Protokoll der Sitzung vom 04.04.2019

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sind das Abenteuer touristen?)

Vielen Dank. – Gibt es weite re Fragen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Behandlung der Mündlichen Anfrage unter Ziffer 3 beendet.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 4 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. D r. E r i k S c h w e i c k e r t F D P / D V P – M a ß n a h m e n z u r V e r m e i d u n g v o n S t r a f z i n s z a h l u n g e n f ü r K o m m u n e n

Herr Abg. Dr. Schweickert, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Die Präsidentin hat es ja schon gesagt: Es geht um Strafzinszahlungen für Kommunen. Auch vermeintliche Luxusprobleme können bei sich ändernden welt wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu Problemen werden. Deswegen frage ich die Landesregierung:

a) Welche Kenntnis hat die Landesregierung darüber, in wel

chem Umfang baden-württembergische Kommunen bereits Strafzinsen für Bankguthaben zahlen müssen?

b) Zu welchen Maßnahmen rät sie Kommunen, um Strafzins

zahlungen zu vermeiden?

Vielen Dank. – Für die Lan desregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Strobl.

Frau Präsidentin! Herr Abg. Professor Schwei ckert, Ihre beiden Fragen beantworte ich gern wie folgt: Es ist bekannt, dass Banken für ihre gegebenenfalls aus Geldanla gen der Kunden resultierenden Einlagen bei der Europäischen Zentralbank sogenannte Strafzinsen bzw. Verwahrentgelte in Höhe von 0,4 % entrichten müssen und diese Entgelte zuneh mend auch an ihre kommunale Kundschaft durchreichen.

Eine Übersicht zu etwaigen Strafzinszahlungen der badenwürttembergischen Kommunen liegt der Landesregierung nicht vor, da eine Pflicht zur Vorlage oder Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde im Zusammenhang mit Geldan lagen nicht besteht.

Kurzfristig stichprobenartig durchgeführte Abfragen haben ergeben, dass im letzten Jahr vereinzelt Städte und Landkrei se Strafzinsen in einer Größenordnung von einigen Hundert Euro bis zu mehreren Tausend Euro pro Jahr zahlen mussten. Selbst liquiditätsstarke Kommunen konnten bisher Strafzins zahlungen durch entsprechende Anlagestrategien jedoch weit gehend vermeiden. – Ausnahmen bestätigen diese Regel.

Ihre zweite Frage beantworte ich im Weiteren: Allgemein gilt, dass Geldanlagegeschäfte in die eigene Zuständigkeit der kommunalen Selbstverwaltung fallen. Geldanlagen unterlie gen der Selbstverwaltung und damit auch der Selbstverant wortung der Kommunen. Angesichts der besonderen Verant wortung der Kommunen für die von ihnen verwalteten Steu ergelder gilt für die Kommunen der Grundsatz „Sicherheit vor Ertrag“.

Nach § 91 Absatz 2 Satz 2 der Gemeindeordnung ist bei Geld anlagen auf eine ausreichende Sicherheit zu achten. Sie sol len dabei einen angemessenen Ertrag bringen. Allein ein nied riges allgemeines Zinsniveau darf nicht dazu führen, dass das Kriterium Sicherheit aufgeweicht wird. Auch die derzeitige Niedrigzinsphase rechtfertigt kein Abweichen von dem Grund satz „Sicherheit vor Ertrag“.

Um es klar zu sagen: Auch in der derzeitigen Niedrigzinspha se kommt eine Ausnahme vom Grundsatz „Sicherheit vor Er trag“ keinesfalls in Betracht. Das ist meine ganz klare Auffas sung.

Die Kommunen haben verschiedene Maßnahmen entwickelt, mit denen sie auf die Erhebung sogenannter Verwahrentgelte für größere Geldanlagen oder Guthabenbestände reagieren.

Durch die Einrichtung von sogenannten Cash Pools werden die Gelder einzelner Ämter gebündelt, sodass sich die Schwan kungen gegenseitig ausgleichen. Im Rahmen solcher verwal tungsinternen Lösungen kommen auch Geldanlagen zwischen Gemeinden und ihren Eigenbetrieben, Eigen- und Beteili gungsgesellschaften sowie Geldanlagen innerhalb kommuna ler Zusammenschlüsse vor.

Größere Guthabenbestände werden auf mehrere Kreditinsti tute verteilt, damit die Freibeträge nicht überschritten werden. Die Entscheidung, ob bzw. welche Maßnahmen ergriffen wer den, ist von der Kommune im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung eigenverantwortlich zu treffen.

Vielen Dank. – Herr Abg. Dr. Schweickert hat eine Zusatzfrage.

