Die schrecklichen Anschläge in der Vergangenheit – zuletzt in Straßburg, also in unserer unmittelbaren Nähe – haben ge zeigt, dass der islamistische Terrorismus ein länderübergrei fendes Problem ist, das man auch nur gemeinsam, in einem starken Europa, bekämpfen kann.
Eine weitere wichtige Säule der Extremismusbekämpfung sind die Prävention und die Deradikalisierung. Im Koalitions vertrag haben wir bewusst die Stärkung des konex und des sen Ausweitung auf alle Fälle des Extremismus vereinbart.
Seit Frühjahr 2018 bietet das konex Ausstiegsberatungen für rechtsextremistische Personen an. Auch im Bereich des isla mistischen Extremismus besteht seit November letzten Jah res ein umfangreiches Beratungsangebot.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Beratungs angebot ist deswegen außerordentlich wichtig – um Ihnen ein Beispiel zu nennen –, weil Radikalisierung häufig im Umfeld
festgestellt wird, durch die Schwester, durch die Eltern, diese aber hilflos sind, nicht wissen, an wen sie sich wenden kön nen, wo sie sich beraten lassen können.
Deswegen ist dieses Beratungsangebot, das wir jetzt durch ko nex anbieten – im Übrigen mitten in Stuttgart, in der König straße –, auch so wichtig.
Gleichwohl: Trotz all dieser Maßnahmen und Anstrengungen müssen wir uns eines aber stets vor Augen halten: Einen hun dertprozentigen Schutz vor Terror gibt es nicht. Ich möchte Ihnen aber mit bestem Wissen und Gewissen versichern: Wir tun alles, um einen Anschlag in Baden-Württemberg zu ver hindern.
Noch einmal: Wir haben weiterhin eine abstrakt hohe Terror gefahr in unserem Land. Es ist gerade einmal ein Vierteljahr her, dass es diesen schrecklichen Anschlag, dieses Attentat auf den Straßburger Weihnachtsmarkt gab. Straßburg ist nicht ir gendwo. Ich habe einige schwierige Stunden verbracht aus Angst, dass der Täter über die Rheinbrücke zu uns nach Ba den-Württemberg geflüchtet ist. Straßburg ist Stuttgart. Das, was in Straßburg passiert ist, ist natürlich auch bei uns in Ba den-Württemberg eine reale Bedrohungslage. Deswegen blei ben wir auch in Zukunft wachsam.
Widmen wir uns dem öffentlichen Raum. Dort, wo sich im Land Problemstellungen zeigen, lassen wir die Akteure vor Ort nicht allein. Uns ist es ein besonderes Anliegen, die Städ te vor Ort ganz gezielt zu unterstützen. Wir analysieren die Situation im Land sehr genau und versuchen, maßgeschnei derte Konzepte, die vor Ort passen, zu entwickeln.
Wir tun dies mit Sicherheitspartnerschaften wie in Heidelberg und Freiburg, aber auch mit zahlreichen örtlichen Bekämp fungskonzeptionen. Diese polizeilichen Konzepte müssen sich an der örtlichen Lage orientieren und auch geografische Rah menbedingungen berücksichtigen.
Kollege Burger, ich war dieser Tage in Sigmaringen, ich war in Heidelberg, ich war in Freiburg, und ich möchte Ihnen sa gen, dass wir überall, wo wir das machen, auf einem richti gen und einem erfolgreichen Weg sind. Das geht nicht nach dem Motto „Copy-and-paste“, sondern diese Konzepte brau chen einen maßgeschneiderten Anzug.
Vor einem Jahr habe ich bereits über die Erfolge der Sicher heitspartnerschaft mit der Stadt Freiburg und die erhebliche Verbesserung der angespannten Sicherheitslage in Freiburg gesprochen. Dieser Trend hat sich auch in der aktuellen PKS fortgesetzt.
Aber ich möchte auch sagen: Nichts ist so gut, dass man es nicht noch ein bisschen besser machen könnte. So haben wir uns nach der furchtbaren mutmaßlichen Vergewaltigung im Oktober letzten Jahres die Situation in Freiburg noch einmal ganz genau angeschaut.
