Protokoll der Sitzung vom 03.04.2019

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Meine Bitte ist: Lassen Sie uns – auch in den nächsten Wo chen und Monaten – nicht nachlassen.

Kommen wir zur Sicherheitsbilanz. Ich möchte Ihnen, verehr te Abgeordnete, zunächst sagen, dass es meine feste Überzeu gung ist, dass die Herausforderungen für die Sicherheitsbe hörden und die Polizei in Baden-Württemberg so vielfältig sind, wie sie es nie waren. Trotzdem kann ich Ihnen heute Zahlen präsentieren, die so gut sind wie schon lange nicht mehr. Das zeigt: Wir machen auch nicht alles verkehrt.

Auf die breite Palette von Herausforderungen reagieren wir beispielsweise nicht mit dem Gießkannenprinzip, mit Zentra lismus – „Einmal erdacht in Stuttgart, gut für das ganze Land“ –, sondern lageorientiert und zielorientiert oder, bildlich ge sprochen, wie ein Chirurg mit dem Skalpell. Dabei tun wir gut daran, auf die Straftatenbereiche zu blicken, die in besonde rem Maß das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung beeinträch tigen.

Das Gefühl von Sicherheit geht in erster Linie dann verloren, wenn man etwa in den eigenen vier Wänden von Kriminali tät bedroht wird, wenn es einen Eingriff in die Wohnung, in die eigene Intimsphäre gibt, wenn die sexuelle Selbstbestim mung und damit die eigene Würde verletzt werden oder wenn ich mich in der öffentlichen oder auch der virtuellen Welt nicht mehr traue, mich sicher zu bewegen.

Schauen wir daher auf die Herausforderungen, die objektiv wie subjektiv Sicherheit beeinflussen, und schauen wir, wie wir diese angehen.

Wohnungseinbruchdiebstahl: Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu Beginn unserer Regierungszeit blickten wir auf einen Höchststand bei der Zahl der Wohnungseinbrüche in unserem Land zurück. Ich habe gesagt: Das ist nicht hin

nehmbar. Es war klar, dass Polizei und Politik mit aller Ent schlossenheit handeln mussten. Und es wurde gehandelt.

Durch eine Strafverschärfung wird dem Unrechtsgehalt und den Folgen von Wohnungseinbrüchen nunmehr besser Rech nung getragen. Der Wohnungseinbruchdiebstahl stellt nun mehr einen Verbrechenstatbestand dar. Das hat weitreichen de Folgen; die Anwendung von strafprozessualen Maßnah men wird erleichtert. Niemals habe ich an die abschreckende Wirkung dieser Strafverschärfung geglaubt. Dass wir dadurch aber den Instrumentenkasten in der Strafprozessordnung ver größert haben, hat uns bei der Bekämpfung dieser bandenmä ßig organisierten Kriminalität – einer hoch mobilen und hoch technisierten mobilen Kriminalität – außerordentlich gehol fen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Ganz entscheidend war aber darüber hinaus die Neuausrich tung innerhalb unserer Polizei. Mit personalstarken Ermitt lungsgruppen der Schutz- und Kriminalpolizei, mit Fahn dungsaktionen und mit neuen innovativen Ansätzen ist es ge lungen, die Anzahl der Einbrüche deutlich zu reduzieren. Im selben Atemzug konnte die Aufklärungsquote deutlich erhöht und konnten Täter, die häufig für eine Vielzahl von Wohnungs einbrüchen verantwortlich gemacht werden können, dingfest gemacht werden.

Dieser Erfolg manifestiert sich auch in Zahlen: Im Jahr 2018 haben wir einen nochmaligen Rückgang der Fallzahlen um rund 16 %. Im Vergleich zum Jahr 2014 heißt das: Es ist uns gelungen, die Zahl der Wohnungseinbrüche zu halbieren und gleichzeitig die Aufklärungsquote um 50 % zu steigern. Das ist schon eine sensationell erfolgreiche Bilanz: 50 % weniger Einbrüche, 50 % mehr Aufklärung dieser Straftaten. Mehr geht fast schon gar nicht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Es haben aber nicht nur die gesetzgeberischen Maßnahmen und die der Strafverfolgung gegriffen. Auch die Präventions arbeit hat maßgeblich zur positiven Entwicklung beigetragen. Knapp die Hälfte der Einbrüche blieb im Jahr 2018 im Ver suchsstadium stecken.

Die Expertinnen und Experten der Polizei führten im vergan genen Jahr insgesamt 12 000 sicherungstechnische Beratun gen vor Ort oder in einer der 35 polizeilichen Beratungsstel len im Land durch. Die baden-württembergische Polizei hat in diesem Bereich ungefähr 1 000 Beratungen gemacht.

