Protokoll der Sitzung vom 20.03.2019

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht vielmehr darum, im Einzelfall gute Lösungen zu finden. Wir können historisches Unrecht nicht ungeschehen machen. Das kann auch Kultur nicht leisten – aber sie kann zu einem neuen Dialog mit den Menschen in den Herkunftsländern, in den früheren Koloni en beitragen. Sie kann helfen, Leid, Hass und jahrhunderteal te Barrieren zu überwinden und einzureißen, und sie kann so den Grundstein legen für eine neue Partnerschaft, für eine neue Freundschaft. Diese Chance sollten wir unbedingt nutzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der FDP/DVP)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Stein.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Aufarbeitung der Kolonialgeschichte – ist dies wirklich das drängende Thema in einer Aktuellen Debatte? Wären nicht eher die Themen Diesel, „Innere Sicherheit“, Al tersarmut, Steuerlast

(Beifall bei der AfD)

oder Familienförderung aktuelle Themen, die wir heute, im 21. Jahrhundert, besprechen sollten?

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Sie müssen ja nicht reden! Es zwingt Sie ja niemand! – Gegenruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Er hat auch nichts zu sagen!)

Die Bibel und die Peitsche wurden zurückgebracht. Bibel und Peitsche – das passt gar nicht zusammen, aber beides passt in das Narrativ, die Europäer hätten die Bibel und die Peitsche zur Eroberung der Welt genutzt. Doch Hendrik Witbooi war ein Anführer und das beste Beispiel dafür, dass Rassismus schon lange vor den Europäern auf dem afrikanischen Konti nent verbreitet war. Denn er führte mehrfach seinen Stamm, die Witbooi oder Namas, in Kriege gegen die Hereros.

So zeigt sich, dass die Rückgabe dieser Objekte vor allem ei ne große Inszenierung ist.

(Beifall bei der AfD)

Aber die Begrifflichkeit „Kolonialer Kontext“ vernebelt die Tatsachen. Denn die ausgestellten Objekte wurden oft gekauft oder durch Tausch erworben.

Ich möchte die hier geforderte Aufarbeitung der Kolonialge schichte noch in einen weiteren Zusammenhang stellen: For derungen nach Reparationszahlungen – Sie haben es bereits erwähnt – an Deutschland werden immer wieder und regel mäßig instrumentalisiert. Die jüngsten Fälle: Griechenland bei der Eurorettung. Auch die Hereros hatten Forderungen aufge stellt, doch auch Namibia hat offenbar diese Einnahmequelle entdeckt.

Die Forderung nach Aufarbeitung steht nicht im luftleeren Raum. Denn Namibia fordert millionenschwere Wiedergut machung von Deutschland – und das, obwohl Deutschland seit 1990 – Herr Kern, jetzt einmal die Zahl – 870 Millionen € Entwicklungshilfe an Namibia gezahlt hat. Das Aufrechnen

angeblicher Schuld – das muss man ganz klar betonen – ver giftet nämlich das Klima zwischen Schwarzen und Weißen in solchen Ländern.

(Beifall bei der AfD – Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

Wenn Sie hier die Aufarbeitung der Kolonialgeschichte for dern und von einer Schuld sprechen, dann sollten Sie sich da rüber im Klaren sein, wohin das dort führen wird: in die Ent eignung weißer Siedler europäischer Abstammung in Afrika.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Angesichts der emotionalen Debatte fördert dies womöglich Übergriffe und Morde an weißen Farmern – wie jüngst in Süd afrika öfter zu beobachten.

Die Kulturministerkonferenz, die die Eckpunkte zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialem Kontext beschlossen hat, ist erst in diesem Jahr zusammengetreten. Und was tut diese Kulturministerkonferenz? Sie muss erst einmal zeigen, dass sie wichtig ist;

(Heiterkeit der Abg. Dr. Christina Baum AfD)

denn Kultur ist Länderaufgabe, und jedes Bundesland soll selbst entscheiden, wie es mit dem eigenen kulturellen Erbe umgehen möchte.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Deshalb diskutiert das Haus auch darüber!)

Eine Kulturministerkonferenz ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg der Zentralisierung. Herr Kretschmann, der sich vor Kurzem als Verteidiger der Länderhoheit feiern ließ, versucht nun, dem Wähler den Ausverkauf dieser Länderkompetenz schönzureden.

