Protokoll der Sitzung vom 04.04.2019

Monatelang erklärt Herr Hermann, es sei rechtlich zwingend, dass es in Stuttgart flächendeckende Fahrverbote gibt. Jetzt auf einmal, da der Koalitionsfrieden schiefhängt – vom Ko alitionsfrieden kann man bei dieser Koalition ja eigentlich gar nicht reden – – Gegenüber dem, was Sie in dieser Koalition aufstellen, sind manche internationalen Konflikte, die die Ver einten Nationen beunruhigen, die reinste Friedensbewegung, meine Damen und Herren. Aber immerhin haben Sie es in die ser Koalition geschafft, eine gewisse Unruhe hervorzurufen.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Bei dieser Unruhe ist es jetzt plötzlich so, dass Verkehrsmi nister Hermann doch darüber nachdenkt, ob es vielleicht mög lich wäre, an flächendeckenden Fahrverboten für Euro-5-Die sel vorbeizukommen.

(Zuruf des Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE)

Das ist der jüngste Stand. In der Vergangenheit hat man uns immer erzählt, es gehe rechtlich gar nicht anders.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Quatsch!)

Dasselbe ist beim Theater mit den Messstationen der Fall. Meine Fraktion hat schon im November 2016 den Vorschlag gemacht, am Neckartor an einer anderen Stelle zu messen. Damals erklärte Verkehrsminister Hermann, das ginge nicht, das dürfe man nicht, da wohne niemand. Jetzt auf einmal, da die Koalition infrage steht, ist es plötzlich möglich, eine gan ze Menge neuer Messstationen – auch am Neckartor – zu im plementieren. Das ist doch reine Willkür, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Dafür, dass Ihr Umgang mit dem Thema Fahrverbote Willkür ist, gibt es mittlerweile zuhauf Beispiele – auch in der Stel lungnahme zu diesem Antrag, der am heutigen Tag auf der Ta gesordnung steht. So erklärt diese Landesregierung, erklärt dieser Verkehrsminister auf einmal: Bei der Betreuung von Kindern, die unter acht Jahre alt sind, gilt das Dieselfahrver bot nicht. Wie kommen Sie, Herr Minister Hermann, eigent lich gerade auf die Zahl acht?

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Vielleicht, weil H der achte Buchstabe im Alphabet ist.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Ha, ha!)

Oder wie sind Sie auf diese Idee gekommen? Das ist doch rei ne Willkür, meine Damen und Herren.

(Abg. Andreas Stoch SPD zu Minister Winfried Her mann: Da bist du jetzt selbst noch nicht drauf gekom men!)

Herr Minister Hermann, dann erklären Sie, Sie hätten bei spielsweise auch eine Lösung für den Fall, dass jemand, der mit einem Euro-4-Diesel unterwegs ist und schon einen Eu ro-6-Diesel bestellt hat, der aber aufgrund eines Fehlers des

Automobilhändlers oder des Herstellers noch nicht geliefert wurde, die Strafe nicht bezahlen müsste, wenn er einen Kauf vertrag vorlegen könne. – Ja, Kollege Sckerl nickt.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Wegen etwas anderem! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ich habe der Kollegin Razavi zugenickt! Es geht nicht nur um Sie!)

Herr Kollege Sckerl, vielleicht können Sie uns anschließend erklären, wie viel Schadstoffe so ein Kaufvertrag absorbieren kann.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, das sind schon sehr eigenartige umweltpolitische Überlegungen,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Vereinzelt Beifall bei der AfD)

die zeigen, dass es reine Willkür ist.

Dann haben Sie uns – auch innerhalb der Koalition – immer erklärt, Sie hätten das Ziel, die Euro-5-Diesel zu verschonen. Gleichzeitig schwadroniert dieser Verkehrsminister nach wie vor von der blauen Plakette. Ja, Herr Minister Hermann, Sie haben doch die Weltgeschichte wissen lassen, dass Sie sich ab Euro 6 eine blaue Plakette vorstellen. Das heißt doch, dass es, wenn die blaue Plakette kommt, automatisch Fahrverbote für Euro-5-Diesel gibt. Für wie dumm halten Sie eigentlich Ihre Mitmenschen, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Das Tollste ist das Hin und Her um das Thema Parkhaus. Da kommt der Ministerpräsident und sagt: Wenn einer erklärt, er sei zum Parkhaus unterwegs, dann reicht das, um am Straf zettel vorbeizukommen.

