Protokoll der Sitzung vom 04.04.2019

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Für die CDU hat Herr Kol lege Tobias Wald das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Während viele Bundesländer seit dem Jahr 2006 die Grunderwerbsteuer erhöht haben, wurde der Steuersatz von der CDU-Regierung in Baden-Württem berg nicht angetastet, und dies trotz massiver Wirtschaftskri se in den Jahren 2008 bis 2010.

Im Jahr 2011 hat die damalige Landesregierung unter der Fe derführung des SPD-Ministers Nils Schmid den Grunderwerb steuersatz von 3,5 auf 5 % erhöht. Die CDU im Landtag von Baden-Württemberg hat dies immer scharf kritisiert

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

und einstimmig gegen das betreffende Gesetz gestimmt.

Eine weitere Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes wurde in der laufenden Legislaturperiode von der CDU ganz klar verhindert.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Heinrich Fiecht ner [fraktionslos])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Staat hat kein Einnah meproblem, sondern eher ein Ausgabenproblem. Ferner be hindert die Erhöhung des Steuersatzes den Kauf von Wohn eigentum. Deshalb sehen wir wesentlichen Handlungsbedarf hinsichtlich der Grunderwerbsteuer.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der AfD so wie der Abg. Daniel Karrais FDP/DVP und Dr. Hein rich Fiechtner [fraktionslos])

Wir brauchen eine umfassende Reform der Grunderwerbsteu er und müssen deren schwerwiegende Mängel und Fehler be seitigen.

(Abg. Anton Baron AfD: Wann kommt die?)

Ein Gesetz lediglich zur Änderung des Steuersatzes, wie von der FDP/DVP oder letztes Mal von der AfD vorgeschlagen, ist schlichtweg der falsche Weg. Dadurch wird die Grunder werbsteuer nicht zu einer besseren Steuer.

Wir brauchen mehr Steuergerechtigkeit bei der Grunderwerb steuer. Diese schaffen wir nur, wenn wir die sogenannten Share Deals einschränken und im Gegenzug den Ersterwerb von Wohneigentum von der Grunderwerbsteuer befreien oder Freibeträge hierfür einführen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Damit könnte die Senkung des Grunderwerbsteuersatzes zu mindest teilweise gegenfinanziert werden. Selbstverständlich gilt für uns: keine Senkung des Grunderwerbsteuersatzes zu lasten der Kleinkindbetreuung im Land. Diese wollen und werden wir weiter ausbauen.

(Zurufe der Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los] und Willi Stächele CDU)

Familienfreundlichkeit ist ein Standortfaktor, meine Damen und Herren. Deshalb unterstützen wir die Kommunen auch beim Ausbau eines attraktiven und hochwertigen Kinderbe treuungsangebots kraftvoll.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Die Kindergartenförderung nach § 29 b FAG war seit 2013 auf 529 Millionen € beschränkt. Im Einvernehmen mit den kommunalen Landesverbänden werden wir die Kindergarten förderung ab 2019 auf über 1 Milliarde € verdoppeln.

Mit den Share Deals haben wir in Baden-Württemberg im Üb rigen sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Wir erinnern uns alle an den Verkauf der Wohnungen der LBBW an die PAT RIZIA AG und deren späteren Weiterverkauf an einen ande ren Investor –

(Abg. Peter Hofelich SPD: Darüber können wir gern reden! Föll!)

und dies alles unter den Augen und mit der Zustimmung der SPD. Dadurch ist Baden-Württemberg ein Steuereinnahme ausfall von über 180 Millionen € entstanden. Es darf doch nicht sein, dass die großen Verkäufe steuerfrei gestellt werden und eine junge Familie für den Erstkauf eines eigenen Wohn hauses – für ihren Traum – Grunderwerbsteuer bezahlen muss.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir brauchen hier ganz klar Steuergerechtigkeit. Zur Eindäm mung dieser Steuergestaltungen hat eine Bund-Länder-Kom mission Lösungsmöglichkeiten erarbeitet. Diese wurden ei ner externen verfassungsrechtlichen Prüfung unterzogen. Die Eckpunkte liegen seit Längerem auf dem Tisch, und Bundes finanzminister Scholz hat nun die Aufgabe, endlich zeitnah einen Gesetzentwurf auf den Tisch zu legen.