Er sollte sich eher überlegen, ob die Landesväter früherer Zei ten, die mit der Wilhelma und dem Linden-Museum ihren Landeskindern eine umfassende Weltsicht und Bildung er möglichten, sich nicht im Grabe umdrehen würden, wenn sie wüssten, dass dies von ihrem Nachfolger Winfried Kretsch mann verscherbelt wird für einen reinen Imagegewinn vor der bevorstehenden Europawahl.

(Beifall bei der AfD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE: Die würden sich im Grab umdrehen, wenn sie Ihre Rede hören würden!)

Die Kolonialgeschichte Deutschlands ist denkbar kurz: 40 Jahre. Eines muss man ganz klar betonen: Global gesehen ist die schlimmste Zeit der Kolonialgeschichte an Deutschland vorbeigegangen, denn der Sklavenhandel war damals schon geächtet. Da könnten andere viel mehr aufarbeiten.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

Es gibt einen einfachen Beweis dafür, dass die Witbooi-Bibel und die Peitsche eben nicht koloniale Beute sind, wie Sie das hier immer darstellen. Württemberg hat nämlich gar keine Ko lonien gehabt.

(Beifall bei der AfD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE: Das ist an Einfalt nicht zu überbieten!)

Deutschland war lange Zeit führend

(Lachen bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Unruhe bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

in der ethnologischen Forschung. Diese ethnologische For schung ist ein positives Zeichen dafür,...

(Anhaltende Unruhe)

Moment – –

... dass es den Deutschen dieser Zeit eben nicht nur darum ging, diese fremden Völker auszupres sen und sich an ihnen zu bereichern, auch wenn Handelsge winne selbstverständlich ein Ziel des politischen Handelns waren. Es ging unseren Vorfahren auch darum, diese Kultu ren kennenzulernen und zu verstehen. Es ging ihnen darum, dass die Menschen in Deutschland etwas über fremde Völker erfahren sollten. Das kann man durchaus auch einmal positiv bewerten.

(Beifall bei der AfD – Unruhe)

Viele dieser Gegenstände besitzen ihren Wert nicht nur auf grund ihrer Einzigartigkeit, sondern – da gebe ich Ihnen recht – auch durch den Kontext. Da muss man im Einzelfall be trachten, wie sie in den Museen eingeordnet werden. Raub kunst ist das nie gewesen,

(Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU und die Geschichte darf hier auch nicht umgeschrieben wer den. Viele dieser Gegenstände hätten die Zeit nicht überdau ert, wenn sie nicht ihren Platz in den Museen Europas gefun den hätten; das muss man einmal ganz klar betonen. (Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Heinrich Fiecht ner [fraktionslos] – Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Woher wollen Sie das denn wissen? – Unruhe)

Maria Sibylla Merian und Wilhelm von Humboldt haben fremde Länder erforscht: die Pflanzenwelt, die Geologie, aber auch die Menschen selbst. Ihre Lebensweise, die Kultur rück ten in den Museen in den Mittelpunkt. Die ethnologische For schung, die führend war, wird mit diesen Bestrebungen – ei ne Rückgabe um jeden Preis – diskreditiert.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Die Grünen möchten hier wieder ihr moralisches Image auf polieren, um einen Wahlerfolg zu generieren.

(Zuruf des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

Wenn Sie von Raubkunst sprechen, möchte ich Ihnen dafür einmal ein Beispiel geben. In Russland wird das nämlich Tro phäenkunst genannt, und es sind Kunstgegenstände, die – nach 1945 erbeutet – heute in russischen Museen verwahrt werden. Zahlreiche Kunstschätze, Millionen Bücher und Akten wur den 1998 durch ein Duma-Gesetz zu russischem Besitz er klärt. Oftmals lagern sie in Depots und Archiven, die nicht zu gänglich sind.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Nur besonders spektakuläre Kunstgegenstände werden hier bei nachverfolgt. Ich möchte hier nur den Schatz des Priamos und den Goldschatz von Eberswalde nennen.

Eines möchte ich doch einmal ganz klar sagen: Es gibt heut zutage wesentlich wichtigere Themen, mit denen wir uns im Landtag beschäftigen sollten;

(Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

ich habe es eingangs erwähnt. Und hören Sie auf mit Ihrem moralischen Größenwahn.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Heinrich Fiecht ner [fraktionslos] – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [frak tionslos]: Jawohl! – Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Schlimmer geht’s nimmer! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Meine Güte!)