Meine Damen und Herren, ich lese immer wieder, der Staat würde das Thema Wohnungseinbruchdiebstahl den Bürgern zuschieben, sozusagen nach dem Motto: Macht aus eurer Wohnung und eurem Haus eine Schutzburg. Das ist nicht wahr. Ich habe Ihnen aufgezählt, was wir polizeilicherseits al les getan haben. Aber die Bürgerinnen und Bürger können eben auch etwas tun. Beides zusammen bringt den Erfolg. Das ist unser Konzept, und das ist ein erfolgreiches Konzept.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Mit speziell ausgestatteten Fahrzeugen des LKA können wir bei Bedarf im Übrigen schnell reagieren und mobile Bera tungsgespräche zum Thema Einbruchschutz dort durchfüh

ren, wo sie besonders notwendig und angebracht sind. So muss Prävention funktionieren. Höhere Aufklärung von Straf taten – so muss Repression funktionieren. Weniger Straftaten als Ergebnis einer klugen und richtigen Prävention und Re pression.

Nun richten wir den Blick auf den öffentlichen Raum und hierbei auf die Kriminalität im Kontext der Zuwanderung. Die Zahl der durch Asylbewerber und Flüchtlinge begangenen Straftaten ging nach durchgängigen und hohen Zuwächsen bis ins Jahr 2016 auch im Jahr 2018 erneut zurück. Es dominie ren weiterhin Körperverletzungsdelikte, Diebstähle und das Erschleichen von Leistungen.

Im Blick behalten werden wir die Entwicklung, dass sich nach wie vor insbesondere Körperverletzungen und Rauschgiftde likte von den Flüchtlingsunterkünften in den öffentlichen Raum verlagern. Die Kriminalität von Menschen, die den Schutz unserer Gesellschaft in Anspruch nehmen, ist für das Sicherheitsgefühl der Menschen im Land und für den Rechts staat ein echtes Problem. Ich kann nachvollziehen, dass wir von denjenigen, die hier um Schutz nachsuchen, denen wir Schutz gewähren, auch erwarten, dass sie sich an die Regeln unserer Gesellschaft und insbesondere an das Strafgesetzbuch halten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Thomas Blenke CDU: Sehr richtig!)

Das erwarten wir im Übrigen auch im Interesse derjenigen, die vor Gewalt, Vergewaltigung, dem Tod geflohen sind und sich in unserem Land anständig benehmen. Das ist der größe re Teil.

Schon deshalb müssen wir unsere erfolgreichen polizeilichen Maßnahmen konsequent fortsetzen und den Blick auf dieje nigen richten, die unsere Regeln brechen, ja, mitunter unsere Regeln verachten.

Spezielle Lagen erfordern auch in diesem Zusammenhang spezielle Maßnahmen. Auch hier geben wir eine maßgeschnei derte Antwort – einmalig in der Bundesrepublik Deutschland.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Rottmann zu?

Ich würde vorschlagen, dass ich die Regierungs information am Stück vortrage. Dann haben wir noch ausrei chend Gelegenheit, miteinander in eine Debatte einzusteigen.

(Abg. Anton Baron AfD: Wir nehmen Sie beim Wort!)

Auch hier geben wir eine maßgeschneiderte Antwort. Häufig gibt es ja den Vorwurf an die Politik, dass wir zielgenau und absichtsvoll immer nur die Falschen abschieben würden.

Um einer bestimmten Lage und eines großen Problems Herr zu werden, habe ich bereits zu Beginn des vergangenen Jah res den „Sonderstab gefährliche Ausländer“ in Baden-Würt temberg eingerichtet. Selten, meine sehr verehrten Damen und Herren, war ein Konzept erfolgreicher.

Wir stellen fest: Das ausländerrechtliche Fallmanagement fruchtet. Seit seinem Bestehen konnte der „Sonderstab gefähr

liche Ausländer“ insgesamt 57 dieser gefährlichen und kom plexen Fälle erfolgreich abschließen, darunter 15 Gefährder und relevante Personen. Sie sind nun nicht mehr im Land. Da mit haben wir für die Bevölkerung in unserem Land die Ge fahr, die von diesen Personen in erheblichem Maß ausgeht, deutlich reduziert. Durch jeden von denen, die sich nicht mehr in Baden-Württemberg und in Deutschland aufhalten, wird ein Sicherheitsgewinn für die Menschen in diesem Land und eine Entlastung für die Arbeit unserer Sicherheitsbehörden er zielt.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Aber das Beispiel der Gefährder macht auch klar: Uns geht es bei dem Sonderstab um die Gefährlichsten der Gefährlichen. Durch jeden – ob Gefährder, ob Schwerkrimineller –, der nach außerhalb des Landes verbracht wird, wird ein absoluter Ge winn für die Sicherheit erzielt.