Es wäre zu begrüßen, wenn uns die SPD-Landtagsfraktion bei diesem Gesetzgebungsverfahren unterstützen und Druck auf ihren Parteikollegen Olaf Scholz ausüben würde. Meiner Mei nung nach benötigt der SPD-Bundesfinanzminister für die Ausformulierung dieser wenigen Sätze viel zu lange.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die CDU-Fraktion steht ganz klar hinter dem Parteitagsbeschluss der CDU BadenWürttemberg vom September 2018, welcher lautet – ich darf zitieren –:

Die CDU Baden-Württemberg fordert, die von Grün-Rot erhöhte Grunderwerbsteuer mittelfristig wieder auf 3,5 Prozent abzusenken

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Mittelfris tig ist in 20 Jahren! – Zuruf des Abg. Dr. Markus Rös ler GRÜNE)

und für Familien mit Kindern beim Ersterwerb von Wohn eigentum ganz abzuschaffen.

Hören Sie gut zu, Herr Rülke! Das ist unser erklärtes Ziel, und dieses erreichen wir nur, wenn wir eine grundlegende Ände rung der Grunderwerbsteuer vornehmen. Der Bund ist hier für zuständig, und hier sollten wir abwarten. Die CDU-Land tagsfraktion unterstützt ganz klar die von der CDU-geführten Bundesregierung initiierte Grunderwerbsteuerreform.

Meine Damen und Herren, ich denke, wir haben noch genü gend Zeit, uns im Finanzausschuss hierüber auszutauschen. Ich freue mich auf eine gute Diskussion dort.

Ein Satz noch: Es macht die Grunderwerbsteuer sicherlich zu keiner besseren Steuer, wenn einmal die AfD und dann die FDP/DVP jeweils die gleichen Themen hier im Landtag be raten und beschließen lassen wollen und auch die SPD schließ lich wieder eine Senkung des Grunderwerbsteuersatzes for dert. Aber der erste Gesetzentwurf, den Sie, meine Damen und Herren, mitgetragen haben und bei dem Sie die Federführung 2011 übernommen haben, war eine Erhöhung der Grunder werbsteuer.

Herr Kollege, bitte kom men Sie zum Schluss.

Ich habe hier die Bitte: Schauen Sie in den Spiegel.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort für die AfD hat Herr Abg. Dr. Podeswa.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir bedan ken uns bei der FDP/DVP für diesen wichtigen und richtigen Gesetzentwurf. Die Gesetzesinitiative der FDP/DVP ist rund herum zu begrüßen und trägt den Anliegen der Bürger von Ba den-Württemberg in vorbildlicher Weise Rechnung.

(Beifall bei der AfD)

Vor wenigen Wochen erst hat die AfD ebenfalls zum wieder holten Mal beantragt, die Grunderwerbsteuer angesichts der

überschäumenden Haushaltslage auf den ursprünglichen Wert von 3,5 % zurückzuführen.

Leider hat die FDP/DVP unsere Gesetzesinitiativen zu den verschiedenen Anlässen gleich drei Mal hintereinander abge lehnt. Da fragt sich der Bürger schon, warum die FDP/DVP nun den Gesetzentwurf der AfD in weiten Teilen wörtlich ab schreibt und dann einbringt. Sie können das den Wählern ja im Wahlkampf erklären.

Trotzdem verbleibt der Umstand, dass diese Gesetzesinitiati ve aus vielen Gründen vollkommen richtig ist.

(Beifall bei der AfD)

Gründe dafür sind:

Erstens: Das Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer hat sich seit der Erhöhung im Jahr 2011 von 943 Millionen € auf über 1 900 Millionen € mehr als verdoppelt. Bei einer Rückfüh rung des Steuersatzes – eigentlich gar keine Steuerreduzie rung, sondern nur eine Rückführung auf den alten Steuersatz – würden aus dieser Steuer immer noch mehr als 50 % mehr an den Staat fließen, als es vor der Erhöhung der Fall war.

Zweiter Grund: Die Grunderwerbsteuer ist mit dem Leistungs fähigkeitsprinzip in unserem Steuerrecht kaum vereinbar. Die persönlichen Verhältnisse des Grunderwerbers bleiben völlig unberücksichtigt. Eine sozial gerechte, eine leistungsgerech te Besteuerung sieht ganz anders aus.

(Beifall bei der AfD)

Drittens – wiederholt ausgeführt und sicherlich völlig unbe stritten – hemmt eine hohe Grunderwerbsteuer die Wohnei gentumsbildung.

Viertens werden in einer freien Marktwirtschaft alle Kosten, natürlich auch die Grunderwerbsteuer, kalkulatorisch auf den Nutzer umgelegt und belasten damit selbstverständlich den Mietermarkt durch höhere Mieten.