(Heiterkeit bei der FDP/DVP, der AfD und der SPD – Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf von der FDP/ DVP: Sehr gut!)
wurde schon mehrfach beobachtet, ganz aktuell z. B. beim Dieselfahrverbot oder auch bei der verbindlichen Grundschul empfehlung. Immer, wenn die Abgeordneten auf dem Partei tag oder im Wahlkreis unterwegs waren, stellt man fest, dass sie sich an die dort getroffenen Aussagen und Beschlüsse nicht mehr erinnern können oder wollen, sobald sie den Landtag betreten.
(Beifall bei der FDP/DVP – Vereinzelt Beifall bei der AfD – Abg. Tobias Wald CDU: Sie müssen mal rich tig lesen, was die Partei beschlossen hat, Herr Kolle ge!)
Liebe Damen und Herren Abgeordnete der CDU-Fraktion: Wollen Sie nicht, oder können Sie nicht? Oder können Sie nicht so, wie Sie wollen? Und wer hindert Sie daran? Jetzt wä re die Gelegenheit, über Ihren eigenen Schatten zu springen und endlich zu tun, was Sie doch eigentlich wollen: unserem Gesetzentwurf zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier in den letzten Monaten bereits mehrfach über eine mögliche Absen kung der Grunderwerbsteuer debattiert. Zu dieser Sache sind die Argumente eigentlich zur Genüge ausgetauscht und die Positionen bekannt.
Der vorliegende Gesetzentwurf der FDP/DVP ist deswegen etwas aus der Zeit gefallen. Es handelt sich vielmehr um den
vordergründigen Reflex auf einen Beschluss des CDU-Lan desparteitags im letzten Jahr. Herr Brauer, wer halbwegs se riös unterwegs ist, der weiß, dass Parteitagsbeschlüsse etwas anderes sind als Regierungshandeln
Klar ist: In Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen ist die Ver lockung groß, mit Steuersenkungen punkten zu wollen, noch dazu vor wichtigen Wahlen. Klar ist aber auch: Angesichts der Schuldenbremse und der immensen Herausforderungen kön nen wir es uns nicht leisten, unseren Haushalt weiter struktu rell zu schwächen.
Wir haben zwar mit den Konsolidierungen in den vergange nen Haushalten große Fortschritte gemacht, aber in der mit telfristigen Finanzplanung sind immer noch strukturelle De ckungslücken, die wir schließen müssen.
Die letzte Steuerschätzung zeigt auch: Die Bäume wachsen nicht in den Himmel. Die Zeiten ständig wachsender Steuer einnahmen gehen zu Ende. Wenn wir uns die internationalen Entwicklungen anschauen – Brexit, Handelskrieg USA – Chi na, vieles mehr –, zeigt uns das, dass wir insgesamt eine in stabile Lage haben und uns auf künftige Herausforderungen gut vorbereiten müssen.
Bei einer Absenkung der Grunderwerbsteuer reden wir im merhin von einem strukturellen Einnahmeverlust von einer halben Milliarde Euro. Sie schreiben in Ihrem Gesetzentwurf ganz lapidar, dass sich dieser Steuerausfall durch eine steigen de Anzahl von Grunderwerbsfällen, die Sie für diesen Fall dann prognostizieren, kompensieren ließe. Dabei müsste man mit einem Blick in die Vergangenheit doch eigentlich für alle klar feststellen: Steuersenkungen haben sich noch nie selbst finanziert. Das ist der Geist des alten Neoliberalismus, der aus diesem Gesetzentwurf zu uns spricht. Das ist keine brauchba re Gegenfinanzierung, keine seriöse Finanzpolitik und schon gar nicht nachhaltig, meine Damen und Herren.
Sie leugnen mit diesem Antrag dazu noch die eigentlichen He rausforderungen, vor denen der Wohnungsmarkt in BadenWürttemberg steht. Wir haben in Baden-Württemberg gerade nicht das Problem, dass Wohnungen und Häuser keine Käu fer und Käuferinnen finden, wir haben schlichtweg zu wenig Angebote für eine sehr große Nachfrage.
Für praktisch jedes Preissegment finden sich bei uns immer noch genügend Käuferinnen und Käufer. In Zeiten niedriger Zinsen ist Wohnraum in hohem Maß zur Geldanlage und zum Spekulationsobjekt geworden. Das bedeutet, dass eine Steu ersenkung sofort durch eine Preissteigerung kompensiert wer
(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: „Denn sie wissen nicht, was sie tun“!)
Natürlich ist es richtig, so viel wie möglich für bezahlbaren Wohnungsbau zu tun, aber gezielt und in den Segmenten, in denen dringender Bedarf besteht, beim Wohnraum für kleine und mittlere Einkommen und insbesondere bei den sozial ge förderten Wohnungen. Eine pauschale Absenkung der Grund erwerbsteuer wäre da ein besonders teurer und ineffektiver Weg. Es ist die klassische Gießkanne: großer Aufwand, we nig zielgenau, viele Mitnahmeeffekte.
Wir dagegen stellen für den sozialen Wohnungsbau die Re kordsumme von 250 Millionen € pro Jahr zur Verfügung.
Es wurden für den sozialen Wohnungsbau noch nie so viele Mittel abgerufen wie in den vergangenen Jahren.
Wir haben nämlich die Umkehr geschafft. Es wird mehr sozi aler Wohnraum zugebaut, als an Bindungen wegfällt.
Natürlich müssen wir weiter investieren: in den Wohnungs bau und auch in den Erwerb von Grundstücken, insbesonde re für die Kommunen,
Frau Kollegin, wie können Sie sich angesichts Ihrer beeindruckenden Ausführungen er klären, dass Ihr Koalitionspartner auf einem Parteitag einen solchen Blödsinn beschließt?
Ich würde sagen, das fragen Sie den Kollegen Wald nachher einfach selbst. Ich muss ja nicht zu dem antworten, was die CDU auf ihren Parteitagen beschließt. Da bin ich jetzt die Falsche.
Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, der mir sehr wich tig ist. Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer, die wir 2011 auf den Weg gebracht haben, hatte ein klares Ziel,
nämlich die Generierung von Finanzmitteln für den Ausbau der Kleinkindbetreuung, bei der Baden-Württemberg 2011 Schlusslicht war. Wir haben dafür gesorgt, dass wir aktuell 80 % mehr Plätze haben als zu Beginn unserer Regierungs zeit. Wir zahlen 68 % der Betriebskosten für die Kommunen im Land, das heißt, wir geben inzwischen über 1 Milliarde € für die Kleinkindbetreuung aus. Das wird selbstverständlich nicht durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer kompen siert. Aber klar ist: Diese strukturelle Einnahmequelle braucht das Land ganz dringend, um die wichtigen Zukunftsaufgaben zu finanzieren, um gezielt etwas für junge Familien im Land zu tun. Deswegen ist auch die Grunderwerbsteuer aus unse rer Sicht nicht verzichtbar.