicht umgekehrt. Wir wollen eigenständige Kompeten zen. Soll der Bund dort, wo er zuständig ist – in der Außen politik, in der Finanzpolitik –, seine Aufgaben regeln. Aber unsere Hoheiten in den wichtigen Kernbereichen müssen auch bei uns bleiben.

Deshalb muss abschließend zu den Kommunen, bei denen man angeblich eingegriffen hätte, schon noch etwas gesagt werden. – Herr Kollege Hofelich, Sie schauen ganz interes siert.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Institutionell ist das eine, methodisch ist das andere!)

Ich will Ihnen sagen: In keinem der 15 anderen Länder in der Bundesrepublik Deutschland stehen die Kommunen so gut da wie in Baden-Württemberg. Unsere 1 100 Kommunen stehen am besten von allen Kommunen in den Ländern da.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Und warum? Auch das sollte man sehen. Der Kollege Schwarz hat es zu Recht angesprochen. Bayern hat mittlerweile die Ver bundquote – das ist der goldene Zügel – auf 12,75 % redu ziert, während wir sie – die Finanzministerin ist gerade nicht da – in diesem Hohen Haus bei 23 % belassen haben. Wir ha ben 600 Millionen € zusätzlich, freiwillig, ohne Verpflichtung – weil wir gerade über Ausstattung und Infrastruktur der Schu len sprechen – allein für den Schulhausbau, für die Infrastruk tur zur Verfügung gestellt.

Insoweit: Wir stehen auch auf der Seite unserer Kommunen. Wir müssen ausreichend ausgestattet werden. Das kann über Artikel 106 des Grundgesetzes geschehen. Deshalb ist es wichtig, dass wir diese Debatte auch heute mit Leidenschaft und Überzeugung führen und klarmachen: Wir, auch unsere Fraktion, diese Regierungsfraktionen, unterstützen die Lan desregierung und wünschen Erfolg bei den Verhandlungen im Vermittlungsausschuss.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Nun erteile ich Herrn Abg. Dr. Gedeon das Wort.

(Zurufe, u. a. Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Schon wieder von der Strafbank runter?)

Mit Ihrer Fußball welt kommen Sie nicht weit, Herr Rülke.