Herr Minister, vielen Dank für den Hinweis. Ich bin mir sicher, die Kommunen wer den nicht in Risikogeschäfte gehen. Aber die Frage ist ja: Wie geht man damit um? Man könnte jetzt Gebühren senken, man könnte vielleicht aber auch in die kommunale Infrastruktur investieren. Nur: Dann – da sind Sie ja der richtige Ansprech partner – kommen wir in Probleme mit dem neuen kommu nalen Haushaltsrecht. Denn wenn sie investieren oder Inves titionen vorziehen, dann müssen sie diese abschreiben. Selbst wenn eine Kommune viel Geld hat, muss sie das dann ja im Ergebnishaushalt ausgleichen.

Deswegen wäre schon meine Frage, ob sich die Landesregie rung bei solchen Dingen überlegt, ob es da nicht Abweichun gen im neuen kommunalen Haushaltsrecht, in der Doppik, ge ben sollte, um z. B. solche Investitionen vorzuziehen. Denn sonst laufen gut situierte Kommunen in das Problem hinein, dass sie den Ergebnishaushalt nicht mehr ausgleichen können. Das war die erste Frage.

Das Zweite ist: Wir freuen uns immer, wenn aus dem Haus von Frau Hoffmeister-Kraut oder aus Ihrem Haus, Herr Strobl, Förderzusagen kommen.

Das läuft ja so ab, dass eine Bank „umkippt“. Diese nimmt dann Verwahrgelder. Dann kann sie das bei anderen Banken ja nicht anlegen, denn dann sagen die: Ich substituiere doch nicht die andere Bank. Dann ziehen alle nach, und dann müs sen sie entweder längerfristig anlegen, oder sie müssen eine Art Liquiditätsmanagement machen. Dann kommt eine För derzusage – hoffentlich für jede Kommune – von vielleicht 500 000 € von Herrn Strobl oder aus dem Haus von Frau Hoff meister-Kraut. Plötzlich ist man 500 000 € über der Liquidi tätsschwelle und hat Probleme.

Das sind schon Dinge, die jetzt auf die Kommunen zukom men. Ich würde mir wünschen, Herr Strobl, dass Sie ein biss chen ausführen könnten, was denn die Landesregierung dies bezüglich für Möglichkeiten sieht. Denn man hat das neue kommunale Haushaltsrecht so gestrickt, dass man davon aus gegangen ist: Wenn Kommunen Geld haben, dann bekommen sie Zinsen, und dann können sie das Geld auch anlegen – und nicht umgekehrt. Jetzt haben sie Geld, und jetzt müssen sie noch Zinsen dafür bezahlen.

Im Moment rät jeder zu Bausparverträgen, aber ganz ehrlich: Wenn Kommunen Bausparverträge abschließen, dann weiß

man, dass es irgendwo brennt. Dann wäre vielleicht auch von der Landesregierung ein Vorschlag gefordert, wie man im Be reich des neuen kommunalen Haushaltsrechts hier vielleicht Erleichterungen schafft.

Auch das, Herr Abg. Professor Schweickert, be antworte ich Ihnen gern. Zunächst will ich einfach noch ein mal den Hinweis auf die kommunale Selbstverwaltung geben, die wir auch in diesem Bereich natürlich wirklich achten wol len. Das ist die Entscheidungskompetenz der Kommunen, wie sie auch in einer solchen Frage mit ihrem Geld umgehen.

Eine zweite Bemerkung möchte ich machen. Wir sprechen ge rade schon – verstehen Sie es bitte nicht falsch; deswegen di cke Anführungszeichen – über ein „Luxusproblem“. Grund dafür ist, dass die Kommunen im Augenblick wirklich sehr hohe Einnahmen haben. Wir freuen uns darüber, dass die Kommunen in Baden-Württemberg finanziell so gut dastehen – jedenfalls in ihrer ganz großen Breite –, wie sie im Augen blick dastehen. Diese hohe Liquidität, die in den Kommunen vorhanden ist, ist natürlich eine Ursache für dieses Problem, über das wir gerade sprechen.

Ein Zweites kommt hinzu – das haben Sie gerade auch ein bisschen angerissen –: Natürlich gibt es manchmal einen ver zögerten Mittelabfluss auf der kommunalen Seite. Da kommt natürlich ein Stück weit auch die Förderpolitik des Landes ins Spiel. Das hängt mit der wirklich starken Auslastung inner halb der Bauunternehmen zusammen, dass Mittel, die im Grunde genommen da sind, nicht abfließen können. Das heißt, das Geld ist auf der einen Seite verplant und auch final gebun den, aber es fließt einfach nicht ab, weil das Bauvorhaben aus unterschiedlichen Gründen nicht vorankommt.