(Zuruf des Abg. Emil Sänze AfD)

Wir wissen jetzt, wie es geht, und wir wollen das Erfolgsmo dell „Sonderstab gefährliche Ausländer“ in die Fläche brin gen. Wir haben zwischenzeitlich den ersten regionalen Son derstab beim Regierungspräsidium Freiburg eingerichtet. Hierfür möchte ich mich nochmals insbesondere bei den Re gierungsfraktionen der Grünen und der CDU herzlich bedan ken, dass sie uns das im Nachtragshaushalt zusätzlich ermög licht haben.

Jetzt werden wir darauf blicken, ob auch dieser regionale Son derstab so gut funktioniert wie der „Sonderstab gefährliche Ausländer“ im Innenministerium. Sollte das so sein – daran hege ich keinen Zweifel –, werden regionale Sonderstäbe in allen weiteren Regierungspräsidien folgen.

Kehren wir noch einmal zurück zum Thema „Gefährder und politisch motivierte Kriminalität“, kurz PMK. Ich sage ganz klar: Straftaten der politisch motivierten Kriminalität – egal, welcher Couleur – werden in Baden-Württemberg nicht ge duldet. Es ist sonnenklar: Gewalt als Mittel der Politik – egal, ob von links, von rechts, religiös oder wie auch immer extre mistisch motiviert – gibt es hier gar nicht und geht hier gar nicht.

(Zuruf von der AfD: Gibt es schon!)

Null Komma null Toleranz.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Trotz der insgesamt rückläufigen Zahlen im Bereich der PMK bleibt die aktuelle Gefahrenlage für Baden-Württemberg wei terhin auf einem abstrakt hohen Niveau. Es gibt keinen Grund zur Entwarnung.

Im Bereich „PMK – ausländische Ideologie“ haben wir einen deutlichen Anstieg der Zahl der Straftaten zu verzeichnen. Ge rade in diesem Phänomenbereich werden Konflikte von au ßerhalb Deutschlands auf die Straßen Baden-Württembergs transportiert. Hierfür fehlt mir jegliches Verständnis.

Zahlreiche Einsatzlagen aufgrund des türkisch-kurdischen Konflikts haben die Polizei auch im vergangenen Jahr massiv gefordert. Das geht gar nicht.

Eine der größten Herausforderungen für die Sicherheitsbehör den im Land, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist nach wie vor der islamistische Terrorismus. Die Verhinderung eines Anschlags ist unser oberstes Ziel. Die Polizei und alle Sicherheitsbehörden arbeiten tagtäglich mit einem immensen Aufwand an dieser Zielsetzung.

Wir – der Landtag, die Politik – sind gefordert, die Rahmen bedingungen für diese wichtige Arbeit immer und immer wie der zu verbessern, den neuen Lagen anzupassen.

Noch einmal zur Verdeutlichung: In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Anzahl der islamistischen Gefährder in Ba den-Württemberg mehr als verzehnfacht. Bei aktuell rund 100 Personen bei uns im Land Baden-Württemberg dürfte jedem klar sein, warum wir so viel Wert auf ein effektives Gefähr dermanagement legen.

Ich habe mich daher auf der letztjährigen Innenministerkon ferenz dafür starkgemacht, die Informationsbasis zu den Ge fährdern zu verbessern. Die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern hat sich meiner Initiative angeschlossen. Aktu ell wird unter der Leitung Baden-Württembergs das entspre chende Konzept hierfür tatkräftig erarbeitet. Wir müssen die gesamte allgemeinkriminelle Historie dieser hochgefährlichen Personen kennen, und das von Flensburg bis zum Bodensee. Jeder Streifenpolizist muss das in Echtzeit abrufen können.

Erst vor wenigen Tagen richtete mein Haus eine internationa le Fachkonferenz zum internationalen Terrorismus mit Teil nehmern aus immerhin über 23 Staaten aus. Hochrangige Ver treter diskutierten über innovative Ansätze und Methoden zur Prävention und zur Bekämpfung des islamistischen Terroris mus. Meine Damen und Herren, das machen wir nicht aus Jux und Tollerei oder deshalb, weil wir ansonsten nichts Besseres zu tun hätten, sondern das machen wir deswegen, weil wir nach wie vor eine abstrakte Terrorgefahr in unserem Land ha ben,

(Abg. Anton Baron AfD: Woher kommt die bloß?)

die die Sicherheitsbehörden Tag für Tag beschäftigt und be schäftigen muss.