(Abg. Winfried Mack CDU: Ja! Das machen alle!)

Dann kommt Verkehrsminister Hermann, pfeift den Minister präsidenten zurück und erklärt: Nein, der muss den Parkschein vorlegen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ach Quatsch! Den Ministerpräsidenten pfeift niemand zurück! So ein Quatsch!)

Dann wird der Ministerpräsident damit konfrontiert. Dann er klärt der Ministerpräsident: „Man kann den Parkzettel viel leicht nachreichen.“ Wer bestimmt in diesem Land BadenWürttemberg eigentlich die Richtlinien der Politik?

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Machen Sie sich mal keine Sorgen: Sie jedenfalls nicht!)

Ich kann nur die „Stuttgarter Nachrichten“ zitieren. Die „Stutt garter Nachrichten“ haben geschrieben:

Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Poli tik, und Hermann verwässert sie.

So wird in Baden-Württemberg Verkehrspolitik gemacht, mei ne Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD)

Da fragt man sich, wie lange sich die CDU-Fraktion so etwas noch bieten lassen möchte.

(Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Einen Spaltpilz reinbringen!)

Herr Minister Strobl, wir kennen ja Ihre Aussage: „Mit der CDU wird es in Baden-Württemberg keine flächendeckenden Fahrverbote für Euro-5-Diesel geben.“ Stimmt’s? Am heuti gen Tag, Herr Minister Strobl, sind Sie auf Schlagdistanz da zu, dieses Versprechen einlösen zu dürfen. Denn am heutigen Tag wird der Landtag von Baden-Württemberg genau über Ih re Formulierung abstimmen.

(Zuruf des Ministers Thomas Strobl)

Wir sind sehr gespannt, meine Damen und Herren, wie die CDU-Fraktion über die Formulierung ihres Landesvorsitzen den abstimmt. Ich habe eine Vermutung. Herr Minister Strobl, Ihr Rückhalt in der Fraktion ist bekanntermaßen so schwach, dass wahrscheinlich kaum jemand – möglicherweise niemand – Ihnen am heutigen Tag den Rücken stärken wird. Wir wer den sehen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos] – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU zur FDP/DVP: Noch klü geren Antrag, Herr Kollege! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Noch klüger als das, was der Landesvorsitzende sagt?)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Schwarz.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Es ist schon eigenartig, dass sich Herr Rülke auf Überschriften reduzieren lässt.

(Minister Winfried Hermann: Ja!)

Denn hätten Sie den Artikel ganz gelesen, hätten Sie Seite 1 und Seite 5 ganz gelesen, dann wäre Ihnen klar geworden: Uns geht es darum, die Chancen des autonomen Fahrens für Baden-Württemberg zu nutzen. Das ist das Ziel meiner Frak tion.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir sind in einer Phase der Transformation der Automobilin dustrie. Uns Grünen geht es darum, für Lebensqualität, für den Klimaschutz und für die Arbeitsplätze der Zukunft einzu treten. Das Gutachten untermauert eindrücklich: Wir müssen das autonome Fahren mit dem öffentlichen Nahverkehr zu sammen denken. Nur so können wir die Chancen für BadenWürttemberg nutzen, und diese Chancen werden wir nutzen, Herr Kollege Rülke.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Ich habe Ihnen jetzt zugehört, so, wie ich Ihnen in den letzten Debatten zugehört habe. Und ich muss sagen: keinerlei Vor schläge von der FDP/DVP, wie sie die Luft in Stuttgart bes

ser machen will, keinerlei Vorschläge, was Sie tun wollen, um Fahrverbote zu vermeiden.

Dagegen hat die Koalition einen sehr zielführenden Antrag vorgelegt. Wir sagen ganz klar: Wir werden die Luft besser machen. Ich sage es an dieser Stelle nochmals deutlich: Fahr verbote für Euro-5-Fahrzeuge werden wir rechtssicher ver meiden. Darüber sind wir uns in der Koalition einig, liebe Kol leginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dann kön nen Sie ja heute zustimmen!)