Das ist ein Thema, das mich auch schon im Zusammenhang mit unserer Förderpolitik in Sachen Breitbandinfrastruktur stark beschäftigt. Ich habe auch versucht und versuche immer wieder, mit der Bauindustrie Lösungen zu erarbeiten. Da gibt es auch Entwicklungen in eine richtige Richtung. Aber so ganz komplett ist das staatlicherseits – das muss man einmal ganz offen sagen – schlichtweg nicht zu lösen, sodass wir diesen Liquiditätsstau auf der kommunalen Seite einfach haben. So lange die Wirtschaft so gut läuft, wie sie läuft – was wir na türlich positiv bewerten –, werden wir das nicht ganz beseiti gen können. Das ist ein unerfreulicher Nebeneffekt einer höchst erfreulichen Entwicklung.

Die Strafzinsen sind auch nur eine Seite der Medaille. Die an dere Seite der Medaille sind natürlich die niedrigen Zinsen für Kreditaufnahmen. Das hat dazu geführt, dass die Zinsausga ben der Kommunen in den letzten Jahren erheblich zurückge gangen sind und wir eine sehr deutliche Minderbelastung der kommunalen Seite durch Zinsausgaben haben. Insofern ist das eine Sache, die durchaus zwei Seiten hat. Da gleichen sich Dinge dann natürlich auch wieder aus.

Es gibt einzelne Kommunen, die inzwischen wirklich eine or dentliche Belastung durch sogenannte Strafzinszahlungen ha ben. Aber nach dem Überblick, den wir uns mit vernünftigem Verwaltungsaufwand und in der zur Verfügung stehenden Zeit verschaffen konnten, sind es nur einzelne Kommunen. Bei spielsweise in meiner Heimatstadt Heilbronn oder in einer ganzen Reihe anderer Städte, wo wir das abfragen konnten,

kann die Problematik mit den geschilderten und Ihnen auch bekannten Möglichkeiten gelöst werden.

Es ist also jetzt nicht das Megaproblem, das 1 101 Kommu nen in Baden-Württemberg täglich auf den Nägeln brennt. Wir leisten die Unterstützung, die wir leisten können. Aber vor dem Hintergrund der kommunalen Selbstverwaltung und der kommunalen Verantwortung für das kommunale Geld sind dem naturgemäß Grenzen gesetzt.

Vielen Dank. – Ich sehe keine weiteren Zusatzfragen. Damit ist die Behandlung der Münd lichen Anfrage unter Ziffer 4 beendet.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 5 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. M a n u e l H a g e l C D U – A k t i o n „ T o p f S e c r e t “

Bitte, Herr Abg. Hagel, Sie haben das Wort.

Ich frage die Landesregierung:

a) Ist der Landesregierung die Aktion „Topf Secret“ von food

watch und FragDenStaat bekannt, die mit einer Onlineplatt form die Ergebnisse von Hygienekontrollen in Restaurants, Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben öffentlich machen will?

b) Welche Chancen und Risiken sieht die Landesregierung in

Bezug auf diese Aktion mit Blick auf die Verbraucherin nen und Verbraucher sowie einzelne Betriebe?

Vielen Dank. – Für die Lan desregierung erteile ich das Wort Frau Staatssekretärin GurrHirsch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen und Kolleginnen! Im Namen der Landesregierung beantworte ich Ihre Fragen, Herr Abg. Ha gel, wie folgt:

Zunächst zu der Frage, ob uns die Aktion „Topf Secret“ von foodwatch und FragDenStaat bekannt sei, die als Onlineplatt form Ergebnisse von Hygienekontrollen in Restaurants, Bä ckereien und anderen Lebensmittelbetrieben öffentlich ma chen will. Ich darf Ihnen sagen: Jawohl, die Aktion ist uns be kannt. Sie wurde ja pressewirksam am 14. Januar 2019 im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz von foodwatch und FragDenStaat – das sind zwei NGOs – ins Leben geru fen. Das Ziel dieser Plattform ist es, dass man öffentlich Druck machen möchte, um bundesweit ein Hygienebarometer zu in stallieren.

Zur zweiten Frage, welche Chancen und Risiken die Landes regierung in Bezug auf diese Aktion mit Blick auf die Ver braucher und Verbraucherinnen sowie für die einzelnen Be triebe sieht, möchte ich ausführen:

Die Chancen für den Verbraucher und die Verbraucherin be stehen darin, dass sie die Möglichkeit haben, über dieses pri vate Portal oder das NGO-Portal nach dem sogenannten VIG, dem Verbraucherinformationsgesetz, Fragen zu Lebensmittel betrieben zu stellen. Sie können aber auch gegebenenfalls dort veröffentlichte Kontrollergebnisse zu Lebensmittelbetrieben

recherchieren. Der Verbraucher kann dann also auf diese Platt form gehen.