Mit der Weiterentwicklung der Partnerschaft „Sicherer All tag“ haben wir gemeinsam mit der Stadt Freiburg noch ein mal punktgenau nachjustiert. Sicherheitspartnerschaften – auch die in Heidelberg – sind nicht in Stein gemeißelt, son
dern sie sind ein dynamischer Prozess, den wir ständig wei terentwickeln, an dem wir ständig arbeiten. Wir werden auch künftig dort ansetzen, wo es erforderlich ist – mit maßge schneiderten, individuellen Konzepten.
Beispielsweise haben wir in der letzten Woche im Polizeiprä sidium Mannheim einen Sicherheitstag durchgeführt – 700 Polizistinnen und Polizisten, 24 Stunden im Einsatz, einmal richtig das Licht angeknipst, natürlich eine große Anzahl von Festnahmen, Funde von Rauschgift, Waffen und anderem mehr. Das ist für die objektive Sicherheitslage in unserem Land wichtig. Das ist aber auch für das Sicherheitsempfinden der Menschen wichtig.
Ich freue mich als Innenminister darüber, dass ich bei diesen Sicherheits- und Fahndungstagen, die natürlich auch eine Be lastung für die Menschen in einer Stadt sind – weil möglicher weise der Verkehr stockt und anderes mehr –, noch nicht ei ne einzige Bürgerin und einen einzigen Bürger kennengelernt habe, die sich darüber beschwert hätten. Vielmehr finden die Menschen es gut, dass wir Kriminalität punktgenau und sehr effizient im Rahmen der Fahndungs- und Sicherheitstage mit großem personellen Aufgebot bekämpfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt bin ich bei Mannheim. Lassen Sie mich noch ein Wort zu den unbeglei teten minderjährigen Ausländern, den vermeintlichen UMAs, sagen.
Beispielhaft für diesen Ansatz steht auch der Umgang mit un begleiteten minderjährigen Ausländern in Mannheim. Ende 2017 löste eine kleine Gruppe vorgeblich minderjähriger Mi granten ein bundesweites Medienecho aus. Diese Gruppe fiel durch ein völlig untragbares Verhalten mit hoher krimineller Energie auf.
Ich weiß noch, welche öffentliche Häme über mich ausge schüttet wurde, als ich mir den Hinweis erlaubt habe, dass wir zunächst einmal schauen sollten, ob die unbegleiteten min derjährigen Ausländer auch tatsächlich minderjährig sind. Ta ge- und wochenlang gab es Spott, Häme, nahezu Verachtung. Nur nebenbei: Letztlich haben unsere Überprüfungen erge ben, dass von 20 straffällig gewordenen, angeblich minder jährigen Ausländern exakt 19 falsche Angaben zum Alter ge macht haben. Ihr tatsächliches Alter lag zwischen 18 und 28 Jahren.
Das sind eben keine Minderjährigen. Deswegen ist es richtig gewesen, auch wenn es in der Öffentlichkeit nicht so gut an gekommen ist,
dass wir einmal den Fokus darauf richten: Ist der UMA ei gentlich ein UMA? Gemeinsam mit den Verantwortlichen vor Ort haben wir Lösungsansätze entwickelt.
und es ist deswegen gelöst, weil wir nicht nur geredet, son dern gehandelt haben. Durch die enge Kooperation aller be teiligten Stellen griff ein Zahnrad ins andere. Aufenthaltsver bote, die sofortige und wiederholte Rückführung, die Tren nung der Gruppe und Personenfeststellungsverfahren waren dabei die entscheidenden Erfolgsfaktoren. Das Beispiel zeigt anschaulich, dass erkannte Probleme angepackt werden und vor Ort gemeinsam eine Lösung gefunden wird – im Übrigen auch eine ressortübergreifende Lösung, lieber Kollege Lucha. Ich bedanke mich auch in diesem Fall für die gute Zusammen arbeit und für die Problemlösung.
Das zeigt aber auch: Wir dürfen in unseren Bemühungen nicht nachlassen und müssen uns ständig fragen, wie wir noch bes ser werden können.
Die mutmaßliche Gruppenvergewaltigung in der Nacht zum 14. Oktober des vergangenen Jahres in Freiburg hat das Si cherheitsgefühl der Menschen nachhaltig erschüttert und uns natürlich alle betroffen gemacht.
Wir haben diesen Vorgang zum Anlass genommen, um auch ganz grundsätzlich die polizeilichen Handlungsabläufe und Strukturen genau zu analysieren und mögliche Optimierungs potenziale zu identifizieren. Ich kann Ihnen heute sagen: Das haben wir gemacht, und das haben wir zwischenzeitlich auch umgesetzt. In diesem Zusammenhang wurden insbesondere drei Maßnahmen festgelegt, mit denen wir die polizeiliche Ar beit noch professioneller und noch effektiver gestalten kön nen:
Wir haben die bereits vorhandenen Programme für die er wachsenen Mehrfach- und Intensivtäter in einem neuen Pro gramm zusammengeführt.
Durch die zentralisierte, standardisierte und abgestimmte Be arbeitung bei Polizei, Justiz und Sonderstab gehen wir noch konsequenter gegen die Problemgruppe der Intensivtäter vor – unabhängig von Staatsangehörigkeit und Herkunft. Das heißt aber auch, dass sich alle beteiligten Behörden sprich wörtlich an einen Tisch setzen müssen, gemeinsam und abge stimmt handeln müssen.
Außerdem wurde das Haftbefehlsmanagement neu struktu riert. Künftig werden die Haftbefehle bei den Polizeipräsidi en an einer Stelle gebündelt, von wo aus die weitere Steue rung, Priorisierung und Eingabe in das polizeiliche Fahn dungssystem erfolgt. Das neue Konzept „Vereinheitlichung, Verantwortung, Struktur“ führt zu einem landeseinheitlichen Vorgehen.
Und wir legen – das ist mir persönlich besonders wichtig – künftig einen besonderen polizeilichen Schwerpunkt auf das Kriminalitätsphänomen Sexualdelikte. Deren Zahl ist im ver gangenen Jahr noch einmal deutlich gestiegen. Hier werden wir nunmehr ganz gezielt ansetzen und alles dafür tun, diesen Trend zu stoppen –
beispielsweise mit unserem Präventionsprogramm „Sicher. Unterwegs. – Gewalt gegen Frauen im öffentlichen Raum“, womit der von uns eingeschlagene Weg zur Bekämpfung von Sexualstraftaten konsequent und noch intensiver fortgesetzt wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Botschaft lau tet ganz klar: Frauen sollen den öffentlichen Raum nicht mei den,
sondern Frauen sollen selbstbewusst und aktiv rausgehen, und zwar zu jeder Tages- und Nachtzeit, überall in unserem Land Baden-Württemberg.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Andreas Kenner SPD – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Eine Walther in der Handtasche!)
Eine weitere große Herausforderung, die uns intensiv beschäf tigt, ist das Thema Cybercrime. Die zunehmende Digitalisie rung unserer Gesellschaft sorgt dafür, dass Cybercrime und Cybersicherheit immer bedeutender werden. In das Visier von Cyberkriminellen können alle geraten – von einzelnen Bür gerinnen und Bürgern über Wirtschaftsunternehmen bis hin zu staatlichen Einrichtungen.
Auch Personen des öffentlichen Lebens sind vor Hackeran griffen freilich nicht gefeit. Das hat das aufsehenerregende Datenleak im Dezember 2018 gezeigt, als private Daten von rund 1 000 Betroffenen – darunter viele von uns hier – in ei ner Art Adventskalender über den Kurznachrichtendienst Twitter unberechtigt veröffentlicht wurden.
Die im Januar 2019 eingeleiteten Ermittlungen führten bin nen nur weniger Tage zur Festnahme des Tatverdächtigen. Dieser Fall zeigt einmal mehr die Gefahren, die in der digita len Welt auf jeden von uns lauern.
Zur Bekämpfung der Cyberkriminalität wurden bei jedem Po lizeipräsidium spezialisierte Kriminalinspektionen eingerich tet. Das haben wir flächendeckend in ganz Baden-Württem berg. Auch beim Landeskriminalamt kümmern sich Experten in einer eigenen Abteilung um diesen Phänomenbereich. Wir haben über 100 Kriminalisten und IT-Experten in der entspre chenden Abteilung im LKA angesiedelt.